707 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Wissenschaftsausschusses

über den Antrag 1375/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Veröffentlichungspflicht wissenschaftlicher Arbeiten 

Die Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 24. Feburar 2021 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

 

„Die Qualität wissenschaftlicher Arbeiten, die als Voraussetzung für die Erlangung eines akademischen Grades notwendig sind, ist in letzter Zeit wieder stärker in den öffentlichen Fokus geraten. Die ehemalige Ministerin Christine Aschbacher ist wegen einer Plagiatsaffäre zurückgetreten.

Auf wikipedia ist zu den beiden ‚wissenschaftlichen‘ Arbeiten folgendes nachzulesen:

Am 7. Jänner 2021 zeigte der Plagiatsgutachter Stefan Weber Mängel in Aschbachers Diplomarbeit auf, die sie an der Fachhochschule Wiener Neustadt bei Karl Pinczolits eingereicht hatte. Unter anderem wurden Weber zufolge Ideen- und Textplagiate entdeckt. Neben diesen Mängeln in der wissenschaftlichen Redlichkeit hat Weber auch sprachliche Defizite aufgezeigt. Dennoch wurde die Arbeit von Pinczolits mit „sehr gut" beurteilt, was Zweifel an den Qualitätsstandards der Fachhochschule aufwarf.[20] Die Fachhochschule Wiener Neustadt gab im Jänner 2021 bekannt, dass ein Ermittlungsverfahren betreffend die Plagiatsvorwürfe eingeleitet wurde. Sollten sich die Vorwürfe erhärten, wird die Fachhochschule einen Widerruf des akademischen Grades aussprechen.

Weber monierte auch im Exposé von Aschbachers Dissertation ‚Entwurf eines Führungsstils für innovative Unternehmen‘ an der Technischen Universität Bratislava mutmaßliche Plagiate. Armin Wolf schrieb dazu in einem Thread auf Twitter: ‚Bei keiner einzigen Abbildung und keinem einzigen der insgesamt 61 Zitate/Verweise [. . .] gibt es [. . .] eine konkrete Seitenangabe zum zitierten Werk. Das würde wohl bei keiner VWA vor der Matura durchgehen.‘

Der nächste prominente Fall wurde nur wenige Tage später bekannt. Der Nationalratsabgeordnete Peter Weidinger (ÖVP) legte aufgrund von Plagiatsvorwürfen seinen Magistertitel zurück.

Mehreren Medienberichten zufolge hat ‚Plagiatsjäger‘ Stefan Weber die Diplomarbeit von Peter Weidinger, Villacher VP-Gemeinderat und Nationalratsabgeordneter, unter die Lupe genommen. Das Ergebnis fiel wenig erfreulich aus. So werden Plagiatsvorwürfe laut. Den Berichten zufolge wären nicht weniger als 30 Textfragmente als ‚Plagiate‘ (Anm. Als Plagiat wird der Diebstahl geistigen Eigentums beziehungsweise die Übernahme fremder Gedanken in den eigenen Text, ohne sie als solche zu kennzeichnen, verstanden) zu werten. (https://www.meinbezirk.at/villach/c-politik/villacher-nationalrat-peter-weidinger-legte-titel-zurueck_a4458486)

Auch über die Qualität der Bachelorarbeiten von ÖVP-Nationalratsabgeordneten Karl Mahrer gab es immer wieder Spekulationen und Medienberichte. So berichtete das Nachrichtenmagazin ‚Profil‘ am 3. Juli 2010, dass Mahrer den Titel ‚Bachelor of Arts‘ in nur acht Wochen absolviert haben soll. Und erst nach mehrmaliger Nachfrage der Internet-Zeitung ‚unzensuriert‘, stellte er diese nun zur Verfügung. (https://www.unzensuriert.at/content/123399-hat-mahrer-angst-vor-plagiats-affaere-zur-pruefung-zugesagte-bachelorarbeiten-bis-dato-nicht-uebermittelt/)

Aktuell ist eine Veröffentlichungspflicht im Universitätsgesetz im § 89 geregelt:

(1) Die Absolventin oder der Absolvent hat vor der Verleihung des akademischen Grades jeweils ein vollständiges Exemplar der positiv beurteilten wissenschaftlichen oder künstlerischen Arbeit oder der Dokumentation der künstlerischen Arbeit durch Übergabe an die Bibliothek der Universität, an welcher der akademische Grad verliehen wird, zu veröffentlichen. Für diese Übergabe kann in der Satzung festgelegt werden, dass diese ausschließlich in elektronischer Form zu erfolgen hat. Weiters kann in der Satzung festgelegt werden, dass die Veröffentlichung elektronisch in einem öffentlich zugänglichen Repositorium erfolgen muss.

(2) Die positiv beurteilte Dissertation oder künstlerische Dissertation oder die Dokumentation der künstlerischen Dissertation ist überdies durch Übergabe an die Österreichische Nationalbibliothek zu veröffentlichen. Für diese Übergabe kann in der Satzung festgelegt werden, dass diese ausschließlich in elektronischer Form zu erfolgen hat. Weiters kann in der Satzung festgelegt werden, dass die Veröffentlichung elektronisch in einem öffentlich zugänglichen Repositorium erfolgen muss.

Bzw. für Pädagogische Hochschulen im § 49 Hochschulgesetz:

(1) Die Absolventin oder der Absolvent eines Masterstudiums hat vor der Verleihung des akademischen Grades ein vollständiges Exemplar der positiv beurteilten Masterarbeit durch Übergabe an die Bibliothek der Pädagogischen Hochschule, an welcher der akademische Grad verliehen wird, zu veröffentlichen. Für diese Übergabe kann in der Satzung festgelegt werden, dass diese ausschließlich in elektronischer Form zu erfolgen hat. Weiters kann in der Satzung festgelegt werden, dass die Veröffentlichung elektronisch in einem öffentlich zugänglichen Repositorium erfolgen muss.

Offensichtlich ist dies ungenügend, da nur Arbeiten an Universitäten und Pädagogischen Hochschulen erfasst sind, Bachelorarbeiten fehlen und eine elektronische Veröffentlichung nur eine ‚Kann-Bestimmung‘ ist.“

 

Der Wissenschaftsausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 10. März 2021 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter, dem Ausschussobmann Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, die Abgeordneten Mag. Dr. Rudolf Taschner, Nico Marchetti, Mag. Andrea Kuntzl, Eva Maria Holzleitner, BSc, MMMag. Dr. Axel Kassegger, Mag. Eva Blimlinger, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Dr. Helmut Brandstätter, Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Katharina Kucharowits, Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Dr. Josef Smolle und MMMag. Gertraud Salzmann sowie der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann.

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit (für den Antrag: F, N, dagegen: V, S, G).

 

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Dr. Josef Smolle gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Wissenschaftsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2021 03 10

                                Dr. Josef Smolle                                                          Mag. Dr. Martin Graf

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann