Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 und das Symbole-Gesetz geändert werden
Vereinfachte wirkungsorientierte Folgenabschätzung
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Einbringende Stelle: |
Bundesministerium für Inneres |
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Vorhabensart: |
Bundesgesetz |
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Laufendes Finanzjahr: |
2020 |
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Inkrafttreten/ Wirksamwerden: |
2021 |
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Vorblatt
Problemanalyse
Terrorismus stellt eine Bedrohung für unsere Sicherheit, die Werte unserer demokratischen Gesellschaft sowie die Rechte und Freiheiten der Bürger dar und erweist sich als eine komplexe Herausforderung für den Staat. Terrorismusbekämpfung hat daher für Österreich oberste Priorität. Ziel ist es, Terrorismus und Gewalt mit allen gebotenen Mitteln konsequent zu bekämpfen und somit Radikalisierung sowie der Anwerbung für den Terrorismus von vornherein entgegenzuwirken. Dabei ist es essenziell, terroristische Aktionen im Vorfeld zu erkennen und so weit wie möglich zu verhindern sowie konsequent gegen terroristische Vereinigungen vorzugehen. In Umsetzung des von der Bundesregierung vereinbarten Maßnahmenpakets aufgrund des jüngsten islamistischen Terroranschlags in Wien (Vortrag an den Ministerrat 37/27 vom 11. November 2020) sollen Maßnahmen zur Prävention der Verbreitung von extremistischem Gedankengut getroffen werden.
Nach dem Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) in geltender Fassung ist die Entziehung der österreichischen Staatsbürgerschaft im Fall einer rechtskräftigen Verurteilung wegen einer Straftat mit terroristischer Zielsetzung nicht möglich. Terroristische Straftaten (§ 278c Strafgesetzbuch – StGB) und die ihrer Erleichterung und Begehung dienenden Organisations- (§ 278b StGB) sowie Vorbereitungs- und Unterstützungsdelikte (§§ 278d bis 278g, 282a StGB) heben sich gegenüber sonstigen Straftaten durch ihre Eignung hervor, das öffentliche Leben oder das Wirtschaftsleben in gravierender Weise zu stören, und durch ihren Zweck, die Bevölkerung auf schwerwiegende Weise einzuschüchtern, öffentliche Stellen oder eine internationale Organisation zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation ernsthaft zu erschüttern oder zu zerstören (vgl. den Schlussteil des § 278c Abs. 1 StGB). Die Zahl der von der Neuregelung potentiell betroffenen Personen ist nicht genau bezifferbar, wird aber als gering anzusehen sein. Gemäß gerichtlicher Kriminalstatistik gab es im Jahr 2019 insgesamt 47 Verurteilungen wegen jener gerichtlich strafbaren Handlungen, die gemäß dem neuen § 33 Abs. 3 StbG zu einer Entziehung der Staatsbürgerschaft führen sollen. Die maßgeblichen Tatbestände sind der Deliktsgruppe der "strafbaren Handlungen gegen den öffentlichen Frieden" (§§ 274 bis 287 StGB) zuzurechnen, gemäß gerichtlicher Kriminalstatistik waren im Jahr 2019 58% der Verurteilten österreichische Staatsbürger, also 27 Personen. Da Doppel- und Mehrfachstaatsangehörigkeiten nur in wenigen, gesetzlich normierten Fällen zulässig sind, ist deren Anteil der verurteilten österreichischen Staatsbürger mit maximal 20% zu veranschlagen, also rund fünf Personen. Gemessen an der Statistik aus dem Jahr 2019 ist daher mit Entziehungsverfahren pro Jahr im einstelligen Bereich verteilt auf alle Bundesländer zu rechnen.
Das Symbole-Gesetz dient dazu, die verfassungsrechtlich verankerte demokratische Werteordnung und gesellschaftliche Pluralität zu schützen und dem Einzelnen den Schutz seiner Rechte und Freiheiten sowie die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung zu garantieren.
Derzeit erfasst das Gesetz die öffentliche Verwendung von Symbolen, die der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS), der Terrororganisation Al-Qaida, der sunnitisch-islamistischen Bewegung der Muslimbruderschaft, den rechtsextremen, türkisch-nationalistischen Grauen Wölfen, der separatistisch-marxistisch ausgerichteten Kurdischen Arbeiterpartei (PKK), der palästinensischen islamistischen Hamas, dem militärischen Teil der Hisbollah und der faschistischen kroatischen Ustascha-Bewegung zuzuordnen sind. Zudem regelt das Symbole-Gesetz das Verbot der Verwendung von Symbolen von sonstigen Gruppierungen, die in Rechtsakten der Europäischen Union als terroristische Vereinigungen, Körperschaften oder sonstige Organisationen angeführt werden sowie von Gruppierungen, die Teil- oder Nachfolgeorganisationen der ausdrücklich genannten Gruppierungen oder diesen zuzurechnen sind, wobei die Benennung der Gruppierungen, die unter das genannte Verbot fallen, gemäß § 2 Abs. 2 erster Satz Symbole-Gesetz durch Verordnung der Bundesregierung erfolgt.
Jüngste Entwicklungen haben gezeigt, dass in Österreich weitere Gruppierungen mit sicherheitsgefährdenden und extremistischen Bestrebungen aktiv sind und nach ihrer Intention dem liberal-demokratischen österreichischen Rechtsstaat zuwiderlaufen. Zudem werden einschlägige Symbole in Österreich als Aufruf zur Verherrlichung und Unterstützung von Gewalt verwendet.
Dieser Intention zufolge soll zum einen der Anwendungsbereich des Verwendungsverbots auf die rechtsextrem, rassistisch, sexistisch, nationalistisch geprägte und völkisch orientierte "Identitäre Bewegung Österreich" sowie auf die aus dieser hervorgegangene Ersatz- bzw. Parallelorganisation "Die Österreicher" ausgedehnt werden. Zum anderen sollen auch die Symbole der sunnitisch-islamistischen Gruppierung "Hizb ut-Tahrir", der dschihadistisch-islamistischen Gruppierung "Kaukasus-Emirat" sowie der marxistisch-leninistischen "Revolutionären Volksbefreiungspartei/-front" verboten werden. Zudem soll nunmehr die gesamte Gruppierung "Hisbollah" und nicht nur wie bisher der militärische Teil vom Symbole-Verwendungsverbot umfasst sein. Dabei ist unbeachtlich, ob die jeweilige Gruppierung unter anderen Bezeichnungen öffentlich auftritt.
Ziel(e)
- Entziehung der Staatsbürgerschaft bei rechtskräftiger Verurteilung wegen einer terroristisch motivierten Straftat
- Konsequentes Vorgehen gegen die Verbreitung von extremistischem und radikalisierendem Gedankengut
Inhalt
Das Vorhaben umfasst hauptsächlich folgende Maßnahme(n):
- Einführung eines neuen Entziehungstatbestandes im Staatsbürgerschaftsrecht
- Erweiterung des Anwendungsbereichs des Verbots der Verwendung von Symbolen extremistischer Gruppierungen in Österreich
Beitrag zu Wirkungsziel oder Maßnahme im Bundesvoranschlag
Das Vorhaben trägt dem Wirkungsziel "Ausbau des hohen Niveaus der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit in Österreich, insbesondere durch bedarfsorientierte polizeiliche Präsenz, Verkehrsüberwachung, Schutz kritischer Infrastrukturen und sinnvolle internationale Kooperation." der Untergliederung 11 Inneres im Bundesvoranschlag des Jahres 2020 bei.
Finanzielle Auswirkungen auf den Bundeshaushalt und andere öffentliche Haushalte:
Durch den neuen § 33 Abs. 3 StbG werden die Entziehungstatbestände erweitert, was zu einem Mehraufwand im Vollzug bei den Ländern in sehr geringem Ausmaß führen wird:
Laut gerichtlicher Kriminalstatistik gab es im Jahr 2019 insgesamt 47 Verurteilungen wegen jener gerichtlich strafbaren Handlungen, die gemäß dem neuen § 33 Abs. 3 StbG zu einer Entziehung der Staatsbürgerschaft führen sollen (§§ 278b, 278c, 278d, 278e, 278f, 278g und 282a StGB).
Diese Tatbestände sind der Deliktsgruppe der "strafbaren Handlungen gegen den öffentlichen Frieden" (§§ 274 bis 287 StGB) zuzurechnen, innerhalb derer gemäß gerichtlicher Kriminalstatistik im Jahr 2019 58% der Verurteilten österreichische Staatsbürger waren, also 27 Personen. Unter Berücksichtigung, dass das österreichische Staatsbürgerschaftsgesetz vom Prinzip der Vermeidung von Doppel- und Mehrfachstaatsangehörigkeiten ausgeht und diese demnach nur in wenigen, gesetzlich normierten Fällen ausnahmsweise zulässig sind, ist deren Anteil an der Gruppe der verurteilten österreichischen Staatsbürger mit maximal 20% zu veranschlagen, also rund fünf Personen.
Gemessen an der Statistik aus dem Jahr 2019 ist daher mit Entziehungsverfahren pro Jahr im einstelligen Bereich verteilt auf alle Bundesländer zu rechnen. Unter der Annahme, dass ein typisches "Entziehungsverfahren" einen Tag VbÄ in Anspruch nimmt, beträgt die Mehrbelastung ca. fünf Tage VbÄ pro Jahr im gesamten Bundesgebiet.
Anmerkungen zu sonstigen, nicht wesentlichen Auswirkungen:
Durch den neuen § 33 Abs. 3 StbG wird die rechtskräftige Verurteilung wegen einer terroristisch motivierten Straftat (§§ 278b bis 278g, 282a StGB) einen zusätzlichen Grund für die Entziehung der österreichischen Staatsbürgerschaft darstellen.
Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union
Die vorgesehenen Regelungen fallen nicht in den Anwendungsbereich des Rechts der Europäischen Union.
Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens
Keine.
Datenschutz-Folgenabschätzung gem. Art 35 EU-Datenschutz-Grundverordnung
Keine.
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