Entwurf

Vorblatt

Erläuterungen

I. Allgemeiner Teil

Allgemeines

Um den effektiven Vollzug des Bundesgesetzes über die äußeren Rechtsverhältnisse islamischer Religionsgesellschaften sicherzustellen, werden rechtliche Anpassungen im Gesetz vorgenommen.

In einigen Bereichen hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass die bisherigen Rechtsgrundlagen einen effektiven Vollzug nicht immer hinreichend ermöglicht haben. Bestimmungen, die die äußeren Rechtsverhältnisse von Kirchen und Religionsgesellschaften betreffen, werden nicht nur durch die Religionsfreiheit nach Art. 9 EMRK, sondern ebenso durch das Recht der Kirchen und Religionsgesellschaften auf selbstständige Ordnung und Verwaltung ihrer inneren Angelegenheiten nach Art. 15 StGG begrenzt. Die inneren Angelegenheiten der Kirchen und Religionsgesellschaften sind nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes nur unter Bedachtnahme auf das Wesen der Religionsgesellschaften nach deren Selbstverständnis erfassbar und können nicht abschließend aufgezählt werden (VfSlg. 11.574/1987, 16.395/2001). Es zählen solche Fragen nicht zu den inneren Angelegenheiten, mit denen eine staatliche Wirkung nach außen verbunden ist (zB die Frage der staatlichen Mitgliedschaft, VfSlg. 11.300/1987). Die vorliegenden Änderungen betreffen keine reinen inneren Angelegenheiten der islamischen Religionsgesellschaften, sondern knüpfen an den jeweiligen Status als Körperschaft öffentlichen Rechts an. Mit diesem Status sind nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten verbunden.

Die vorliegenden Änderungen finden keine ausdrückliche Entsprechung in anderen Gesetzen über die äußeren Angelegenheiten von Kirchen und Religionsgesellschaften. Jedoch sind anderen Gesetzen dieselben Pflichten von Kirchen und Religionsgesellschaften zu entnehmen. Der gesicherte Bestand und die wirtschaftliche Selbsterhaltungsfähigkeit der Religionsgesellschaft sowie deren Einrichtungen sind als Prinzipien auch ausdrücklich anderen Gesetzen zu entnehmen (vgl. dazu zB § 5 AnerkennungsG; §§ 3, 4 BekGG; § 2 OrthodoxenG; § 5 IsraelitenG). Dadurch wird im Gegenzug der Status als Körperschaft öffentlichen Rechts gewährt. Generell kann von Körperschaften öffentlichen Rechts im Kooperationsverhältnis des Art. 15 StGG zwischen Religionsgesellschaften und Staat Transparenz vorausgesetzt werden.

Zur Selbsterhaltungsfähigkeit einer Kirche oder Religionsgesellschaft hat der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 20.321/2019 festgehalten: „Das vorliegende Verbot der Mittelaufbringung durch eine laufende Finanzierung aus dem Ausland – dh das Erfordernis der Sicherstellung hinreichender Mittel im Inland – sichert die Autonomie der islamischen Religionsgesellschaften bzw. Kultusgemeinden gegenüber Einwirkungen anderer Staaten und deren Einrichtungen und erweist sich in diesem Sinne als eine sachliche Regelung, die keinen Verstoß gegen Art. 7 B-VG bildet. Dies gilt im Übrigen auch im Hinblick auf das sogenannte Paritätsprinzip des Art. 15 StGG als besondere Ausprägung des Gleichheitsgrundsatzes.“

Die nunmehrigen Änderungen schaffen konkrete Rechtsgrundlagen, um die Überprüfung der Bestimmung des § 6 Abs. 2 IslamG sicherzustellen. Die Vorlage der Unterlagen sowie die Bekanntgabe von Funktionsträger/innen erfolgte bisher nach den allgemeinen Meldepflichten des § 25 IslamG. Die Bekanntgabe der außenvertretungsbefugten Organe sowie der Religionsdiener/innen ist zudem nach der lex specialis des § 23 Abs. 2 IslamG geregelt. Ähnliche Bestimmungen über die Bekanntgabe der „zur Seelsorge berechtigten“ (§ 11 AnerkennungsG) sowie der außenvertretungsbefugten Organe (§ 4 Abs. 2 ProtestantenG; § 9 OrthodoxenG; § 5 OrientKG; § 15 Abs. 2 IsraelitenG) finden sich auch in anderen Gesetzen über die äußeren Angelegenheiten von Kirchen und Religionsgesellschaften.

 

Hauptgesichtspunkte

In einigen Bereichen hat die Erfahrung aus den letzten Jahren gezeigt, dass im islamischen Bereich die bisherigen Rechtsgrundlagen einen effektiven Vollzug der Bestimmungen nicht immer hinreichend ermöglicht haben. Der Entzug der staatlichen Rechtspersönlichkeit einer innerreligiösen Einrichtung, die beim Kultusamt hinterlegt wurde und dadurch den Status als öffentlich-rechtliche Rechtsperson erlangt hat, ist nach den geltenden Bestimmungen auch bei Vorliegen eines Versagungsgrundes (§§ 4, 5 IslamG) nicht möglich. Auch diese Einrichtungen müssen aber die Grundvoraussetzungen im Sinn des Islamgesetzes gewährleisten. Bei Einrichtungen und Funktionsträger/innen war nicht immer hinreichend klar, ob diese Teil einer islamischen Religionsgesellschaft waren oder davon unabhängige Rechtspersonen. Ebenso war die Überprüfung des Inlandsfinanzierungsgebots (§ 6 Abs. 2 Gebot zur Aufbringung der Mittel für die gewöhnliche Tätigkeit zur Befriedigung religiöser Bedürfnisse – sog. „Auslandsfinanzierungsverbot“) bisher nur anhand der allgemeinen Kooperationsbestimmung des § 25 IslamG möglich. Um eine klare gesetzliche Grundlage zu schaffen, werden die Bestimmungen dahingehend konkretisiert.

Kompetenzgrundlage

Der vorliegende Entwurf stützt sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 13 B-VG (Angelegenheiten des Kultus).

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens

Keine.

Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union

Die vorgesehenen Regelungen fallen – abgesehen von den datenschutzrechtlichen Regelungen – nicht in den Anwendungsbereich des Rechts der Europäischen Union.


 

II. Besonderer Teil

Zu Artikel 1

Zu Z 2 (§ 11b BekGG):

Diese Bestimmung soll den hinreichenden Informationsaustausch zwischen den Bundesministerien und dem Kultusminister sicherstellen und damit einen einheitlichen Vollzug religionsrechtlicher Bestimmungen gewährleisten. Im Kontext dieser Bestimmung ist keine Übermittlung personenbezogener Daten vorgesehen. Bei Regelungen, die die Stellung der Kirchen und Religionsgesellschaften nach Art. 15 StGG betreffen sowie insbesondere ihre inneren Angelegenheiten sichern, deren Vollzugsbereich aber nicht den Kultusminister betrifft, sondern in den Wirkungsbereich eines anderen Bundesministers fällt, ist der Kultusminister zu informieren und anzuhören. Das betrifft beispielsweise Bereiche wie den Religionsunterricht, die religiöse Betreuung in besonderen Einrichtungen, theologische Studien, das Meldewesen, oder das Aufenthaltsrecht. Hinsichtlich der religiösen Bekenntnisgemeinschaften ist der Kultusminister zu informieren und anzuhören, wenn deren Rechtsstellung an sich betroffen ist.

Zu Artikel 2 Änderungen des Islamgesetzes

Zu Z 1 (§ 5 Abs. 2):

Derzeit sind die Aufhebung der Rechtspersönlichkeit einer Kultusgemeinde sowie der Religionsgesellschaft vorgesehen, jedoch kann einer Einrichtung (zB Moscheegemeinde), die nach § 23 Abs. 4 IslamG Rechtspersönlichkeit auch für den staatlichen Bereich erlangt hat, diese nicht entzogen werden. Ziel einer solchen Rechtspersönlichkeit ist es, die Abwicklung äußerer Angelegenheiten von Teilen der Religionsgesellschaft zu erleichtern. Da die unmittelbare Verantwortung der Religionsgesellschaft für diese Teile bestehen bleibt, knüpft sich die Verleihung der Rechtspersönlichkeit ausschließlich an die autonome Verleihung einer innerreligionsgesellschaftlichen Rechtspersönlichkeit, ohne dass eine staatliche Genehmigung oder gesonderte Überprüfung vorgesehen ist. Werden durch das Verhalten einer derart mit öffentlich-rechtlicher Rechtspersönlichkeit ausgestatteten Einrichtung Aufhebungsgründe der Rechtspersönlichkeit für den staatlichen Bereich verwirklicht, ist dieses Verhalten der Religionsgesellschaft zurechenbar. Erfolgt keine Beseitigung dieser Aufhebungsgründe durch die Religionsgesellschaft selbst (etwa durch Entzug der Rechtspersönlichkeit), treffen die Aufhebungsgründe unmittelbar die Religionsgesellschaft. Der Entzug der Rechtspersönlichkeit nach § 23 Abs. 4 stellt demnach einen geringeren Eingriff in Art. 9 und 11 EMRK dar als der – bei Vorliegen der Aberkennungsgründe rechtlich zwingende – Entzug der Rechtspersönlichkeit der Religionsgesellschaft. Dabei wird auf Besonderheiten im islamischen Bereich reagiert, soweit in der Praxis nicht nur Teilen einer theologisch und organisatorisch kohärenten Religionsorganisation eine derartige Rechtspersönlichkeit verliehen wird, sondern auch religiösen Einrichtungen, welche sich etwa durch eigenständige Vereinsstrukturen autonom finanzieren und organisieren, eigenständige theologische oder ethnische Strukturen widerspiegeln oder einen eigenständigen Ursprung außerhalb der Religionsgesellschaft aufweisen. Soweit bei einer islamischen Religionsgesellschaft faktisch keine derartigen Besonderheiten vorliegen, ist, sofern überhaupt entsprechende Aufhebungsgründe vorliegen, von einer unverzüglichen Abstellung durch die Religionsgesellschaft selbst auszugehen. Damit wäre zugleich eine Aufhebung der Rechtspersönlichkeit nach § 23 Abs. 4 nicht erforderlich und damit gegenstandslos, die Religionsgesellschaft somit auch nicht betroffen. Die Bestimmung zielt im Ergebnis auf Unterschiede im Tatsächlichen ab und ist in ihrer effektiven Reichweite auf derartige Unterschiede beschränkt. Eine Einrichtung nach § 23 Abs. 4 muss ihren Wirkungsbereich (im Regelfall durch Vorlage ihrer Statuten) darlegen und den grundlegenden Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 entsprechen. Schon bisher war § 5 Abs. 2 Z 2 in systematischer Auslegung gegenüber Kultusgemeinden nur hinsichtlich der für sie einschlägigen Bestandsvoraussetzungen für Religionsgesellschaften anwendbar, da insbesondere die positive Grundeinstellung gegenüber Gesellschaft und Staat nach § 4 Abs. 3 für alle Teile der Religionsgesellschaft gilt. Nunmehr ergibt sich aus der Systematik des Gesetzes, dass § 5 Abs. 2 Z 1 und 2 gegenüber Rechtspersonen nach § 23 Abs. 4 nur hinsichtlich allgemeiner, für die Religionsgesellschaft und ihre Teile geltender Bestandsvoraussetzungen Anwendung finden. Hervorzuheben sind dabei die positive Grundeinstellung gegenüber Gesellschaft und Staat gemäß § 4 Abs. 3 sowie § 5 Abs. 1 Z 1, welcher sich an den legitimen Zielen von Eingriffen in die Religionsfreiheit (Art. 9 EMRK) orientiert.

Zu Z 2 (§ 5 Abs. 2 Z 2a):

Der vorgesehene § 5 Abs. 2 Z 2a erweitert nicht die Aufhebungsgründe, sondern ermöglicht in Ausnahmefällen eine unverzügliche Aufhebung der öffentlich-rechtlichen Rechtspersönlichkeit nach § 23 Abs. 4 unter Entfall der sonst erforderlichen vorherigen Aufforderung zur Abstellung des Aufhebungsgrundes, wenn eine solche unverzügliche Aufhebung zum Schutz der dort genannten Interessen erforderlich ist. Es ermöglicht die unverzügliche Reaktion, die ebenso wie das gesamte Versagungs- und Aufhebungsregime unter dem Kalkül der Notwendigkeit bzw. Erforderlichkeit steht. Dabei sollen in einem besonders grundrechtssensiblen Bereich jene Fälle Berücksichtigung finden, in welchen nur eine unverzügliche Aufhebung geeignet ist, einen effektiven Schutz der in § 5 Abs. 1 Z 1 genannten Interessen zu gewährleisten. Die Bestimmung soll nur zur Anwendung gelangen, wenn die unverzügliche Aufhebung der Rechtspersönlichkeit erforderlich, also nach sorgfältiger Interessenabwägung verhältnismäßig ist. Im Kooperationsverhältnis kann in derartigen Fällen regelmäßig eine Reaktion der Religionsgesellschaft selbst vorausgesetzt werden, um entweder die Aufhebungsgründe abzustellen oder die Rechtspersönlichkeit zu entziehen. § 5 Abs. 2 Z 2a ist daher als ultima ratio Maßnahme konzipiert, wenn ein Schutz legitimer Ziele nach Art. 9 EMRK wie insbesondere die Rechte und Freiheiten anderer nur derart effektiv gewährleistet werden kann. Damit besteht die Anforderung, auf eine solche Maßnahme dann zu verzichten, wenn andere staatliche Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, welche dem Schutz legitimer Ziele in gleicher Weise genügen (analog zum Ultima-ratio-Prinzip im Strafrecht, vgl dazu etwa Schroll, in Höpfel/Ratz (Hrsg), WK2 StGB Nachbemerkungen zu § 42: Mangelnde Strafwürdigkeit der Tat in Abgrenzung zur intervenierenden Diversion – Strafprozeßnovelle 1999; Stand 1.2.2000, Rz 3). Eine taxative Aufzählung möglicher Gründe droht die erforderliche Handlungsfähigkeit in derartigen Ausnahmesituationen insbesondere zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer zu nehmen, doch setzt ein Entzug der Rechtspersönlichkeit nach Z 2a als ultima ratio eine grundrechtliche Verhältnismäßigkeitsprüfung nach den genannten Kriterien zwingend voraus. Insbesondere soll damit sichergestellt werden, dass eine entsprechende Einrichtung über keine Rechtsperson öffentlichen Rechts verfügt und kein damit verbundenes besonderes Vertrauensverhältnis zum Staat suggeriert. Dabei sind die Interessen der in § 5 Abs. 1 Z 1 genannten, durch die EMRK und die Judikatur des EGMR näher umrissenen, legitimen Interessen mit jenen der islamischen Religionsgesellschaften, ihrer Teile, sowie einzelner Gläubiger abzuwägen. Klargestellt ist ebenso, dass im Vorfeld einer etwaigen Bescheiderlassung im Kooperationsverhältnis eine Einbindung der Religionsgesellschaft erfolgt. Damit wird die Bedeutung der Einbindung im Kooperationsverhältnis von Staat und Religionsgesellschaft unterstrichen, keineswegs aber auf einen Ausschluss von Parteienrechten abgezielt.

Zu Z 3 (§ 5 Abs. 2a):

Der vorgesehene § 5 Abs. 2a ergänzt das System der Aufhebung der Rechtspersönlichkeit nach Abs. 2 und stellt dabei auf das Vorliegen von Versagensgründen bei Einrichtungen der Kultusgemeinden ab. Wird der beanstandete Missstand nicht unverzüglich und ohne weiteren Aufschub abgestellt, kann sich die Aufhebung der Rechtspersönlichkeit als Ergebnis einer, in § 5 Abs. 1 Z 1 widergespiegelten, Verhältnismäßigkeitsprüfung nach Art. 9 EMRK als erforderlich erweisen. Die Wahl der Maßnahmen (etwa Deradikalisierung, Abberufung eines Seelsorgers oder einer Seelsorgerin, Schließung einer Einrichtung) obliegt der Autonomie der Kultusgemeinde, soweit damit eine effektive Beseitigung des beanstandeten Missstandes erreicht wird. Die schon bisher bestehende Zurechnung von Einrichtungen der Kultusgemeinde im System der Aufhebung der Rechtspersönlichkeit nach Abs. 2 bleibt hiervon unberührt. Klargestellt ist ebenso, dass im Vorfeld einer Bescheiderlassung im Kooperationsverhältnis eine Einbindung der Religionsgesellschaft erfolgt. Damit wird die Bedeutung der Einbindung im Kooperationsverhältnis von Staat und Religionsgesellschaft hervorgehoben, keineswegs aber auf einen Ausschluss von Parteienrechten abgezielt. Die Begründung für den Missstand und der Missstand selbst sind entsprechend der allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmungen per Bescheid darzulegen. „Unverzüglich“ ist nach herrschender Lehre im Sinne von „ohne schuldhaftes Zögern“ bzw. „ohne unnötigen Aufschub“ zu verstehen.

Zu Z 4 (§ 7 Z 4 und Z 5):

In § 7 Z 4 wird als ausdrückliche Aufgabe der Religionsgesellschaft die Vorlage der Aufzeichnungen über die Rechnungslegung und damit der Finanzunterlagen zum Zweck der Überprüfung des Inlandsfinanzierungsgebots (§ 6 Abs. 2, Gebot zur Aufbringung der Mittel für die gewöhnliche Tätigkeit zur Befriedigung religiöser Bedürfnisse im Inland – sog. „Auslandsfinanzierungsverbot“) verankert. Die Bestimmung richtet sich in erster Linie an die Religionsgesellschaft. Die Überprüfungsbefugnis der Behörde über die Rechnungslegung ergibt sich aus § 6 Abs. 2 iVm § 25 Abs. 5. Dass damit kein unzulässiger Eingriff in die inneren Angelegenheiten verbunden ist, wurde durch VfSlg. 20.321/2019 klargestellt (siehe dazu genauer die Erläuterungen zu § 25 Abs. 5).

In Z 5 wird die Religionsgesellschaft zudem ausdrücklich gesetzlich verpflichtet, eine Aufstellung aller ihr zugehörigen Einrichtungen zu führen. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass oftmals nicht klar ist, welche Einrichtung zu welcher Kultusgemeinde gehört, welche eine eigene nach innerreligiösem Recht errichtete Rechtspersönlichkeit besitzt und welche direkt der Religionsgesellschaft unterstellt ist. Zudem war teilweise nicht nachvollziehbar, ob es sich überhaupt um eine Einrichtung einer Religionsgesellschaft handelt.

Die innere Organisation einer Religionsgesellschaft zählt zu den inneren Angelegenheiten einer Religionsgesellschaft. Die Verpflichtung eine Aufstellung aller ihrer Einrichtungen zu führen, gibt jedoch keine bestimmte Organisationsform vor, sondern dient der Zurechnung und Abgrenzung von Handeln einer Körperschaft öffentlichen Rechts. Es obliegt der Religionsgesellschaft selbst, welche Einrichtungen Teile von ihr selbst sind. Gleichzeitig ist mit der Eingliederung in eine Religionsgesellschaft intendiert, dass Rechtswirkungen für den staatlichen Bereich bestehen, sodass diesbezügliche Klarheit vorliegen muss. Es handelt sich somit um eine Transparenzbestimmung für den äußeren Bereich. Dieser äußere Bereich von Körperschaften öffentlichen Rechts ist das Ergebnis einer autonom gewählten inneren Struktur, greift aber nicht in diese ein.

Ebenso wird in Z 5 als Pflicht der Religionsgesellschaft ausdrücklich das Führen einer Aufstellung aller Funktionsträger/innen inklusive der religiösen Funktionsträger/innen verankert. Diese Bestimmung bildet eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage zur Verarbeitung dieser personenbezogenen Daten iSd Grundrechts auf Datenschutz für die Religionsgesellschaft selbst.

Der Begriff der Funktionsträger/innen ist als Überbegriff zu verstehen und umfasst außenvertretungsbefugte Organe und jene Personen, denen innerreligiös eine bestimmte Funktion übertragen ist und deren Verhalten in Ausübung dieser Funktion somit einer Körperschaft öffentlichen Rechts zuzurechnen ist. Ähnliche Bestimmungen über die Bekanntgabe der „zur Seelsorge berechtigten“ (§ 11 AnerkennungsG) sowie der außenvertretungsbefugten Organe (§ 4 Abs. 2 ProtestantenG; § 9 OrthodoxenG; § 5 OrientKG) finden sich auch in anderen Gesetzen, jedoch sind oftmals die „außenvertretungsbefugten Organe“ und die „zur Seelsorge berechtigten“ bei anderen Kirchen und Religionsgesellschaften gleichzusetzen. Für den islamischen Bereich, der keine einheitliche Institution aufweist, trifft dies nicht immer zu, weshalb auf den Überbegriff des/r (religiösen) „Funktionsträger/in“ abgestellt wird. Als Funktionsträger/innen sind demnach insbesondere die „Seelsorger“ nach Art. 23 der Verfassung der Islamischen Glaubensgemeinschaft (konsolidierte Fassung Jänner 2021) zu verstehen. Diese Bestimmungen dienen der Transparenz, wem welche Funktion innerhalb der jeweiligen Körperschaft öffentlichen Rechts zukommt. Die Übermittlung jener Funktionsträger/innen erlaubt somit umgekehrt auch eine Abgrenzung gegenüber Personen, welche keine Funktionsträger/innen sind und deren Verhalten nicht zurechenbar ist (siehe auch Erläuterungen zu § 25). Von Bedeutung ist dabei allein die Funktionsträgerschaft für Religionsgesellschaften, nicht aber deren konkrete Dauer.

Die neue Z 5 beschränkt die Aufstellung jedoch auf jene religiösen Funktionsträger/innen, denen eine Verbreitung der religiösen Lehre der Religionsgesellschaften zurechenbar ist. Zweck der Bestimmung ist damit insbesondere Klarheit darüber, ob etwa Imame oder Dedes als Funktionsträger/innen einer Religionsgesellschaft auftreten, mit religionsgesellschaftlicher Autorität die Lehre dieser Religionsgesellschaft verbreiten. Es sind damit etwa Imame, welche nicht dauerhaft bestellt sind, und auch „Gastimame“ (also solche, die nur für kurze Zeit eine Funktion der Religionsgesellschaft ausüben) umfasst. Jedenfalls erfasst sind somit etwa auch Seelsorger aus dem Ausland, welche nur vorübergehend als Funktionsträger/innen einer Religionsgesellschaft deren Lehre verbreiten. Funktionsträger/innen, die zwar die Aspekte der Lehre rituell ausführen ohne aber Lehre ieS zu verbreiten, also insbesondere die Aufgaben wie die rituelle Totenwäsche oder Beaufsichtigung der rituellen Schächtung durchführen, sind ausgenommen.

Zu Z 5 (§ 23 Abs. 5):

Der neue Abs. 5 stellt eine Vereinheitlichung entsprechend dem ProtestantenG dar. Nach § 4 ProtestantenG können innerreligiöse Rechtspersonen der Evangelischen Kirche durch Hinterlegung auch für den staatlichen Bereich Rechtspersönlichkeit des öffentlichen Rechts erlangen. In § 5 ist die Umwandlung, Vereinigung oder Auflösung dieser Rechtspersonen geregelt. Eine dazu korrespondierende Bestimmung fehlte im IslamG bisher und wird nun ergänzt. Da die Umwandlung, Vereinigung oder Auflösung „in gleicher Form“ zu erfolgen hat, wird auch hier das Einlangen schriftlich bestätigt.

 

Zu Z 6 (§ 24 Abs. 1):

Neben der Universität Wien besteht auch an anderen Universitäten und Hochschulen relevante fachliche Expertise im Bereich islamisch-theologischer Studien, die für Zwecke der theologischen Forschung und Lehre sowie für die wissenschaftliche Heranbildung des geistlichen Nachwuchses islamischer Religionsgesellschaften nutzbar gemacht werden kann und soll. Die islamische theologische Ausbildung soll daher in Zukunft nicht zwingend nur auf die Universität Wien beschränkt sein, sondern für Kooperationen geöffnet werden, beispielsweise mit den Universitäten Innsbruck, Graz oder Salzburg.

Zu Z 8 (§ 25 Abs. 2 bis 5):

In Abs. 2 Z 1 wird nun ausdrücklich eine Anzeigeverpflichtung hinsichtlich des Wechsels von Einrichtungen genannt. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass es nach Genehmigung der Kultusgemeinden zu Verschiebungen von Moscheeeinrichtungen gekommen ist, die nicht gemeldet wurden, wodurch nicht mehr nachvollziehbar war, welche Moscheeeinrichtung welcher Kultusgemeinde zuzurechnen war. Zur Vereinbarkeit dieser Verpflichtung im Hinblick auf Art. 15 StGG siehe die Erläuterungen zu § 7 Z 5.

In Abs. 2 Z 2 wird zudem die Bekanntgabe der Funktionsträger/innen verankert, weil auch hier die Erfahrung gezeigt hat, dass diese dem Kultusamt nicht immer vollständig zur Kenntnis gebracht wurden. Sowohl die Religionsgesellschaften als auch deren Einrichtungen genießen nach dem IslamG die Stellung als Körperschaft öffentlichen Rechts (§§ 1, 8 und 23 Abs. 4 IslamG). Dieser Status bedingt, dass hinreichend klargestellt sein muss, wer für diese Körperschaft öffentlichen Rechts rechtsverbindlich handeln kann und welche religiöse Handlung ihr zuzurechnen ist. Der Zweck der Datenverarbeitung besteht darin, dass den staatlichen Behörden bekannt ist, wer für die jeweilige Körperschaft öffentlichen Rechts Funktionen wahrnimmt. Die Bekanntgabe erfolgt mittels eines Formulars aus der sich die Einrichtung und deren Funktionsträger/innen ergibt. Aus datenschutzrechtlichen Gründen ist damit keine Übermittlungsverpflichtung einer ausschließlichen Liste aller Funktionsträger/innen verbunden. Über die Wahl der außenvertretungsbefugten Organe und der Religionsdiener/innen wird gemäß § 28 Abs. 3 IslamG eine Bestätigung über die Wahlanzeige ausgestellt. Zudem normiert § 28 Abs. 2 IslamG das Recht einer Wahlaufsichtsbeschwerde an den Bundeskanzler. Hinsichtlich der Einrichtungen, die nach innerreligiösem Recht gegründet werden und gemäß § 23 Abs. 4 IslamG 2015 hinterlegt werden, ist ebenfalls eine Bestätigung auszustellen. Gleichzeitig bestehen für die Religionsgesellschaft, die Kultusgemeinden und die Einrichtungen nach § 23 Abs. 4 IslamG bestimmte Pflichten, deren Missachtung zum Entzug der staatlichen Rechtspersönlichkeit führen kann (§ 5 Abs. 2 und Abs. 2a IslamG). Ebenso statuieren §§ 14 und 21 IslamG die Pflicht der Religionsgesellschaft, Funktionsträger/innen bei bestimmten strafrechtlichen Verurteilungen abzuberufen. Um einen Vollzug dieser Bestimmungen sicherzustellen, ist eine Zuordnung der jeweiligen Funktionsträger/innen zur jeweiligen Rechtsperson erforderlich.

Die Verpflichtung zur Bekanntgabe der religiösen Funktionsträger/innen erfolgt „auf Verlangen“. Die Bekanntgabe erfolgt daher auf Aufforderung durch das Kultusamt und dient – wie erwähnt – dem Zweck der Zurechenbarkeit allfälliger Handlungen zur jeweiligen Rechtsperson.

Keine der beiden islamischen Religionsgesellschaften kann für das Verhalten aller Personen verantwortlich gemacht werden, welche sich als islamische Geistliche betrachten oder als solche auftreten. Einerseits bestehen zwei islamische Religionsgesellschaften sowie eine islamische Bekenntnisgemeinschaft. Andererseits können andere Gruppierungen außerhalb der Religionsgesellschaften operieren oder Personen ohne religionsgesellschaftliche Autorität oder Zurechnung als islamische Geistliche auftreten.

Mit Abs. 3 soll klargestellt werden, dass auch derartige Funktionsträger/innen umfasst sind, die nur für kurze Zeiträume tätig sind. Ausgenommen von der Bekanntgabe sind jedoch Funktionsträger/innen, die bereits bei einer Einrichtung der Religionsgesellschaft gemeldet wurden. Es bedarf in diesem Fall keiner nochmaligen Anzeige (zB bei einer kurzfristigen Vertretung im Krankheitsfall).

Der neue Abs. 4 beinhaltet eine genaue Beschreibung welche Daten bei der Bekanntgabe von Funktionsträger/innen zu übermitteln sind. Damit soll einerseits den datenschutzrechtlichen Erfordernissen entsprochen werden, andererseits ist der personalisierte Austausch mit Funktionsträger/innen der Religionsgesellschaften selbstverständlicher Ausdruck des gelebten Kooperationsverständnisses zwischen Staat und Religionsgesellschaften. So werden zB regelmäßig sog. „Amtsbestätigungen“ zu Körperschaften öffentlichen Rechts und ihrer Organe für den rechtsgeschäftlichen Verkehr ausgestellt, weiters kommt es immer wieder in Verfahren nach dem IslamG zu erforderlichen Kontakten mit den Funktionsträger/innen, weshalb einerseits die Bekanntgabe der Anschrift als ladungsfähige Adresse vorhanden sein soll, andererseits sich in der Realität des Alltags die Kontaktaufnahme im kurzem Weg mittels E-Mailadresse und eine Telefonnummer bewährt hat. Bei außenvertretungsbefugten Organen wird aufgrund ihrer Funktion zur Sicherstellung von Identifikationszwecken eine Kopie des behördlichen Ausweises verlangt. Aufgrund der teilweisen unterschiedlichen Schreibweise von Namen hat sich gezeigt, dass eine Kopie eines behördlichen Ausweises zur Identitätsfeststellung sinnvoll erscheint. Es handelt sich dabei um keine Datenverarbeitung, die über die bereits bisher bestehende Verpflichtung der Bekanntgabe der Funktionsträger/innen nach § 23 Abs. 2 und §§ 14, 21 IslamG hinausgeht. Insbesondere handelt es sich um kein Register, das sicherheitspolizeilichen Zwecken dient. Die Datenverarbeitung verfolgt lediglich den Zweck, den Vollzug der Bestimmungen des IslamG sicherzustellen.

Bei den zu verarbeitenden Daten handelt es sich um die Verarbeitung personenbezogener Daten iSd Art. 9 DSGVO, die Daten von Funktionsträger/innen von Körperschaften öffentlichen Rechts betreffen. So normiert etwa auch das VereinsG (§§ 11 und 14) eine Bekanntgabe personenbezogener Daten, ohne dass es sich jedoch bei jener Rechtsform um eine Körperschaft öffentlichen Rechts handelt, der ein besonderes, frei gewähltes Kooperationsverhältnis mit dem Staat inhärent ist. Es sind keine materienspezifischen Löschungsverpflichtungen normiert, weil die DSGVO selbst in Art. 5 Abs. 1 lit. b „eine Weiterverarbeitung für im öffentlichen Interesse liegende Archivzwecke“ als legitim ansieht. An die Stelle der Löschung tritt die Archivierung („archivisches Löschungssurrogat“). Im Verhältnis Staat und Kirche ist von einer Archivwürdigkeit der Daten auszugehen und die Löschung richtet sich daher nach § 5 Abs. 3 Bundesarchivgesetz. Eine Löschungsverpflichtung für Daten, die nur eine Religionsgesellschaft trifft ist als problematisch anzusehen, weil es dazu führen würde, dass nur diese Daten zu löschen wären, alle anderen aber nicht.

Im neu eingefügten Abs. 5 wird eine ausdrückliche Verpflichtung der Religionsgesellschaft sowie der Kultusgemeinden vorgesehen, die Rechnungsabschlüsse und die Finanzunterlagen vorzulegen. Dies war bisher nur im Rahmen der allgemeinen Anzeige- und Meldeverpflichtung des nunmehrigen Abs. 1 vorgesehen. Für die Kontrolle und Überprüfung des § 6 Abs. 2 IslamG wird dadurch eine klare gesetzliche Grundlage geschaffen. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg. 20.321/2019 ausführte, regelt das Inlandsfinanzierungsgebot keine innere Angelegenheit, sondern gewährleistet gerade die freie Besorgung der inneren Angelegenheiten, mithin die grundrechtlich geschützte Autonomie der islamischen Religionsgesellschaften bzw. Kultusgemeinden und letztlich die freie Religionsausübung ihrer Mitglieder. Demnach sei das Inlandsfinanzierungsgebot gemäß dem bestehenden § 6 Abs. 2 ausdrücklich sachlich gerechtfertigt und damit als im Lichte des Gleichheitsgrundsatzes und des Paritätsprinzips verfassungsrechtlich unbedenklich.

Falls die Religionsgesellschaft, Kultusgemeinde oder Einrichtung nach § 23 Abs. 4 IslamG von einer (oder mehreren) anderen juristischen Person (Unterstützungsverein, Hilfsverein, Stiftung etc.) finanziert wird, so sind zusätzlich auch die Unterlagen – soweit sie für die Überprüfung des § 6 Abs. 2 IslamG erforderlich sind – dieser juristischen Person vorzulegen. Eine zwingende Vorlage aller Finanzunterlagen der dahinterstehenden Rechtsperson ist damit nicht verbunden. Durch die klare Zweckbindung der Überprüfung gemäß § 6 Abs. 2 im Satz 1 ist durch den Begriff „diesbezügliche Unterlagen“ ebenfalls sichergestellt, dass nur jene Unterlagen heranzuziehen sind, die für eine Überprüfung des § 6 Abs. 2 erforderlich sind. Nachdem die Finanzierung durch dahinterstehende Rechtspersonen sehr unterschiedlich sein kann, wird auf den allgemeinen Begriff der „Unterlagen“ abgestellt. Die Einschränkung erfolgt durch die strenge Zweckbindung nach § 6 Abs. 2 und muss im Einzelfall geprüft werden. Ausschlaggebend für die Frage der Finanzierung durch eine andere juristische Person ist die wirtschaftliche Betrachtungsweise und die damit verbundene Möglichkeit einer Einflussnahme. Die Vorlage hat durch die jeweilige kultusrechtliche Rechtsperson zu erfolgen. Es soll dadurch die Transparenz der Finanzierung der Religionsgesellschaft und der Kultusgemeinde gewährleistet werden, die der Überprüfung der Einhaltung des § 6 Abs. 2 IslamG dient. Die Bestimmung soll zudem den Besonderheiten im islamischen Bereich gerecht werden, der sehr stark von Unterstützungs- und Hilfsvereinen geprägt ist. Als Rechtspersönlichkeiten sind die Religionsgesellschaft, die Kultusgemeinden und sonstige Körperschaften öffentlichen Rechts klar von der Rechtspersönlichkeit islamischer Vereine getrennt. Diese Vereine bezwecken nicht die Verbreitung der Religionslehre, sondern unterstützen die Kultusgemeinden, die Religionsgesellschaft oder Einrichtungen nach § 23 Abs. 4 IslamG. Eine komplette Entflechtung, im Sinne eigener Abrechnungskreise, zwischen den Unterstützungsvereinen und den jeweiligen kultusrechtlichen Rechtspersonen ist noch nicht hinreichend verwirklicht worden. Um nicht die Rechtspersönlichkeit wegen mangelnder wirtschaftlichen Selbsterhaltungsfähigkeit entziehen zu müssen, wird – um aber gleichzeitig Umgehungskonstruktionen des Auslandsfinanzierungsverbotes hintanhalten zu können – die Vorlage der Unterlagen der dahinterstehenden Rechtsperson gefordert.

Zu Z 9 (§ 30):

§ 30 IslamG erwies sich in seiner bisherigen Form in der seit Inkrafttreten des Gesetzes gesammelten Verwaltungspraxis nur eingeschränkt als geeignet, dem Gesetz effektiv zur Durchsetzung zu verhelfen. Zudem war die bisherige Bestimmung wiederholt der Kritik mangelnder Bestimmtheit ausgesetzt. Die vorliegende Bestimmung soll einen effektiven Durchsetzungsmechanismus mit einem Mindestmaß an erforderlichen Grundrechtseingriffen verbinden. Zu diesem Zweck wird klargestellt, unter welchen Voraussetzungen eine Unterlassung oder Maßnahmen zur Wiederherstellung eines gesetzeskonformen Zustandes bescheidmäßig anzuordnen sind. Das Verhältnis zum Entzug der Rechtspersönlichkeit nach § 5 dieses Gesetzes ergibt sich unmittelbar aus der Verhältnismäßigkeit, welche anlassbezogen zu beurteilen ist. Es ergibt sich im Ergebnis ein dreistufiges, nach der jeweiligen Schwere gewichtetes, System bei Verletzungen des IslamG: Jedenfalls denkmöglich sind zunächst Verletzungen derart geringfügiger Natur, dass im Kooperationsverhältnis noch kein Bescheid nach § 30 Abs. 1 oder § 5 erforderlich ist. Als zweite Stufe dienen Bescheide nach § 30 Abs. 1, welche noch keinen Entzug der Rechtspersönlichkeit bewirken und einen gesetzeskonformen Zustand ohne einen derartigen Entzug herstellen sollen. Als letzte Stufe und letztes Mittel dient schließlich der Entzug der Rechtspersönlichkeit mit Bescheid oder Verordnung nach § 5, welcher abhängig von der konkreten Schwere der Verletzung auch unmittelbar erforderlich werden kann. Die vorliegende Bestimmung eröffnet somit die Möglichkeit, einen gesetzeskonformen Zustand herzustellen, den Rechtsschutzweg zu eröffnen und Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz klarzustellen.

In Abs. 2 wird die Möglichkeit geschaffen, Geldmittel, die entgegen § 6 Abs. 2 IslamG aufgebracht wurden, für verfallen zu erklären. Die Bestimmung verfolgt zwei Ziele: Einerseits sollen rechtswidrig erlangte Geldmittel entzogen werden können. Andererseits soll so möglichen Anreizen begegnet werden, ein autonomiebeschränkendes Abhängigkeitsverhältnis entgegen § 6 Abs. 2 zu schaffen. Wie auch beim Verfall nach § 20 StGB wird der Zweck – Nutzlosigkeit der Aufwendungen – angestrebt, um dadurch die Autonomie der Religionsgesellschaft, Kultusgemeinde oder Einrichtung nach § 23 Abs. 4, zu gewährleisten. Es ist damit kein strafähnlicher Charakter verbunden (vgl. dazu VfSlg. 20.013/2015).

Erwächst der Bescheid in Rechtskraft und erfolgt dennoch keine Unterlassung oder angeordnete Behebung des gesetzeswidrigen Zustandes binnen der gesetzten, angemessenen Frist, kann eine Aufhebung der Rechtsperson nach § 5 erforderlich werden. Doch soll der Entzug der Rechtspersönlichkeit nicht die einzig mögliche Konsequenz der fehlenden oder mangelhaften Umsetzung eines Bescheides nach Abs. 1 bleiben. Geldbußen sind nunmehr als letztes Mittel vorgesehen, um ohne Entzug der Rechtspersönlichkeit einen gesetzeskonformen Zustand effektiv zu sichern, wenn ein rechtskräftiger Bescheid nach Abs. 1 nach angemessener Frist nicht umgesetzt wird. Die vorgesehenen Geldbußen nach Abs. 3 Z 1 bis 4 sind in dieser Form in anderen Spezialgesetzen in Angelegenheiten des Kultus nicht vorgesehen, hängen jedoch untrennbar mit einer effektiven Durchsetzung des § 6 Abs. 2 in verfassungskonformer Auslegung gemäß VfSlg. 20.321/2019 zusammen. Die Höhe der möglichen Geldbußen nach Abs. 3 Z 3 und 4 soll eine Vorlage der Unterlagen nach § 25 Abs. 5 sicherstellen. Ziel dieser Geldbußen ist somit die Herstellung jener Transparenz, welche erforderlich ist, um zu gewährleisten, dass der staatsfreie Raum für Religionsgesellschaften nicht durch die effektive Kontrolle anderer Staaten ersetzt wird. Damit soll eine effektive Umsetzung des § 6 Abs. 2 sichergestellt werden. Bußgelder haben daher im Verhältnis zu möglicherweise gesetzeswidrig aufgebrachten Mitteln zu stehen, wobei insbesondere die österreichweite Höhe der Personalkosten für Seelsorger/innen und Miet- oder Anschaffungskosten für Kultusstätten für einen mindestens 2vT der Bevölkerung Österreichs umfassenden (vgl. § 4 Abs. 1), faktisch aber im Fall einer der beiden anerkannten islamischen Religionsgesellschaften erheblich darüber liegenden, Kreis an Gläubigen zu bedenken ist. Da die Höhe derartiger Mittel regelmäßig erst durch Transparenz im Bereich der Finanzierung und somit entsprechenden Unterlagen festgestellt werden kann, bedingt eine Beurteilung der konkreten Verhältnismäßigkeit entsprechender Erkenntnisse. Die Obergrenze möglicher Geldbußen orientiert sich an einer abstrakten Mittelaufbringung, wobei diese Grenze im konkreten Verhältnis zur tatsächlichen Mitgliedzahl und bekannten Mittelaufbringung und Mittelverwendung als Orientierung dient.

Die Geldbuße hat subsidiären Charakter: Sie ist als geringerer Eingriff gegenüber der Aufhebung der Rechtspersönlichkeit zu verhängen, da mit der Aufhebung eine Geldbuße zur Durchsetzung hinfällig wird. Da sich die Vollstreckung durch Geldbußen gegen Rechtspersonen richtet, welche das IslamG als Körperschaften öffentlichen Rechts einrichtet, erfolgt insofern eine Abweichung von § 5 Abs. 4 VVG. Schon bisher waren „Geldbußen“ vorgesehen, die neue Bestimmung soll auch in dieser Hinsicht die Durchsetzung von behördlichen Entscheidungen genauer determinieren.

Ob eine Aufhebung der Rechtspersönlichkeit durch den Bundeskanzler erforderlich ist oder hiefür ein von der Bezirksverwaltungsbehörde verhängtes Bußgeld zur Durchsetzung eines gesetzeskonformen Zustandes genügt, ist im konkreten Fall unter Berücksichtigung des Vorsatzes und dem Schutz legitimer Interesse im Sinne von Art. 9 EMRK zu beurteilen.

Vor dem Hintergrund aktuell auftretender Besonderheiten im islamischen Bereich soll Abs. 3 nicht nur sicherstellen, dass Finanzierungen und hieraus resultierende Abhängigkeiten von anderen Staaten verhindert werden, sondern auch gegenüber Dritten klarstellen, dass österreichische Körperschaften öffentlichen Rechts nicht in effektiver finanzieller Abhängigkeit zu fremden Staaten stehen. Ergibt die Herausgabe der Finanzunterlagen eine Verletzung des § 6 Abs. 2 IslamG, hängt die unmittelbare Rechtsfolge von den Umständen dieser Verletzung ab: Während eine absichtliche Verletzung des Islamgesetzes oder eine bewusste Verschleierung der Aufbringung der Mittel einen Entzug der Rechtspersönlichkeit erforderlich erscheinen lassen kann, kann die Geldbuße im Sinne der Religionsfreiheit ein gelinderes Mittel gegenüber einem derartigen Entzug darstellen, nicht zuletzt wenn Funktionsträger/innen hierdurch zur Herstellung eines gesetzeskonformen Zustandes veranlasst oder abberufen werden.

Die Rolle der Bezirksverwaltungsbehörden ergibt sich aus dem System der mittelbaren Bundesverwaltung. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die bloße Existenz eines derartigen Systems der Verwaltungsvollstreckung sowie der drohende Entzug der Rechtspersönlichkeit bei wiederholten oder qualifizierten Gesetzesverstößen ausreichen wird, um die Vollziehung rechtskräftiger Bescheide zu sichern.