841 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP
Bericht
des Budgetausschusses
über die Regierungsvorlage (809 der Beilagen): BESCHLUSS DES RATES vom 14. Dezember 2020 über das Eigenmittelsystem der Europäischen Union, Nr. 2020/2053/EU, Euratom, ABl. Nr. L 424 vom 15.12.2020 (Eigenmittelbeschluss 2021)
Der Beschluss (EU, Euratom) 2020/2053 des Rates vom 14. Dezember 2020 über das Eigenmittelsystem der Europäischen Union und zur Aufhebung des Beschlusses 2014/335/EU, Euratom (Eigenmittelbeschluss 2021), ABl. Nr. L 424 vom 15.12.2020, S. 1, enthält die Vorschriften für die Finanzierung des Jahreshaushalts der Europäischen Union. Der Eigenmittelbeschluss 2021 tritt nach Zustimmung der Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften am ersten Tag des ersten Monats in Kraft, der auf den Monat folgt, in dem die letzte Mitteilung eines Mitgliedstaats betreffend die abgeschlossene Ratifizierung beim Generalsekretariat des Rates der Europäischen Union eingeht. Er gilt rückwirkend ab dem 1. Jänner 2021. Art.°311 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ermöglicht explizit die Schaffung neuer Kategorien von Eigenmitteln, was mit der Einführung der „Plastik-Eigenmittel“ durch den Eigenmittelbeschluss 2021 geschieht. Gemäß Art.°23i Abs.°3 erster Satz B-VG bedarf dieser Beschluss der Genehmigung des Nationalrates und der Zustimmung des Bundesrates. Diese Beschlüsse bedürfen gemäß Art.°50 Abs.°4 B-VG jeweils der Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen.
Die Eigenmittel werden aus dem Bundeshaushalt an den Gesamthaushalt der EU abgeführt und die daraus dem Bund erwachsenden Lasten im Sinne des § 10 Abs.°3 FAG 2017 durch die Länder mitgetragen. Im Zusammenhang mit der Genehmigung des Eigenmittelbeschlusses durch den Nationalrat und der Zustimmung des Bundesrates ist auch eine redaktionelle Anpassung des FAG 2017 vorgesehen.
Die Grundsätze der Finanzierung des EU-Gesamthaushaltes
Art.°311 AEUV legt die Kernelemente des EU-Eigenmittelsystems fest, z. B., dass der Haushalt („Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union“) – unbeschadet der sonstigen Einnahmen – vollständig aus Eigenmitteln finanziert wird. Die Union stattet sich so mit den erforderlichen Mitteln aus, um ihre Ziele erreichen und ihre Politik durchführen zu können (Art.°311 Abs.°1). Art.°17 der Haushaltsordnung (Verordnung (EU, Euratom) Nr. 2018/1046 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juli 2018 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union, zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1296/2013, (EU) Nr. 1301/2013, (EU) Nr. 1303/2013, (EU) Nr. 1304/2013, (EU) Nr. 1309/2013, (EU) Nr. 1316/2013, (EU) Nr. 223/2014, (EU) Nr. 283/2014, (EU) und des Beschlusses Nr. 541/2014/EU sowie zur Aufhebung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012, ABl. Nr. L 193 vom 30.7.2018, S 1, legt fest, dass Einnahmen und Mittel für Zahlungen auszugleichen sind („Grundsatz des Haushaltsausgleichs“). Allerdings besteht gemäß Art. 122 AEUV für den Rat die Möglichkeit, auf Vorschlag der Kommission der Wirtschaftslage angemessene Maßnahmen zu beschließen. Auf dieser Basis kann die Europäische Kommission ermächtigt werden, im Namen der Union auf dem Kapitalmarkt zusätzliche Mittel aufzunehmen, die als zweckgebundene Einnahmen gemäß Art.°21 der Haushaltsordnung außerordentliche Maßnahmen zur Krisenbewältigung finanzieren.
Mit dem Recht auf eigene Mittel wird die finanzielle Unabhängigkeit der EU gegenüber den Mitgliedstaaten begründet. Die Einnahmen der EU werden nicht durch Finanzbeiträge (wie etwa die Beiträge von Staaten zu internationalen Organisationen) aufgebracht. Dieser Zugriff der EU auf die von den Mitgliedstaaten auf nationaler Ebene eingehobenen Eigenmittel erfolgte bisher stets unter wesentlicher Einbindung der Mitgliedstaaten, insbesondere dadurch, dass die Erhebung und Bereitstellung der Eigenmittel nur durch Organe der Mitgliedstaaten erfolgt.
Der Vollzug der Erhebung und Bereitstellung der Eigenmittel
Die Erhebung und Bereitstellung der Eigenmittel erfordert vielfältige Vollzugshandlungen; an diesen sind primär die Mitgliedstaaten, aber auch die Europäische Kommission beteiligt: Das materielle Recht für die Erhebung der traditionellen Eigenmittel – im Wesentlichen Zölle – ist ausschließlich EU-Recht. Die Ertragshoheit an diesen Abgaben ist abgestuft: Die Leistung der Abgaben erfolgt ausschließlich an den Mitgliedstaat; die Bereitstellung der traditionellen Eigenmittel zugunsten des EU-Haushalts obliegt dem Mitgliedstaat und erfolgt – nach Abzug einer Einhebungsvergütung – teils auf Basis der festgestellten, d.h. vorgeschriebenen, teils auf Basis der tatsächlich eingehobenen Abgaben. Das Mehrwertsteuerrecht und die Erfassung des Bruttonationaleinkommens sind Gegenstand von harmonisierten EU-Vorschriften.
In Bezug auf die Vollziehung des Eigenmittelrechtes kommen der Europäischen Kommission und dem Rat weitgehende Informations- und Kontrollrechte zu.
Die Schaffung der maßgeblichen Rechtsgrundlage für die Eigenmittel wird in Art.°311 Abs.°3 AEUV geregelt: Der Rat erlässt gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren einstimmig und nach Anhörung des Europäischen Parlaments einen Beschluss, mit dem die Bestimmungen über das System der Eigenmittel der Union festgelegt werden (Eigenmittelbeschluss).
Art.°311 Abs.°4 AEUV sieht vor, dass der Rat nach Zustimmung des Europäischen Parlaments durch Verordnungen Durchführungsmaßnahmen zum Eigenmittelsystem festlegt. Art.°10 Eigenmittelbeschluss 2021 präzisiert, dass diese Durchführungsmaßnahmen das Verfahren zur Berechnung und Budgetierung des jährlichen Haushaltssaldos sowie die notwendigen Bestimmungen und Regelungen zu Kontrolle, Überwachung und Berichtspflichten im Zusammenhang mit der Erhebung der Eigenmittel vorsehen.
Art.°322 Abs.°2 AEUV sieht vor, dass der Rat – auf Vorschlag der Europäischen Kommission sowie nach Anhörung des Europäischen Rechnungshofs und des Europäischen Parlaments – das Verfahren im Zusammenhang mit der Bereitstellung der Eigenmittel zugunsten des EU-Haushalts durch die Mitgliedstaaten festlegt. Art.°9 Abs.°3 Eigenmittelbeschluss 2021 verweist auf die dafür zu erlassenden Verordnungen.
Die Eigenmittelvorschriften der EU unterliegen einer kontinuierlichen Weiterentwicklung. Die erste Regelung stammt aus dem Jahr 1970 und sah Agrarabschöpfungen, Zölle und eine an der Mehrwertsteuer orientierte Finanzierungsquelle vor. Dieses System gelangte erst ab 1980 zur vollständigen Anwendung, sodass das Finanzierungsgebot gemäß Art. 269 Abs. 2 EG-Vertrag erst relativ spät erfüllt wurde. Eine Weiterentwicklung dieses Systems erfolgte mit 1985, 1988 und 1994 gefassten Beschlüssen des Rates.
Der derzeit noch geltende Eigenmittelbeschluss aus dem Jahr 2014 soll durch den Eigenmittelbschluss 2021 abgelöst werden. Er tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf den Monat folgt, in dem die letzte Mitteilung eines Mitgliedstaats betreffend die abgeschlossene Ratifizierung beim Generalsekretariat des Rates der Europäischen Union eingeht.
Derzeit geltende Rechtslage
Der derzeit geltende Eigenmittelbeschluss Nr. 2014/335/EU, Euratom, ABl. Nr. L 168 vom 7.6.2014, S. 105 sowie BGBl. III Nr. 196/2016 (Eigenmittelbeschluss 2014), beruht wesentlich auf den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates (7./8. Februar 2013) und sieht mit den MwSt.-basierten Eigenmitteln, den BNE-basierten Eigenmitteln und den sogenannten traditionellen Eigenmitteln (im Wesentlichen Zolleinnahmen) drei Eigenmittelkategorien vor. Darüber hinaus sieht der Eigenmittelbeschluss 2014 ein befristetes System von direkten und indirekten Beitragskorrekturen für die Niederlande, Schweden, Deutschland, Dänemark und Österreich vor, sowie eine unbefristete Beitragskorrektur für das Vereinigte Königreich, die durch dessen Ausscheiden nunmehr hinfällig ist.
Der neue Eigenmittelbeschluss
Die Vorschläge der Europäischen Kommission
Die Europäische Kommission legte am 2. Mai 2018 einen Paketvorschlag für den mehrjährigen EU- Finanzrahmen (MFR) 2021-2027 und dessen Finanzierung (COM(2018) 325 für einen neuen Eigenmittelbeschluss) vor. In der Folge kam es im Rat sowie im Europäischen Parlament zu intensiven Beratungen zum MFR-Paket auf technischer und politischer Ebene. Wesentliche finanzierungsseitige Aspekte des Kommissionsvorschlags waren die Einführung dreier neuer Eigenmittelkategorien (auf einer gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuerbasis; durch Umleitung eines Teils der derzeit an die nationalen Haushalte fließenden Erlöse aus dem Europäischen Emissionshandelssystem; „Plastik- Eigenmittel“) sowie die Abschaffung sämtlicher Beitragskorrekturen (Rabatte).
Nach dem Ausbruch der COVID-19-Krise legte die Europäische Kommission am 28. Mai 2020 einen überarbeiteten Vorschlag für das MFR-Paket vor, das unter anderem ein Aufbauinstrument (COM(2020)°441) – auch Next Generation EU, kurz NGEU, genannt – zur Bewältigung der Folgen der COVID-19-Krise vorsah. Gemäß Vorschlag der Europäischen Kommission soll das Aufbauinstrument der Finanzierung zusätzlicher Ausgaben zur Bewältigung der COVID-19-Krise im Ausmaß von bis zu 750 Milliarden Euro zu konstanten Preisen von 2018, jährlich mit 2% wertgesichert, dienen. Diese zusätzlichen Mittel sollten an den Kapitalmärkten aufgenommen und als zweckgebundene Einnahmen auf bestimmte EU-Förderprogramme übertragen werden. finanzieren. Die Europäische Kommission legte hierzu auch eine Änderung ihres Vorschlags für einen Eigenmittelbeschluss 2021 vor (COM(2020)°445), die eine Ermächtigung der Europäischen Kommission zur Aufnahme der dafür vorgesehenen Mittel auf den Kapitalmärkten vorsieht.
Die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 17. bis 21. Juli 2020 und deren Umsetzung im vom Rat am 14. Dezember 2020 angenommen Eigenmittelbeschluss 2021
Bei der Sondertagung des Europäischen Rates vom 17. bis 21. Juli 2020 wurde eine politische Grundsatzeinigung über die Festlegung des mehrjährigen EU-Finanzrahmens (MFR) für die Jahre 2021– 2027 und eines Aufbauinstruments zur Bewältigung der Folgen der COVID-19-Krise sowie deren Finanzierung (Eigenmittelbeschluss) erzielt. Der Europäische Rat betonte, dass aufgrund der außergewöhnlichen wirtschaftlichen und sozialen Lage in Folge der COVID-19-Krise außerordentliche Maßnahmen zur Stärkung des Aufschwungs und der Resilienz der Volkswirtschaften erforderlich sind. Um die Union mit den erforderlichen Mitteln zur Bewältigung der Herausforderungen infolge der COVID-19-Pandemie auszustatten, ermächtigte der Europäische Rat die Kommission, im Namen der Union Mittel im Ausmaß von bis zu 750 Milliarden Euro an den Kapitalmärkten aufzunehmen. Die aufgenommenen Mittel werden im Einklang mit dem Aufbauinstrument[1] auf Unionsprogramme übertragen.
In Umsetzung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 17. bis 21. Juli 2020 hat der Rat den Eigenmittelbeschluss 2021 am 14. Dezember 2020 angenommen. Die wesentlichen Neuerungen im Bereich der Eigenmittel, die gemäß dieser Grundsatzeinigung mit 1. Jänner 2021 gelten sollen, werden im Folgenden dargestellt.
Beitragskorrekturen („Rabatte“):
Das bestehende komplexe System von Beitragskorrekturen („Rabatte“) wird für den Zeitraum 2021-2027 durch Pauschalermäßigungen der auf dem Bruttonationaleinkommen (BNE) basierenden Eigenmittel ersetzt. Im Sinne einer fairen Lastenteilung erhält Österreich eine Bruttokürzung seines jährlichen BNE- Beitrags um 565 Millionen Euro, Dänemark eine Bruttokürzung seines jährlichen BNE-Beitrags um 377 Millionen Euro, Deutschland eine Bruttokürzung seines jährlichen BNE-Beitrags um 3°671 Millionen Euro, die Niederlande eine Bruttokürzung ihres jährlichen BNE-Beitrags um 1°921 Millionen Euro und Schweden eine Bruttokürzung seines jährlichen BNE-Beitrags um 1°069 Millionen Euro. Unter Berücksichtigung des österreichischen Beitragsanteils an der Finanzierung der Rabatte ergibt sich für Österreich ein jährlicher Netto-Rabatt von rund 350 Millionen Euro. Diese Beträge sind in konstanten Preisen von 2020 ausgedrückt; sie werden durch den jeweils von der Europäischen Kommission errechneten Deflator für das Bruttoinlandsprodukt wertgesichert.
Neue Eigenmittelkategorie:
Ab 1. Jänner 2021 wird eine neue Eigenmittelkategorie eingeführt, die auf nationalen Beiträgen beruht. Diese nationalen Beiträge bemessen sich nach dem Gewicht der nicht recycelten Verpackungsabfälle aus Kunststoff mit einem Abrufsatz von 0,80 Euro pro Kilogramm („Plastik-Eigenmittel“). Folgenden Mitgliedstaaten wird eine jährliche pauschale Ermäßigung, ausgedrückt in jeweiligen Preisen (das bedeutet: ohne Anpassung an das Preisniveau) gewährt: Bulgarien in Höhe von 22 Millionen Euro, Tschechien in Höhe von 32,1876 Millionen Euro, Estland in Höhe von 4 Millionen Euro, Griechenland in Höhe von 33 Millionen Euro, Spanien in Höhe von 142 Millionen Euro, Kroatien in Höhe von 13 Millionen Euro, Italien in Höhe von 184,0480 Millionen Euro, Zypern in Höhe von 3 Millionen Euro, Lettland in Höhe von 6 Millionen Euro, Litauen in Höhe von 9 Millionen Euro, Ungarn in Höhe von 30 Millionen Euro, Malta in Höhe von 1,4159 Millionen Euro, Polen in Höhe von 117 Millionen Euro, Portugal in Höhe von 31,3220 Millionen Euro, Rumänien in Höhe von 60 Millionen Euro, Slowenien in Höhe von 6,2797 Millionen Euro und der Slowakei in Höhe von 17 Millionen Euro. Hintergrund der pauschalen Ermäßigung für diese Mitgliedstaaten ist, dass durch die neuen „Plastik-Eigenmittel“ der Bedarf an BNE-basierten Eigenmitteln im selben Ausmaß sinkt, so dass die Einführung der neuen Eigenmittelkategorie zu einer überproportionalen Mehrbelastung der weniger wohlhabenden Mitgliedstaaten führen würde. Dieser Verteilungseffekt wird durch die Ermäßigungen gemildert. Zugleich entsteht durch die Einführung der „Plastik-Eigenmittel“ ein permanenter Anreiz für alle Mitgliedstaaten, auf nationaler Ebene Vermeidungsmaßnahmen zu ergreifen bzw. die Recyclingquote zu erhöhen und somit den nationalen Beitrag zu den Eigenmitteln zu reduzieren, ohne die Mitgliedstaaten in ihrer Entscheidungshoheit einzuschränken.
Eigenmittelobergrenzen:
Die bestehenden Eigenmittelobergrenzen werden auf 1,40% des EU-BNE für Mittel für Zahlungen bzw. 1,46% des EU-BNE für Mittel für Verpflichtungen erhöht (statt bisher 1,20% bzw. 1,26% des EU-BNE). Mit dieser Maßnahme wird insbesondere der Wegfall der Wirtschaftskraft des Vereinigten Königreichs kompensiert.
Bewältigung der Folgen der COVID-19-Krise:
Zum ausschließlichen Zweck der Bewältigung der Folgen der COVID-19-Krise wird die Europäische Kommission ermächtigt, im Namen der Union bis 2026 Mittel in der Höhe von bis zu 750°Milliarden Euro zu Preisen von 2018, davon 360°Milliarden Euro zur Weitergabe von zurückzuzahlenden Darlehen an Mitgliedstaaten und 390°Milliarden Euro für Ausgaben (nicht rückzahlbare Zuschüsse) an den Kapitalmärkten aufzunehmen. Da die Ermächtigung zur Mittelaufnahme eine außergewöhnliche Reaktion auf die COVID-19-bedingten vorübergehenden, aber extremen Umstände darstellt, sind die der Europäischen Kommission übertragenen Befugnisse zur Mittelaufnahme hinsichtlich Dauer und Umfang klar begrenzt. Diese Beträge sind in konstanten Preisen von 2018 ausgedrückt und werden mit jährlich 2% wertgesichert. Die Zuweisung der aufgenommenen Mittel erfolgt entsprechend der Verordnung zum Aufbauinstrument an Unionsprogramme zur Unterstützung der Erholung nach der Pandemie. Gemäß Aufbauinstrument werden von den 750°Milliarden Euro der Aufbau- und Resilienzfazilität 672,5°Milliarden Euro zugewiesen, davon 360°Milliarden Euro in Form von zurückzuzahlenden Darlehen an Mitgliedstaaten und 312,5°Milliarden Euro für Ausgaben.
Der Juristische Dienst des Rates bestätigte in seinem Gutachten vom 24. Juni 2020 betreffend „Vorschläge zu ‚Next Generation EU“[2] die Vertragskonformität eines „Mechanismus, wie er mit NGEU vorgeschlagen wird […], sofern dieser Mechanismus eine Reihe von Sicherungsmaßnahmen vorsieht, durch die die Haushaltsneutralität gewahrt und letztendlich auch der Grundsatz des Haushaltsausgleichs geachtet wird.“ Das Gutachten konkretisiert die beiden wesentlichen Sicherungsmaßnahmen folgendermaßen: Erstens sollen die aufgenommenen Beträge Ausgabenprogrammen als zweckgebundene Einnahmen zugewiesen werden, die unter haushaltstechnischen Aspekten kein Haushaltsungleichgewicht erzeugen können; zweitens ist die Rückzahlung der eingegangenen Verbindlichkeiten innerhalb der Eigenmittelobergrenzen zu garantieren. Das Gutachten hält weiters fest, dass Art.°122 AEUV die korrekte Rechtsgrundlage für das Aufbauinstrument ist und die allgemeine Ausgestaltung des Aufbauinstruments, und speziell der Eigenmittelbeschluss-Vorschlag und die Finanzierungsstruktur des NGEU-Instruments, mit Art.°125 Abs.°1 AEUV (Nichtbeistandsklausel) vereinbar ist. Das Gutachten hält auch fest, dass Art.°311 AEUV die geeignete Rechtsgrundlage für die neu in den Eigenmittelbeschluss- Vorschlag aufgenommenen Bestimmungen betreffend die Rückzahlung der im Rahmen des Aufbauinstruments vorgesehenen Mittelaufnahme ist.
Rückzahlung der zur Bewältigung der COVID-19-Krise eingegangenen Verbindlichkeiten („NGEU Anleihen“):
Die Rückzahlung der zur Finanzierung von Maßnahmen zur Bewältigung der COVID-19-Krise eingegangenen Verbindlichkeiten soll vor Ablauf der Finanzperiode 2021-2027 beginnen und bis längstens 31. Dezember 2058 dauern. Um eine ausgezeichnete Bonität der Europäischen Union abzusichern, wird die Eigenmittelobergrenze bis zum vollständigen Abbau dieser Verbindlichkeiten ausschließlich zur Deckung dieser Verbindlichkeiten um zusätzliche 0,6 Prozentpunkte angehoben. Die Europäische Kommission soll bei der Umsetzung der Mittelaufnahmen durch eine diversifizierte Finanzierungsstrategie die Kapazitäten der Märkte, solche beträchtlichen Beträge zur Verfügung zu stellen, mit unterschiedlichen Laufzeiten, einschließlich kurzfristiger Finanzierungen zum Zweck des Liquiditätsmanagements, bestmöglich nutzen und die günstigsten Rückzahlungsbedingungen gewährleisten. Zusätzlich sollte die Europäische Kommission das Europäische Parlament und den Rat regelmäßig und umfassend über alle Aspekte ihres Schuldenmanagements unterrichten.
Gemäß den politischen Vorgaben des Europäischen Rats präzisiert der Eigenmittelbeschluss die Fälle, in denen die Kommission vorläufig mehr Mittel von den Mitgliedstaaten abrufen kann, als es ihrem jeweiligen Anteil entspricht, ohne dass sich die endgültigen Verbindlichkeiten der Mitgliedstaaten erhöhen. Auch wird darin festgelegt, dass solche Beiträge unverzüglich ausgeglichen werden, und zwar im Einklang mit dem geltenden Rechtsrahmen für den EU-Haushalt und somit auf Grundlage der jeweiligen geltenden BNE-Schlüssel, unbeschadet sonstiger Eigenmittel und sonstiger Einnahmen. Um sicherzustellen, dass die Union ihren rechtlichen Verpflichtungen gegenüber Dritten stets fristgerecht nachkommen kann, sind daher in Art.°9 des Eigenmittelbeschlusses 2021 besondere Vorschriften vorgesehen. So wird die Europäische Kommission im Interesse der Absicherung der ausgezeichneten Bonität der Europäischen Union ermächtigt, von den Mitgliedstaaten anteilsmäßig („pro rata“) und vorübergehend zusätzliche Mittel abzurufen. Diese Maßnahme kann nur als letztes Mittel ergriffen werden.
Einführung neuer Eigenmittel:
Der Europäische Rat bekannte sich in seinen Schlussfolgerungen vom 17. bis 21. Juli 2020 zur Reform des Eigenmittelsystems und zur Einführung neuer Eigenmittel. Die Einnahmen aus den nach 2021 eingeführten neuen Eigenmittelquellen werden für die vorzeitige Rückzahlung der Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit dem Aufbauinstrument („NGEU-Anleihen“) verwendet. In diesem Zusammenhang wird die Europäische Kommission als Grundlage für zusätzliche Eigenmittel im ersten Halbjahr 2021 Vorschläge eines CO2-Grenzausgleichssystems und für eine Digitalabgabe unterbreiten. Ziel ist die Einführung neuer Eigenmittel spätestens zum 1.°Jänner 2023. Weiters bekannte sich der Europäische Rat dazu, auf die Einführung weiterer neuer Eigenmittel hinzuarbeiten, wobei auf eine mögliche Ausweitung des Emissionshandelssystems der EU auf Luft- und Seeverkehr sowie auf die mögliche Einführung einer Finanztransaktionssteuer verwiesen wird.[3]
Sonstige Änderungen:
Die Berechnung der MwSt.-Eigenmittel soll vereinfacht und die Vergütung der Kosten für die Erhebung traditioneller Eigenmittel von 20% auf 25% der erhobenen Zölle erhöht werden.
Sonstige Beratungen der Europäischen Institutionen
Der Europäische Rechnungshof nahm zu den Vorschlägen der Europäischen Kommission im Eigenmittelbereich gemäß Art. 287 Abs. 4 und Art. 322 Abs. 2 AEUV Stellung (Stellungnahme 5/2018 ABl. Nr. C 431 vom 29.11.2018 S. 1) und der Wirtschafts- und Sozialausschuss zum gesamten MFR- Paket (Abl. Nr. C 440 vom 6.12.2018 S. 106). Das Europäische Parlament, dem beim Eigenmittelbeschluss gemäß Art.°311 Abs.°3 AEUV ein Anhörungsrecht zukommt, verabschiedete am 16. September 2020 seine Stellungnahme („Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 16. September 2020 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über das Eigenmittelsystem der Europäischen Union“; P9_TA(2020)0220).
Finanzielle Auswirkungen
Verglichen mit der letzten Finanzperiode 2014-2020 wird der jährliche österreichische EU-Beitrag von durchschnittlich 2,9°Milliarden Euro (2014-2020) auf durchschnittlich 3,8°Milliarden Euro (2021-2027) ansteigen. Beitragserhöhend wirken sich insbesondere die nominell höhere Dotierung des MFR 2021- 2027 und das Ausscheiden des Vereinigten Königsreichs als wirtschaftsstarker Beitrags- und Nettozahler aus. Beitragssenkend wirken sich die Ermäßigung der BNE-basierten Eigenmittel für Österreich (Rabatt) sowie die Einführung der „Plastik-Eigenmittel“ aus. Verglichen mit dem Nullszenario (d.h. dem Weiterlaufen des geltenden Eigenmittelbeschlusses 2014), ergibt sich für Österreich ein um jährlich rund 370°Millionen Euro geringerer EU-Beitrag, der großteils auf den Rabatt zurückgeht.
Der Budgetausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 11. Mai 2021 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA die Abgeordneten Petra Steger, Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kai Jan Krainer und Ing. Klaus Lindinger, BSc sowie der Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA.
Bei der Abstimmung wurde mit Stimmenmehrheit (dafür: V, S, G, N dagegen: F) beschlossen, dem Nationalrat die Genehmigung des gegenständlichen Beschlusses des Rates gemäß Art. 23i Abs. 3 erster Satz B-VG zu empfehlen.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Budgetausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:
Der BESCHLUSS DES RATES vom 14. Dezember 2020 über das Eigenmittelsystem der Europäischen Union, Nr. 2020/2053/EU, Euratom, ABl. Nr. L 424 vom 15.12.2020 (Eigenmittelbeschluss 2021) (809 der Beilagen) wird gemäß Art. 23i Abs. 3 erster Satz B-VG genehmigt.
Wien, 2021 05 11
Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA Gabriel Obernosterer
Berichterstatter Obmann
[1] Sh. Verordnung (EU) 2020/2094 des Rates vom 14. Dezember 2020 zur Schaffung eines Aufbauinstruments der Europäischen Union zur Unterstützung der Erholung nach der COVID-19-Krise, Abl. L 433 I vom 22.12.2020, S. 23
[2] Abrufbar über die Website des Parlaments unter
https://www.parlament.gv.at/PAKT/EU/XXVII/EU/02/86/EU_28698/index.shtml.
[3] Siehe nähere Ausführungen in der Interinsitutionellen Vereinbarung vom 16. Dezember 2020 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat der Europäischen Union und der Europäischen Kommission über die Haushaltsdisziplin, die Zusammenarbeit im Haushaltsbereich und die wirtschaftliche Haushaltsführung sowie über neue Eigenmittel, einschließlich eines Fahrplans im Hinblick auf die Einführung neuer Eigenmittel, Abl. L 433 I vom 22.12.2020, S. 28.