894 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Gleichbehandlungsausschusses

über den Antrag 1610/A(E) der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Informationskampagne und Sensibilisierungsmaßnahmen gegen Gewalt an Frauen

Die Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 19. Mai 2021 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Im Jahr 2020 wurden in Österreich 11.652 Betretungs- und Annäherungsverbote von der Polizei verhängt. 2019 waren es 8.748, wie aus den Zahlen der polizeilichen Kriminalstatistik sowie der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie hervorgeht.

Bei der steigenden Zahl der Femizide Anfang Mai gab es bereits 12 Frauenmorde in Österreich dürften vorrangig Trennungen bzw. die Ankündigung einer Trennung zur Gewalttat geführt haben. Eine Statistik der Wiener Interventionsstelle für Gewalt erklärte für 2019 die Verhältnisse der Gefährder zu den Opfern wie folgt: 44,8 Prozent der Täter standen zum Tatzeitpunkt in einer Beziehung zu ihren Opfern. 23,2 Prozent hatten sich bereits getrennt. 22,1 Prozent standen in einem Verwandtschaftsverhältnis zu den Frauen. Fremde als Täter beliefen sich auf 0,8 Prozent.

Laut Umsetzungsbericht des Bundeskanzleramts zu den Empfehlungen des Vertragsstaatenkomitees vom 30. Jänner 2018 (Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt) sind ‚weitere Verbesserungen der Prävention und des Schutzes vor Gewalt gegen Frauen in den vergangenen Jahren von hoher politischer Priorität gewesen‘. https://www.bundeskanzleramt.gv.at/agenda/frauen-und-gleichstellung/gewalt-gegen-frauen/istanbul-konvention-gewalt-gegen-frauen.html

So heißt es im Bericht zur Empfehlung 2 ‚Sicherstellung, dass umfassende politische Maßnahmen in den Bereichen Prävention, Schutz und Strafverfolgung in Bezug auf alle Formen von Gewalt gegen Frauen, insbesondere im Hinblick auf weibliche Genitalverstümmelung und Zwangsheirat, umgesetzt werden (Absatz 10)‘, dass in den letzten Jahren durchaus gesetzliche Maßnahmen zur Verbesserung des Schutzes vor geschlechtsspezifischer Gewalt und zur Erweiterung von Opferrechten gesetzt worden seien. Mit der Strafgesetznovelle 2017, in Kraft getreten am 1. September 2017, wurden die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung explizit als notwehrfähige Rechtsgüter (§ 3 Abs. 1 StGB) strafrechtlich verankert, der Strafrahmen für bestimmte Bege-hungsformen der sexuellen Belästigung erhöht und neue Qualifikationstatbestände geschaffen (§ 218 Abs. 2a und 2b StGB sowie § 212 Abs. 3 StGB). Das ‚Gewaltschutzgesetz 2019‘ umfasst u.a. die Ausdehnung des Betretungsverbotes in Fällen häuslicher Gewalt, es wurde zusätzlich ein mobiles Annäherungsverbot von 100 Metern um die gefährdete Person geschaffen (§ 38a und § 84 SPG) und die Durchsetzung des Betretungs- und Annäherungsverbots durch einen erhöhten Strafrahmen für dessen Nichtbeachtung unterstützt. Personen, gegen die ein Betretungs- und Annäherungsverbot ausgesprochen wurde, müssen sich einer verpflichtenden – zumindest einmaligen – Beratung bei einer sog. Beratungsstelle für Gewaltprävention unterziehen (§ 38a Abs. 8 und § 25 Abs. 4 SPG).

Die gesetzliche Lage in Österreich gilt im europäischen Vergleich als gut, was jedoch fehlt, ist eine zugehörige breite Aufklärung der Bevölkerung, um so auch mehr Opfer von Gewalt darin zu unterstützen, sich Hilfe bei Opferschutzeinrichtungen zu holen und Vorfälle auch tatsächlich zur Anzeige zu bringen.

Und auch das hatte GREVIO bereits eindeutig aufgezeigt: ‚Im Vergleich zu Frauen aus anderen EU-Ländern, sind österreichische Frauen am wenigsten über Kampagnen zum Thema Gewalt gegen Frauen in ihrem Land informiert, was auf eine dringende Notwendigkeit öffentlicher Sensibilisierungsmaß-nahmen schließen lässt.‘ In diesen Bereichen besteht offenkundiger Handlungsbedarf, dem die Regierung auch nachkommen muss.“

 

Der Gleichbehandlungsausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 9. Juni 2021 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Henrike Brandstötter die Abgeordneten Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Sabine Schatz, Mag. Meri Disoski und Rosa Ecker, MBA sowie die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration MMag. Dr. Susanne Raab und die Ausschussobfrau Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek.

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit
(für den Antrag: S, F, N, dagegen: V, G).

 

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gleichbehandlungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2021 06 09

          Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller                                 Gabriele Heinisch-Hosek

                                  Berichterstatterin                                                                           Obfrau