817 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft

über den Antrag 1413/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kein AMA Gütesiegel für Sojaimporte auf Bundes- wie auf Landesebene

Die Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 24. März 2021 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Südamerikanische Sojaimporte begünstigen den Anbau auf illegal gerodeten Flächen

Aufgrund seiner Biodiversität und seiner Rolle als CO2 Speicher gilt das Amazonasgebiet als eines der wichtigsten Ökosysteme der Welt. Wegen der Expansion der landwirtschaftlichen Fläche und des Rohstoffabbaus ist der Regenwald des Amazonas allerdings massiv bedroht. Diese Entwicklung wird beschleunigt durch unzureichende Naturschutzbemühungen der verantwortlichen Staaten und die große internationale Nachfrage nach Produkten und Rohstoffen aus Südamerika.

Eines der problematischsten landwirtschaftlichen Produkte ist Soja, welches in der Regel gentechnisch verändert ist und unter extensivem Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel angebaut wird, häufig auf illegal gerodeten Flächen. Dieses Soja findet dann seinen Weg nach Europa, wo es in der Viehwirtschaft verwendet wird. Eine im Juli 2020 in Science publizierte Studie (Rajão et al, The rotten apples of Brazil's agribusiness, Science, 2020) konnte etwa nachweisen, dass ein Fünftel des Sojas, welches aus Brasilien nach Europa exportiert wurde, aus illegal gerodeten Flächen stammt.

Anpassung des AMA Gütesiegels im Sinne informierter Konsument_innen

Trotz einiger Verbesserungen ist auch die österreichische Landwirtschaft von derartigen südamerikanischen Sojaimporten abhängig und so indirekt am Raubbau beteiligt. Es gibt allerdings seit Jahren politische Bemühungen, diese ‚Eiweißlücke‘ zu schließen und den heimischen Anbau zu fördern. Um dies weiter voranzutreiben, wäre es auch besonders wichtig, Konsument_innen transparent darüber zu informieren, welche Produkte derartige Importe beinhalten und deren Absatz nicht aktiv zu fördern oder zu begünstigen.

Das AMA Gütesiegel ist das in der österreichischen Bevölkerung bekannteste Gütesiegel und steht - laut Eigendefinition - für eine ‚nachvollziehbare Herkunft des Produktes‘. Die rot-weiß-rote Färbung des Siegels suggeriert für Verbraucher_innen zusätzlich einen heimischen Charakter. Es wäre daher im Interesse der österreichischen Bevölkerung, wenn diese vollkommen ausschließen könnten, dass ein mit dem AMA Gütesiegel markiertes Produkt weder gentechnisch verändert ist, noch mit extensivem chemischem Pflanzenschutz hergestellt, noch den Raubbau im Amazonasgebiet mitverursacht. Dies würde gleichzeitig die Nachfrage nach nachhaltigerem Soja aus Österreich und Europa stärken und so die nationale und europäische Unabhängigkeit von Importen stärken.

Stimmen für eine Anpassung des AMA Gütesiegels werden lauter

NEOS wirkt: Die Stimmen für eine Anpassung und entsprechende Änderung der Vergaberichtlinien des AMA Gütesiegels werden lauter. So ist die NEOS Initiative im Bund unter anderem auch auf Interesse im Salzburger Landtag gestoßen. Ein von den Salzburger NEOS eingebrachter Antrag betreffend ‚kein AMA-Gütesiegel für Sojaimporte‘ (Nr. 172 d.B.) wurde am 24. Februar einstimmig - unter anderem mit den Stimmen der Volkspartei und den Grünen - angenommen!

Selbst AMA Sprecherin Manuela Schürr begrüßt eine entsprechende Umstellung des Siegels, dies sei allerdings bisher am Preis gescheitert. (sh. Salzburger Nachrichten vom 24.02.2021 ‚Salzburg fordert von der Regierung strengere Regeln für Sojaimport‘)

Was auf Landesebene Einigkeit findet, muss auch auf Bundesebene umsetzbar sein. Die Bundesregierung ist nun dringlich gefordert, einerseits eine Eiweißstrategie vorzulegen und andererseits die Vergabe des AMA Gütesiegels anzupassen.“

 

Der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 4. Mai 2021 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer die Abgeordneten
Dipl.-Ing. Olga Voglauer, Norbert Sieber, Cornelia Ecker, Franz Leonhard Eßl, Carina Reiter, Peter Schmiedlechner, Johannes Schmuckenschlager und Mag. Gerald Hauser.

 

Bei der Abstimmung wurde der gegenständliche Entschließungsantrag der Abgeordneten
Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen mit Stimmenmehrheit
(für den Antrag: teilweise V, S, F, G, N, dagegen: teilweise V) beschlossen.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dipl.-Ing. Georg Strasser, Dipl.-Ing. Olga Voglauer einen selbständigen Entschließungsantrag gem. § 27 Abs. 3 GOG-NR betreffend Weiterentwicklung des
AMA-Gütesiegels eingebracht, der mit Stimmenmehrheit (für den Antrag: V, F, G, dagegen: S, N) beschlossen wurde.

 

Dieser selbständige Entschließungsantrag war wie folgt begründet:

Die Bundesregierung hat sich im Regierungsprogramm dazu bekannt, die Gentechnikfreiheit zu forcieren, sowie in allen Sektoren Initiativen für den Schutz der Artenvielfalt zu setzen und Beiträge zum Klimaschutz zu leisten. Zudem soll der Umstieg auf heimische und europäische Eiweißquellen für Futtermittel unterstützt werden, dabei gilt es die verschiedenen Instrumente wie Agrarförderungen und öffentliche Beschaffung auch in diesem Sinne zu nutzen.

Gerade im Hinblick auf den Klimawandel ist den Regierungsfraktionen die Umstellung auf europäische Soja-Futtermittel sehr wichtig. Die Produktion von – großteils gentechnisch verändertem - Soja in Südamerika ist einer der größten Treiber für den Verlust und häufig illegale Rodung von Regenwald, was starken Verlust von Biodiversität sowie enorme Klimafolgen aufgrund der Landnutzungsänderungen bedeutet. Würde regionaler Soja eingesetzt werden, wäre eine Reduktion der CO2 Emissionen um bis zu 50% pro kg Schweinefleisch möglich (vgl. SERI 2011 & FiBL 2020).

Die Landwirtschaft ist jederzeit zu Weiterentwicklungen bereit, sofern die dafür anfallenden Mehrkosten von den MarktteilnehmerInnen getragen werden. Berechnungen zeigen, dass die Mehrkosten für europäisches Soja, je nach Berechnungsgrundlage und Studie, im Durchschnitt der Jahre 2017-2020 zwischen € 2,28[1] und € 8,60[2] pro Mastschwein betragen.

Parallel zum Umstellungsprozess ist es unbedingt notwendig, die bereits bestehenden Zusatzmodule des AMA-Gütesiegels GVO-frei und Tierwohl verstärkt durch die AMA-Marketing GmbH zu bewerben, sowie im Zuge der Überarbeitung der Basisanforderungen an die Tierhaltung im AMA Gütesiegel auch die Tierwohl-Anforderungen weiterzuentwickeln.

Diese Mehrkosten, die durch Mehrleistung entstehen, können die LandwirtInnen nicht selber tragen. Es braucht daher auf jeden Fall neue Ansätze im Bereich der Finanzierung der Mehrkosten für die betroffenen Bäuerinnen und Bauern, um die Umstellung auf europäisches/GVO-freies Soja in der Schweinefütterung und mehr Tierwohl kostenneutral zu bewältigen.

 

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Dipl.-Ing. Olga Voglauer gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft somit den Antrag, der Nationalrat wolle die angeschlossenen Entschließungen (Anlage 1 und Anlage 2) annehmen.

Wien, 2021 05 04

                        Dipl.-Ing. Olga Voglauer                                               Dipl.-Ing. Georg Strasser

                                  Berichterstatterin                                                                          Obmann



[1] Kirner L., Stürmer B. (2021): Mehrkosten von und Erfahrungen mit höheren Tierwohlstandards in der österreichischen Schweinemast. Berichte über Landwirtschaft, Zeitschrift für Agrarpolitik und Landwirtschaft, Band 99 | Ausgabe 1

[2] Berechnung LK OÖ