715 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie

über die Regierungsvorlage (686 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Ziviltechnikergesetz 2019 geändert wird sowie

über den Antrag 1155/A(E) der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wahrung der Unabhängigkeit der ZiviltechnikerInnen

Regierungsvorlage (686 der Beilagen)

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage 686 der Beilagen wird unter anderem ausgeführt:

Die gegenständliche Novellierung des Ziviltechnikergesetzes wird aufgrund des Urteils C-209/18 des Europäischen Gerichtshofes (im Folgenden: EuGH) vom 29. Juli 2019 vorgenommen. In diesem wurde die Nichtumsetzung von Teilen der Richtlinie 2006/123/EG über Dienstleistungen im Binnenmarkt
(im Folgenden: Dienstleistungsrichtlinie), ABl. Nr. L 376 vom 27.12.2006 S. 36, durch die Republik Österreich festgestellt. Durch die vorliegende Novelle des ZTG 2019 soll der europarechtskonformen Zustand hergestellt werden.

Durch die Novelle werden insbesondere weitreichende Änderungen hinsichtlich Ziviltechnikergesellschaften vorgenommen. Als zentraler Punkt wird die Höhe der Beteiligung von Ziviltechnikern an Ziviltechnikergesellschaften adaptiert; statt der bisherigen Mehrheit an Gesellschaftsanteilen müssen künftig nur mehr 50 Prozent von Gesellschaftsanteilen und Stimmrechten von Ziviltechnikern gehalten werden.

Im neuen 5. Abschnitt im 1. Hauptstück des ZTG 2019 finden sich darüber hinaus Regelungen zu interdisziplinären Gesellschaften mit Ziviltechnikern, durch die unter bestimmten Voraussetzungen der Zusammenschluss von Ziviltechnikern mit Angehörigen anderer Berufe ermöglicht wird.

 

Antrag 1155/A(E)

Die Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen haben den Entschließungsantrag 1155/A(E) am 10. Dezember 2020 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Der EuGH stellte mit seinem Urteil vom Juli 2019 im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens fest, dass Österreich aufgrund des Berufsgesetzes der Tierärzte, Patentanwälte und der Ziviltechniker gegen Unionsrecht verstoßen habe. Zur Herstellung eines europarechtskonformen Zustands wurde eine Novelle des Ziviltechnikergesetzes geschrieben.

Diese Novelle bietet jedoch Schlupflöcher, die die Unabhängigkeit der ZiviltechnikerInnen gefährden könnten. Diese Schlupflöcher entstehen aufgrund von möglichen Verschachtelungen. In der Novelle ist festgehalten, dass mindestens 50 Prozent des Kapitals von Ziviltechnikergesellschaften von berufsbefugten ZiviltechnikerInnen, Ziviltechnikergesellschaften oder interdisziplinären Ziviltechnikergesellschaften gehalten werden müssen. Diese Mindest-Kapitalbeteiligung ist wichtig, um die Unabhängigkeit von Ziviltechnikergesellschaften sicherzustellen. Problematisch ist nun die Schaffung und Beteiligungsmöglichkeit der interdisziplinären Ziviltechnikergesellschaften. Diese interdisziplinären Ziviltechnikergesellschaften müssen ihrerseits eine Mindest-Kapitalbeteiligung von 50 Prozent durch berufsbefugten ZiviltechnikerInnen, Ziviltechnikergesellschaften oder interdisziplinäre Ziviltechnikergesellschaften aufweisen.

Hier kann es zu möglichen Verschachtelungen kommen, die den Kapitalanteil berufsbefugter ZiviltechnikerInnen an einer „klassischen“ Ziviltechnikergesellschaft auf unter 50 Prozent drücken. Dazu kommt es beispielsweise, wenn eine interdisziplinäre Ziviltechnikergesellschaft einen Kapitalanteil von 50 an einer ‚klassischen‘ Ziviltechnikgesellschaft hält und an dieser interdisziplinären Ziviltechnikergesellschaft berufsbefugt ZiviltechnikerInnen einen Kapitalanteil von 50 Prozent halten. Dadurch liegt der Anteil, den berufsbefugt ZiviltechnikerInnen ‚durchgerechnet‘ an der ‚klassischen‘ Ziviltechnikergesellschaft halten, bei unter 50 Prozent.“

 

Der Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie hat die Regierungsvorlage 686 der Beilagen sowie den Entschließungsantrag 1155/A(E) in seiner Sitzung am 10. März 2021 in Verhandlung genommen.
Als Berichterstatterin zur Regierungsvorlage 686 der Beilagen fungierte Abgeordnete
Dr. Elisabeth Götze. Zum Entschließungsantrag 1155/A(E) erstattete Abgeordneter
Dr. Christoph Matznetter Bericht. An der Debatte beteiligten sich außer den beiden Berichterstattern die Abgeordneten Laurenz Pöttinger, Mag. Gerald Loacker, Erwin Angerer sowie die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze einen Abänderungsantrag zur Regierungsvorlage 686 der Beilagen eingebracht, der wie folgt begründet war:

Durch den Abänderungsantrag hinsichtlich des § 26 Abs. 2 soll sichergestellt werden, dass im Rechtsverkehr deutlich wird, wer an einer Ziviltechnikergesellschaft beteiligt ist. Auch im Fall einer Beteiligung von einer interdisziplinären Gesellschaft mit Ziviltechnikern an der Ziviltechnikergesellschaft soll offengelegt werden, wer an dieser interdisziplinären Gesellschaft mit Ziviltechnikern beteiligt ist.

Der Abänderungsantrag hinsichtlich der §§ 29 Abs. 1 und 37a Abs. 3 dient zur Verhinderung eines Absinkens des Ziviltechnikeranteils bei Ziviltechnikergesellschaften und interdisziplinären Gesellschaften mit Ziviltechnikern durch Beteiligungen von interdisziplinären Gesellschaften mit Ziviltechnikern. Natürliche Personen mit aufrechter Ziviltechnikerbefugnis müssen mindestens 50 Prozent der Gesellschaftsanteile und Stimmrechte halten; bei der Berechnung dieses Prozentanteils werden die Gesellschaftsanteile und Stimmrechte von Ziviltechnikern an allfällig beteiligten Ziviltechnikergesellschaften und interdisziplinären Gesellschaften mit Ziviltechnikern berücksichtigt. § 29 Abs. 6 legt fest, dass die Prokura nicht erteilt werden kann. Handlungsvollmachten sind von dem Verbot nicht umfasst.

Der Abänderungsantrag zum § 37f dient zur Ermöglichung der Anwendung des § 16 Abs. 2 ZTG 2019 auf interdisziplinäre Gesellschaften mit Ziviltechnikern. § 16 Abs. 2 ZTG 2019 regelt unter welchen Voraussetzungen die Ziviltechnikerbefugnis abzuerkennen ist.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage 686 der Beilagen enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Peter Haubner,
Dr. Elisabeth Götze mit Stimmenmehrheit (dafür: V, S, G, N, dagegen: F) beschlossen.

 

Der Entschließungsantrag 1155/A(E) gilt als miterledigt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2021 03 10

                             Dr. Elisabeth Götze                                                              Peter Haubner

                                  Berichterstatterin                                                                          Obmann