731 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Außenpolitischen Ausschusses

über den Antrag 1297/A(E) der Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Verurteilung von Alexei Nawalny in Russland

Die Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 24. Februar 2021 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Nachdem der russische Oppositionsaktivist und Regimekritiker Alexei Nawalny am 20.08.2020 auf einem russischen Inlandsflug zusammengebrochen und das Flugzeug in Omsk notgelandet war, wurde Nawalny im dortigen Krankenhaus notversorgt. Am 22.08.2020 wurde Nawalny nach Deutschland überstellt, wo er in der Berliner Charité behandelt wurde.

Am 02.09.2020 bestätigte ein Untersuchungsbericht des Labors für Pharma- und Toxikologie der Deutschen Bundeswehr, dass Nawalny durch ein Nervengift aus der Gruppe Nowitschok vergiftet worden war, was auch von einschlägigen Labors in Frankreich und Schweden und der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) bestätigt wurde.

Die österreichische Bundesregierung verurteilte wie die anderen EU-Staaten auch den Anschlag auf Nawalny aufs Schärfste und forderte eine unabhängige Untersuchung. In einer Erklärung des Hohen Vertreters Josep Borrell im Namen der EU-27 vom 03.09.2020 wurde Russland aufgefordert, eine transparente Aufklärung des Anschlages durchzuführen und mit der OPCW zusammenzuarbeiten.

Der Mordanschlag auf Alexei Nawalny wurde im EU-Außenministerrat am 21.09., 12.10. 2020, am 25.01. und am 22.02.2021 sowie im Europäischen Rat am 01./02.10. und am 13./14.10.2020 behandelt und verurteilt. Der Einsatz von Chemiewaffen, egal unter welchen Umständen, ist inakzeptabel und stellt einen schweren Verstoß gegen das Völkerrecht und die internationalen Menschenrechtsnormen dar. Per Ratsbeschluss vom 14.10.2020 wurden daher im Rahmen des EU Chemiewaffen-Sanktionsregimes gegen sechs russische Personen und eine russische Forschungseinrichtung in Reaktion auf die Vergiftung von Nawalny restriktive Maßnahmen verhängt. Die verhängten restriktiven Maßnahmen umfassen ein Einreiseverbot in die EU für Personen und das Einfrieren ihrer Vermögenswerte, wobei Letzteres auch für die Organisation gilt. Darüber hinaus ist es Personen und Organisationen aus der EU verboten, jenen Personen und Organisationen, die in der Sanktionsliste aufgeführt sind, finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen.

Nach seiner Genesung kehrte Alexei Nawalny am 17.01.2021 nach Moskau zurück, wo er unmittelbar nach seiner Landung festgenommen und in Untersuchungshaft genommen wurde. Ihm wurde vorgeworfen, Bewährungsauflagen im Zusammenhang mit einem Verfahren, das der EGMR im Jahr 2017 für willkürlich und politisch motiviert erklärt hatte, verletzt zu haben. Die österreichische Bundesregierung forderte seine unverzügliche und bedingungslose Freilassung. Am 02.02.2021 wurde Nawalny von einem Moskauer Gericht zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt, von denen er noch zwei Jahre und acht Monate verbüßen muss. Damit ist Nawalny höchstwahrscheinlich von den Dumawahlen am 19.09.2021 und den Präsidentenwahlen 2024 ausgeschlossen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte forderte Russland am 16.02.2021 auf, Nawalny umgehend aus der Haft zu entlassen.

Das Urteil steht stellvertretend für die Willkür, den repressiven Umgang mit einer kritischen Zivilgesellschaft bzw. Opposition und die Beschneidung von Grund- und Freiheitsrechten, die tausenden Menschen in ganz Russland regelmäßig widerfährt.

Die Verhaftung Nawalnys und seine Verurteilung führten im Jänner und Februar in Moskau und in 100 bis 150 Städten in Russland zu großen Kundgebungen, bei denen jeweils mehrere Tausend Personen teilweise unter Anwendung brutaler Polizeigewalt festgenommen und zahlreiche Strafverfahren eingeleitet wurden. Die österreichische Bundesregierung forderte die russischen Behörden auf, ihre internationalen Verpflichtungen u.a. im Rahmen des Europarats und der OSZE wahrzunehmen und die in Ausübung ihrer Versammlungs- und Meinungsfreiheit Protestierenden nicht zu kriminalisieren.

Die Verurteilung Nawalnys und die unverhältnismäßige Reaktion auf die Proteste dagegen zeigen deutlich, dass der Opposition, der Zivilgesellschaft und unabhängigen Stimmen in der Russischen Föderation immer weniger Raum gelassen wird. Russland muss aufgefordert werden, seinen menschenrechtlichen n Verpflichtungen wie dem Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie dem Recht auf ein faires Verfahren, die auch in der Europäischen Menschenrechtskonvention festgeschrieben ist, nachzukommen. Die Achtung und der Schutz der Menschenrechte sind keine innere Angelegenheit. Die Förderung und der Schutz der Menschenrechte sind ein Grundpfeiler und eine Priorität des auswärtigen Handelns der EU.“

 

Der Außenpolitische Ausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 16. März 2021 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Harald Troch, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic und Mag. Dr. Martin Graf.

 

Bei der Abstimmung wurde der gegenständliche Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen einstimmig beschlossen.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Außenpolitische Ausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2021 03 16

                         Dr. Ewa Ernst-Dziedzic                                         Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc

                                  Berichterstatterin                                                                           Obfrau