685 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Bauten und Wohnen

über den Antrag 1368/A der Abgeordneten Johann Singer, Mag. Nina Tomaselli, Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Linderung der Folgen der COVID-19-Pandemie bei den Wohnkosten das Mietrechtsgesetz und das Richtwertgesetz geändert werden (Mietzinsrechtliches Pandemiefolgenlinderungsgesetz – MPFLG),

über den Antrag 1285/A(E) der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aussetzung der Erhöhung der Kategoriemietzinse und der Verwaltungshonorare,

über den Antrag 1286/A der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Linderung der Inflationsfolgen bei den Wohnkosten das Richtwertgesetz 1993 geändert wird (3. Mietrechtliches Inflationslinderungsgesetz) sowie

über den Antrag 1262/A(E) der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorlage zur Abwendung allfälliger gesetzlicher Mietpreiserhöhungen ab 1. April 2021

Antrag 1368/A

Die Abgeordneten Johann Singer, Mag. Nina Tomaselli, Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 24. Februar 2021 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

A. Nach geltender Rechtslage erhöhen sich die Richtwerte jedes zweite Jahr in dem Maß, das sich aus der Veränderung des von der Bundesanstalt Statistik Österreich verlautbarten Jahresdurchschnittswerts des Verbraucherpreisindex 2010 des jeweiligen Vorjahrs gegenüber dem Indexwert 107,9 (Durchschnittswert des Jahres 2003) ergibt. Die letzte Erhöhung der Richtwerte fand demnach im Jahr 2019 statt und wurde in BGBl. II Nr. 70/2019 kundgemacht. Die nächste Erhöhung stünde für den 1. April 2021 heran.

Nun soll aber im Hinblick auf die wirtschaftlichen und sozialen Belastungen, die die COVID-19-Pandemie für große Teile der österreichischen Bevölkerung mit sich bringt, bei den Mietzinsen eine Erleichterung für die Mieter in der Weise herbeigeführt werden, dass die an sich heranstehende Erhöhung durch eine gesetzliche Maßnahme gleichsam um ein Jahr verschoben wird. Die nächste Richtwertanpassung soll daher erst am 1. April 2022 eintreten. Danach soll aber wieder zu jenem Rhythmus zurückgekehrt werden, der sich schon aus der bisherigen Rechtslage ergibt; das bedeutet, dass die übernächste Richtwertanpassung nach nur einem weiteren Jahr, nämlich am 1. April 2023, stattfinden soll; und daran schließen wieder die Richtwertveränderungen in einer zweijährigen Frequenz an, also am 1. April 2025, am 1. April 2027 und so weiter. Das soll freilich werterhaltend geschehen: Ungeachtet der nunmehrigen Verschiebung um ein Jahr läuft gleichsam im Hintergrund die Wertsicherungsberechnung weiter und kann dann von den Vermietern bei den nächsten Richtwertanpassungen in ungeminderter Höhe lukriert werden.

Gesetzlich wird dieses Eingreifen in folgender Weise realisiert: Zunächst werden in § 5 Abs. 1 RichtWG statt der dort bisher genannten Richtwertbeträge diejenigen Richtwerte statuiert, die sich aus der bislang letzten Richtwertvalorisierung im Jahr 2019 (BGBl. II Nr. 70/2019) ergeben haben und ohne gesetzgeberisches Eingreifen bis zum 31. März 2021 gegolten hätten. Allerdings wird der Zeitraum der Geltung der aktuellen Richtwerte im Einleitungssatz des § 5 Abs. 1 RichtWG von zwei auf drei Jahre, nämlich bis zum 31. März 2022, verlängert. Für die Zeit danach werden in § 5 Abs. 2 RichtWG eine erste Richtwertänderung am 1. April 2022, sodann eine zweite Richtwertveränderung nach einem Jahr, also am 1. April 2023, und sodann das Eintreten der weiteren Richtwertveränderungen wieder in zweijährigen Abständen angeordnet, wie das schon im bisherigen Recht der Fall war. Basis für die Berechnung dieser Richtwertveränderungen wird der Jahresdurchschnittswert des Verbraucherpreisindex 2010 für das Jahr vor der bislang letzten Richtwerterhöhung, also für das Jahr 2018, sein. Dieser Indexwert beziffert sich mit 116,3.

Keine Änderung soll hinsichtlich der Rundung der jeweiligen neuen Beträge, hinsichtlich des jeweiligen Geltungsbeginns der valorisierten Beträge (immer zum 1. April) und hinsichtlich der Kundmachung der geänderten Richtwerte eintreten; die Regelungen darüber sind – von einer vernachlässigbaren Modifikation bei der Person der Kundmachungspflichtigen abgesehen – wortgleich mit dem bisher geltenden Recht.

B. Das Mietrechtsgesetz kennt aber noch eine zweite gesetzliche Wertsicherung von Beträgen, nämlich jene nach § 16 Abs. 6 MRG. Es handelt sich dabei um die Valorisierung der Kategoriebeträge und weiterer mietrechtlicher Beträge. Diese Wertsicherung tritt jeweils nach Überschreiten einer fünfprozentigen Indexschwelle ein. Zufällig ergäbe es sich diesmal zeitlich so, dass auch diese Wertanpassung zum 1. April 2021 einträte. Maßgeblich wäre der im Februar 2021 verlautbarte Indexwert für Dezember 2020. Aus den gleichen Überlegungen wie bei den Richtwerten soll auch diese Valorisierung durch ein Einschreiten des Gesetzgebers um ein Jahr hinausgeschoben werden.

Zu Artikel 1 (Änderung des § 16 MRG)

Hier wird die im Allgemeinen Teil besprochene Änderung bei der Wertsicherung nach § 16 Abs. 6 MRG umgesetzt.

Die Valorisierung, die auf Grund der im Februar 2021 für Dezember 2020 verlautbarten Indexzahl einträte und ab 1. April 2021 in Geltung stünde, soll um ein Jahr verschoben werden und erst dann anhand der für Dezember 2020 maßgeblichen Indexzahl erfolgen. Die neuen Beträge sollen also erst ab 1. April 2022 gelten.

Alle weiteren Valorisierungen richten sich wieder unverändert nach Abs. 6.

Zu Artikel 2 (Änderung des § 5 RichtWG)

Hier wird die im Allgemeinen Teil besprochene Änderung bei der Wertsicherung der Richtwerte umgesetzt.

Die veränderte Wertsicherung der Richtwerte wirkt sich insofern auch auf vertragliche Wertsicherungsvereinbarungen aus, als damit auch die Ausgangslage für die nach § 16 Abs. 9 erster Satz MRG vorzunehmende Beurteilung, ob ein auf Grund einer Wertsicherungsvereinbarung erhöhter Mietzins in seiner neuen Höhe gegen eine Mietzinsschranke verstößt, geändert wird.

Zu Artikel 3 (Inkrafttreten, Übergangsbestimmungen, Vollzug)

In § 2 ist neben dem zeitlichen Anwendungsbereich klargestellt, dass § 16 Abs. 6a MRG für alle Valorisierungen nach § 16 Abs. 6 MRG maßgeblich ist. Wenn im MRG auf § 16 Abs. 6 verwiesen wird, ist jeweils auch § 16 Abs. 6a von Relevanz. Abs. 6a soll aber mit Ablauf des 31. März 2025 außer Kraft treten, weil dieser Absatz als Covid-19-bezogene Regelung nur für einen einzelnen Valorisierungszeitpunkt Relevanz hat und sich alle weiteren Valorisierungen wieder nur nach Abs. 6 richten. Das Außerkrafttreten hat freilich keine Auswirkungen auf die nach dieser Bestimmung vorgenommene Verschiebung der Valorisierung. Es dient lediglich der Bereinigung des Rechtsbestands. Die Übergangsbestimmung des § 3 dient nur der Klarstellung, dass die gesetzliche Grundlage für die früheren Änderungen der Richtwerte (also bis zum 1. April 2019) aufrecht bleibt.“

Antrag 1285/A(E)

Die Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 24. Februar 2021 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Die Corona-Krise trifft auch die Mieterhaushalte mit voller Wucht. Derzeit sind 970.000 Menschen arbeitslos oder in Kurzarbeit und die Bundesregierung verweigert seit Monaten die dringende Erhöhung des Arbeitslosengeldes oder die gesetzlich durchgehende Absicherung für Mietstundungen und Delogierungen. Die Arbeiterkammer rechnet heuer mit Mietschulden für rund 48.800 österreichische Haushalte mit einem Mietenrückstandsvolumen von 83 Millionen Euro. Damit drohen auch 48.000 Kündigungen von Wohnungen oder Räumungsklagen. Ein Hilfsfonds, dotiert mit 100 Millionen Euro, könnte hier Abhilfe schaffen.

In dieser prekären ökonomischen und sozialen Situation stehen jetzt auch noch die gesetzlich vorgesehenen Mieterhöhungen bevor. Per 1. April 2021 werden nicht nur die Richtwertmieten, sondern auch die Kategoriemieten erhöht. Die Erhöhung der Kategoriemieten erfolgt immer dann, wenn die kumulierte Inflation die 5%-Schwelle übersteigt. Dies trifft 2021 zufällig - wie bei den Richtwertmieten - auf den 1. April zu.

Davon betroffen sind aber nicht nur die Kategoriemietzinse, sondern auch die zu den Betriebskosten zählenden Verwaltungshonorare für die Hausverwaltungen. In Summe sind 900.000 Mieterhaushalte oder knapp 2 Millionen Menschen betroffen.“

Antrag 1286/A

Die Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 24. Februar 2021 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Nach geltender Rechtslage erhöhen sich die Richtwerte seit 1. April 2008 jedes zweite Jahr. Die letzte Erhöhung der Richtwerte fand demnach im Jahr 2019 statt und wurde in BGBl. Nr. 70/2019 kundgemacht. Die nächste Erhöhung stünde für den 1. April 2021 an.

Wie bereits in vergangenen Krisenzeiten, etwa im Zuge der Finanzkrise 2008, soll auch diesmal die gesetzlich vorgesehene Erhöhung der Richtwertmieten ausgesetzt werden. Im Hinblick auf das seit Jahren steigende Mietzinsniveau und die ökonomische Krise durch die Corona-Pandemie soll zur Verbesserung der Kaufkraft eine Erleichterung für die Mieterinnen und Mieter in der Weise herbeigeführt werden, dass von einem zweijährigen Veränderungszeitraum auf eine dreijährige Frequenz umgestiegen wird.

Die Geltungsdauer der aktuellen Richtwerte im Einleitungssatz des § 5 Abs. 1 RichtWG wird von zwei auf drei Jahre, nämlich bis zum 31. März 2022, verlängert.

Zu Artikel 1 (Änderung des § 5 des Richtwertgesetzes):

Hier wird die Ausdehnung des Geltungszeitraums der derzeitigen Richtwerte auf drei Jahre umgesetzt.“

Antrag 1262/A(E)

Die Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 4. Februar 2021 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Durch das Corona-Virus wurde das Jahr 2020 für viele Menschen zu einer sozialen, psychischen und ökonomischen Herausforderung sondergleichen. Dies wird sich auch im neuen Jahr fortsetzen, da eine rasche Durchimpfung der Bevölkerung derzeit nicht anzunehmen ist. Die Folgen dieser historischen Wirtschafts- und Gesundheitskrise werden daher noch lange nicht überwunden sein.

Am Höhepunkt der Krise waren mehr als eine Million Menschen arbeitslos oder in Kurzarbeit, aktuell sind es immer noch 970.000 Menschen. Viele Menschen verloren 2020 viel Geld und bangen um ihre Existenz und die Regierung verweigert ihnen die dringende Erhöhung des Arbeitslosengeldes oder die gesetzliche durchgehende Absicherung für Mietstundungen oder Delogierungen.

Die Statistik Austria berechnete die Inflationsrate für 2020 mit 1,4 Prozent, die Mietpreise explodierten aber um unfassbare 4,1 Prozent und das mitten in der größten Krise seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Während die meisten Menschen wirtschaftlich schwer angeschlagen sind und auf rasche Besserung hoffen, dürfen Immobilienbesitzer ihre Mieten weiter nach oben treiben. Im April 2021 stehen wieder die Erhöhung der Richtwertmieten auf der Tagesordnung. Diese unfaire automatische Mietpreiserhöhung muss daher zumindest 2021 ausgesetzt werden, so wie das schon in früheren, ökonomisch schwierigen Zeiten von den SPÖ-geführten Regierungen mit dem 1. und 2. MILG (Mietrechtlichen Inflationslinderungsgesetz) zur Entlastung der Mieterinnen und Mieter geschafft wurde.“

Der Ausschuss für Bauten und Wohnen hat die Initiativanträge 1368/A und 1286/A sowie die Entschließungsanträge 1285/A(E) und 1262/A(E) in seiner Sitzung am 2. März 2021 in Verhandlung genommen. Als Berichterstatter zu Antrag 1368/A fungierte Abgeordneter Johann Singer. Zu den Anträgen 1285/A(E), 1286/A und 1262/A(E) erstattete Abgeordneter Maximilian Lercher Bericht. An der Debatte beteiligten sich außer den beiden Berichterstattern die Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Mag. Felix Eypeltauer und Mag. Nina Tomaselli.

 

Bei der Abstimmung wurde der Initiativantrag 1368/A der Abgeordneten Johann Singer, Mag. Nina Tomaselli, Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen mit Stimmenmehrheit (dafür: V, S, F, G, dagegen: N) beschlossen.

 

Der Initiativantrag 1286/A und die Entschließungsanträge 1285/A(E) und 1262/A(E) gelten als miterledigt.

 

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Bauten und Wohnen somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2021 03 02

                            Mag. Nina Tomaselli                                                         Mag. Ruth Becher

                                  Berichterstatterin                                                                           Obfrau