Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Slowakischen Republik zur Beendigung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über die Förderung und den Schutz von Investitionen in der Fassung des Notenwechsels vom 22. Dezember 1993 und 14. Jänner 1994 hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Inhalt und bedarf daher der Genehmigung des Nationalrats gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Es hat nicht politischen Charakter. Es ist nicht erforderlich, eine allfällige unmittelbare Anwendung des Abkommens im innerstaatlichen Rechtsbereich durch einen Beschluss gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG, dass dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, auszuschließen. Da durch das Beendigungsabkommen keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es keiner Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat in seinem Urteil vom 6. März 2018 in der Rechtssache C‑284/16 (Slowakische Republik gg. Achmea BV) festgestellt, dass die Art. 267 und 344 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie einer Bestimmung in einer internationalen Übereinkunft zwischen den Mitgliedstaaten wie Art. 8 des Abkommens zwischen dem Königreich der Niederlande und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen entgegenstehen, nach der ein Investor einer dieser Mitgliedstaaten im Fall einer Streitigkeit über Investitionen in dem anderen Mitgliedstaat gegen diesen ein Verfahren vor einem Schiedsgericht einleiten darf, dessen Gerichtsbarkeit sich dieser Mitgliedstaat unterworfen hat.

Von diesem Urteil sind sämtliche in bilateralen Abkommen über die Förderung und den Schutz von Investitionen zwischen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (sog. intra-EU Bilateral Investment Treaties – BITs) enthaltenen Bestimmungen zur Investor-Staat Schiedsgerichtsbarkeit betroffen. Auch das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über die Förderung und den Schutz von Investitionen, BGBl. Nr. 513/1991 i.d.F. BGBl. Nr. 1046/1994, ist von diesem Urteil des EuGHs betroffen.

Gemäß dem Beschluss der Bundesregierung vom 8. Juli 2020 (vgl. Pkt. 20 des Beschl.Prot. Nr. 26) und der entsprechenden Bevollmächtigung durch den Herrn Bundespräsidenten wurden mit der Slowakischen Republik Verhandlungen über die Beendigung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über die Förderung und den Schutz von Investitionen aufgenommen und schließlich Einigung über das vorliegende Abkommen zwischen der Republik Österreich und Slowakische Republik zur Beendigung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über die Förderung und den Schutz von Investitionen („Beendigungsabkommen“) erzielt. Das Beendigungsabkommen wird in Form eines Notenwechsels geschlossen.

Besonderer Teil

Zu Art. 1:

Das Urteil des EuGH in der Rs Achmea zieht eine unionsrechtliche Rechtsbereinigungspflicht nach sich.

Art. 1 des Beendigungsabkommens kommt dieser Rechtsbereinigungspflicht nach und bewirkt die Außerkraftsetzung des Investitionsschutzabkommes im Einklang mit den Bestimmungen des Beendigungsabkommens.

Das Beendigungsabkommen tritt am ersten Tag des zweiten Monats nach dem Tag, an dem die Vertragsparteien einander notifiziert haben, dass ihre jeweiligen internen Anforderungen und Verfahren erfüllt sind, in Kraft.

Zu Art. 2:      

Art. 11 Abs. 3 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über die Förderung und den Schutz von Investitionen sieht vor, dass bei dessen Beendigung jene Investitionen, die bis zum Zeitpunkt des Außerkrafttretens vorgenommen worden sind, noch für weitere zehn Jahre ab Außerkrafttreten geschützt sind (sog. Sunset Klausel).

In Erfüllung der unionsrechtlichen Rechtsbereinigungspflicht schließt Art. 2 des Beendigungsabkommens das Eintreten dieser Rechtswirkungen aus.

Zu Art. 3:      

Die Vertragsparteien bestätigen in Art. 3 des Beendigungsabkommens, dass Art. 8 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über die Förderung und den Schutz von Investitionen zur Investor-Staat Schiedsgerichtsbarkeit im Lichte des Urteils des EuGHs in der Rs. Achmea in Widerspruch zu den EU-Verträgen steht und daher nicht anwendbar ist. Folglich kann seit dem 1. Mai 2004, an dem die Slowakische Republik Mitglied der Europäischen Union wurde, Art. 8 des Investitionsschutzabkommens nicht als Rechtsgrundlage für ein Schiedsverfahren dienen.

Zu Art.4:

Die unionrechtliche Rechtsbereinigungspflicht erstreckt sich nicht auf res iudicata und berührt daher nicht bereits abgeschlossene Investitionsschiedsverfahren.

Die Vertragsparteien bestätigen in Art. 4, dass beendete Investitionsschiedsverfahren vom Beendigungsabkommen unberührt bleiben. Diese Verfahren werden nicht wiederaufgenommen.