Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

1. Die Richtlinie (EU) 2019/1 zur Stärkung der Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten im Hinblick auf eine wirksamere Durchsetzung der Wettbewerbsvorschriften und zur Gewährleistung des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarkts, ABl. Nr. L 11 vom 14.01.2019 S. 3 (in der Folge nur: Richtlinie), ist in innerstaatliches Recht umzusetzen. Die Richtlinie verweist einleitend auf die Garantien des Unionsrechts und die Grundrechtecharta, widmet sich dann der Unabhängigkeit und Ressourcenausstattung der Wettbewerbsbehörden, verpflichtet die Mitgliedstaaten die Befugnisse, die für den Vollzug des europäischen Wettbewerbsrechts der Kommission zustehen, auch den nationalen Wettbewerbsbehörden einzuräumen (Nachprüfungen, Auskunftsverlangen, Abstellungsanordnungen, Verpflichtungszusagen, einstweilige Maßnahmen, Geldbußen, Zwangsgelder), harmonisiert Kronzeugenprogramme und enthält Regelungen zur Amtshilfe, Verjährung und Akteneinsicht.

Das österreichische Kartellrecht entspricht schon jetzt hohen Standards, die sich am europäischen Kartellrecht orientieren. Umsetzungsbedarf ergibt sich im Wesentlichen aus den Richtlinienbestimmungen über die Zustellungs- und Vollstreckungshilfe für Geldbußen und Zwangsgelder sowie jenen über die Geldbußen und Zwangsgelder (Erweiterung der Tatbestände, Sonderbestimmungen für Unternehmensvereinigungen, Unterbrechung bzw. Hemmung der Verjährung). Überdies enthält die Richtlinie detaillierte Bestimmungen über Kronzeugenprogramme. Die Richtlinie gibt auch klarere Vorgaben über die Unabhängigkeit beim Vollzug durch nationale Wettbewerbsbehörden.

2. Auch das Regierungsprogramm sieht eine Prüfung und Anpassung des Kartellrechts in Bezug auf das moderne Wirtschaftsleben vor. Da aufgrund der aktuellen Covid-19 Pandemie die Einrichtung einer Arbeitsgruppe nicht möglich war, versendeten das BMJ und das BMDW im Frühsommer 2020 ein Konsultationsschreiben an die Interessenvertretungen und Stakeholder zu Themen, die sich als Diskussionspunkte entwickelt hatten. Darüber hinaus enthalten Handlungsempfehlungen der Interessenvertretungen (Bundesarbeiterkammer, Industriellenvereinigung, Landwirtschaftskammer Österreich, Österreichischer Gewerkschaftsbund und Wirtschaftskammer Österreich) zur Fortentwicklung des österreichischen (und europäischen) Wettbewerbsrechts vom 11. September 2020 (www.sozialpartner.at/wp-content/uploads/2015/08/Positionspapier-Modernes-Wettbewerbsrecht-11092020_final.pdf, zuletzt abgerufen am 15.2.2021) diverse Vorschläge an den nationalen Gesetzgeber, sie decken sich teilweise mit dem ministeriellen Konsultationsschreiben.

Aus allen diesen Überlegungen sollen insbesondere folgende über die Richtlinienumsetzung hinausgehende Vorschläge mit dieser Novelle aufgegriffen werden:

a)     Freistellung unternehmerischer Kooperationen zum Zweck einer ökologisch nachhaltigen oder klimaneutralen Wirtschaft vom Kartellverbot: Der Entwurf erweitert die allgemeine Ausnahmebestimmung vom Kartellverbot in § 2 Abs. 1 KartG 2005 dahingehend, dass eine Beteiligung der Verbraucher an Effizienzgewinnen immer dann anzunehmen ist, wenn diese Effizienzgewinne zu einer ökologisch nachhaltigen oder klimaneutralen Wirtschaft beitragen.

b)     Beispielhafte Aufnahme typischer Marktmachtkriterien der Plattformökonomie in die Definition der Marktbeherrschung: Die demonstrative Aufzählung von Marktmachtkriterien in § 4 Abs. 1 Z 2 KartG 2005 soll um einige typische Tatbestände der Plattformökonomie erweitert werden. Konkret sollen die Intermediationsmacht, der Zugang zu wettbewerbsrelevanten Daten und der aus Netzwerkeffekten gezogene Nutzen ausdrücklich als berücksichtigungswürdige Parameter genannt werden.

c)     Klarstellung, dass das Konzept der relativen Marktmacht ein vom Konzept der absoluten Marktmacht unabhängiger Tatbestand ist, und Erweiterung der relativen Marktmacht: Bestehenden Unsicherheiten, ob die bisher in § 4 Abs. 3 KartG 2005 geregelte relative Marktmacht ein eigener Tatbestand ist, soll durch Überführung dieses Absatzes in einen eigenen § 4a begegnet werden. Für Vermittler auf mehrseitigen digitalen Märkten soll künftig nicht bloß die Aufrechterhaltung, sondern auch schon die Angewiesenheit auf die Begründung von Geschäftsbeziehungen im Fall sonst drohender schwerwiegender betriebswirtschaftlicher Nachteile den Tatbestand der relativen Marktbeherrschung erfüllen und damit im Fall eines Verstoßes zu einer Abstellung führen können.

d)     Erweiterung des österreichischen Fusionskontrollrechts um das Prüfkriterium der erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs: Der Entwurf schlägt unter Beibehaltung des Prüfmaßstabs des Entstehens oder Verstärkens einer marktbeherrschenden Stellung als zusätzlichen Tatbestand die Einführung des so genannten „SIEC (Significant Impediment of effective Competition) – Kriteriums“ vor, womit künftig ein Zusammenschluss auch dann zu untersagen ist, wenn – abseits von Marktbeherrschungsfällen, für welche die geltende Rechtslage unverändert aufrecht bleibt – wirksamer Wettbewerb erheblich behindert wird.

e)     Erweiterte Möglichkeiten der ausnahmsweisen Genehmigung von an sich zu untersagenden Fusionen: Künftig sollen Zusammenschlüsse trotz an sich vorliegender Versagungsgründe auch dann vom Kartellgericht genehmigt werden können, wenn die volkswirtschaftlichen Vorteile die Nachteile des Zusammenschlusses erheblich überwiegen.

f)      Schaffung einer effizienteren Missbrauchskontrolle von Unternehmern auf mehrseitigen digitalen Märkten: Ein ex-post-Missbrauchsverfahren gegen Unternehmer, die auf mehrseitigen digitalen Märkten agieren, wird aufgrund der Spezifika der Plattformökonomie oft als zu wenig effizient und schwerfällig beurteilt. Den Amtsparteien und Regulatoren soll daher die Möglichkeit gegeben werden, bei berechtigtem Interesse die marktbeherrschende Stellung solcher Unternehmer gerichtlich feststellen zu lassen. Eine solche Entscheidung erfüllt auf dem betroffenen Markt eine Warn- und Signalfunktion für den Unternehmer und die anderen Marktteilnehmer. Bei entsprechender Feststellung kann ein allfällig anschließendes Missbrauchsverfahren rasch und effizient durchgeführt werden.

g)     Im Begutachtungsverfahren wurden überzeugende Argumente dafür vorgebracht, Unternehmen und Wettbewerbsbehörden zu entlasten und eine international übliche zweite Inlandsumsatzschwelle für die Pflicht zur Anmeldung von Zusammenschlüssen einzuführen.

Im Begutachtungsverfahren wurde aber auch eine Reihe anderer Fragen aufgeworfen, die nicht in dieser Regierungsvorlage gelöst werden können, weil sie weitergehender Beratungen und einer eigenen Begutachtung bedürfen. Dies betrifft etwa eine Evaluierung der Umsatzschwellen für die Zusammenschlussanmeldung, eine weitergehende Überarbeitung des Begriffs der Marktbeherrschung, Anforderungen an Auflagen, mit denen ein Zusammenschluss gestattet werden kann, Vorgaben für den Prüfungsantrag der Amtsparteien gegen einen Zusammenschluss und für dessen Rückziehung sowie die Berücksichtigung von Compliance-Maßnahmen bei der Bemessung von Geldbußen.

Auch Fragen des Verhältnisses des Kartellrechts zum Strafrecht wie die Kronzeugenregelung des § 209b StPO, das Verhältnis der kartellrechtlichen Geldbußen zu § 168b StGB, die Anzeigepflicht der BWB und die Verwendung von Kronzeugenerklärungen als Beweismittel in Strafverfahren wurden im Begutachtungsverfahren angesprochen. Das Bundesministerium für Justiz nimmt sich dieser strafrechtlichen Fragen unabhängig von diesem Entwurf an.

Inhalte und Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1:

Art. 1 Gegenstand und Geltungsbereich

Art. 1 hält in programmatischer Weise Ziele, Inhalte und Anwendungsbereich der Richtlinie fest. In Fortsetzung des mit der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 eingeschlagenen Weges geht es um den parallelen Vollzug des europäischen Wettbewerbsrechts mit dem nationalen Wettbewerbsrecht durch Kommission und nationale Wettbewerbsbehörden. Ein besonderer Umsetzungsbedarf ergibt sich aus dieser Bestimmung nicht. Wie bisher soll über den durch Art. 1 vorgegebenen Anwendungsbereich der Richtlinie hinaus dort, wo dies technisch möglich und praktisch sinnvoll ist, der Gleichlauf zwischen nationalem und europäischem Kartellrecht gesucht werden. Wo dies jedoch als überschießend betrachtet wird, nämlich in der mehrfachen Sanktionierung der Nichtduldung von Hausdurchsuchungen und dem Verstoß gegen einstweilige Verfügungen oder Abstellungsentscheidungen, schlägt der Entwurf vor, eine Geldbuße nur bei Verstößen gegen europäisches Kartellrecht vorzusehen.

Art. 2 Begriffsbestimmungen

Die Begriffsbestimmungen übernehmen zum ganz überwiegenden Teil die Begriffsbestimmungen der Richtlinie 2014/104/EU über bestimmte Vorschriften für Schadenersatzklagen nach nationalem Recht wegen Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union, ABl. Nr. L 349 vom 05.12.2014 S. 1. Sie werden in der Umsetzung der auf sie aufbauenden Bestimmungen der Richtlinie berücksichtigt.

Art. 3 Garantien

Art. 3 bekräftigt die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, auf die Einhaltung der allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zu achten, hebt die Verteidigungsrechte der Unternehmen, insbesondere das Recht auf rechtliches Gehör und das Recht, bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen, hervor und verlangt, dass die Durchsetzungsverfahren der nationalen Wettbewerbsbehörden innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens durchgeführt werden. Letztlich sollen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die nationalen Wettbewerbsbehörden eine Mitteilung der Beschwerdepunkte veranlassen, bevor sie eine Entscheidung über die Abstellung oder die Feststellung eines Verstoßes gegen Art. 101 oder Art. 102 AEUV treffen.

Einer Wiederholung der verfahrensrechtlichen Grundrechte, insbesondere des Art. 6 EMRK und der Grundsätze des Unionsrechts, im Kartellgesetz bedarf es nicht; diese sind überdies durch die Ausgestaltung des kartellgerichtlichen Verfahrens sichergestellt. Im Wettbewerbsgesetz erfolgt ein entsprechender Hinweis in § 13 Abs. 1. Den mit der „Mitteilung der Beschwerdepunkte“ angesprochenen Aspekt des rechtlichen Gehörs erfüllt das österreichische Kartellgesetz u.a. mit der Zweiteilung in aufgreifende und verfahrenseinleitende Anträge stellende Amtsparteien einerseits und das die Entscheidungen darüber treffende Kartellgericht andererseits.

Art. 4 Unabhängigkeit

Art. 4 über die Unabhängigkeit von Wettbewerbsbehörden bei der Anwendung der Art. 101 und 102 AEUV zielt sowohl auf die Unparteilichkeit als auch auf die Vermeidung unsachlicher politischer Einflussnahme auf den Vollzug des europäischen Wettbewerbsrechts ab.

Dabei verlangt die Richtlinie bestimmte Garantien (Abs. 2 lit. a bis c, Abs. 3 und 4) nur für Mitarbeiter und Personen, die bei den für Wettbewerb zuständigen nationalen Verwaltungsbehörden in Ausübung der Befugnisse zur Feststellung und Abstellung von Zuwiderhandlungen (Art. 10), zu einstweiligen Maßnahmen (Art. 11), zur Annahme von Verpflichtungszusagen (Art. 12), zur Verhängung von Geldbußen (Art. 13) und Zwangsgeldern (Art. 16) nach der Richtlinie „Entscheidungen treffen“ bzw. „Mitglieder des Entscheidungsgremiums“ einer solchen Behörde sind. Für Österreich sind diese Bestimmungen zum ganz überwiegenden Teil nicht anwendbar, zumal die Unabhängigkeit des Kartellgerichts als Gericht ohnedies vorausgesetzt wird und die kartellrechtlichen Amtsparteien Bundeskartellanwalt und Bundeswettbewerbsbehörde – von wenigen Ausnahmen abgesehen – keine Entscheidungskompetenz haben.

Abs. 5 räumt den für Wettbewerb zuständigen nationalen Verwaltungsbehörden die Befugnis ein, eigene Prioritäten hinsichtlich der Verfolgung von konkreten Verstößen zu setzen. Dies soll so weit gehen können, dass Behörden, die zur Prüfung förmlicher Beschwerden verpflichtet sind, solche Beschwerden mangels Priorität abweisen können. Das wird man freilich in dem Sinn zu verstehen haben, dass den genannten Behörden ein gewisser Spielraum dabei einzuräumen ist, in welchen Fällen sie einer noch nicht konkretisierten Verdachtslage für eine Wettbewerbsrechtsverletzung nachgehen. Zudem ist das Legalitätsprinzip ein wesentlicher Bestandteil der in Art. 3 der Richtlinie angesprochenen Grundsätze des Unionsrechts. Die Befugnis zur Prioritätensetzung kann daher nicht bedeuten, dass es den nationalen Wettbewerbsbehörden freisteht, bei einem begründeten Verdacht eines Verstoßes gegen Art. 101 oder 102 AEUV einem solchen nicht nachzugehen. Abgesehen davon ist die Bundeswettbewerbsbehörde zur Prüfung förmlicher Beschwerden nicht verpflichtet.

Art. 5 Ressourcen

Mit Art. 5 werden den Mitgliedstaaten Vorgaben für die Ressourcenausstattung (personell, finanziell und technisch) ihrer nationalen Wettbewerbsbehörden gemacht, wobei auch aufgezählt wird, wozu diese Ressourcen dienen sollen (Untersuchungen gegen Kartellverstöße und Verstöße gegen das Verbot des Missbrauchs von Marktmacht, Entscheidungen gegen solche Verstöße, enge Zusammenarbeit im Netzwerk der Wettbewerbsbehörden zur wirksamen und einheitlichen Anwendung der Art. 101 und 102 AEUV). Den nationalen Wettbewerbsbehörden ist bei der Verwendung der ihnen für die Wahrnehmung dieser Vollzugsaufgaben zugewiesenen Haushaltsmittel unbeschadet der Anwendung der nationalen Haushaltsregeln und der Rechenschaftspflichten Unabhängigkeit zu gewähren. Die für Wettbewerb zuständigen nationalen Verwaltungsbehörden haben überdies einer Regierungsstelle oder einem parlamentarischen Gremium regelmäßig Berichte über ihre Tätigkeiten und Ressourcen vorzulegen, die auch Informationen über die Benennung und Abberufung von Mitgliedern des Entscheidungsgremiums, den Betrag der in dem betreffenden Jahr zugewiesenen Ressourcen und etwaige Änderungen dieses Betrags im Vergleich zum Vorjahr enthalten sollen und veröffentlicht werden.

Die Sicherstellung der für den Vollzug des Wettbewerbsrechts erforderlichen Ressourcen erfolgt durch die jährlichen Bundesfinanzgesetze; eine explizite Umsetzung der Verpflichtung zur Ressourcenausstattung im Kartell- und Wettbewerbsrecht ist daher nicht möglich und nicht im Sinn der nationalen Haushaltsregeln.

Die Ressourcen der Bundeswettbewerbsbehörde werden gemäß § 24 Abs. 4 BHG in einem eigenen Detailbudget in der UG 40 abgebildet. Damit ist sichergestellt, dass die der Bundeswettbewerbsbehörde zugewiesenen Ressourcen transparent ausgewiesen werden. Die Bewirtschaftung von Detailbudgets erfolgt gemäß BHG 2013 unter Wahrung der Ziele und Grundsätze der Haushaltsführung durch die haushaltsführende Stelle, die für die Bundeswettbewerbsbehörde die Leiterin oder der Leiter der zentralen Budgetabteilung im Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort wahrnimmt. In dieser Funktion erfüllt sie oder er die in § 7 Abs. 2 BHG 2013 geregelten Aufgaben betreffend die Steuerung des finanziellen Mitteleinsatzes für den fixen betrieblichen Sach- und Personalaufwand (z.B. Berechnung der jährlichen Fixkosten, wie z.B. Personal, Miete, IT und Sicherstellung deren Bedeckung). In die Verwendung des „disponiblen Budgets“ (= veranschlagte Auszahlungen abzüglich Fixkosten) greift die haushaltsführende Stelle nicht ein, sofern die Ziele und Grundsätze der Haushaltsführung gewahrt sind. Für den Bereich der Forensik ist überdies festzuhalten, dass dieser von der Bundeswettbewerbsbehörde autonom betreut wird. Die damit verbundenen Aufgaben umfassen Kompetenzen technischer und haushaltsrechtlicher Natur. Bei der Verwendung der diesbezüglichen Mittel ist die Bundeswettbewerbsbehörde unter Wahrung der Ziele und Grundsätze der Haushaltsführung gemäß § 2 BHG gänzlich frei. Die Bundeswettbewerbsbehörde verfügt daher bereits jetzt über eine weitest gehende Budgetautonomie im Sinne der Richtlinie und im Sinne der nationalen Haushaltsvorschriften, bei gleichzeitiger Entlastung von administrativen, gestaltungsfernen Verwaltungstätigkeiten. Auf der Grundlage des seit Inkrafttretens des Wettbewerbsgesetzes 2002 bestehenden § 8 Abs. 5 WettbG kann die Bundeswettbewerbsbehörde überdies beispielsweise die Genehmigung von Dienstreisen zur Durchführung von Hausdurchsuchungen oder anderen Ermittlungshandlungen völlig eigenständig und eigenverantwortlich ohne jegliches Zutun des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort durchführen. Damit wird auch sichergestellt, dass niemand außerhalb der Bundeswettbewerbsbehörde aufgrund von anstehenden Dienstreisen Mutmaßungen über bevorstehende Hausdurchsuchungen oder andere Ermittlungshandlungen anstellen kann. Darüber hinaus wird dies für derartige Dienstreisen auch in technischer Hinsicht sichergestellt, sodass gewährleistet ist, dass die Eingabe in technische Systeme, auf die nicht nur die Bundeswettbewerbsbehörde Zugriff hat, erst im Nachhinein erfolgt.. Ebenso werden Inlandsdienstreisen des Generaldirektors BWB-intern genehmigt.

Die von der Richtlinie verlangte Unabhängigkeit bei der Mittelverwendung ergibt sich für das Kartellgericht schon aufgrund der verfassungsrechtlich gewährleisteten richterlichen Unabhängigkeit (Art. 87 B-VG).

Die Verpflichtung zur Tätigkeitsberichterstattung einer „für Wettbewerb zuständigen nationalen Verwaltungsbehörde“ nach Art. 5 Abs. 4 der Richtlinie findet sich für die Bundeswettbewerbsbehörde in § 2 Abs. 4 WettbG.

Art. 6 und 7 Befugnis zur Durchführung von Nachprüfungen in betrieblichen und anderen Räumlichkeiten

Art. 6 und 7 lehnen sich inhaltlich und sprachlich eng an Art. 20 und 21 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 an. In Österreich ist die kartellrechtliche Hausdurchsuchung in § 12 WettbG geregelt, wobei diese Bestimmung ihrerseits auf die Art. 20 und 21 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 Bezug nimmt. Bestimmungen hinsichtlich Auskunftsverlangen und Unterlagenvorlage finden sich bereits jetzt in § 11a WettbG. Einer besonderen Umsetzung dieser Bestimmungen bedarf es daher in Österreich nicht.

Art. 8 Auskunftsverlangen

Art. 8 gibt in sehr knapper Form den Inhalt des wesentlich ausführlicheren Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 wieder. In Österreich wird diese Frage in § 11a WettbG geregelt, der um die Vorgaben der Richtlinie hinsichtlich der Auskunftsverlangen von anderen natürlichen oder juristischen Personen ergänzt werden soll.

Art. 9 Befragungen

Nach Art. 9 müssen die für Wettbewerb zuständigen nationalen Verwaltungsbehörden dazu befugt sein, einen Vertreter eines Unternehmens oder einer Unternehmensvereinigung, einen Vertreter sonstiger juristischer Personen sowie natürliche Personen zu einer Befragung zu bestellen, wenn dieser Vertreter oder diese Person im Besitz von für die Anwendung der Art. 101 und 102 AEUV wichtigen Informationen sein könnte. Das Besondere an dieser Bestimmung ist nun, dass sie darauf hinausläuft, ein Unternehmen oder eine Unternehmensvereinigung mit Geldbußen (Art. 13 Abs. 2 lit. e) und Zwangsgeldern (Art. 16 Abs. 2 lit. b) dazu zu verhalten, die in der Bestimmung genannten Personen stellig zu machen. Art. 9 der Richtlinie bedarf aufgrund von § 11 Abs. 2 WettbG iVm §§ 45 Abs. 1 und 2, 46 bis 51 AVG keiner gesonderten Umsetzung. Zudem sind bereits jetzt Zwangsgelder und Geldstrafen nach § 11a WettbG vorgesehen, die auch gegen Unternehmer oder Unternehmervereinigungen verhängt werden können.

Art. 10 Feststellung und Abstellung von Zuwiderhandlungen, Art. 11 Einstweilige Maßnahmen, Art. 12 Verpflichtungszusagen

Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie orientiert sich bei der Regelung der Feststellung und Abstellung von Zuwiderhandlungen an Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003. Für das österreichische Kartellgesetz sind entsprechende Befugnisse in § 26 KartG 2005 vorgesehen. Art. 11 der Richtlinie verlangt einstweilige Maßnahmen, entspricht inhaltlich weitestgehend Art. 8 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 und findet im österreichischen Kartellrecht seine Entsprechung in § 48 KartG 2005. Art. 12 der Richtlinie regelt die Verpflichtungszusagen, entspricht inhaltlich weitestgehend Art. 9 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 und findet im österreichischen Kartellrecht seine Entsprechung in § 27 KartG 2005. Die Richtlinie macht nur geringfügige Änderungen der §§ 26 bis 28 KartG 2005 erforderlich, wobei hervorgehoben werden kann, dass anstatt einer unmittelbaren Anwendung des Art. 5 iVm Art. 7, 8 und 9 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 nun §§ 26 bis 28 KartG 2005 die Rechtsgrundlage für Entscheidungen auch zur Durchsetzung der Art. 101 und 102 AEUV sein werden.

Für die in Art. 10 Abs. 2 und 11 Abs. 1 letzter Satz vorgesehenen Berichtspflichten sowie die in Art. 12 Abs. 2 vorgesehene Überwachung von Verpflichtungszusagen schlägt dieser Entwurf keine Umsetzung im KartG vor, da es sinnvoll scheint, mit diesen Verpflichtungen die Bundeswettbewerbsbehörde zu betrauen. Ergänzungen sollen daher in den §§ 2 und 3 WettbG erfolgen.

Art. 13 Geldbußen für Unternehmen und Unternehmensvereinigungen, Art. 14 Berechnung der Geldbußen und Art. 15 Höchstbetrag der Geldbußen

Die Art. 13 bis 15 teilen den in Art. 23 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 enthaltenen Rechtsstoff auf drei Artikel auf. Art. 13 enthält zum einen die Geldbußentatbestände, wobei nach Abs. 1 Verstöße gegen das Kartellverbot nach Art. 101 und der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung nach 102 AEUV zu sanktionieren sind und Abs. 2 die Verstöße gegen die Verpflichtung zur Duldung von Nachprüfungen, den Siegelbruch, Verstöße gegen die Verpflichtung zur Erfüllung von Auskunftspflichten und gegen die Verpflichtung aus einer Abstellungsentscheidung, einer einstweiligen Maßnahme oder Verpflichtungszusage erfasst. Art. 13 Abs. 1 und 2 bringen darüber hinaus zum Ausdruck, dass die Geldbußen entweder von für Wettbewerb zuständigen nationalen Verwaltungsbehörden in Verwaltungsverfahren oder auf deren Antrag in „nichtstrafrechtlichen Gerichtsverfahren“ zu verhängen sind. Strafrechtliche Sanktionen sollen unberührt bleiben, sie sollen aber ganz eindeutig auch nicht ausreichen. Vielmehr legt Art. 13 Abs. 4 der RL fest, dass sich die Anwendung nationaler Rechtsvorschriften, die die Verhängung von Sanktionen in strafrechtlichen Gerichtsverfahren ermöglichen, nicht auf die wirksame und einheitliche Durchsetzung der Art. 101 und 102 AEUV auswirken darf. Art. 13 Abs. 5 gibt ausdrücklich vor, dass für die Zwecke der Verhängung von Geldbußen auf den Begriff des „Unternehmens“ abzustellen ist.

Art. 14 Abs. 1 übernimmt die Kriterien („Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung“) des Art. 23 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 für die Bemessung der Geldbußen, Art. 15 Abs. 1 legt den Mindest-Höchstbetrag der Geldbuße für Verstöße gegen Art. 101 und 102 AEUV – wie Art. 23 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 und dem folgend § 29 Z 1 KartG 2005 – mit mindestens 10% des weltweiten Gesamtumsatzes in dem der Entscheidung vorausgehenden Geschäftsjahr fest.

Für Geldbußen gegen Unternehmensvereinigungen soll nach dem Vorbild des Art. 23 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 auf Mitglieder abgestellt werden, die auf dem relevanten Markt tätig waren.

Art. 14 Abs. 3 und 4 übernehmen die Regelung des Art. 23 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 über die Verantwortlichkeit der Mitgliedsunternehmen für die Zahlung einer gegen eine Unternehmensvereinigung ausgesprochenen Geldbuße.

Diese Bestimmungen sind im Wesentlichen bereits durch die §§ 29 bis 31 KartG 2005 umgesetzt. Anpassungsbedarf ergibt sich durch die erforderliche Ergänzung der Geldbußentatbestände des § 29 Z 2 KartG 2005, durch die gebotene Anknüpfung an das „Unternehmen“ als Adressaten der Geldbuße (§ 29 Abs. 2 und 3 KartG 2005) und für die Bemessung und Einbringung von Geldbußen gegen Unternehmensvereinigungen (§ 30 KartG 2005). Soweit schon derzeit das WettbG Strafen gegen Verstöße vorsieht, die auch nach der Richtlinie mit Geldbußen zu ahnden sind, sollen die Richtlinienvorgaben in § 11a WettbG umgesetzt werden.

Art. 16 Zwangsgelder

Nach dem Vorbild des Art. 24 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 sieht Art. 16 Abs. 1 Zwangsgelder zur Durchsetzung der Verpflichtung zur Erfüllung von Auskunftspflichten und zum Erscheinen zu einer Befragung und Art. 16 Abs. 2 Zwangsgelder zur Durchsetzung der Duldungspflicht von Nachprüfungen, sowie von Abstellungsentscheidungen, einstweiligen Maßnahmen und Verpflichtungszusagen vor. Diese Zwangsgelder sollen wirksam, angemessen und abschreckend sein und im Verhältnis zu einem täglichen Gesamtumsatz festgesetzt werden. Anders als Art. 24 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (5%) verzichtet die Richtlinie auf einen Höchstbetrag dieses Prozentsatzes. Zwangsgelder zur Durchsetzung von Auskunftspflichten und Einvernahmen müssen aber von den für Wettbewerb zuständigen Verwaltungsbehörden verhängt werden dürfen.

Auch hier ist der Katalog der Zwangsgeldtatbestände des § 35 KartG 2005 zu erweitern. Im WettbG sind aufgrund der geltenden Rechtslage (§ 11a Abs. 4) keine Anpassungen erforderlich.

Art. 17 Geldbußenerlass, Art. 18 Geldbußenermäßigung, Art. 19 Allgemeine Voraussetzungen für die Anwendung der Kronzeugenregelung, Art. 20 Form der Kronzeugenerklärungen, Art. 21 Marker für Anträge auf Geldbußenerlass, Art. 22 Kurzanträge

Mit den Art. 17 bis 22 werden die wettbewerbsrechtlichen Kronzeugenprogramme der Mitgliedstaaten sehr detailliert harmonisiert, um Rechtsunsicherheiten für die Kronzeugen zu bereinigen. Zu diesem Zweck greift die Richtlinie die Grundsätze des Muster-Kronzeugenprogramms des Europäischen Wettbewerbsnetzes auf, die die Mitgliedstaaten in ihr nationales Recht nun auch verpflichtend umsetzen sollen.

In Österreich finden sich Regelungen zu Kronzeugen in § 11b WettbG, wo der noch bestehende Umsetzungsbedarf ergänzt wird.

Art. 23 Zusammenwirken von Kronzeugenprogrammen und Sanktionen gegen natürliche Personen

Art. 23 über das Zusammenwirken von Kronzeugenprogrammen und Sanktionen gegen natürliche Personen ist für die durch Abs. 2 gebotene Freistellung bestimmter Unternehmensmitarbeiter von strafrechtlichen Sanktionen durch § 209b StPO, dessen Verlängerung in die Wege geleitet wird, umgesetzt. Die in Abs. 1 ebenso angesprochenen verwaltungsrechtlichen Sanktionen und Sanktionen, die in „nichtstrafrechtlichen Gerichtsverfahren“ gegen natürliche Personen verhängt werden, dürfte es in der österreichischen Rechtsordnung ohnedies nicht geben. Soweit dies dennoch der Fall sein sollte, müsste Art. 23 in den jeweiligen Materiengesetzen beachtet werden.

Art. 24 Zusammenarbeit zwischen den nationalen Wettbewerbsbehörden

Nach Art. 24 soll für Wettbewerb zuständigen nationalen Verwaltungsbehörden die Teilnahme bei einer auf ihr Ersuchen in einem anderen Mitgliedstaat durchzuführenden Nachprüfung oder Befragung ermöglicht werden. Da es sich dabei um die Zusammenarbeit zwischen für Wettbewerbsrecht zuständigen nationalen Verwaltungsbehörden handelt, soll diese Bestimmung in § 14 WettbG umgesetzt werden.

Art. 25 Ersuchen um Zustellung vorläufiger Beschwerdepunkte und anderer Unterlagen, Art. 26 Ersuchen um Vollstreckung von Entscheidungen zur Verhängung von Geldbußen und Zwangsgeldern, Art. 27 Allgemeine Grundsätze der Zusammenarbeit, Art. 28 Streitigkeiten über Zustellersuchen und über Ersuchen um Vollstreckung von Entscheidungen zur Verhängung von Geldbußen und Zwangsgeldern

In den Art. 25 bis 28 regelt die Richtlinie sowohl die Zustellungs- als auch die Vollstreckungshilfe (Art. 25 und Art. 26) auf der Grundlage gemeinsamer Verfahrensvorschriften (Art. 27 und Art. 28). Diese Bestimmungen sollen in einem neuen 3a. Abschnitt des Kartellgesetzes beginnend mit einer auf den Definitionen der Richtlinie aufbauenden Bestimmung zum Geltungsbereich (§ 35a), mit Verfahrensbestimmungen, die sowohl eingehende als auch ausgehende Ersuchen umfassen bzw. sowohl für die Zustellung als auch für die Einbringung relevant sind (§ 35b) sowie mit ergänzenden Bestimmungen über die Zustellung (§ 35c) und die Einbringung von Geldbußen und Zwangsgeldern (§§ 35d und 35e) umgesetzt werden.

Als für Zustellungen im Inland zuständige Behörde soll die Bundeswettbewerbsbehörde vorgesehen werden. Dies und die Regelung der Zustell- und Vollstreckungsersuchen ins Ausland, die von der Bundeswettbewerbsbehörde in ihren Verfahren und für ihre Entscheidungen vorzunehmen sind, werden in das WettbG aufgenommen (§ 14a WettbG). Hinsichtlich der im Wege der Amtshilfe zuzustellenden Schriftstücke orientiert sich § 14a Abs. 1 WettbG stärker am Wortlaut der Richtlinie als § 35a Abs. 1 Z 1 KartG, der eine etwas weitergehende Anpassung an das österreichische Kartellverfahren vornimmt. Dies deshalb, weil die Bundeswettbewerbsbehörde Hauptansprechpartner von Wettbewerbsbehörden anderer Mitgliedstaaten ist und daher ein richtliniengetreuer Wortlaut sinnvoll ist.

Art. 29 Bestimmungen zu Verjährungsfristen für die Verhängung von Geldbußen und Zwangsgeldern

Gemäß Art. 29 der Richtlinie haben die Mitgliedstaaten eine Unterbrechung oder Hemmung von Verjährungsfristen für die Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern für die Dauer von Durchsetzungsverfahren vor nationalen Wettbewerbsbehörden anderer Mitgliedstaaten oder vor der Kommission vorzusehen, wenn sich diese Verfahren auf dieselbe Zuwiderhandlung beziehen. Die Richtlinie sieht aber keine Verpflichtung vor, eine solche Verjährung vorzusehen und lässt ausdrücklich absolute Verjährungsfristen unberührt.

Die Unterbrechungsregel für Ermittlungs- und Verfolgungshandlungen der Bundeswettbewerbsbehörde nach § 33 KartG 2005, die für die Verjährung des Antrags auf Einleitung eines Verfahrens vor dem Kartellgericht besser passt, wird um eine Hemmungsregelung für die Dauer von Verfahren gegen einen identen Verstoß vor ausländischen Wettbewerbsbehörden und der Kommission ergänzt. Auch dafür soll es aber bei der absoluten Verjährungsfrist von zehn Jahren ab Beendigung der Rechtsverletzung bleiben.

Art. 30 Rolle der für Wettbewerb zuständigen nationalen Verwaltungsbehörden vor nationalen Gerichten

Art. 30 regelt das Verhältnis von für Wettbewerb zuständigen nationalen Verwaltungsbehörden zu für Wettbewerb zuständigen nationalen Justizorganen bzw. nationalen Gerichten. Nach Abs. 1 soll eine „für Wettbewerb zuständige nationale Verwaltungsbehörde direkt Klage bei dem für Wettbewerb zuständigen nationalen Justizorgan“ erheben können. Dies ist durch § 36 KartG 2005 über die Antragsberechtigung und § 40 KartG 2005 über die Stellung der Bundeswettbewerbsbehörde als Amtspartei umgesetzt. Abs. 2 regelt den Fall, dass erstinstanzliche Entscheidungen der für Wettbewerb zuständigen nationalen Verwaltungsbehörden vor einem Gericht angefochten werden und gibt dafür vor, dass der Verwaltungsbehörde Parteienrechte im Rechtsmittelverfahren einzuräumen sind. Da die in Abs. 2 genannten Entscheidungen ohnedies vom Kartellgericht getroffen werden, ergibt sich hieraus kein weitergehender Umsetzungsbedarf.

Art. 31 Akteneinsicht durch Parteien und Beschränkungen bei der Informationsverwendung

Abs. 1 gestattet es den Mitgliedstaaten, von der Verwendung von Beweismitteln für Sanktionen gegen natürliche Personen abzusehen, wenn diese Beweismittel im Rahmen einer gegen ein Unternehmen gerichteten Hausdurchsuchung, eines solchen Auskunftsverlangens oder einer solchen Befragung erlangt wurden. Ein Umsetzungsbedarf ergibt sich hieraus nicht.

Nach Abs. 2 haben die Mitgliedstaaten sicher zu stellen, dass Mitarbeiter der nationalen Wettbewerbsbehörden keine Informationen offenlegen, die ihnen beim Vollzug der in der Richtlinie harmonisierten Befugnisse zugänglich wurden und unter das Berufsgeheimnis fallen. Das nationale Recht kann aber eine Offenlegung solcher Berufsgeheimnisse erlauben. Diese Richtlinienbestimmung ist in Österreich durch die Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit (§ 46 BDG, § 5 Abs. 1 VBG, § 58 RStDG) umgesetzt.

Abs. 3 schränkt die Einsicht in Kronzeugenerklärungen und Vergleichsausführungen auf Parteien und auch für diese auf Zwecke der Ausübung ihrer Verteidigungsrechte ein. § 39 Abs. 2 KartG 2005 ist daher um eine noch restriktivere Bestimmung über die Einsicht in solche Aktenbestandteile zu ergänzen.

Darüber hinaus sehen Abs. 4 Verwendungsbeschränkungen für Kronzeugenerklärungen und Vergleichsausführungen und Abs. 5 Verwendungsbeschränkungen für Dokumente der so genannten „grauen Liste“ für eine Partei des Verfahrens vor. In § 37k Abs. 5 zweiter Satz KartG 2005 sind solche Beschränkungen bereits jetzt geregelt. Es wird nunmehr klarzustellen sein, dass diese Beschränkungen in allen gerichtlichen Verfahren gelten.

Abs. 6 konkretisiert die nach Art. 12 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 bestehende Möglichkeit des Informationsaustauschs zwischen Wettbewerbsbehörden für den Austausch von Kronzeugenerklärungen zwischen nationalen Wettbewerbsbehörden dahingehend, dass ein solcher nur möglich sein soll, wenn dem die betroffenen Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen zustimmen oder solche Erklärungen den beteiligten Wettbewerbsbehörden ohnedies vorliegen und nicht zurückgezogen werden können. Diese Bestimmung soll in § 83a KartG 2005 umgesetzt werden.

Art. 32 Zulässigkeit von Beweismitteln vor nationalen Wettbewerbsbehörden

Nach Art. 32 haben die Mitgliedstaaten sicher zu stellen, „dass Unterlagen, mündliche Erklärungen, elektronische Nachrichten, Aufzeichnungen und alle sonstigen Gegenstände, die Informationen enthalten, unabhängig von ihrer Form und dem Medium, auf dem die Informationen gespeichert sind, als Beweismittel vor einer nationalen Wettbewerbsbehörde zulässig sind“.

Gemäß § 31 AußStrG, auf den § 38 KartG 2005 verweist, kann zur Feststellung des Sachverhaltes „jedes dafür geeignete Beweismittel“ verwendet werden. Auch die Bundeswettbewerbsbehörde kann nach § 11a Abs. 1 Z 2 WettbG in geschäftliche Unterlagen unabhängig davon, in welcher Form diese vorliegen, einsehen.

Art. 33 Betrieb des Europäischen Wettbewerbsnetzes

Art. 33 enthält einer nationalen Umsetzung nicht zugängliche Regelungen über die Kosten der Kommission für die Pflege und Weiterentwicklung des zentralen Informationssystems des Europäischen Wettbewerbsnetzes sowie der Zusammenarbeit innerhalb des Europäischen Wettbewerbsnetzes einerseits und eine Ermächtigung an das Europäische Wettbewerbsnetz, zu in der Richtlinie geregelten Themen bewährte Verfahren und Empfehlungen zu erarbeiten, andererseits.

Kompetenzgrundlage:

Die Kompetenz des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 8 B-VG (Kartellrecht, Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie, Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes).

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine

Besonderer Teil

Zu Art. 1 (Änderung des Kartellgesetzes 2005)

Zu § 2 Abs. 1:

Die Europäische Kommission hat mit dem „Green Deal“ (COM (2019) 640 final) zur Bewältigung klima- und umweltbedingter Herausforderungen umfangreiche Maßnahmen und Aktionspläne erstellt. Eine stärkere Ausrichtung nationaler Maßnahmen am „Green Deal“ ist im österreichischen Regierungsprogramm 2020-2024, das bereits in der Präambel einen nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort als Ziel nennt, explizit etwa unter der Überschrift „Standort und Industriepolitik“ im Kapitel „Standort, Entbürokratisierung & Modernisierung“ genannt (Österreichisches Regierungsprogramm 2020-2024, S.88). Zu diesen Vorgaben und vor dem Hintergrund, dass Nachhaltigkeit als Querschnittsmaterie zu verstehen ist, möchte der Entwurf auch im Bereich des Kartell- und Wettbewerbsrechts einen Beitrag leisten. Eine Investition in nachhaltige Produkte und Dienstleistungen ist eine zukunftsorientierte Investition, die zu einem dynamischen Wirtschaftsstandort Österreich beiträgt. Eine nachhaltige Wirtschaft ist daher immer auch eine wettbewerbsfähige Wirtschaft.

Wenngleich das Wettbewerbsrecht nicht der primäre Schlüssel zur Lösung der Klimakrise sein kann, ist es dennoch gefordert, einen Beitrag zu leisten. Zur Frage, ob und inwieweit Nachhaltigkeitsaspekte im Rahmen von Art. 101 AEUV berücksichtigt werden können, werden unterschiedlichste Meinungen und dogmatische Lösungsansätze vertreten. Die daraus resultierende Unklarheit führt dazu, dass Unternehmen aus Sorge vor wettbewerbsrechtlichen Implikationen vor Nachhaltigkeitsvereinbarungen zurückscheuen (vgl. etwa Julian Nowag, Sustainability and competition, OECD 2020, 95 mwN oder Simon Holmes, Climate Change and Competition Law, Hearing on Sustainability and Competition Law, OECD Dezember 2020, Rz 8, https://www.oecd.org/officialdocuments/publicdisplaydocumentpdf/?cote=DAF/COMP/WD(2020)94&docLanguage=En, zuletzt abgerufen am 21.5.2021). Der Gesetzgeber ist daher angehalten, in diesem Spannungsfeld sowohl Unternehmen als auch vollziehenden Behörden zusätzliche Klarheit zu verschaffen. Dabei ist vorweg festzuhalten, dass unternehmerische Absprachen betreffend ökologisch nachhaltige Wirtschaft freilich durchaus außerhalb des Anwendungsbereichs des § 1 liegen können, etwa wenn Standardisierungsvereinbarungen offen und nicht-exklusiv ausgestaltet sind und ihre Teilnahme freiwillig bleibt.

Die Tatbestandsmerkmale des § 2 Abs. 1 sind bislang jenen des Art. 101 Abs. 3 AEUV nachgebildet, sodass grundsätzlich auch die Leitlinien zur Anwendung von Art. 101 Abs. 3 AEUV bei der Auslegung Berücksichtigung finden. In der europäischen Rechtsprechung gibt es bereits Ansätze, wonach Umweltkriterien für die Frage der Rechtfertigung einer Wettbewerbsbeschränkung herangezogen werden können. So kann in der Frage des qualitativen Effizienzgewinns etwa ein geringerer Strom- und Wasserverbrauch berücksichtigt werden (Mitteilung der Kommission 2011/C-11/01, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit). Diese qualitativen Effizienzgewinne müssen bislang aber immer den Verbrauchern auf dem betroffenen Markt zugutekommen. „Verbraucher“ im Sinn des Art. 101 Abs. 3 AEUV sind alle potenziellen bzw. tatsächlichen Kunden der Parteien der Vereinbarung, also außer den Endverbrauchern etwa auch Produzenten, die die Ware als Vorprodukt brauchen (Lager/Petsche in Petsche/Urlesberger/Vartian, KartG², § 2, Rz 20).

Die neu geschaffene Ausnahmebestimmung soll unter prinzipieller Beibehaltung des etablierten Schemas der Prüfung von Ausnahmetatbeständen vom Kartellverbot – das heißt unter Beibehaltung der vier in § 2 Abs. 1 genannten Voraussetzungen – unternehmerische Kooperationen zum Zweck einer ökologisch nachhaltigen oder klimaneutralen Wirtschaft vom Kartellverbot freistellen. Dabei setzt der Entwurf primär an der angemessenen Beteiligung der Verbraucher an und erklärt diese Beteiligung als erfüllt, wenn der aus der wettbewerbsbeschränkenden Absprache erzielte Effizienzgewinn wesentlich zu einer ökologisch nachhaltigen oder klimaneutralen Wirtschaft beiträgt. Dies ist deshalb gerechtfertigt, weil die Auswirkungen einer solchen Wirtschaft per se der Allgemeinheit zukommen, mag dies unter Umständen auch erst zeitlich versetzt – nämlich für künftige Generationen – der Fall sein. Auch die betroffene Verbrauchergruppe profitiert als Teil der Allgemeinheit daher von der Ausnahme. Der Entwurf möchte somit angesichts des raschen Handlungsbedarfs in Sachen Klima- und Umweltschutz einen Schritt weitergehen und Wettbewerbsbeschränkungen, die zur Verbesserung einer ökologisch nachhaltigen oder klimaneutralen Wirtschaft beitragen, auch dann zulassen, wenn sich die Vorteile aus den die Wettbewerbsbeschränkung begründenden Innovationen nicht unmittelbar zugunsten der Verbraucher auf einem bestimmten Markt auswirken.

Ökologische Nachhaltigkeit meint einen vorausschauenden und rücksichtsvollen Umgang mit natürlichen Ressourcen. Die Zielsetzung von Nachhaltigkeit liegt darin, die Bedürfnisse der heutigen Generation ohne Beeinträchtigung der Möglichkeiten künftiger Generationen zu decken (vgl. etwa Mitteilung der Kommission zur Europäischen Nachhaltigkeitspolitik, COM (2016) 739 final, 2). Ökologische Nachhaltigkeit im Sinn dieser Bestimmung soll insbesondere Klimaschutz (bspw. Nutzung erneuerbarer Energien, Emissionsminderung bei Treibhausgasen), nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasserressourcen (bspw. Schutz der Umwelt vor den nachteiligen Auswirkungen der Einleitung von Abwässern), Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft (bspw. Förderung von Reparatur- und Recyclingfähigkeit von Produkten, verstärkte Nutzung von Sekundärrohstoffen) und den Schutz und die Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme (bspw. nachhaltige Waldbewirtschaftung) umfassen. Klimaneutralität ist daher grundsätzlich von der Definition der ökologischen Nachhaltigkeit umfasst; aufgrund der besonderen Wichtigkeit dieses Aspekts schlägt der Entwurf aber vor, sie eigens in der Ausnahmebestimmung zu nennen. Dennoch kann es zu Zielkonflikten zwischen Aspekten der ökologischen Nachhaltigkeit und Bekämpfung des Klimawandels kommen. Ein wesentlicher Beitrag zur ökologischen Nachhaltigkeit oder Klimaneutralität im Sinn der Bestimmung ist dann gegeben, wenn eine signifikante Verbesserung in einem der beiden Bereiche evident ist, während im anderen keine signifikante Verschlechterung zu erwarten ist (nach dem Vorbild des europäischen Do No Significant Harm – Prinzips). Der Ausdruck Wirtschaft soll als umfassender Begriff verschiedene Produktionsstufen ebenso wie die Eigenschaften des Endprodukts oder der Dienstleistung umfassen. Unbeschadet dieser Ergänzung in § 2 Abs. 1 ist die Interpretation der angemessenen Beteiligung des Verbrauchers am Gewinn sehr wesentlich für die Sicherung des langfristigen Wettbewerbs. Den Zielsetzungen des Wettbewerbsrechts entsprechend geht es beim Vollzug nicht nur um kurzfristig niedrige Preise, sondern ebenso um Qualität, Innovation und Vielfalt, welche eine längerfristige Orientierung im Fokus haben.

Das Abgehen vom Erfordernis der direkten Weitergabe der Vorteile der Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise an die Verbraucher auf dem betreffenden Markt wirkt sich auch auf die Beurteilung der Frage, inwiefern ein Effizienzgewinn anzunehmen ist, aus. Wenn nämlich die Vereinbarung einen wesentlichen Beitrag zur ökologischen Nachhaltigkeit oder Klimaneutralität leistet, indem etwa die Produktionsweise oder der Vertrieb CO2-sparend erfolgen oder zu einem ökologisch nachhaltigeren oder weniger CO2-emittierenden Produkt oder einer solchen Dienstleistung führt, kann sich dies bereits als Effizienzgewinn auswirken.

Im Begutachtungsverfahren wurde eingewandt, dass sich aus dem Gesetzestext nicht klar ergebe, welche Auswirkungen das Kriterium des wesentlichen Beitrags zur ökologisch nachhaltigen oder klimaneutralen Wirtschaft auf den für die Effizienzgewinne erforderlichen Innovationsschritt hat, ob also rein nachhaltigkeitsbezogene Innovationen oder Maßnahmen ausreichen, um das erste Kriterium der allgemeinen Ausnahme zu erfüllen. Durch die nun vorgenommene sprachliche Ergänzung soll klargestellt werden, dass eine Verbesserung der Warenerzeugung oder – verteilung oder ein Beitrag zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts auch dann gegeben sein kann, wenn diese Maßnahme oder Innovation einen wesentlichen Beitrag zu einer ökologisch nachhaltigen oder klimaneutralen Wirtschaft leistet, der Gewinn also in einem Beitrag zur Nachhaltigkeit besteht. Ein darüberhinausgehender wirtschaftlicher Effizienzgewinn ist nicht erforderlich. Es gibt, wie erwähnt, unterschiedliche Ansichten, ob dies nach geltendem Recht nicht ohnehin schon der Fall ist und nachhaltigkeitsbezogene Innovationen bzw. Maßnahmen nicht ohnehin bereits als qualitativer Effizienzgewinn gesehen werden können. Dies wird besonders in Fällen kontrovers diskutiert, in denen das ökologisch nachhaltigere Produkt abgesehen vom Nachhaltigkeitsaspekt kein für den Kunden besseres Produkt ist – so macht es für den Kunden etwa keinen Unterschied, ob in der Herstellung eines identen Endprodukts weniger Abwässer verunreinigt wurden. Es soll nun klargestellt werden, dass allein der wesentliche Beitrag zu ökologischer Nachhaltigkeit oder Klimaneutralität als Innovation oder Maßnahme im Sinne des ersten Tatbestandelements der Ausnahme nach § 2 Abs. 1 gesehen werden kann.

Wesentlich ist aber, dass der im Gesetzestext auch bislang schon vorgesehene innovative Schritt, nämlich ein Beitrag zur Verbesserung der Warenerzeugung oder –verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts auch im Anwendungsbereich des Beitrags zur ökologischen Nachhaltigkeit oder Klimaneutralität vorliegen muss, weshalb der Entwurf diese Wortfolge auch explizit in der vorgeschlagenen Ergänzung wiederholt. Bloße Preis- oder Gebietsabsprachen – mögen sie allenfalls auch den Effekt positiver Nachhaltigkeitsmaßnahmen durch Produktionsverminderung haben – scheiden daher schon auf dieser Ebene aus.

Anwendungsfälle von nachhaltigkeitsbezogenen Innovationen bzw. Maßnahmen könnten etwa sein: die Verwendung von Abgas- oder Abwasserfiltern bei der Produktion (Verbesserung der Warenerzeugung), der gemeinsame Vertrieb zur Reduzierung von Transportkosten (Verbesserung der Warenverteilung), die Produktion von Autos, die weniger CO2 ausstoßen (Förderung des technischen Fortschritts). Wenn eine nachhaltigkeitsbezogene Innovation auch zu einem wirtschaftlichen Fortschritt führt, wird sich dies ohnehin auch in Kosteneinsparungen oder einer qualitativen Verbesserung zeigen.

Die Ausnahme kann nur dann erfüllt sein, wenn auch die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 lit.a und lit. b vorliegen. Die Einschränkungen zur Erreichung eines wesentlichen Beitrags zu einer ökologisch nachhaltigen oder klimaneutralen Wirtschaft müssen unerlässlich sein, also nicht durch andere wirtschaftlich machbare und weniger wettbewerbsbeschränkende Möglichkeiten erzielt werden können. Dafür sind etwa komprimierte Verpackungen ein Beispiel. So setzen sich kompaktere, weniger Müll erzeugende Verpackungen solange nicht durch, solange konventionelle Verpackungen auf dem Markt erhältlich bleiben (vgl. etwa Beitrag von Unilever zur Konsultation der EK, Sustainability cooperations between competitors & Art. 101 TFEU, https://www.unilever.com/Images/unilever_submission_sustainability_competition_law_tcm244-551751_en.pdf, II. 4 c, zuletzt abgerufen am 25.5.2021). Außerdem darf Wettbewerb für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren nicht ausgeschaltet werden. Überhaupt werden schwerwiegende Wettbewerbsbeschränkungen (insb. Preis-, Mengen- und Gebietsabsprachen) die Voraussetzungen von § 2 Abs. 1 nicht erfüllen können (vgl. auch die Leitlinien zu Art. 101 Abs. 3 AEUV (Bekanntmachung der Kommission, Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Abs. 3 EG-Vertrag, 2004/C 101/08, Rz 46). So wird zwar eine Vereinbarung zwischen Verkehrsbetrieben, künftig auf ökologisch nachhaltigeren Treibstoff umzustellen – bei Erfüllung der übrigen für die Anwendbarkeit der Ausnahmebestimmung relevanten Merkmale – prinzipiell zulässig sein. Nicht gerechtfertigt wäre hingegen eine Preisabsprache hinsichtlich der Tickets.

Der Beitrag zu einer ökologisch nachhaltigen oder klimaneutralen Wirtschaft muss ein gewisses Maß an Intensität erreichen, um das im Ausnahmetatbestand formulierte Wesentlichkeitskriterium zu erfüllen. Insofern fügt sich der neue Tatbestand in die Rechtsprechung zu Art. 101 Abs. 3 AEUV bzw. § 2 Abs. 1, wonach tatsächlich spürbare objektive Vorteile, die die einhergehenden Nachteile deutlich überwiegen, vorliegen müssen (aaO, Rz 14). Als objektive Vorteile sind hier die positiven Auswirkungen auf Nachhaltigkeit, Umwelt oder Klima für die Allgemeinheit zu veranschlagen, die im Verhältnis zum Nachteil der wettbewerblichen Absprache auf dem betreffenden Markt stehen.

Es gibt Modelle der Berechnung von Umweltkosten, also den Kosten, die Umweltbelastungen für die Gesellschaft etwa durch umweltbedingte Gesundheits- und Materialschäden, Ernteausfälle oder Schäden an Ökosystemen verursachen (etwa Methodenkonvention 3.1. zur Ermittlung von Umweltkosten des deutschen Umweltbundesamtes; dabei werden konkrete Kostensätze pro Tonne CO2-Äquivalent ermittelt). Letztlich wird sich aber (noch) nicht jeder Beitrag zu ökologischer Nachhaltigkeit in exakten Zahlen darstellen lassen. Dies wird aber auch nicht in allen Fällen erforderlich sein, um eine entsprechende Abwägung zwischen der Wettbewerbsbeschränkung und dem Nutzen in Form von ökologischer Nachhaltigkeit für die Gesellschaft vornehmen zu können. Letztlich besteht eine rechtliche Qualifikation regelmäßig in Güterabwägungen, bei denen die Abwägung nicht aufgrund rein quantitativer Aspekte vorgenommen werden kann. Wenn zu erwarten ist, dass die Auswirkungen der Wettbewerbsbeschränkung nur geringfügig nachteilig sind, wohingegen der Beitrag zu einer ökologisch nachhaltigen oder klimaneutralen Wirtschaft evident positiv ist, wird man etwa von einer konkreten Bezifferung des Umweltvorteils absehen können.

Eine Präzisierung, etwa durch Leitlinien der Bundeswettbewerbsbehörde in Konsultation mit dem Bundesministerium für Klimaschutz kann für die nähere Ausgestaltung hilfreich sein, dies wird aber erst nach ersten praktischen Erfahrungen sinnvoll möglich sein. Freilich kann und will diese Änderung den Anwendungsvorrang des europäischen Wettbewerbsrechts nicht in Frage stellen. Im Anwendungsbereich des § 1 trägt sie aber zur Klärung von Zweifelsfragen und damit zur Rechtssicherheit bei. Darüber hinaus leistet sie auch einen Beitrag zur aktuellen europäischen Diskussion darüber, was das Kartellrecht zur Bekämpfung des Klimawandels beisteuern kann. Jedenfalls aber werden die weiteren Entwicklungen in Europa in Auge zu behalten und die Nachhaltigkeitsausnahme vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen zum passenden Zeitpunkt zu evaluieren sein.

Zu § 4 Abs. 1:

Die in § 4 Abs. 1 Z 2 genannten Kriterien für die Marktbeherrschung sind demonstrativ und lassen prinzipiell einen breiten Beurteilungsspielraum zu, sodass auch nach geltendem Recht die Besonderheiten digitaler Unternehmen berücksichtigt werden können, wie etwa die Tatsache, dass sie über große Mengen wettbewerblich relevanter Daten verfügen, dass sie besonders von Netzwerkeffekten profitieren oder aufgrund ihrer Gatekeeper-Position eine besondere Marktstärke aufweisen können. Durch die Ergänzung dieser Tatbestände als demonstrative Kriterien soll aber deutlich gemacht werden, dass sie wesentliche Parameter bei der Beurteilung der Marktbeherrschung darstellen können. Auch die Handlungsempfehlungen der Interessenvertretungen zur Fortentwicklung des österreichischen und europäischen Wettbewerbsrechts sehen in diesem Punkt Handlungsbedarf und schlagen eine explizite Erwähnung des Verfügens über wettbewerblich relevante Daten (S.14) sowie die explizite Aufnahme von Intermediationsmacht vor (S. 14f.).

Der Entwurf hält an der bisherigen Struktur des § 4 fest und nimmt keine abschließende Aufzählung von Marktmachtkriterien vor, weshalb auch weitere für die Plattformökonomie typische Elemente, wie etwa Wechselbarrieren, aber auch sonstige Kriterien der digitalen oder nicht-digitalen Wirtschaft wie bisher in die Beurteilung der Marktmacht einfließen können.

Mit dem Kriterium der erbrachten Vermittlungsleistungen soll die so genannte Intermediationsmacht oder Intermediärsmacht erfasst werden. Diese ergibt sich aus der für digitale Plattformen typischen Gatekeeper-Funktion, die dazu führen kann, dass Anbieter von Waren oder Dienstleistungen für den Zugang zur Marktgegenseite auf die Vermittlung durch die Plattform angewiesen sind. Aus dieser strategisch günstigen Position, die Plattformen immanent ist, kann eine gewisse Missbrauchsanfälligkeit resultieren.

Das Kriterium des Zugangs eines Unternehmers zu wettbewerbsrelevanten Daten trägt dem Umstand der wirtschaftlichen Relevanz von Daten Rechnung. So hat etwa in Deutschland die Kommission Wettbewerbsrecht 4.0 in ihrem Bericht herausgearbeitet, dass die Bedeutung von Daten als Inputfaktor für eine Vielzahl von Produkten, Dienstleistungen und Wertschöpfungsprozessen erheblich zugenommen hat und Wettbewerbsvorteile, die sich aus der Möglichkeit des Zugriffs zu Daten ergeben, zu selbstverstärkenden „Feedback-Loops“ führen. Das bedeutet, dass die Vorteile im Zugriff auf Daten zu Wettbewerbsvorteilen führen können, die ihrerseits eine erneute Ausweitung des Datenzugriffs bringen kann (Bericht Kommission Wettbewerbsrecht 4.0, 13). Prinzipiell können alle Daten, also personen- und nicht personenbezogene Nutzerdaten, Standortdaten etc. für den Markt interessant und somit wettbewerbsrelevant sein.

Mit dem Zugriff auf große Datenmengen eng verflochten sind die Netzwerkeffekte. Unter positiven Netzwerkeffekten werden nutzerseitige Größenvorteile eines Dienstes verstanden, die darin bestehen, dass der Dienst für den einzelnen Nutzer vorteilhafter wird, je mehr Nutzer auf derselben Plattformseite (positive direkte Netzwerkeffekte) oder der anderen Plattformseite (positive indirekte Netzwerkeffekte) vorhanden sind (vgl. etwa Bericht der Kommission Wettbewerbsrecht 4.0, 16).

Zu § 4a:

Am Konzept der relativen Marktmacht soll festgehalten werden. In Rechtsprechung und Lehre bestehen unterschiedliche Ansichten darüber, ob der bisherige § 4 Abs. 3 ein Anwendungsfall des § 4 Abs. 1 oder ein eigenständiger Tatbestand ist. Durch die Überführung in einen eigenen Paragraphen soll klargestellt werden, dass es sich bei der relativen Marktmacht um einen eigenen Tatbestand handelt. § 4a setzt daher keine absolute Marktbeherrschung iSd § 4 Abs. 1 voraus, sondern stellt auf die im Verhältnis zu den Vertragspartnern des Unternehmers bestehende Marktmacht ab. Der Entwurf übernimmt den bisherigen Wortlaut des § 4 Abs. 3. Einer im Ministerialentwurf noch vorgeschlagenen Klarstellung, dass die relative Marktmacht nicht nur in Geschäftsbeziehungen mit Gütern, sondern auch mit Dienstleistungen zur Anwendung kommen kann, bedarf es nicht, da die Rechtsprechung schon bisher auch Erbringer von Dienstleistungen als „Lieferanten“ verstehen konnte. Die Bestimmung soll aber dahingehend erweitert werden, dass eine überragende Marktstellung auch dann angenommen werden kann, wenn ein Unternehmer zur Vermeidung schwerwiegender betriebswirtschaftlicher Nachteile auf die Begründung von Geschäftsbeziehungen (und nicht nur deren Aufrechterhaltung) mit einem Vermittler auf einem mehrseitigen digitalen Markt angewiesen ist. Damit können sich auch Unternehmer, die auf die Intermediationsleistung einer digitalen Plattform angewiesen sind, die ihnen in diskriminierender Weise den Zugang zu dieser verweigert, auf diese Bestimmung berufen.

Zu § 9 Abs. 1 Z 2 (zweite Inlandsumsatzschwelle):

Mit der Stammfassung des Kartellgesetzes 2005 wurden zuletzt die Bagatellgrenze für die Zusammenschlussanmeldung von zwei auf fünf Millionen Euro und die Schwelle der Inlandsumsätze von 15 auf 30 Millionen Euro erhöht. Zu einer zweiten Inlandsumsatzschwelle konnte sich der Gesetzgeber aber nicht entschließen, weil er befürchtete, dass damit die Übernahme eines inländischen Unternehmens durch ein großes ausländisches Unternehmen, das am inländischen Markt noch nicht vertreten ist und daher auch keine inländischen Umsätze hat, nicht mehr geprüft werden könne.

Das Fehlen einer zweiten Inlandsumsatzschwelle führt aber nach Berichten der Bundeswettbewerbsbehörde dazu, dass ein nicht unwesentlicher Teil der als Zusammenschlüsse angemeldeten Transaktionen den österreichischen Markt, wenn überhaupt, nur am Rande betrifft. Viele Transaktionen würden angemeldet, selbst wenn die Zielunternehmen in Österreich lediglich Bagatellumsätze von wenigen tausend Euro erzielen. Basierend auf den Anmeldungen der Jahre 2016 und 2017 geht die Bundeswettbewerbsbehörde davon aus, dass die Einführung einer zweiten Inlandsumsatzschwelle von € 100.000 die Anzahl der Zusammenschlüsse um bis zu 18% verringern würde, € 500.000 um 37%, € 1 Mio um 44%, € 2 Mio um 55% und € 5 Mio um 65%. Durch die Einführung einer Schwelle von bis zu € 5 Mio wären lediglich 11 näher geprüfte, aber letztlich unproblematische Fälle verloren gegangen. Eine aktuelle Auswertung zu den Anmeldungen im ersten Quartal 2021 sei zu einem noch deutlicheren Ergebnis gekommen: Selbst unter Berücksichtigung der Anmeldebedürftigkeit nach der Transaktionswertschwelle hätte eine zweite Inlandsumsatzschwelle von € 100.000 die Anzahl der anzumeldenden Zusammenschlüsse um 25% verringert, € 500.000 um 35%, € 1 Mio um 44%. Keiner dieser Fälle sei wettbewerblich bedenklich gewesen. Eine Schwelle von € 2 Mio hätte die Anzahl der Anmeldungen um 60% verringert, eine Schwelle von € 5 Mio um 71%. Aus diesem Grund schlug die Bundeswettbewerbsbehörde eine zweite Inlandsumsatzschwelle iHv einer Million Euro vor. Diesem Anliegen sind im Begutachtungsverfahren auch eine Reihe weiterer Stellungnahmen beigetreten.

Vor diesem Hintergrund übernimmt der Entwurf daher den Vorschlag der Bundeswettbewerbsbehörde.

Zu § 10 (elektronische Anmeldung):

Nach § 13 Abs. 2 AVG, auf den § 11 Abs. 2 WettbG verweist, können der Behörde schriftliche Anbringen in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. § 1a Abs. 1 E-Gov-G sieht ein Recht auf elektronischen Verkehr mit Gerichten und Verwaltungsbehörden vor. Um im Anwendungsbereich der Zusammenschlussanmeldungen an die Bundeswettbewerbsbehörde klarzustellen, dass diese auch in elektronischer Form zulässig sind, ist das insofern überflüssige Erfordernis des Anschlusses von Gleichschriften zu streichen.

Sofern die Anmeldung nicht elektronisch eingebracht wird, was weiterhin zulässig ist, sind ihr vier Gleichschriften anzuschließen.

Zu § 12 Abs. 1 Z 2 (und § 10 Abs. 1 Z 1):

Im Bereich des Unionsrechts sind nach Art. 2 Abs. 3 FKVO Zusammenschlüsse, die den wirksamen Wettbewerb im gemeinsamen Markt erheblich behindern würden, zu untersagen. Damit legt das Unionsrecht den so genannten SIEC-Test (Significant Impediment to effective Competition) als Prüfmaßstab fest, wobei die Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung als Regelbeispiel genannt ist. Auch die meisten anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union sehen als Prüfkriterium den SIEC-Test vor. Wesentliches Motiv für die Einführung des SIEC-Tests auf europäischer Ebene im Jahr 2004 war die Sorge, dass der Marktbeherrschungstest nicht flexibel genug sei, um alle wettbewerbsschädlichen Zusammenschlüsse zu erfassen. Insbesondere hinsichtlich nicht-koordinierter Effekte in oligopolistisch geprägten Märkten wurde eine mögliche Schutzlücke konstatiert. Auch im Bereich der Digitalökonomie lassen sich wettbewerbsschädliche Zusammenschlüsse unter Umständen nicht an bloßen Marktanteilskriterien messen. Es gibt jedoch auch Argumente, die gegen die Einführung des SIEC-Tests sprechen: so sind mit diesem oft deutlich aufwändigere Verfahren verbunden, auch sind die Kriterien für die erhebliche Behinderung des wirksamen Wettbewerbs viel weniger konturiert als jene der Marktbeherrschung. Der Entwurf möchte daher am Marktbeherrschungstest festhalten und die bisherige Rechtslage und damit auch Judikatur dazu aufrechterhalten. Sobald eine marktbeherrschende Stellung entsteht oder verstärkt wird, bedarf es daher keines zusätzlichen Nachweises der konkreten Auswirkungen des Zusammenschlusses auf den Wettbewerb auf dem betreffenden Markt. Der möglichen Lücke, die sich nach einer Prüfung rein nach dem Marktbeherrschungstest in speziellen Fällen ergeben kann, etwa, wenn sich auf einem Markt der zweit- und drittstärkste Unternehmer zusammenschließen, ohne dass sie marktbeherrschend werden, soll aber durch Schaffung eines Alternativtatbestandes begegnet werden, wonach ein Zusammenschluss auch dann zu untersagen ist, wenn er – abseits von Marktbeherrschungsfällen – eine erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs darstellt.

Der Maßstab der österreichischen Fusionskontrolle wird damit künftig umfassender, da Fälle, die vom Marktbeherrschungskriterium bislang nicht erfasst wurden, nunmehr von der Fallvariante der erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs erfasst sein können. Ausgleichsfaktoren, wie etwa die Effizienzeinrede oder Sanierungsfusion, können bereits jetzt aufgrund der Bestimmung des § 20 bei Anwendung des Marktbeherrschungskriteriums in die Prüfung einfließen und künftig ebenso im Rahmen der Überprüfung der erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs zur Anwendung kommen.

Der neue Prüfmaßstab wirkt sich auch auf die anlässlich der Anmeldung des Zusammenschlusses darzulegenden Angaben aus (§ 10 Abs. 1 Z 1).

Zu § 12 Abs. 2:

§ 12 Abs. 2 enthält zwei Tatbestände, die eine ausnahmsweise Bewilligung eines an sich zu untersagenden Zusammenschlusses erlauben.

Z 1 gestattet Zusammenschlüsse, mit denen Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen verbunden sind, die die Nachteile der Marktbeherrschung überwiegen. Da künftig die Marktbeherrschung nicht mehr als alleiniges Untersagungskriterium von Zusammenschlüssen zum Tragen kommt, stellt der Entwurf auf die Nachteile des „Zusammenschlusses“ ab. Im Rahmen der Prüfung der erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs (Abs. 1 Z 2 lit. b) werden bereits auf dieser Ebene auch sich verbessernde Wettbewerbsbedingungen zu berücksichtigen sein, sodass insoweit allenfalls eine positive Strukturverbesserung auf einem sachlichen Drittmarkt zu einer ausnahmsweisen Bewilligung führen könnte.

Z 2 wird unverändert beibehalten. Der Ministerialentwurf sah eine Entkoppelung der beiden Kriterien der internationalen Wettbewerbsfähigkeit und der volkswirtschaftlichen Rechtfertigung vor. Im Begutachtungsverfahren wurde aber aufgezeigt, dass eine ausnahmsweise Genehmigung aus Gründen der internationalen Wettbewerbsfähigkeit, ohne diese im konkreten Fall an der volkswirtschaftlichen Rechtfertigung zu messen, zu unbilligen Ergebnissen führen könnte.

Das Anliegen, das damit im Ministerialentwurf aufgegriffen werden sollte, nämlich eine ausnahmsweise Genehmigung des Zusammenschlusses zu ermöglichen, wenn volkswirtschaftliche Gründe im Einzelfall für eine Bewilligung des Zusammenschlusses sprechen, soll nunmehr durch Z 3 abgedeckt werden. Dafür ist es erforderlich, dass die volkswirtschaftlichen Vorteile die Nachteile des Zusammenschlusses erheblich überwiegen. Dabei können vor allem Wachstum, Innovation und Vollbeschäftigung als wesentliche Ziele der österreichischen Wirtschaftspolitik, die auf dem Fundament einer stabilitätsorientierten Makropolitik aufbauen, genannt werden (https://www.bmf.gv.at/themen/wirtschaftspolitik/wirtschaftspolitik-in-oesterreich.html, zuletzt abgerufen am 23.5.2021). Ebenso kann die Erhöhung des Wohlstands, die nachhaltige Verbesserung der Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger durch Beschäftigungssicherung, Einkommenswachstum und faire Einkommensverteilung unter Berücksichtigung angemessener Sozial- und Umweltstandards genannt werden (https://www.bmdw.gv.at/Themen/Wirtschaftsstandort-Oesterreich/Allgemeine-Wirtschaftspolitik.html, zuletzt abgerufen am 23.5.2021).

Die im Ministerialentwurf vorgeschlagene, sich auf alle drei Ziffern beziehende Abwägung, wonach die zu erwartenden Vorteile der ausnahmsweisen Genehmigung des Zusammenschlusses dessen Nachteile im Einzelfall überwiegen müssen, war zu streichen, da alle drei Ziffern in ihrer nunmehrigen Formulierung bereits Abwägungstatbestände aufweisen.

Zu §§ 26 bis 28:

Vgl. Art. 10 bis 12 der Richtlinie

Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie orientiert sich bei der Regelung der Feststellung und Abstellung von Zuwiderhandlungen an Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003. Für das österreichische Kartellgesetz sind entsprechende Befugnisse in §§ 26 und 28 vorgesehen.

Art. 11 der Richtlinie verlangt einstweilige Maßnahmen, entspricht inhaltlich weitestgehend Art. 8 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 und findet im österreichischen Kartellrecht seine Entsprechung in § 48. Der Anforderung nach Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie, wonach sicher zu stellen ist, dass die Rechtmäßigkeit, einschließlich der Verhältnismäßigkeit der einstweiligen Maßnahmen im Rahmen eines beschleunigten Rechtsbehelfsverfahrens überprüft werden kann, ist durch die Möglichkeit des Rekurses und die verkürzte Rekursfrist nach § 49 Abs. 2 Rechnung getragen.

Art. 12 der Richtlinie regelt die Verpflichtungszusagen, entspricht inhaltlich weitestgehend Art. 9 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 und findet im österreichischen Kartellrecht seine Entsprechung in § 27. Die Richtlinie verlangt aber auch ausdrücklich die Einholung von Stellungnahmen der Marktteilnehmer. Die Richtlinie spricht ferner davon, dass die Entscheidung (über die Annahme der Verpflichtungszusage) „befristet“ sein kann; das damit verfolgte Anliegen kann freilich schon dadurch umgesetzt werden, dass die Verpflichtungszusage selbst befristet abgegeben wird.

Das Kartellgesetz ging bisher von der unmittelbaren Anwendbarkeit des Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 aus, wonach die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten in Anwendung der Verordnung die Abstellung von Zuwiderhandlungen und einstweilige Maßnahmen anordnen und Verpflichtungszusagen annehmen können. Deswegen sehen die §§ 26 und 28 diese Entscheidungen nur für den Vollzug des nationalen Kartellrechts vor. Da aber die Richtlinie konkrete nationale Umsetzungsmaßnahmen erfordert, soll nunmehr explizit in §§ 26 und 28 jeweils auch ein Verweis auf die Art. 101 und 102 AEUV aufgenommen werden. Für die Geldbußen stellt die Verordnung (EG) Nr. 1/2003 aber auf „im innerstaatlichen Recht vorgesehene“ Sanktionen ab, weshalb § 29 schon jetzt explizit auf Art. 101 und 102 AEUV Bezug nimmt. § 48 verweist für die einstweilige Verfügung ohnedies auf die Abstellung einer Zuwiderhandlung und damit auf § 26. Auch § 27 verweist auf § 26.

Zu § 28a und § 36 Abs. 2a:

Der Entwurf schlägt mit § 28a die Schaffung eines eigenen Feststellungsverfahrens vor, mit dem die Marktbeherrschung eines auf einem mehrseitigen digitalen Markt tätigen Unternehmers festgestellt werden kann, soweit daran ein berechtigtes Interesse besteht.

Nach der Wertung des KartG stellt die marktbeherrschende Stellung eines Unternehmers keine verpönte Verhaltensweise dar, sodass nicht diese an sich, sondern erst der Missbrauch einer solchen zu sanktionieren ist. An diesem Konzept soll prinzipiell nichts geändert werden, da auch an das neue Feststellungsverfahren der Marktmacht eines Unternehmers auf einem mehrseitigen digitalen Markt keine Sanktionen geknüpft sind. Die digitale Plattformökonomie, die auf so genannten mehrseitigen Märkten beruht, bei denen die Plattform als Vermittler mindestens zwei Nutzergruppen zusammenbringt, deren Verhalten sich gegenseitig beeinflusst (vgl. auch die Erläuternden Bemerkungen zu § 4 Abs. 1) weist aber insofern Besonderheiten auf, als sie zu starken Konzentrationstendenzen und hohen Marktzutrittsschranken neigt (vgl. etwa Thesenpapier Digitalisierung und Wettbewerbsrecht der Bundeswettbewerbsbehörde, Bericht Wettbewerbskommission 4.0, S. 15 f, S. 49f). Missbrauchsverfahren als ex-post-Überprüfung eines bestimmten Marktverhaltens werden oft als nicht ausreichend effizient beurteilt, da häufig zu viel Zeit bis zu einer effizienten Rechtsdurchsetzung vergeht. Auch die Europäische Kommission hat dieses Defizit erkannt und am 15. Dezember 2020 einen Entwurf einer Verordnung über bestreitbare und faire Märkte im digitalen Sektor, COM(2020)842 final, vorgelegt, der sich einer besonderen Aufsicht über „Gatekeeper“ annimmt.

Für die Beurteilung, ob es sich um einen digitalen Markt handelt, ist nicht wesentlich, ob die Produkte oder Dienstleistungen, die vermittelt werden, digital sind (z.B. Streaming Dienste). Zentral ist das Vorliegen eines Geschäftsmodells, welches das digitale Anbieten von Produkten oder Dienstleistungen zum Inhalt hat.

Das in der Bestimmung formulierte berechtigte Interesse entspricht jenem nach § 28, das bei den Amtsparteien und Regulatoren aus der Wahrnehmung der ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben abzuleiten ist (vgl. Gugerbauer, KartG und WettbG³, § 28, Rz 2). Umgelegt auf § 28a wird daher in der Regel dann ein berechtigtes Interesse an der Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung bestehen, wenn die – hier allein antragsberechtigten (vgl. § 36 Abs. 2a des Entwurfs) – Amtsparteien und Regulatoren auf Grundlage ihres gesetzlich determinierten Auftrags (vgl. etwa § 1 Abs. 1 lit. a WettbG, § 75 Abs. 1 KartG) Anlass für ein Tätigwerden sehen. Wenn die Amtsparteien und Regulatoren etwa aufgrund von einem in ihrem Wirkungsbereich durchgeführten Monitoring einen digitalen mehrseitigen Markt als besonders missbrauchsanfällig ansehen, kann sich aus Gründen des öffentlichen Interesses bzw. der Sicherstellung funktionierenden Wettbewerbs ein berechtigtes Interesse ergeben, die Marktbeherrschung eines Unternehmers gerichtlich festzustellen. Ein an das Feststellungsverfahren nach § 28a allfällig anschließendes Missbrauchsverfahren kann in weiterer Folge rascher und gezielter durchgeführt werden, da bei rechtskräftiger Feststellung der Marktbeherrschung der Verfahrensgegenstand auf die Frage der missbräuchlichen Verhaltensweisen beschränkt werden kann. Eine Feststellungsentscheidung kann immer nur über die Marktverhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung absprechen. Für die Frage des Fortbestehens der Marktmacht wird man aber auf den in einer solchen Entscheidung enthaltenen Feststellungen aufbauen können. Es wird dann am betroffenen Unternehmer liegen, aufzuzeigen, inwiefern eine wesentliche Änderung der Umstände eingetreten ist. Sollten sich die maßgeblichen Umstände ändern, soll es dem betroffenen Unternehmer daher auch möglich sein, die Feststellung zu beantragen, dass er den Markt nicht mehr beherrscht.

Die Feststellungentscheidung erfüllt damit eine gewisse Warn- und Signalfunktion gegenüber dem betroffenen Unternehmer und dem wettbewerblichen Umfeld. Diese Warn- und Signalfunktion wird dadurch verstärkt, dass in § 37 Abs. 1 die Veröffentlichung von Entscheidungen nach § 28a angeordnet wird.

Der Entwurf der Europäischen Kommission für eine Verordnung über bestreitbare und faire Märkte im digitalen Sektor lässt Regeln über die Abstellung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung unberührt, steht aber in einem gewissen Spannungsverhältnis zu Ansätzen, einem solchen Missbrauch durch ex-ante-Maßnahmen zu begegnen. Der vorgeschlagene § 28a soll aber schon jetzt den Amtsparteien und Regulatoren ein zusätzliches Instrument an die Hand geben. Die weiteren europäischen Entwicklungen werden dafür ebenso im Auge zu behalten sein wie die praktischen Erfahrungen mit dem neuen Instrument.

Zu § 29:

Vgl. Art. 13 bis 15 der Richtlinie

1. Geldbußentatbestände

Art. 13 der Richtlinie nennt in den ersten beiden Absätzen umzusetzende Geldbußentatbestände, wobei nach Abs. 1 Verstöße gegen das Kartellverbot nach Art. 101 und der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung nach 102 AEUV zu sanktionieren sind und Abs. 2 die Verstöße gegen die Verpflichtung zur Duldung von Nachprüfungen, den Siegelbruch, Verstöße gegen die Verpflichtung zur Erfüllung von Auskunftspflichten und gegen die Verpflichtung aus einer Abstellungsentscheidung, einstweiligen Maßnahme oder Verpflichtungszusage erfasst.

Die Verstöße gegen die Art. 101 und 102 AEUV sind bereits von § 29 Abs. 1 lit. d erfasst; keine Geldbußen sieht das Kartellgesetz allerdings wegen eines Verstoßes gegen die Verpflichtung zur Duldung von Nachprüfungen, den Siegelbruch, die Verpflichtung aus einer Abstellungsentscheidung oder einstweiligen Maßnahme vor. Sanktionen für den Verstoß gegen Verpflichtungen zur Erfüllung von Auskunftspflichten regelt § 11a WettbG.

Die neuen Geldbußentatbestände sollen – von Verstößen gegen von der Bundeswettbewerbsbehörde durchzusetzende Pflichten abgesehen – in den Katalog der Tatbestände nach § 29 Z 2 aufgenommen werden. Das österreichische Kartellrecht ist bisher ohne diese Geldbußentatbestände ausgekommen; bei dem Verstoß gegen einstweilige Verfügungen oder Abstellungsentscheidungen kann nämlich der fortgesetzte materielle Verstoß als solcher sanktioniert werden. Im Fall aber, dass eine einstweilige Verfügung nicht durch die Entscheidung in der Sache bestätigt wird, scheint die Geldbuße gegen ein letztlich nicht wettbewerbswidriges Verhalten ein sehr scharfes Mittel. Bei den Hausdurchsuchungen steht ohnedies die Anwendung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt – und in Umsetzung von Art. 16 Abs. 2 lit. a künftig auch die Verhängung eines Zwangsgelds – als Durchsetzungsinstrument zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund schlägt der Entwurf vor, auf die sonst verfolgte Parallelität in der Behandlung des nationalen und des europäischen Wettbewerbsrechts zu verzichten, nicht über den durch die Richtlinie gebotenen Anwendungsbereich hinaus zu gehen und die neuen Geldbußentatbestände auf den Verstoß gegen solche Verpflichtungen zu beschränken, die sich auf die Art. 101 oder Art. 102 AEUV beziehen.

2. Verfahren, die zur Verhängung von Geldbußen führen

Art. 13 Abs. 1 und 2 der Richtlinie bringen darüber hinaus zum Ausdruck, dass die Geldbußen entweder von für Wettbewerb zuständigen nationalen Verwaltungsbehörden in Verwaltungsverfahren oder auf deren Antrag in „nichtstrafrechtlichen Gerichtsverfahren“ zu verhängen sind. Strafrechtliche Sanktionen sollen unberührt bleiben, sie sollen aber ganz eindeutig auch nicht ausreichen. In Österreich ist dies durch die Verhängung von Geldbußen in einem außerstreitigen Verfahren vor dem Kartellgericht umgesetzt (s. §§ 29, 36 und 38)

3. Höchstbetrag und Bemessung der Geldbußen

Während für die Verstöße nach Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie „wirksame, angemessene und abschreckende Geldbußen“ zu verhängen sind, deren „Mindest-Höchstbetrag“ sich mit 10% des weltweiten Gesamtumsatzes in dem der Entscheidung vorausgehenden Geschäftsjahr aus Art. 15 Abs. 1 ergibt, sollen für die Verstöße nach Art. 13 Abs. 2 „im Verhältnis zum weltweiten Gesamtumsatz“ festzusetzende Geldbußen verhängt werden. In Art. 23 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (und dem folgend § 29 Z 2 KartG) wird dies mit einem Höchstbetrag von 1% des Gesamtumsatzes begrenzt. § 29 stellt zwar nicht explizit auf einen „weltweiten“ Gesamtumsatz ab. Umsatzerlöse sind aber nach § 22 zu berechnen; mangels einer Einschränkung ist dabei der weltweite Umsatz des betroffenen Unternehmens heranzuziehen.

Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie übernimmt die Kriterien („Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung“) des Art. 23 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 für die Bemessung der Geldbußen, die bereits in § 30 Abs. 1 Eingang gefunden haben. Die von Art. 14 Abs. 2 der Richtlinie verlangte Berücksichtigung von Schadenersatzzahlungen bei der Bemessung der Geldbuße findet sich in § 30 Abs. 3 Z 4.

4. Unternehmen (§ 29 Abs. 2 und 3)

Nach Art. 13 Abs. 5 der Richtlinie haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass für die Zwecke der Verhängung von Geldbußen gegen Muttergesellschaften sowie rechtliche und wirtschaftliche Nachfolger von Unternehmen der Begriff des Unternehmens angewandt wird. Art. 2 Abs. 1 Z 10 der Richtlinie definiert ein Unternehmen im Sinn ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs als „jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung“. Nach EG 46 der Richtlinie bezeichnet der Begriff „Unternehmen“ im Sinn der Art. 101 und 102 AEUV eine wirtschaftliche Einheit, auch wenn es sich um mehrere juristische oder natürliche Personen handelt. Dies diene dem Zweck, eine wirksame und einheitliche Anwendung der Artikel 101 und 102 AEUV zu gewährleisten. Der Begriff solle im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union angewendet werden. Die nationalen Wettbewerbsbehörden sollten daher unter Anwendung des Begriffs „Unternehmen“ eine zahlungspflichtige Muttergesellschaft feststellen und wegen des Verhaltens einer ihrer Tochtergesellschaften eine Geldbuße gegen sie verhängen können, wenn Mutter- und Tochtergesellschaft derselben wirtschaftlichen Einheit angehören. Um zu verhindern, dass Unternehmen sich mittels rechtlicher oder organisatorischer Änderungen ihrer Verpflichtung zur Zahlung einer Geldbuße wegen einer Zuwiderhandlung gegen die Art.101 und 102 AEUV entziehen, sollte es den nationalen Wettbewerbsbehörden möglich sein, im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union rechtliche Nachfolger oder solche, die das Unternehmen in wirtschaftlicher Kontinuität des zur Zahlung verpflichteten Unternehmens fortführen, festzustellen und wegen Zuwiderhandlungen gegen die Art. 101 und 102 AEUV Geldbußen gegen sie zu verhängen.

Zuletzt hat der EuGH in seinem Urteil vom 14. März 2019, Rechtssache C-724/17, Skanska, die Grundsätze seiner Judikatur zur wettbewerbsrechtlichen Verantwortlichkeit von Unternehmen in Erinnerung gerufen. Durch das Abstellen auf Unternehmen werden daher als verantwortliche Rechtsträger nicht nur eine wirtschaftliche Einheit bildende, konzernmäßig verbundene Rechtsträger erfasst, sondern auch Gesamtrechtsnachfolger oder wirtschaftliche Nachfolger eines für einen Verstoß verantwortlichen Unternehmens. Damit ist auch dem Erwerber eines Unternehmens die Verantwortlichkeit für eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln durch dieses Unternehmen zuzurechnen, wenn letzteres Unternehmen nicht mehr besteht, weil es von diesem Erwerber übernommen wurde und dabei dessen Aktiva und Passiva auf den Erwerber übergegangen sind.

Das österreichische Kartellrecht spricht in der Regel „Unternehmer“ als die Träger von Rechten und Pflichten an. Dies hat aber die österreichische Judikatur nicht daran gehindert, ein kartellrechtlich relevantes Verhalten von Tochtergesellschaften einer Muttergesellschaft zuzurechnen (vgl. 16Ok2/15b (16Ok8/15k)). Für eine solche Zurechnung von einem im Rahmen von „Unternehmen“ begangenem Verhalten an bestimmte nicht unmittelbar am Verstoß beteiligte juristische Personen spricht auch der in § 20 festgelegte Grundsatz der wirtschaftlichen Betrachtungsweise, nach dem für die Beurteilung eines Sachverhalts der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhalts maßgebend ist.

Dessen ungeachtet ist aber zum einen diese Auslegung noch nicht durch eine ständige Rechtsprechung gesichert, zum anderen legt es der Grundsatz der Bestimmtheit der Richtlinienumsetzung nahe, Art. 13 Abs. 5 (und Art. 2 Abs. 1 Z 10) der Richtlinie explizit umzusetzen. Im Sinne des Doppelbestrafungsverbots ist die Geldbuße nur einmal zu begleichen.

Die Anordnung des Art. 13 Abs. 5 der Richtlinie, wonach die Mitgliedstaaten sicher zu stellen haben, dass für die Zwecke der Verhängung von Geldbußen gegen Muttergesellschaften sowie rechtliche und wirtschaftliche Nachfolger von Unternehmen der Begriff des Unternehmens angewandt wird, setzt § 29 Abs. 2 zunächst durch die Konkretisierung um, dass die Geldbuße sich gegen Verstöße richtet, die von „Unternehmen“ begangen wurden. Anschließend wird der Begriff des Unternehmens durch die Übernahme der Definition in Art. 2 Z 10 der Richtlinie konkretisiert. § 29 Abs. 3 bringt zum Ausdruck, wie sich das Abstellen auf Unternehmen auf einzelne Rechtsträger und damit letztlich zur Zahlung der Geldbußen Verpflichtete auswirkt, wobei – wie in der Richtlinie und der Judikatur des EuGH – die drei Fälle der Verantwortlichkeit im Konzern, der rechtlichen und der wirtschaftlichen Nachfolge angesprochen werden.

Auch wenn diese Klarstellung entsprechend den Richtlinienvorgaben explizit nur für die Geldbußen vorgenommen wird, bedeutet dies nicht, dass sie nicht auch auf andere Sanktionen gegen wettbewerbsrechtliche Verstöße wie etwa Abstellungen oder Schadenersatz angewandt werden kann. Im Gegenteil, der EuGH hat in dem oben zitierten Urteil, Rechtssache C-724/17, Skanska, ausgesprochen, dass seine Judikatur zur Verhängung von Geldbußen gegen Unternehmen auch auf schadenersatzrechtliche Ansprüche aus Verstößen gegen Art. 101 und 102 AEUV anzuwenden ist (Rz 47); ganz generell führt er in Rz 29 aus, dass der Begriff des „Unternehmens“ zu verwenden ist, um den Urheber einer Zuwiderhandlung gegen das in Art. 101 AEUV aufgestellte Verbot zu bestimmen.

Zu § 31:

Vgl. Art. 14 Abs. 3 und 4, Art. 15 Abs. 2 der Richtlinie

Für Geldbußen gegen Unternehmensvereinigungen soll gemäß Art. 15 Abs. 2 der Richtlinie nach dem Vorbild des Art. 23 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003, auf den Gesamtumsatz der Mitglieder abgestellt werden, die auf dem relevanten Markt tätig waren. § 31 sieht eine Ausnahme von dieser Regel zugunsten von Unternehmervereinigungen mit gesetzlicher Mitgliedschaft vor. Da die Richtlinie eine vergleichbare Ausnahme nicht kennt, ist diese zu streichen. Nach Art. 15 Abs. 2 darf die Haftung des einzelnen Unternehmens für die Zahlung einer über eine Unternehmensvereinigung verhängten Geldbuße 10 % des weltweiten Gesamtumsatzes dieses Unternehmens nicht übersteigen. Eine entsprechende Regelung sieht das österreichische Kartellgesetz bislang nicht vor, sodass § 31 entsprechend zu ergänzen ist. Art. 14 Abs. 3 und 4 übernehmen die Regelung des Art. 23 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 über die Verantwortlichkeit der Mitgliedsunternehmen für die Zahlung einer gegen eine Unternehmensvereinigung ausgesprochenen Geldbuße, die bisher keine Entsprechung im österreichischen Kartellrecht findet. Mit den Abs. 2 bis 5 soll diese doch recht komplexe Regelung übernommen werden. Im Kern geht es dabei darum, dass bestimmte Mitgliedergruppen in einem abgestuften Verfahren zur Zahlung der über die Unternehmervereinigung verhängten, von dieser jedoch nicht einbringlichen Geldbuße verhalten werden sollen (zunächst Einfordern von Beiträgen aller Mitglieder, dann Zahlungsverpflichtung der in Entscheidungsgremien vertretenen Unternehmen, dann Zahlungsverpflichtung der am betroffenen Markt tätigen Unternehmen). Da dies auch mit Einbringungsmaßnahmen gegen die betroffenen Unternehmen verbunden ist, hat das Kartellgericht diese mit Beschluss zur Zahlung zu verpflichten, wobei auch hier das Kartellgericht nur über Antrag der Amtsparteien tätig werden soll. Dies setzt voraus, dass die Amtsparteien vom Kartellgericht über die fehlgeschlagene Einbringung informiert wurden. Die Richtlinie nimmt aber solche Unternehmen von dieser subsidiären Zahlungspflicht aus, die den die Zuwiderhandlung begründenden Beschluss der Unternehmensvereinigung nicht umgesetzt haben und denen die Zuwiderhandlung entweder nicht bekannt war oder die sich aktiv vor Einleitung des wettbewerbsrechtlichen Verfahrens davon distanziert haben.

Zu § 33 Abs. 2 und § 35 Abs. 2 letzter Satz:

Vgl. Art. 29 der Richtlinie

Gemäß Art. 29 der Richtlinie haben die Mitgliedstaaten eine Unterbrechung oder Hemmung von Verjährungsfristen für die Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern für die Dauer von Durchsetzungsverfahren vor nationalen Wettbewerbsbehörden anderer Mitgliedstaaten oder vor der Kommission vorzusehen, wenn sich diese Verfahren auf dieselbe Zuwiderhandlung beziehen. Die Richtlinie sieht aber keine Verpflichtung vor, eine solche Verjährung vorzusehen und lässt ausdrücklich absolute Verjährungsfristen unberührt.

Zu § 33 Abs. 2:

Gemäß § 33 wird die fünfjährige Verjährungsfrist für Geldbußen unterbrochen, sobald mindestens einem an der Rechtsverletzung beteiligten Unternehmer oder einer beteiligten Unternehmervereinigung eine auf Ermittlung oder Verfolgung der Rechtsverletzung gerichtete Handlung der Bundeswettbewerbsbehörde bekannt gegeben wird. Die Frist beginnt mit jeder Unterbrechung neu zu laufen, endet jedoch jedenfalls zehn Jahre ab Beendigung der Rechtsverletzung. Die Dauer eines Verfahrens vor einem Gericht wird in die Frist nicht eingerechnet.

Außer den Verfolgungshandlungen der Bundeswettbewerbsbehörde sollen aufgrund des Art. 29 der Richtlinie bei einem identen Verstoß nun auch Verfahren vor anderen Wettbewerbsbehörden und der Kommission die Verjährung unterbrechen oder hemmen. Die bisherige österreichische Regelung stellt nicht auf die Dauer eines Verfahrens ab, weil ein Verfahren im eigentlichen Sinn erst mit der Stellung des Geldbußenantrags an das Kartellgericht beginnt und zuvor nur einzelne Ermittlungs- bzw. Verfolgungshandlungen der Bundeswettbewerbsbehörde in Betracht kommen, die Auswirkungen auf die Verjährung haben können. Dafür ist das Instrument der Unterbrechung besser geeignet. Die Richtlinie ordnet die Hemmung oder Unterbrechung nunmehr aber für einen bestimmten Zeitraum, vereinfacht gesagt die Verfahrensdauer, an. Es soll daher für Ermittlungs- und Verfolgungshandlungen der Bundeswettbewerbsbehörde bei der bewährten Unterbrechungsregel bleiben, die um eine Hemmungsregelung für die Dauer von Verfahren gegen den identen Verstoß vor ausländischen Wettbewerbsbehörden und der Kommission ergänzt wird. Auch dafür soll es aber bei der absoluten Verjährungsfrist von zehn Jahren ab Beendigung des Verstoßes bleiben.

Zu § 34 Abs. 3:

Mit der vorgeschlagenen Änderung erfolgt eine Anpassung der Verweise auf die durch die Gesamtreform des Exekutionsrechts, BGBl. I Nr. 86/2021, geänderten Bestimmungen.

Zu § 35 Abs. 2 letzter Satz:

Eine Verjährung der Zwangsgelder sieht das Kartellgesetz derzeit nicht, jedenfalls nicht ausdrücklich, vor. In der Literatur wird aber die Meinung vertreten, dass eine planwidrige Lücke besteht, die mittels Analogie zu schließen sei. Die fünfjährige Verjährungsfrist für die endgültige Festsetzung eines Zwangsgelds beginne mit jenem Tag, an dem der Adressat die ihm in der gerichtlichen Entscheidung auferlegte Verpflichtung vollständig erfüllt hat (Mair in Petsche/Urlesberger/Vartian, KartG², § 35 Rz 34 mwN).

Bei der Annahme einer planwidrigen Lücke ist zu berücksichtigen, dass Zwangsgelder – anders als Geldbußen – keine eigenständige Bedeutung haben, sondern der Durchsetzung der Befolgung von Entscheidungen des Kartellgerichts dienen. Die in § 35 aufgezählten Entscheidungen sollen daher nicht in dem Sinn verjähren, dass nach Ablauf einer bestimmten Zeit ihre Durchsetzung mit Hilfe von Zwangsgeldern nicht mehr möglich ist.

Die in der Literatur vorgeschlagene Lückenfüllung greift aber nicht die Verjährung der Durchsetzbarkeit einer Entscheidung auf, sondern setzt daran an, dass das Zwangsgeld als unterstützendes Beugemittel präventiven Charakter hat und ein bereits abgeschlossenes Verhalten sanktioniert. Wenn daher das betroffene Unternehmen bereits seinen Verpflichtungen nachgekommen ist, kommt eine Durchsetzung dieser Verpflichtungen mittels Zwangsgelder ohnedies nicht mehr in Betracht. Allerdings kann das zuvor angedrohte Zwangsgeld endgültig festgesetzt und eingehoben werden. Für diesen Fall wäre jedoch eine zeitlich unbefristete Einhebung unangemessen, weshalb die in der Literatur vertretene Lösung aufgegriffen wird. Dabei ist davon auszugehen, dass die Hemmungs- bzw. Unterbrechungsregel der Richtlinie nur die Durchsetzbarkeit einer Entscheidung mittels Zwangsgeld erfasst und für die zeitliche Beschränkung einer Festsetzung angedrohter Zwangsgelder, die zum Tragen kommt, nachdem das zu erzwingende Verhalten ohnedies bereits gesetzt wurde, nicht relevant ist.

Zu § 35 Abs. 1:

Vgl. Art. 16 Abs. 2 der Richtlinie

Art. 16 Abs. 2 sieht Zwangsgelder zur Durchsetzung der Duldungspflicht von Nachprüfungen, sowie von Abstellungsentscheidungen, einstweiligen Maßnahmen und Verpflichtungszusagen vor. Diese Zwangsgelder sollen wirksam, angemessen und abschreckend sein und im Verhältnis zu einem täglichen Gesamtumsatz festgesetzt werden. Der Katalog der Zwangsgeldtatbestände des § 35 Abs. 1 ist daher um die Duldung von Hausdurchsuchungen zu erweitern.

Zu § 35 Abs. 3:

Das Fehlen einer dem § 32 Abs. 1 entsprechenden Bestimmung über die Einbringung der Zwangsgelder und die Frage, wem diese zufließen, wurde in der Literatur (Mair in Petsche/Urlesberger/Vartian, KartG², § 35 Rz 5) als planwidrige Lücke kritisiert, die geschlossen werden soll.

Zu § 36 Abs. 2a:

Das Antragsrecht nach § 28a soll nur den Amtsparteien und Regulatoren zukommen. Diese haben aufgrund ihres gesetzlich determinierten Auftrags Vorgaben, in welchen Fällen die Stellung eines entsprechenden Antrags beim Kartellgericht angezeigt ist.

Zu § 37 Abs. 1:

Auch die Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung eines Unternehmers auf einem mehrseitigen digitalen Markt nach § 28a soll künftig vom Kartellgericht in der Ediktsdatei veröffentlicht werden.

Zum 3a. Abschnitt (§§ 35a bis 35e)

Vgl. Art. 25 bis 28 der Richtlinie

Die Art. 24 bis 28 der Richtlinie regeln die Amtshilfe zwischen den nationalen Wettbewerbsbehörden der Europäischen Union. Dabei geht es zum einen um die wechselseitige Unterstützung und Beiziehung bei Nachprüfungen, Auskunftsverlangen und Befragungen der „für den Wettbewerb zuständigen nationalen Verwaltungsbehörden“ (Art. 24), die im Wettbewerbsgesetz umzusetzen ist. Zum anderen sieht die Richtlinie Bestimmungen über die Zustellungs- und Vollstreckungshilfe (Art. 25 und Art. 26) auf der Grundlage gemeinsamer Verfahrensvorschriften (Art. 27 und 28) vor.

Die Art. 25 bis 28 sollen in einem neuen 3a. Abschnitt des Kartellgesetzes beginnend mit einer auf den Definitionen der Richtlinie aufbauenden Bestimmung zum Geltungsbereich (§ 35a), über für Zustell- und Vollstreckungshilfe gleichermaßen geltende Verfahrensbestimmungen (§ 35b) sowie ergänzende Bestimmungen über die Zustellung (§ 35c) bis zur Einbringung von Geldbußen und Zwangsgeldern (§§ 35d und 35e) umgesetzt werden.

Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten explizit dazu, Zustell- und Vollstreckungsersuchen für Wettbewerbsbehörden anderer Mitgliedstaaten vorzunehmen, enthält aber keine ausdrückliche Verpflichtung, dies auch den eigenen Wettbewerbsbehörden in anderen Mitgliedstaaten zu ermöglichen, wenngleich der Richtlinie diese Vorstellung offensichtlich zugrundeliegt, wie sich etwa aus EG 69 ergibt. Der Entwurf regelt daher das Verfahren für eingehende und ausgehende Ersuchen betreffend die Zustellung oder Vollstreckung. Die verfahrensrechtlichen Bestimmungen sollen auf in- wie ausgehende Ersuchen gleichermaßen Anwendung finden, soweit nicht, wie etwa in der Frage, wie ein einheitlicher Titel in Österreich auszustellen ist, oder wie Kosten einer ausländischen Behörde zu tragen sind, eine Differenzierung erforderlich ist.

Überblicksartig kann festgehalten werden, dass für eingehende Zustellersuchen die Bundeswettbewerbsbehörde zuständig sein soll; für ausgehende Zustellersuchen jeweils jene Behörde, die die Zustellung in ihrem Verfahren begehrt (für das Kartellgericht in § 35c geregelt). Für eingehende Vollstreckungsersuchen ist das Kartellgericht zuständig (§ 35d); ausgehende Vollstreckungsersuchen können die Bundeswettbewerbsbehörde bzw. das Kartellgericht stellen, je nachdem von welcher Behörde die Entscheidung getroffen wurde (§ 35e KartG, § 14a WettbG).

Es soll auch bereits mit der Umsetzung der Richtlinie der Rechtshilfeverkehr mit den Wettbewerbsbehörden des Europäischen Wirtschaftsraums geregelt werden, da der Text der Richtlinie von Bedeutung für den EWR ist, mag auch die Übernahme in den Rechtsbestand des EWR noch ausstehen. Es wird daher jeweils am Anfang der Bestimmungen (§ 35a Abs. 1, § 35c, § 35d Abs. 1, § 35e Abs. 1) auch ausdrücklich auf die Vertragsstaaten des EWR Bezug genommen; Verweise in weiterer Folge begnügen sich aber zwecks besserer Lesbarkeit mit einer Nennung der Mitgliedstaaten, wobei hier die Vertragsstaaten des EWR immer auch mitgemeint sind.

Zu § 35a

Vgl. Art. 2 Abs. 1 Z 1 („nationale Wettbewerbsbehörde), Z 20 („ersuchende Behörde“), Z 21 („ersuchte Behörde“), Art. 25 und Art. 26 der Richtlinie

§ 35a legt aufbauend auf den Definitionen der „nationalen Wettbewerbsbehörde“, der „ersuchenden Behörde“ und der „ersuchten Behörde“ (Art. 2 Abs. 1 Z 1, 20 und 21 der Richtlinie) den Anwendungsbereich des neuen Abschnitts über die Amtshilfe innerhalb der EU und des EWR und damit die Gegenstände fest, für die Zustellungshilfe (Art. 25 der Richtlinie) und Vollstreckungshilfe (Art. 26 der Richtlinie) zwischen nationalen Wettbewerbsbehörden zu leisten ist.

Nach den Definitionen in Art. 2 Abs. 1 Z 20 und 21 treten prinzipiell nationale Wettbewerbsbehörden als ersuchende oder ersuchte Behörde in Vollziehung der Amtshilfebestimmungen der Richtlinie auf. Eine nationale Wettbewerbsbehörde ist nach Art. 2 Abs. 1 Z 1 der Richtlinie zusammengefasst eine Behörde, die von einem Mitgliedstaat nach Art. 35 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 als für die Anwendung der Art. 101 und 102 AEUV zuständige Behörde bestimmt worden ist. In Österreich sind das das Kartellgericht, der Bundeskartellanwalt und die Bundeswettbewerbsbehörde. Als ersuchte Behörde kann nach Art. 2 Abs. 1 Z 21 allerdings auch eine sonstige öffentliche Stelle zuständig sein, die nach dem nationalen Recht für die Durchsetzung entsprechender Entscheidungen verantwortlich ist. Auch wenn damit zu rechnen ist, dass die meisten Mitgliedstaaten – so wie Österreich – als Empfangsstelle die nationalen Wettbewerbsbehörden vorsehen werden, ist eine Namhaftmachung anderer Behörden, an die Ersuchen direkt zu richten sind, nach der Richtlinie nicht ausgeschlossen.

Der Entwurf verwendet daher für die Adressaten eines Zustell- oder Vollstreckungsersuchens den weiteren Begriff der „ersuchten Behörde“.

Abs. 1 Z 1 konkretisiert in Umsetzung der lit. a bis c des Art. 25 die Schriftstücke, die für andere Wettbewerbsbehörden zuzustellen sind. Die in lit. a angesprochenen „vorläufigen Beschwerdepunkte“ wegen einer mutmaßlichen Zuwiderhandlung gegen Art. 101 oder 102 AEUV sind nach dem Zweck der Regelung so verstehen, dass damit jeglicher verfahrenseinleitende Vorwurf einer Zuwiderhandlung erfasst sein soll, in Österreich daher der Abstellungs- oder Geldbußenantrag an das Kartellgericht. Unter den „im Rahmen der Durchsetzungsverfahren erlassenen Verfahrensakten“ nach lit. b sind alle Entscheidungen im Zug eines auf die Durchsetzung der Art. 101 oder 102 AEUV gerichteten Verfahrens zu verstehen. Nach lit. c als einer Art Auffangtatbestand sind darüber hinaus auch alle „einschlägigen Unterlagen im Zusammenhang mit der Anwendung von Artikel 101 oder Artikel 102 AEUV, einschließlich Unterlagen, die mit der Vollstreckung von Entscheidungen zur Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern zusammenhängen“ zuzustellen. Darunter werden alle anderen Aktenbestandteile, die einer Verfahrenspartei zuzustellen sind, zu verstehen sein.

Abs. 1 Z 2 konkretisiert in Umsetzung des Art. 26 Abs. 1 der Richtlinie die Entscheidungen, für die Vollstreckungshilfe zu leisten ist. Der erste Satz dieser Bestimmung spricht von den „Entscheidungen zur Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern, die nach den Art. 13 und 16 von der ersuchenden Behörde erlassen wurden.“ Abs. 1 Z 2 gibt die in diesen Artikeln genannten Tatbestände, derentwegen Geldbußen oder Zwangsgelder zu verhängen sind, zusammenfassend wieder.

Zu § 35b:

Vgl. Art. 27 der Richtlinie

Zu Abs. 1 bis 3:

§ 35b setzt die Vorgaben nach Art. 27 der Richtlinie um, der gemeinsame Grundsätze für Zustell- und Vollstreckungsersuchen harmonisiert. Einem Ersuchen aus einem und in einen Mitgliedstaat ist demnach ein einheitlicher Titel anzuschließen, für den die Richtlinie in Art. 27 Abs. 2 und 3 inhaltliche Anforderungen aufstellt. Überdies ist dem Ersuchen eine Kopie des zuzustellenden Schriftstückes oder der zu vollstreckenden Entscheidung beizufügen. Der einheitliche Titel ist nach Art. 27 Abs. 4 der Richtlinie die alleinige Grundlage für Vollstreckungsmaßnahmen. Eine Anerkennung, Ergänzung oder Ersetzung im ersuchten Staat ist nicht vorgesehen. Eine weitere Ausgestaltung des einheitlichen Titels auf europäischer Ebene etwa durch ein Komitologieverfahren kommt nach der Richtlinie nicht in Betracht.

Mit § 35b Abs. 1 bis 3 werden die Vorgaben nach Art. 27 Abs. 2 und 3 der Richtlinie an die einem Amtshilfeersuchen anzuschließenden Dokumente übernommen. Wie in der Richtlinie werden in Abs. 2 zunächst die allgemeinen Inhaltsanforderungen an den einheitlichen Titel und in Abs. 3 die zusätzlichen inhaltlichen Anforderungen an einen einheitlichen Titel, der ein Vollstreckungsersuchen begleitet, aufgestellt.

In Art. 27 Abs. 2 lit. b verlangt die Richtlinie eine „Zusammenfassung der einschlägigen Fakten und Umstände“, in Art. 27 Abs. 2 lit. c eine „Zusammenfassung der beigefügten Kopie des zuzustellenden oder zu vollstreckenden Aktes“. Während es daher zum einen um eine zusammenfassende Wiedergabe des zuzustellenden oder zu vollstreckenden Schriftstückes geht, geht es zum anderen um eine zusammenfassende Wiedergabe des Verfahrensgegenstands der ersuchenden Behörde.

Nach Art. 27 Abs. 3 lit. a hat der ein Vollstreckungsersuchen begleitende einheitliche Titel „Informationen zu der Entscheidung, mit der die Vollstreckung im Mitgliedstaat der ersuchenden Behörde gestattet wird“ zu enthalten. Dies wird so zu verstehen sein, dass der Titel auch Informationen dazu enthalten muss, ab welchem Zeitpunkt die rechtskräftige Entscheidung vollstreckbar geworden ist.

Über den Wortlaut der Richtlinie hinaus wird jedenfalls auch die Währung, auf die die Geldbuße oder das Zwangsgeld lautet, anzugeben sein.

Nach Art. 27 Abs. 3 der Richtlinie soll der einheitliche Titel auch „Informationen, die belegen, dass sich die ersuchende Behörde nach besten Kräften um die Vollstreckung der Entscheidung in ihrem Hoheitsgebiet bemüht hat“ enthalten. Diese Angaben sollen der ersuchten Behörde die Prüfung ermöglichen, ob das belangte Unternehmen im Staat der ersuchenden Behörde über keine ausreichenden Vermögenswerte verfügt, und damit die nach Art. 26 Abs. 1 der Richtlinie vorgesehene Voraussetzung für die Vollstreckung im Ausland erfüllt ist.

Art. 26 Abs. 2 verpflichtet die Mitgliedstaaten aber auch, es ihren Wettbewerbsbehörden zu gestatten, Vollstreckungshilfe in Fällen zu leisten, in denen durchaus Vermögen im Staat der ersuchenden Behörde vorhanden ist und hebt als besonderen Fall das Fehlen einer Niederlassung im Staat der ersuchenden Behörde hervor. Für diesen Fall der „freiwilligen“ Vollstreckungshilfe sind die Angaben über Vollstreckungsversuche im Inland nicht erforderlich.

Ein solches nicht näher determiniertes Ermessen für die Vollstreckungshilfe wäre jedoch in Österreich systemwidrig. Der Entwurf schlägt daher vor, auf eine Einschränkung der Vollstreckungshilfe auf Fälle fehlenden Vermögens im Entscheidungsstaat zu verzichten. Damit sind Informationen über fehlgeschlagene Einbringungsversuche nur in Einbringungsersuchen des Kartellgerichts an ausländische Behörden (s. § 35e) aufzunehmen.

Zu Abs. 4:

Nach Art. 27 Abs. 5 der Richtlinie ist der einheitliche Titel der ersuchten Behörde in ihrer Amtssprache oder einer ihrer Amtssprachen zu übermitteln. Für das zuzustellende Schriftstück und die zu vollstreckende Entscheidung gilt dies nur dann, wenn das Recht der ersuchten Behörde dies verlangt.

In beiden Fällen sollen aber die beteiligten Behörden bilateral und auf Einzelfallbasis auch die Übermittlung in einer anderen Amtssprache vereinbaren können. Die allgemeine Formulierung des Entwurfs, die auf das Recht des Mitgliedstaats der ersuchten Behörde verweist, soll auch solche bilateralen Absprachen auf Einzelfallbasis mitumfassen. Die Frage der Sprachregelung im Fall, dass das Kartellgericht um Vollstreckung einer Entscheidung einer Wettbewerbsbehörde ersucht wird, ist in § 35d Abs. 3 geregelt. Der einheitliche Titel, den das Kartellgericht ausstellt, hat in Form einer Amtsbestätigung nach § 186 Abs. 1 AußStrG zu ergehen.

Zu Abs. 5:

Nach Art. 27 Abs. 7 der Richtlinie haben die Mitgliedstaaten sicher zu stellen, dass alle vertretbaren Kosten für Maßnahmen für Nachprüfungen oder Befragungen für eine andere Wettbewerbsbehörde sowie für Zustellungen für eine andere Wettbewerbsbehörde auf Antrag der ersuchten Behörde vollständig von der ersuchenden Behörde getragen werden. Gemäß Art. 27 Abs. 8 kann die ersuchte Behörde alle Kosten, die für die Vollstreckung einer Geldbuße oder eines Zwangsgelds entstehen, aus den eingehobenen Geldbußen oder Zwangsgeldern decken. Wenn es der ersuchten Behörde nicht gelingt, die Geldbußen oder Zwangsgelder einzutreiben, kann sie auch die ersuchende Behörde um Übernahme der entstandenen Kosten ersuchen. Darüber hinaus können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass die ersuchte Behörde die mit der Vollstreckung verbundenen Kosten auch von dem Unternehmen, gegen das die Geldbuße oder das Zwangsgeld vollstreckbar ist, einziehen kann. Abs. 5 übernimmt nun diese Verpflichtung zum Kostenersatz gegenüber ausländischen ersuchten Behörden und ordnet an, dass das Kartellgericht solche Kosten aus Amtsgeldern zu begleichen hat, wenn sie – wie von der Richtlinie vorgegeben – „vertretbar“ sind. Wer solche aus der Zustellung oder Vollstreckung entstehenden Kosten endgültig zu tragen hat, bestimmt sich nach § 55, der für die Zahlungspflicht auf § 52 iVm § 50 verweist. Als Kosten, die im umgekehrten Fall infolge der Erledigung eines ausländischen Vollstreckungsersuchens im Inland entstehen, kommen nur Kosten des Exekutionsverfahrens in Betracht, für die ohnedies die Kostentragungsregeln der EO zur Anwendung kommen.

Zu Abs. 6:

Ein irrtümlich an das Kartellgericht gerichtetes Gesuch einer nationalen Wettbewerbsbehörde, für das die Bundeswettbewerbsbehörde zuständig ist, soll an diese weitergeleitet werden. Wird ein Ersuchen einer Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats auf den Rahmenbeschluss 2005/214/JI des Rates vom 24. Februar 2005 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen gestützt, ist dieses an die nach § 3 EU-VStVG zuständige Verwaltungsbehörde oder an das nach § 53 b EU-JZG zuständige Gericht weiterzuleiten.

Zu § 35c:

Vgl. Art. 25 der Richtlinie

Art. 25 der Richtlinie beschränkt sich im Wesentlichen auf die Festlegung der Schriftstücke, welche Wettbewerbsbehörden einander zuzustellen haben. Dies wird bereits durch § 35a über den Anwendungsbereich dieses Abschnitts umgesetzt. Im Übrigen verweist die Richtlinie auf die Vorschriften des Rechts des Staates, in dem zugestellt werden soll (Art. 28 Abs. 2 der Richtlinie).

Soweit im Zuge eines Einbringungsverfahrens auf Ersuchen einer nationalen Wettbewerbsbehörde Schriftstücke – vom Kartellgericht oder vom Exekutionsgericht – zuzustellen sind, handelt es sich nicht um Zustellersuchen, sondern um Zustellungen, die die österreichischen Gerichte in ihrem eigenen Verfahren vornehmen, wenngleich Anlass für die Einleitung dieses Verfahren ein Ersuchen einer ausländischen Wettbewerbsbehörde war.

Wie bereits einleitend zum 3a. Abschnitt ausgeführt, verpflichtet Art. 25 der Richtlinie die Mitgliedstaaten explizit nur, für die Erledigung von Zustellersuchen zu sorgen. Eine Verpflichtung, solche Ersuchen den eigenen Wettbewerbsbehörden zu ermöglichen, enthält sie nicht. Die Zustellung im Ausland regeln § 11 ZustellG und – für das Kartellgericht über die Verweise nach § 38 KartG und § 24 AußStrG – § 121 ZPO.

Wenngleich daher auch schon nach geltendem Recht das Kartellgericht Zustellungen im Ausland veranlassen kann, hält die Bestimmung dennoch ausdrücklich fest, dass andere nationale Wettbewerbsbehörden um Zustellung von Schriftstücken ersucht werden können. Wegen Art. 28 Abs. 2 der Richtlinie („Streitigkeiten über die Gültigkeit einer Zustellung“) schließt dies auch Ersuchen um die Feststellung ein, ob die für den Zustellvorgang maßgeblichen Zustellvorschriften des Rechtes des Mitgliedstaats der ersuchten Behörde eingehalten wurden.

Als Zustellnachweis soll die Verständigung der ersuchten Behörde über die erfolgte Zustellung genügen.

Zu § 35d:

Vgl. Art. 26, Art. 27 Abs. 4 und 8, Art. 28 Abs. 4 der Richtlinie

Zu Abs. 1 und 2:

Gemäß Art. 27 Abs. 4 soll der einheitliche Titel die alleinige Grundlage für Vollstreckungsmaßnahmen der ersuchten Behörde sein. Die Mitgliedstaaten dürfen kein Verfahren über eine Anerkennung, Ergänzung oder Ersetzung dieses Titels vorsehen. Wenn die ersuchte Behörde keine die Verweigerung der Erledigung rechtfertigende Umstände im Sinn des Art. 27 Abs. 6 geltend macht, hat sie die für die Vollstreckung des Ersuchens notwendigen Maßnahmen zu treffen. Als für die Entgegennahme solcher Vollstreckungsersuchen zuständige nationale Wettbewerbsbehörde wird das Kartellgericht vorgesehen. Dieses soll wie von Art. 27 Abs. 2 der Richtlinie vorgesehen das Ersuchen ohne ungebührliche Verzögerung erledigen.

Zu Abs. 3

Dieser Absatz konkretisiert § 35b Abs. 4 für Vollstreckungsersuchen ausländischer Behörden. Der Entwurf schlägt vor, dass der einheitliche Titel grundsätzlich in deutscher Sprache zu übermitteln ist.

Wie zu § 35b Abs. 4, der allgemeine Verfahrensbestimmungen enthält, ausgeführt, sollen die Wettbewerbsbehörden nach Art. 27 Abs. 5 der Richtlinie bilaterale Vereinbarungen treffen können, dass der einheitliche Titel und die zu vollstreckende Entscheidung in einer anderen als der Amtssprache des ersuchten Mitgliedstaats vorgelegt werden. Das diesbezügliche Ermessen ist für die an das Kartellgericht gerichteten Vollstreckungsersuchen dahingehend zu konkretisieren, dass solche „Vereinbarungen“ getroffen werden können, wenn die ausländische Behörde Gegenseitigkeit zusichern kann; zudem soll eine solche Absprache auch möglich sein, wenn zu erwarten ist, dass die Kosten der Übersetzung in der einzubringenden Geldbuße oder dem einzubringenden Zwangsgeld Deckung finden. Wenn die ersuchende Behörde aus den genannten Gründen keine Übersetzung anschließt, hat das Kartellgericht eine Übersetzung des einheitlichen Titels und der diesem zugrundeliegenden Entscheidung zu veranlassen, wobei die Kosten aus Amtsgeldern zu berichtigen und dem Unternehmer oder der Unternehmervereinigung, gegen den oder die die Entscheidung vollstreckt werden soll, aufzuerlegen sind.

Zu Abs. 4

Nach Art. 27 Abs. 6 der Richtlinie muss eine ersuchte Behörde ein Amtshilfeersuchen nicht erledigen, wenn dieses nicht den Anforderungen des Art. 27 entspricht oder dessen Erledigung der öffentlichen Ordnung in dem Mitgliedstaat offensichtlich widersprechen würde. Wenn die ersuchte Behörde ein Amtshilfeersuchen ablehnen möchte, hat sie sich zuvor an die ersuchende Behörde zu wenden.

Dabei werden aber nur solche Ersuchen abzulehnen sein, bei denen solche Angaben fehlen oder unrichtig sind, die für den Vollzug des Ersuchens wesentlich sind. Die unrichtige Benennung der ersuchten österreichischen Behörde soll jedenfalls nicht zu einer Ablehnung führen (s. auch § 35b Abs. 6).

Für die Ablehnung eines Ersuchens wegen eines Verstoßes gegen den ordre public bleibt wenig Spielraum, geht es doch inhaltlich um die Anwendung der Art. 101 und 102 AEUV. Wesentlich sind daher wohl vor allem die Anforderungen an die dem Ersuchen anzuschließenden Beilagen. Fehlendes soll dabei zunächst von der ersuchenden Behörde abgefordert werden. Auch beim Verdacht auf einen ordre public-Verstoß soll der ersuchenden Behörde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden. Überdies ist ein auf die Richtlinie gegründetes Amtshilfeersuchen auch dann abzulehnen, wenn es gar nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fällt, also wenn das Ersuchen weder die Zustellung eines Schriftstückes noch die Einbringung einer Geldbuße oder eines Zwangsgelds im Sinn des § 35a zum Gegenstand hat oder das Ersuchen nicht von einer Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats oder eines Vertragsstaats des EWR gestellt wird.

Die Richtlinie nimmt nicht ausdrücklich Stellung, was zu geschehen hat, wenn in den einheitlichen Titel offenbar unrichtige Angaben aufgenommen wurden, etwa wenn der Titel in Widerspruch zur beigelegten Kopie der zu vollstreckenden Entscheidung steht. Wenn man dies als einen Fehler des einheitlichen Titels sehen möchte, müssten hierüber, falls dies vom betroffenen Unternehmer eingewandt wird, als „eine Streitigkeit über die Rechtmäßigkeit des einheitlichen Titels“ nach Art. 28 Abs. 1 der Richtlinie die zuständigen Instanzen des Mitgliedstaats der ersuchenden Behörde entscheiden. Anders gesehen fehlt aber dem einheitlichen Titel in diesem Fall die von Art. 27 Abs. 2 verlangte Kopie des zu vollstreckenden Aktes, da die vorgelegte Kopie nicht dem Titel entspricht. Wie auch immer man diese Frage beurteilt, wird es im Fall eines offenbaren Widerspruchs zwischen einheitlichem Titel und zu vollstreckender Entscheidung angezeigt sein, auch ohne Einwendungen des belangten Unternehmers eine Stellungnahme der ersuchenden Behörde einzuholen.

Zu Abs. 5:

Nach Prüfung der formellen Voraussetzungen des Vollstreckungsersuchens hat das Kartellgericht den Zahlungspflichtigen zur Zahlung der Geldbuße oder des Zwangsgelds aufzufordern.

Ist der einzubringende Betrag nicht in Euro angegeben, so hat ihn das Kartellgericht nach dem am Tag der Erlassung des Exekutionstitels geltenden Wechselkurs umzurechnen (Art. 27 Abs. 8 der Richtlinie; siehe auch die vergleichbare Bestimmung in § 53d Abs. 2 EU-JZG). Kommt der Zahlungspflichtige der Aufforderung nicht nach, so soll die Einbringungsstelle um Einleitung der Exekution zu ersuchen sein.

Zu Abs. 6:

Da die Exekution zur Einbringung einer Geldbuße oder eines Zwangsgelds keiner Anerkennung oder Vollstreckbarerklärung bedarf, kann der Zahlungspflichtige erst in diesem Stadium des Verfahrens Mängel des Ersuchens auf Einbringung einer Geldbuße oder eines Zwangsgelds (vgl. § 35b Abs. 6), die das Kartellgericht zur Ablehnung des Ersuchens berechtigen, mit Einstellungsantrag geltend machen. Ein solcher Einstellungsantrag soll durch die Anordnung der Anwendung des § 418 EO auf acht Wochen nach Zustellung des Exekutionsantrags oder der späteren Kenntnis der Versagungsgründe befristet sein.

Ein vereinfachtes Bewilligungsverfahren nach §§ 54a ff EO ist ausgeschlossen, da außer dem Exekutionstitel jedenfalls die zu vollstreckende Entscheidung vorzulegen ist (§ 54b Abs. 1 Z 3 EO).

Zu Abs. 7:

Gemäß Art. 28 Abs. 1 der Richtlinie fallen Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit einer zu vollstreckenden Entscheidung oder eines für ein Vollstreckungsersuchen erstellten einheitlichen Titels in die Zuständigkeit der zuständigen Instanzen des Mitgliedstaats der ersuchenden Behörde und unter das nationale Recht des betreffenden Mitgliedstaats. Einwendungen gegen den Bestand oder die Vollstreckbarkeit einer zu vollstreckenden Entscheidung sind daher bei der zuständigen Behörde des Staates der ersuchenden Behörde nach dessen Recht geltend zu machen. Da der einheitliche Titel die zu vollstreckende Entscheidung dokumentiert, schlagen solche Einwendungen auch auf ihn durch.

Solche Einwendungen sollen den belangten Unternehmer, im Einklang mit § 11 Abs. 3 GEG aber auch die Einbringungsstelle, zum Antrag auf Aufschiebung der Exekution berechtigen. Wurde den Einwendungen Folge gegeben, ist die Exekution einzustellen. Die Exekution ist auf Antrag oder von Amts wegen auch einzustellen, wenn die Entscheidung über die Geldbuße oder das Zwangsgeld oder ihre Vollstreckbarkeit aufgehoben wurde oder die Einbringung aus anderen Gründen nicht mehr begehrt wird (siehe auch die vergleichbare Bestimmung in § 53h EU-JZG).

Zu Abs. 8:

Nach dem Vorbild des § 53i EU-JZG soll, auch wenn die Richtlinie dazu nichts sagt, eine ausländische ersuchende Behörde über die Ergebnisse der zur Einbringung im Inland vorgenommenen Maßnahmen zu verständigen sein. Der Erlös aus der Einbringung bzw. Exekution soll dem Bund zufallen. Die Richtlinie gibt hiefür keine Vorgaben.

Zu § 35e:

Vgl. Art. 26 der Richtlinie

Art. 26 der Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten für die Erledigung von Vollstreckungsersuchen ausländischer Wettbewerbsbehörden im Inland Sorge zu tragen, sagt aber – vgl. die einleitenden Ausführungen zum 3a. Abschnitt – nichts dazu aus, ob auch nationale Behörden zu vergleichbaren Vollstreckungsersuchen ins Ausland zu berechtigen oder verpflichten sind. EG 69 geht aber davon aus, dass den Wettbewerbsbehörden auch Ersuchen an andere Wettbewerbsbehörden eines Mitgliedstaats der EU möglich sein sollen. Überdies regelt die Richtlinie die inhaltlichen und verfahrensrechtlichen Anforderungen, nach denen eine ausländische Behörde einem Ersuchen österreichischer Wettbewerbsbehörden nachkommen soll.

Vor diesem Hintergrund soll auch die Frage, unter welchen Voraussetzungen das Kartellgericht eine Geldbuße oder ein Zwangsgeld im Ausland zu betreiben hat, geregelt werden. Als Voraussetzung sieht der Entwurf vor, dass Einbringungsmaßnahmen in Österreich erfolglos waren oder aussichtslos sind und Angaben dazu in den einheitlichen Titel aufzunehmen sind. Darüber hinaus sollen solche Ersuchen nur zu stellen sein, wenn mit einer Einbringung im Ausland gerechnet werden kann. Zu diesem Zweck sieht der Entwurf auch eine Befassung der Amtsparteien vor, die dem Kartellgericht entsprechende Hinweise geben können. Die Einbringungsstelle wird daher dem Kartellgericht über erfolglose Einbringungsmaßnahmen zu berichten und das Kartellgericht solche Berichte den Amtsparteien zur allfälligen Antragstellung zu übermitteln haben.

Darüber hinaus soll das Kartellgericht nach dem Vorbild des § 53l EU-JZG die ersuchte Behörde von Umständen in Kenntnis setzen, die zu einer Einstellung der ausländischen Vollstreckungsmaßnahmen führen sollen.

Zu § 36 Abs. 3:

In § 36 Abs. 3 soll der Verweis auf die Kronzeugenbestimmung im WettbG richtig gestellt werden.

Zu § 39 und § 37a Abs. 3:

Vgl. Art. 31 Abs. 3, 4, 5 und 7, Art. 2 Z 17 und Z 18 der Richtlinie

Die derzeitige Überschrift zu § 39 „Schutz von Geschäftsgeheimnissen“ greift zu kurz, weil die Bestimmung auch die Akteneinsicht regelt, für die in Umsetzung der Richtlinie Ergänzungen erforderlich sind.

Art. 31 Abs. 3 der Richtlinie schränkt die Einsicht in Kronzeugenerklärungen und Vergleichsausführungen auf Parteien und auch für diese auf Zwecke der Ausübung ihrer Verteidigungsrechte ein. § 39 Abs. 2 ist daher um eine noch restriktivere Bestimmung über die Einsicht in solche Aktenbestandteile zu ergänzen.

Die Richtlinie sieht ferner in Art. 31 Verwendungsbeschränkungen für Kronzeugenerklärungen und Vergleichsausführungen (Abs. 4) sowie für Dokumente der so genannten „grauen Liste“ (Abs. 5) für eine Partei des Verfahrens vor einer Wettbewerbsbehörde vor, zu denen diese in dieser Rolle Zugang hat. Damit entsprechen diese Regelungen der Richtlinie im Wesentlichen den Nutzungsbeschränkungen nach Art. 7 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2014/104/EU. Auch die Definitionen der Kronzeugenerklärung und der Vergleichsausführungen wurden aus dieser Richtlinie übernommen.

Während aber die Richtlinie 2014/104/EU es lediglich verbietet, die als Partei erlangten Beweismittel „in Verfahren über Schadenersatzklagen“ zu verwenden, verbietet Art. 31 Abs. 5 die Nutzung der Dokumente der „grauen Liste“ vor Ende des Verfahrens vor der Wettbewerbsbehörde generell „in Verfahren vor nationalen Gerichten“. Kronzeugenerklärungen und Vergleichsausführungen sollen überhaupt nur im Verfahren vor der Wettbewerbsbehörde (samt dem Rechtsmittelverfahren) und einem Verfahren über die Aufteilung der Geldbuße auf mehrere solidarisch haftende Mitbeteiligte verwendet werden dürfen.

§ 37k Abs. 5 zweiter Satz geht in seinen Verwendungsbeschränkungen über Art. 7 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2014/104/EU hinaus, indem er die Beschränkung der Verwendungsbeschränkungen auf Schadenersatzverfahren nicht übernimmt. Damit verbietet diese Bestimmung aber schon jetzt die Verwendung von Dokumenten der „grauen Liste“ auch in „in Verfahren vor nationalen Gerichten“, sodass insofern kein Umsetzungsbedarf besteht. Da aber § 37a programmatisch festhält, dass der 5. Abschnitt des Kartellgesetzes die zivilrechtliche Haftung und die Geltendmachung von Schäden aus Wettbewerbsrechtsverletzungen regelt und der Umsetzung der Richtlinie 2014/104/EU dient, soll das hier vertretene darüber hinausreichende Verständnis des § 37k Abs. 5 durch die Klarstellung in § 37a Abs. 3 zum Ausdruck gebracht werden, dass § 37k Abs. 5 zweiter Satz und Abs. 6, § 37m Z 3 für die Benutzung von Beweismitteln in allen gerichtlichen Verfahren (und nicht nur Schadenersatzverfahren) gelten.

Darüber hinaus soll bei dieser Gelegenheit klargestellt werden, dass neben der wohl selbstverständlichen Nutzung für die Zwecke einer belangten Partei des wettbewerbsrechtlichen Verfahren eine solche Partei ihr in dieser Rolle zugängliche Kronzeugenerklärungen und Vergleichsausführungen auch in Verfahren über die Aufteilung einer den Kartellbeteiligten gesamtschuldnerisch auferlegten Geldbuße verwenden kann.

Zu § 49 Abs. 2 erster Satz:

Im Begutachtungsverfahren wurde die Klarstellung angeregt, dass die kürzere 14-tägige Rekursfrist nicht nur für einstweilige Verfügungen sondern auch für Entscheidungen gilt, mit denen einstweilige Verfügungen ab- oder zurückgewiesen werden.

Zu § 49 Abs. 2a:

Entscheidungen des Kartellobergerichts werden bislang im RIS nicht um Geschäftsgeheimnisse bereinigt veröffentlicht. Den Parteien soll daher die Möglichkeit gegeben werden, anlässlich der Erhebung des Rekurses bzw. anlässlich der Rekursbeantwortung, gegenüber dem Kartellobergericht bekannt zu geben, welche Textpassagen der erstinstanzlichen Entscheidung sie nicht in der Entscheidung des Kartellobergerichts wiedergegeben sehen wollen.

Zu § 52:

zu Abs. 1:

In Verfahren auf Feststellung nach § 28 Abs. 2 gibt es keinen Antragsgegner, weshalb das Erfolgsprinzip des § 52 Abs. 2 nicht herangezogen werden kann. Der bisherigen Judikatur, wonach der Antragsteller in diesem Fall zahlungspflichtig ist, soll eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage gegeben werden.

Zu Abs. 2 und Abs. 3:

Durch die Überführung der bisher im letzten Halbsatz des Abs. 2 geregelten Anordnung, dass die Amtsparteien von der Zahlung der sie treffenden Gebühren befreit sind in einen eigenen Abs. 3 soll klargestellt werden, dass sich diese Befreiung – soweit überhaupt eine Zahlungspflicht der Amtsparteien denkbar ist – auf alle Fälle des Abs. 1 und Abs. 2 bezieht.

Zu § 60 Abs. 1:

§ 60 Abs. 1 beschränkte bisher die Verteilung von Kartellsachen auf höchstens fünf Senate. Diese Beschränkung ist historisch bedingt und nicht mehr zeitgemäß, da es dem Personalsenat des Oberlandesgerichts Wien überlassen bleiben kann, für eine ordnungsgemäße Geschäftsverteilung zu sorgen. Der dadurch eingeräumte Spielraum bei der Anzahl der Senate dient der Bedachtnahme auf Veränderungen in den Anfallszahlen. Die Einrichtung einer eigenen Senatsgruppe für die mit Kartellsachen befassten Fachsenate ermöglicht den notwendigen Erfahrungsaustausch zwischen den Vorsitzenden und die Kontinuität der Rechtsprechung für den Fall, dass einzelne Vorsitzende aus dieser Funktion ausscheiden. Im Hinblick auf die notwendige Spezialisierung soll die Auslastung der einzelnen Vorsitzenden tunlichst 50% nicht unterschreiten.

Zu § 61:

Mit dem Wegfall der Beschränkung der Senate in Kartellsachen auf fünf entfällt auch die Notwendigkeit, im Sinne des § 46 Abs. 2 Satz 2 GOG den zweiten Berufsrichter als Berichterstatter zu bestimmen. Die Berichterstattung durch den Vorsitzenden einschließlich der daran gebundenen Verpflichtung zur Verfassung des Entscheidungsentwurfs (§ 117 Abs. 1 Geo) stellt den Regelfall dar. Nur in Ausnahmefällen kann er einen der beiden fachkundigen Laienrichter mit der Berichterstattung beauftragen.

Zu § 83a:

Vgl. Art. 31 Abs. 6 und 7 der Richtlinie

Art. 31 Abs. 6 konkretisiert die nach Art. 12 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 bestehende Möglichkeit des Informationsaustausches zwischen Wettbewerbsbehörden für den Austausch von Kronzeugenerklärungen zwischen nationalen Wettbewerbsbehörden dahingehend, dass ein solcher nur möglich sein soll, wenn dem die betroffenen Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen zustimmen oder solche Erklärungen den beteiligten Wettbewerbsbehörden ohne Rückzugsmöglichkeit des Erklärenden ohnedies vorliegen.

Zu Art. 2 (Änderung des Wettbewerbsgesetzes)

Zu § 1:

Zu Abs. 1:

Hierbei handelt es sich um redaktionelle Anpassungen, womit auch den Empfehlungen des Rechnungshofes (Bericht 2019/28 „System der Wettbewerbsbehörden außerhalb des Finanzmarktes“) im Zusammenhang mit der klaren Definition der Aufgaben Rechnung getragen wird. Eine Vollzugsbehörde wie die Bundeswettbewerbsbehörde kann nicht als solche gesamthaft für die Sicherstellung funktionierenden Wettbewerbs zuständig sein. „Entgegentreten“ ist in dem Sinne wie „abstellen“ und „verhindern“ zu verstehen und umfasst damit nicht nur die Verfolgung von konkreten Verstößen, sondern kann auch ex ante Maßnahmen, wie z.B. Beratungen von Unternehmern oder Unternehmervereinigungen (vgl. geplanter neuer § 2 Abs. 5 WettbG), die Erstellung von Leitfäden über die Ermessensausübung der Bundeswettbewerbsbehörde oder die Abgabe von ihr Aufgabengebiet betreffende Stellungnahmen (vgl. geplanter § 10 Abs. 2 WettbG), umfassen. Die Bundeswettbewerbsbehörde ist im Rahmen ihrer Prioritätensetzung bei der Wahl, welche konkreten Verstöße sie aufgreift, frei. Die aufgelisteten ex ante Maßnahmen stellen keine Kernaufgaben dar und dürfen im Hinblick auf die Ressourcen nicht zu Lasten der Verfolgung von konkreten Verstößen gehen.

Die Anpassungen an die aktuellen Ressortbezeichnungen nach dem Bundesministeriengesetz erfolgen an den relevanten Stellen im Wettbewerbsgesetz. Die Bundeswettbewerbsbehörde wurde bereits im Jahr 2002 eingerichtet. Die Formulierung „wird … eingerichtet“ ist daher überholt und soll durch „ist … eingerichtet“ ersetzt und die Zielsetzung klarer betont werden. Daneben soll die Nummer des BGBl., in dem das KartG 2005 erstmals verlautbart wurde, berichtigt werden.

Zu Abs. 4:

Der neue Absatz trägt den Erfordernissen von Art. 20 Abs. 2 B-VG Rechnung, wonach unabhängige Behörden im österreichischen Verwaltungssystem nur dann eingerichtet werden können, wenn durch Gesetz ein angemessenes Aufsichtsrecht vorgesehen wird. Art. 4 der Richtlinie normiert die Unabhängigkeit der für Wettbewerb zuständigen nationalen Verwaltungsbehörden bei der Anwendung von Art. 101 und 102 AEUV auf der Grundlage verhältnismäßiger Rechenschaftspflichten. Gemäß EG 22 der Richtlinie tragen verhältnismäßige Rechenschaftspflichten dazu bei, die Glaubwürdigkeit und Legitimität der Maßnahmen der für Wettbewerb zuständigen nationalen Verwaltungsbehörden zu gewährleisten. Die Vorgaben für die Unabhängigkeit beim Vollzug des Kartellrechts gelten gemäß Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie unbeschadet von Kontroll- und Rechenschaftspflichten.

Solche Aufsicht- und Auskunftsrechte bedeuten jedoch nicht, dass die Unabhängigkeit der weisungsfreien Organe angegriffen wird. So hat auch der VwGH in der Rechtsache Ro 2016/04/0013-7 betreffend die Unabhängigkeit der E-Control entschieden, dass die gesetzliche Regelung des Informationsrechts des Wirtschaftsministers nicht dazu führe, dass die E-Control nicht als unabhängig eingerichtet anzusehen sei (vgl. Ro 2016/04/0013-7 vom 23. November 2016). Bei dieser Entscheidung ist der VwGH bereits auf das Urteil des EuGH in der Rs. C-614/10 eingegangen. Der Vollständigkeit halber sei auch darauf hingewiesen, dass die Vorgaben der Verordnung (EU) 2016/679 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl. Nr. L 199 vom 4.5.2016 S 1, im Hinblick auf die Unabhängigkeit viel weitreichender sind, als dies bei der gegenständlichen Richtlinie der Fall ist.

Auch im Bereich der Justiz sind Aufsichtsrechte der Justizverwaltung über die Tätigkeit der Gerichtsbarkeit vorgesehen (z.B. §§ 73, 76 GOG), ohne dass hierbei in die Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit der RichterInnen eingegriffen oder diese gar eingeschränkt wird. Denn Art. 87 Abs. 1 B-VG stellt auch RichterInnen nur „in Ausübung ihres richterlichen Amts“ (vgl. Art. 87 Abs. 2 B-VG), nicht jedoch generell, unabhängig und weisungsfrei.

Im Sinne der verfassungskonformen Absicherung (Art. 20 Abs. B-VG) der unabhängigen Vollzugstätigkeit der Bundeswettbewerbsbehörde soll nunmehr in § 1 Abs. 4 WettbG das Auskunftsrecht der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort über die Bundeswettbewerbsbehörde grundsätzlich nach dem Vorbild des E-ControlG (§ 5 Abs. 3) und dessen, was auch für die unabhängigen und weisungsfreien RichterInnen gilt, sowie in Entsprechung der Vorgaben der Richtlinie gesetzlich festgelegt werden. Die Unabhängigkeit der Bundeswettbewerbsbehörde nach Art. 4 der Richtlinie bezieht sich auf die Anwendung von Art. 101 und 102 AEUV sowie die parallele Anwendung der nationalen Bestimmungen (vgl. Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie). Darüber hinaus ist die Bundeswettbewerbsbehörde beim Vollzug der diesbezüglichen nationalen Bestimmungen unabhängig (§ 1 Abs. 3 WettbG). In diese Unabhängigkeit bei Entscheidungen im Rahmen der Wettbewerbsrechtsvollziehung, wie sie auch nach der Richtlinie für die Anwendung von Art. 101 und 102 AEUV vorzusehen ist, und beim Vollzug der entsprechenden nationalen Bestimmungen wird durch das Auskunftsrecht nicht eingegriffen, zumal hier kein Weisungsrecht besteht. Das Auskunftsrecht, welches unter dem Vorbehalt des Verbots der Beeinträchtigung der Unabhängigkeit in § 1 Abs. 4 WettbG vorgesehen werden soll, ist als verhältnismäßige Ausgestaltung der Rechenschaftspflicht im Sinne der Richtlinie anzusehen, da nach der Wortinterpretation und nach der Systematik der Richtlinie Rechenschaftspflichten iSd Art. 4 der Richtlinie über die bloße Verpflichtung zur regelmäßigen Berichterstattung hinausgehen (vgl. Art. 4 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 4 der Richtlinie). Die Gegenstände der Geschäftsführung umfassen die Erfüllung der Tätigkeiten der Bundeswettbewerbsbehörde in ihren sämtlichen unterschiedlichen Aufgabengebieten. Die Einschränkung im neuen Abs. 4, wonach das Auskunftsrecht nicht der Unabhängigkeit bei der Anwendung der Art. 101 und 102 AEUV im Sinne der Richtlinie widersprechen darf, bedeutet, dass ein solches Auskunftsrecht laufende Ermittlungen der Bundeswettbewerbsbehörde weder gefährden noch erheblich erschweren darf. In diesem Sinne wird ausdrücklich klargestellt, dass keine Auskünfte über laufende oder bevorstehende Hausdurchsuchungen verlangt werden. Nach Abs. 4 unterliegen der Auskunftspflicht daher auch keinesfalls Informationen aus staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen und diesbezügliche personenbezogene Daten. Aufgrund der im Begutachtungsverfahren angemerkten Fragestellungen wird im Gesetzestext zur Klarstellung der Vorschlag des Obersten Gerichtshofs zusätzlich aufgenommen, dass das Auskunftsrecht laufende Ermittlungen nicht gefährden darf. Vielmehr dient das Auskunftsrecht dazu, dass die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort ihre Aufsichtspflicht und damit ihre Aufgaben wahrnehmen kann. Damit wird im Rahmen des österreichischen Verfassungssystems ein ordnungsgemäßer Vollzug sichergestellt und auch der Verantwortung gegenüber dem Parlament Rechnung getragen (z.B. Art. 52 B-VG). Darüber hinaus hat die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort als oberstes Organ für die ausreichende Zahl qualifizierter MitarbeiterInnen und ausreichende finanzielle, technische und technologische Ressourcen der Bundeswettbewerbsbehörde im Bereich der von der Richtlinie erfassten Aufgaben zu sorgen. Auch dieser Verpflichtung könnte ohne Informationen über die Tätigkeiten der Bundeswettbewerbsbehörde nicht nachgekommen werden. Auskünfte erlauben Aufschluss darüber, ob die Bundeswettbewerbsbehörde die Erfüllung ihrer Aufgaben in wirksamer Weise wahrnehmen kann. Auskünfte zur Vollzugspraktik unter den oben aufgezeigten Einschränkungen werden auch für die legistische Arbeit und die Beteiligung am europäischen Gesetzgebungsprozess des Bundesministeriums sinnvoll und notwendig sein. Inwieweit Auskunftserteilungen konkrete Ermittlungen gefährden, wird von der Bundeswettbewerbsbehörde beurteilt. Schließlich ist festzuhalten, dass auch die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort bezüglich der erteilten Auskünfte der Verschwiegenheit nach Art. 20 Abs. 3 B-VG unterliegt.

Zu § 2:

Zu Abs. 1 und 2:

Der Rechnungshof kritisierte in seinem Bericht 2019/28 „System der Wettbewerbsbehörden außerhalb des Finanzmarktes“, dass der in den letzten 20 Jahren gewachsene Aufgabenkatalog der Wettbewerbsbehörden mittlerweile unübersichtlich und unstrukturiert geworden sei, was nicht zuletzt auf die Wahrnehmung zahlreicher nicht–regulatorischer Aufgaben und das Fehlen einer Beurteilung der Behördenstruktur auf Basis einer Aufgabenkritik zurückzuführen sei (siehe Rz 4.2.). Er empfahl, eine umfassende Aufgabenkritik und darauf aufbauend eine Neuordnung der Aufgaben durchzuführen und dabei u.a. die zahlreichen nicht–regulatorischen Aufgaben hinsichtlich ihrer organisatorischen Zuordnung zu überprüfen, um eine organisatorisch klare Struktur herbeizuführen sowie mögliche Interessenkonflikte zu vermeiden (Bund 2019/28, SE 1).

Zur Umsetzung dieser Empfehlung und zur besseren Abgrenzung der Tätigkeiten der Bundeswettbewerbsbehörde im Sinne der Richtlinie wurde der Aufgabenkatalog der Bundeswettbewerbsbehörde eingehend geprüft und soll nunmehr besser strukturiert werden. Zur besseren Übersicht sollen die Aufgaben der Bundeswettbewerbsbehörde nunmehr auf zwei Absätze aufgeteilt werden, wobei Abs. 1 die Kernaufgaben des Wettbewerbsvollzugs und die „Durchführung“ der europäischen Wettbewerbsregeln bei konkreten Zuwiderhandlungen im Sinne der Richtlinie normiert und Abs. 2 jene Aufgaben auflistet, die keine typischen Aufgaben einer Wettbewerbsbehörde sind. Die Streichungen von § 2 Abs. 1 Z 6 bis 9 WettbG gehen mit dieser Änderung einher. Die genannten Ziffern befinden sich nun in § 2 Abs. 2 WettbG. Die Streichung von § 2 Abs. 1 Z 10 ergibt sich aus der Novelle des Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetzes, BGBl. I Nr. 57/2021. Mit dieser neuen Strukturierung werden auch die Zuständigkeiten der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort in Fragen der Wettbewerbspolitik und die Zuständigkeiten der Bundeswettbewerbsbehörde im Wettbewerbsrechtsvollzug besser hervorgehoben.

In §§ 14, 14a WettbG soll die Amtshilfe zwischen den Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union bzw. eines Vertragsstaates des Europäischen Wirtschaftsraums in nationales Recht umgesetzt werden. Diese Aufgabe, aber auch die weiteren in den unterschiedlichen Bestimmungen des Wettbewerbsgesetzes genannten Regelungen zur Amtshilfe sollen auch im Aufgabenkatalog in § 2 Abs. 1 Z 4 WettbG besser abgebildet werden. Festzuhalten ist ferner, dass die Zusammenarbeit mit den Regulatoren, insbesondere im Digitalbereich, in Zukunft noch größere Bedeutung einnehmen wird.

Im Sinne der Stärkung der Kernaufgaben der Bundeswettbewerbsbehörde im Bereich der Verfolgung von Wettbewerbsrechtsverstößen nach der Richtlinie soll die Abgabe von Stellungnahmen bzw. Gutachten zu allgemeinen wettbewerbspolitischen Fragestellungen in § 10 Abs. 2 WettbG verschoben werden. Außerdem sind solche Stellungnahmen gemäß § 16 Abs. 1 WettbG durch die Wettbewerbskommission möglich, die dabei ein breites Spektrum von Expertise abdeckt. Davon unberührt bleiben auch rein fachliche Stellungnahmen der Wettbewerbsbehörde, die Auswirkungen auf den Vollzug des Wettbewerbsrechts haben, wie insbesondere bei offiziellen Begutachtungsverfahren. Die Unabhängigkeit beim Inhalt der Stellungnahme bleibt unberührt. Gemäß Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie ist auf nationaler Ebene sicherzustellen, dass die nationalen Wettbewerbsbehörden über wirksame Befugnisse zur Überwachung der Umsetzung der in Abs. 1 genannten Verpflichtungszusagen verfügen. Das Monitoring über die Einhaltung von Verpflichtungszusagen nach § 27 KartG 2005 soll der Bundeswettbewerbsbehörde obliegen, da die Bundeswettbewerbsbehörde auch zur Antragstellung nach § 27 KartG 2005 an das Kartellgericht sowie bereits jetzt zur Durchführung eines Wettbewerbsmonitorings nach § 2 Abs. 1 Z 8 (bzw. Z 5 neu) WettbG befugt ist. Zur Umsetzung von Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie soll daher eine Ergänzung in § 2 Abs. 1 Z 5 (neu) WettbG vorgenommen werden.

In einem neuen § 2 Abs. 2 WettbG sollen die weiteren Aufgaben der Bundeswettbewerbsbehörde, die über den Kartellrechtsvollzug hinausgehen, aufgelistet werden.

Zu Abs. 4:

Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung aufgrund der geänderten Ressortbezeichnung.

Zu Abs. 5:

Im neuen § 2 Abs. 5 WettbG soll vorgesehen werden, dass Unternehmen bei Fragestellungen etwa zu Kooperationsvereinbarungen oder sonstigen unter § 1 oder das I. Hauptstück 3. Abschnitt des KartG 2005 oder Art. 101 Abs. 1 AEUV möglicherweise fallenden Sachverhalten an die Bundeswettbewerbsbehörde herantreten können, um diese um ihre wettbewerbsrechtliche Einschätzung des Vorhabens zu ersuchen. Diese Einschätzung spiegelt lediglich die Rechtsansicht der Bundeswettbewerbsbehörde wider und kann weder den Bundeskartellanwalt noch das Kartellgericht in ihrer Entscheidungsfindung binden und entfaltet zudem keine Bindungswirkung gegenüber Dritten. Die rechtlichen Einschätzungen sind von der Bundeswettbewerbsbehörde weder verpflichtend zu erteilen, noch ist sie an Fristen gebunden. Sie ergehen vorbehaltlich zukünftiger relevanter Änderungen. Die Bundeswettbewerbsbehörde hat schon bislang bei entsprechenden Anfragen von Unternehmen Auskunft über ihre Rechtsansicht gegeben. Nun soll dafür eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden. Die informelle rechtliche Beurteilung ist keinesfalls einer Freistellung des beabsichtigten Vorhabens gleichzusetzen. Nachdem mit der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 das System der Freistellung von unter Art. 101 AEUV fallenden Sachverhalten gefallen ist, welches auch im nationalen Recht übernommen worden ist, und die Unternehmen Kooperationsvereinbarungen selbst einschätzen müssen, soll die nun vorgesehene Möglichkeit des Einholens einer informellen Einschätzung der Rechtsansicht der Bundeswettbewerbsbehörde den Unternehmen eine bessere Orientierung geben. Ersuchende Unternehmen haben zudem zu beachten, dass es auch trotz Einschätzung der Bundeswettbewerbsbehörde, wonach ein Verhalten nicht unter das Kartellgesetz fällt, zu einem Antrag auch durch andere Antragsteller nach § 36 Abs. 4 KartG kommen kann. Denn Unternehmer mit einem rechtlichen oder wirtschaftlichen Interesse an der Entscheidung durch das Kartellgericht haben nämlich weiterhin die Möglichkeit, eine entsprechende kartellgerichtliche Entscheidung zu erlangen.

Auch die Erlassung allgemeiner Standpunkte und Leitlinien über die Ermessensausübung zu den Aufgriffsbefugnissen der Bundeswettbewerbsbehörde dient der Rechtssicherheit für Unternehmen. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Verwaltungsgrundsätze über die Ermessensausübung, die sich aus den geltenden verwaltungsrechtlichen Vorschriften ergeben. Die Bundeswettbewerbsbehörde kann Standpunkte und Leitlinien insbesondere dann erlassen, wenn es sich um wettbewerbsrechtliche Fragestellungen von besonderer Aktualität und Bedeutung handelt. Die Verordnungsbefugnisse der BundesministerInnen bleiben hiervon unberührt.

Zu § 3:

Zu Abs. 1:

Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung aufgrund der geänderten Ressortbezeichnung.

Zu Abs. 2:

Art. 19 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen, ABl. Nr. L 24 vom 29.01.2004 S. 1, sieht vor, dass jeder Mitgliedstaat einen oder zwei Vertreter für den Beratenden Ausschuss für die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen bestimmt. In Anlehnung an die deutsche Rechtslage (§ 50 Abs. 4 GWB) soll mit § 3 Abs. 2 letzter Satz WettbG festgelegt werden, dass die Vertretung Österreichs im Beratenden Ausschuss für die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen von einem Vertreter oder einer Vertreterin der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort gemeinsam mit der Bundeswettbewerbsbehörde wahrgenommen wird. Damit wird in Zukunft sichergestellt, dass bei Fusionen, die in Österreich massive volkswirtschaftliche Auswirkungen haben, eine frühzeitige Einbindung erfolgen kann. Auch dient die Bestimmung der Verbesserung der Schnittstellen zwischen Fusions- und Investitionskontrolle. Entsprechend dem Vorschlag der Sozialpartner soll bei Fusionen mit besonders herausragender wirtschaftspolitischer Bedeutung für Österreich der Wettbewerbskommission Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden. Gemäß § 16 Abs. 5 WettbG sind die Mitglieder der Wettbewerbskommission bei Ausübung ihrer Tätigkeit an keine Weisungen gebunden und zur Verschwiegenheit verpflichtet. Informationslücken und Unzulänglichkeiten wie im Fall Nidec (M.8947), bei dem die Europäische Kommission Auflagen, welche auf die Adaptierung der Anmeldung durch die beteiligten Unternehmen zurückgehen, verhängt hat, nach denen die österreichische Produktionslinie veräußert werden musste, sollten zumindest insofern vermieden werden, als rechtzeitig Argumente ausreichend ausgetauscht und abgewogen werden können und frühzeitig bei der Europäischen Kommission eine österreichische Position eingebracht werden kann. Eine gut vorbereitete und abgestimmte Stellungnahme erscheint auf diesem Wege sichergestellt.

Ansonsten handelt es sich um redaktionelle Anpassungen aufgrund der geänderten Ressortbezeichnungen.

Zu Abs. 3:

Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung aufgrund der geänderten Ressortbezeichnung.

Zu Abs. 4 und 5:

Die Richtlinie sieht in Art. 10 Abs. 2 Berichtspflichten der nationalen Wettbewerbsbehörden an die Europäische Kommission vor, wenn diese nach Unterrichtung der Europäischen Kommission gemäß Art. 11 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1/2003 zu dem Schluss gelangen, dass kein Grund zur Fortsetzung des Durchsetzungsverfahrens besteht und dieses infolgedessen eingestellt wird. Diese Unterrichtung der Europäischen Kommission erfolgt nach der derzeitigen österreichischen Praxis durch die Bundeswettbewerbsbehörde. Da aufgrund von Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie nun explizit die Verständigung der Europäischen Kommission von der Einstellung der Ermittlungen im österreichischen Recht zu regeln ist, soll auch die Frage, wie die Verständigung nach Art. 11 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 zu erfolgen hat, in § 3 Abs. 3 WettbG gesetzlich verankert werden. Gemäß Art. 11 Abs. 1 letzter Satz der Richtlinie haben die nationalen Wettbewerbsbehörden das Europäische Wettbewerbsnetz über die Verhängung einstweiliger Maßnahmen wegen Zuwiderhandlungen gegen Art. 101 oder 102 AEUV zu unterrichten. Auch dies soll für Österreich über die Bundeswettbewerbsbehörde erfolgen, die im Europäischen Wettbewerbsnetz vertreten ist. Als gesetzliche Grundlage hiefür soll § 3 Abs. 4 WettbG dienen.

Zu § 4:

Zu Abs. 1:

Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung.

Zu § 5:

Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung der Verweise. Lit. E Z 5 Teil 2 der Anlage zu § 2 des Bundesministeriengesetzes 1986 in der Fassung BGBl. Nr. 78/1986 ist mittlerweile in Abschnitt G Z 5 Teil 2 der Anlage zu § 2 des Bundesministeriengesetzes 1986 in der Fassung BGBl. I Nr. 30/2021 zu finden.

Zu § 6:

Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung aufgrund der geänderten Ressortbezeichnung.

Zu § 7:

Zu Abs. 3:

Laut Richtlinie ist die Unabhängigkeit beim Vollzug von Art. 101 und 102 AEUV dadurch sicherzustellen, dass jene Personen bzw. Mitglieder des Entscheidungsgremiums, die bei den für Wettbewerb zuständigen nationalen Verwaltungsbehörden in Ausübung der Befugnisse nach den Art. 10 bis 13 und 16 der Richtlinie (Feststellungs- und Abstellungsentscheidungen, Einstweilige Verfügungen, Verpflichtungszusagen, Verhängung von Geldbußen und Zwangsgelder) Entscheidungen treffen, nicht aus Gründen im Zusammenhang mit der „ordnungsgemäßen Wahrnehmung“ ihrer Aufgaben oder Befugnisse entfernt werden dürfen (siehe Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie). Nach der Richtlinie ist eine Entfernung dann möglich, wenn diese Personen die Voraussetzung für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben nicht mehr erfüllen, oder wenn sie für ein schweres Fehlverhalten für schuldig befunden werden. Die Voraussetzungen dafür sind im Gesetz festzulegen, was bereits im geltenden § 7 Abs. 5 WettbG erfolgt ist. Ebenso sind die Vorgaben der Richtlinie betreffend Auswahlverfahren bereits jetzt in § 7 Abs. 1 bis 3 WettbG umgesetzt. Darüber hinaus erfordert jedoch Art. 4 Abs. 2 lit. c der Richtlinie, dass jene Personen, die Entscheidungen treffen, bzw. Mitglieder des Entscheidungsgremiums Verfahren unterliegen, mit denen sichergestellt wird, dass sie sich während eines angemessenen Zeitraums nach ihrem Ausscheiden aus dem Dienst mit keinem Durchsetzungsverfahren befassen, das zu Interessenkonflikten führen könnte (sog. Cooling Off Phase), was nun in § 7 Abs. 3 WettbG verankert werden soll. Hierunter fällt beispielsweise auch eine beratende Tätigkeit (Consultant) für eine Partei eines Durchsetzungsverfahrens, welches bereits im Rahmen der Tätigkeit als Behördenvertreter behandelt wurde. Im Übrigen gelten § 20 Abs. 3a BDG 1979 und § 30a VBG.

Zu § 9:

Zu Abs. 2 und 4:

Diese Bestimmungen dienten der Überführung der Beamten bei der Gründung der Bundeswettbewerbsbehörde im Jahr 2002. Diese Bestimmungen sind inzwischen überholt bzw. ergeben sich die Zuteilungen aufgrund anderer Rechtsakte.

Zu § 10:

Zu Abs. 1:

Wie unter § 2 WettbG bereits festgehalten, wird die Zusammenarbeit mit den Regulatoren insbesondere im Digitalbereich immer wichtiger. Da die Regulatoren unterschiedlich strukturiert sind, soll klargestellt werden, dass Auskünfte und Stellungnahmen nicht nur von den Vollzugsorganen, sondern auch von bzw. gegenüber deren Geschäftsapparaten abgegeben werden können.

Zu Abs. 2:

Die für Wettbewerbspolitik zuständige Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort hat die Möglichkeit, die Wettbewerbskommission nach § 16 Abs. 1 WettbG mit der Erstellung von Gutachten über allgemeine wettbewerbspolitische Fragestellungen zu beauftragen. Darüber hinaus soll die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auch die Möglichkeit haben, die Bundeswettbewerbsbehörde um Abgabe von Stellungnahmen zu allgemeinen Fragen der Wettbewerbspolitik zu ersuchen. Es ist auch sichergestellt, dass die Bundeswettbewerbsbehörde Stellungnahmen in Begutachtungsverfahren und bei der Vollziehung des Wettbewerbsrechts zu ihr Aufgabengebiet betreffende wettbewerbsrechtliche und wettbewerbsökonomische Fragen einbringen kann.

Zu Abs. 4:

Hierbei handelt es sich um eine redaktionelle Anpassung aufgrund der geänderten Ressortbezeichnung.

Zu Abs. 6:

Neben der Korrektur des Schreibfehlers erfolgt die Anpassung aufgrund der vorgesehenen Änderungen in § 10 KartG 2005, die aufgrund des Rechts auf elektronischen Rechtsverkehr gemäß § 1a Abs. 1 E-GovG notwendig sind.

Daneben soll vorgesehen werden, dass auch der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Zusammenschlussanmeldungen nach § 10 KartG 2005 zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach dem Investitionskontrollgesetz (InvKG), BGBl. I Nr. 87/2020 weitergeleitet werden. Zusammenschlussvorhaben, die im Rahmen der Fusionskontrolle anmeldepflichtig sind, können zugleich auch Direktinvestitionen im Sinne von § 1 Z 6 InvKG darstellen. Da die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort gemäß § 8 InvKG von Amts wegen ein Genehmigungsverfahren nach dem InvKG einzuleiten hat, wenn kein entsprechender Antrag gestellt wurde, ist es wichtig, dass sie Kenntnis von derartigen Direktinvestitionsvorhaben erhält. Überdies ist die Information im Zusammenhang mit dem EU-weiten Kooperationsmechanismus gemäß der FDI-Screening-Verordnung (Verordnung (EU) 2019/452 zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Union) wichtig. Gemäß dieser Verordnung und gemäß § 12 Abs. 1 Z 3 InvKG ist in einer Mitteilung über die Einleitung eines Genehmigungsverfahrens im Rahmen dieses Mechanismus anzugeben, ob das Vorhaben der EU-Fusionskontrollverordnung unterliegt. Entsprechendes ist auch für Anmeldungen auf nationaler Ebene erforderlich, damit die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort die behördlichen Aufgaben wahrnehmen kann. Die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort unterliegt den Verschwiegenheitspflichten (Art. 20 Abs. 3 B-VG bzw. den geplanten Bestimmungen nach einem Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Rechnungshofgesetz 1948 und das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 geändert und ein Informationsfreiheitsgesetz erlassen werden). Für die Datenübertragung im Rahmen der Vollziehung dieser Bestimmung wird in Hinblick auf § 24 InvKG durch entsprechende technische bzw. organisatorische Maßnahmen der ordnungsgemäße Umgang mit vertraulichen Informationen, einschließlich Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen, gewährleistet. Abs. 6 stellt eine lex specialis zu § 11 Abs. 1 WettbG dar.

Zu § 10a:

Zu Abs. 1:

Die Erhöhung der Anmeldegebühren soll der Bedeutung der angemeldeten Zusammenschlüsse und den damit verbundenen komplexen Fragenstellungen Rechnung tragen. Daneben werden redaktionelle Anpassungen in § 10a Abs. 1 WettbG vorgenommen.

Zu § 10b:

Zu Abs. 2:

Im Sinne der Transparenz soll die Bundeswettbewerbsbehörde nunmehr auch auf ihrer Homepage veröffentlichen, wenn von ihr oder dem Bundeskartellanwalt ein Antrag gemäß § 29 KartG 2005 an das Kartellgericht gestellt wird. Dasselbe soll auch für die im § 28a KartG 2005 neu geschaffene Antragsmöglichkeit auf Feststellung der Marktmacht gelten.

Zu § 11:

Zu Abs. 2:

In § 11 Abs. 2 WettbG soll auch § 51a AVG, der Bestimmungen über audiovisuelle Vernehmungen enthält und mit dem BGBl. I Nr. 57/2018 in das AVG aufgenommen wurde, ausdrücklich genannt werden. Den Erläuternden Bemerkungen zu § 51a AVG ist zu entnehmen, dass diese Möglichkeit auf das behördliche Verfahren erstreckt werden soll, wenn das persönliche Erscheinen nicht erforderlich ist und eine audiovisuelle Einvernahme aufgrund der Besonderheit des Falles geboten erscheint (z.B. ein Erscheinen ist wegen Alters, Krankheit oder Gebrechlichkeit nicht möglich, oder es liegen andere erhebliche Gründe vor). Auch der Bundeswettbewerbsbehörde soll diese Möglichkeit der Vernehmung bei ihren Ermittlungen zukommen.

Zu Abs. 3 bis 5:

Es handelt sich um redaktionelle Anpassungen, die aufgrund der Änderungen in § 2 WettbG notwendig sind.

Zu § 11a:

Zu Abs. 1 und 2:

Art. 8 der Richtlinie sieht die Möglichkeit für nationale Wettbewerbsbehörden vor, von Unternehmern und Unternehmervereinigungen innerhalb einer festgesetzten und angemessenen Frist alle für die Anwendung von Art. 101 und 102 AEUV erforderlichen und zugänglichen Informationen zu verlangen. Solche Auskunftsverlangen müssen nach der Richtlinie verhältnismäßig sein, dürfen den Adressaten nicht zum Geständnis einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 oder 102 AEUV zwingen und gelten für jene Informationen, welche dem Unternehmer oder der Unternehmervereinigung zugänglich sind. Nach Art. 8 der Richtlinie sind die nationalen Wettbewerbsbehörden auch befugt, von anderen natürlichen oder juristischen Personen, gegen die nicht ermittelt wird, innerhalb einer festgesetzten und angemessenen Frist Informationen zu verlangen, die für die Anwendung von Art. 101 und 102 AEUV von Bedeutung sein können. Nach Art. 9 der Richtlinie müssen die nationalen Wettbewerbsbehörden befugt sein, Vertreter von Unternehmern oder Unternehmervereinigungen, Vertreter sonstiger juristischer Personen sowie natürliche Personen zu einer Befragung zu bestellen, sofern die Vertreter oder Personen im Besitz von für die Anwendung von Art. 101 und 102 AEUV wichtigen Informationen sein könnten.

Gemäß § 11a Abs. 1 WettbG ist die Bundeswettbewerbsbehörde bereits jetzt befugt, zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben gemäß dem WettbG Auskunftsverlangen an Unternehmer und Unternehmervereinigungen zu stellen, vor Ort alle zur Durchführung von Ermittlungshandlungen erforderlichen Auskünfte sowie von allen Vertretern oder Beschäftigten des Unternehmens oder der Unternehmervereinigung Erläuterungen zu Sachverhalten oder Unterlagen zu verlangen, die mit dem Gegenstand und Zweck der Ermittlungen in Zusammenhang stehen. Gemäß § 11a Abs. 2 WettbG sind Inhaber der Unternehmen und deren Vertreter, bei juristischen Personen und teilrechtsfähigen Personengesellschaften die nach Gesetz oder Satzung zur Vertretung berufenen Personen, verpflichtet, die verlangten Auskünfte (Abs. 1 Z 1 und 3) zu erteilen, es sei denn, sie setzen sich dadurch der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung aus. Natürliche Personen können derzeit in Österreich durch die Bundeswettbewerbsbehörde befragt und vernommen werden (§ 11 Abs. 2 WettbG iVm §§ 19, 45 Abs. 1 und 2, 46 bis 51 AVG). Auskunftsverlangen an andere natürliche oder juristische Personen gemäß der Richtlinie sollen durch den Zusatz in § 11a Abs. 1 Z 1 WettbG ermöglicht werden. Dass die Anforderungen von Auskünften und Geschäftsunterlagen nach § 11a Abs. 1 Z 1 bis 3 WettbG verhältnismäßig sein müssen, ergibt sich aus § 13 Abs. 1 (neu) WettbG. Verhältnismäßigkeit bedeutet in diesem Zusammenhang auch, dass derartige Auskunftsverlangen nur die für Unternehmer oder Unternehmervereinigungen zugänglichen Informationen umfassen. Unternehmern oder Unternehmervereinigungen sollen keine Verpflichtungen auferlegt werden, die nicht im Verhältnis zu den Erfordernissen der Ermittlungen stehen, z.B. sollen Unternehmer oder Unternehmervereinigungen keine übermäßigen Kosten eingehen müssen, um beispielsweise externe Unterlagen zu besorgen, oder ihnen keine übermäßigen Anstrengungen abverlangt werden.

Durch die Ergänzung der anderen natürlichen Personen nach Abs. 1 Z 1 in § 11a Abs. 2 WettbG soll sichergestellt werden, dass das in § 11a Abs. 2 WettbG normierte Selbstbelastungsverbot auch für diese Personen gilt.

Art. 9 (Befragungen) der Richtlinie bedarf aufgrund von § 11 Abs. 2 WettbG keiner gesonderten Umsetzung. Die Ergänzungen in § 11a Abs. 2 WettbG sollen den Vorgaben von Art. 13 Abs. 2 lit. e der Richtlinie Rechnung tragen (siehe die weiteren Erläuterungen zu § 11a Abs. 5 WettbG).

Zu Abs. 5:

Sofern Unternehmer oder Unternehmervereinigungen vorsätzlich oder fahrlässig bei der Erteilung einer nach Art. 8 der Richtlinie verlangten Auskunft falsche, unvollständige oder irreführende Angaben machen, die Angaben nicht innerhalb der gesetzten Frist machen oder zu einer Befragung nach Art. 9 der Richtlinie nicht erscheinen, sind diese Vergehen nach Art. 13 Abs. 2 lit. d und e der Richtlinie mit Geldbußen zu sanktionieren, deren Höhe im Verhältnis zum weltweiten Gesamtumsatz festzusetzen sind. Das erfordert eine Sanktionierung der Unternehmer oder Unternehmervereinigungen selbst, denen Handlungen ihrer Vertreter nach § 11a Abs. 2 WettbG zugerechnet werden. Hinsichtlich des Verweises auf Vorsatz oder Fahrlässigkeit, stellt auch § 29 KartG 2005 ausdrücklich auf vorsätzliches oder fahrlässiges Verhalten von Unternehmern oder Unternehmervereinigungen ab. Die nur Unternehmer (sei es z.B. als Einzelunternehmer oder als juristische Person) und Unternehmervereinigungen treffende Strafbarkeit für das Nichtbefolgen der Verpflichtungen nach § 11a Abs. 2 WettbG soll in Umsetzung der Richtlinie in § 11a Abs. 5 WettbG erfolgen. Die Bestrafung eines Verantwortlichen gemäß § 9 VStG soll daher nicht möglich sein. Zur Durchsetzung eines Ladungsbescheids kann gemäß § 19 Abs. 3 AVG bisher nur ein Zwangsmittel verhängt werden. Die nach der Richtlinie vorgesehenen Geldstrafen sind nach dem Umsatz zu berechnen und nach dem Wortlaut der Richtlinie gegenüber Unternehmen und Unternehmensvereinigungen zu verhängen. Der Höchstbetrag soll je nach Verstoß mit 0,5% bzw. 1% des weltweiten Gesamtumsatzes festgelegt werden. Die Nichtbefolgung eines Ladungsbescheids nach § 19 AVG und damit die Nichterteilung von Auskünften im Rahmen einer Vernehmung kann der Nichterteilung von Auskünften bei bescheidmäßigen Auskunftsverlangen gleichgesetzt werden, weshalb in beiden Fällen dieselbe Höchststrafe gelten soll.

Die nach Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie vorgesehene Befugnis der für Wettbewerb zuständigen nationalen Verwaltungsbehörden zur Verhängung von Zwangsgeldern gegen Unternehmen und Unternehmervereinigungen, um diese zu zwingen, bei Auskunftsverlangen nach Art. 8 vollständige und richtige Informationen zu erteilen sowie zu einer Befragung nach Art. 9 zu erscheinen, bedarf keiner gesonderten Umsetzung. Die Bundeswettbewerbsbehörde ist bereits jetzt gemäß § 11a Abs. 4 WettbG zur Vollstreckung der von ihr erlassenen Bescheide befugt und kann Zwangsmittel, insbesondere Zwangsgelder, verhängen. Es gilt das Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991, BGBl. Nr. 53/1991, welches in § 5 Abs. 4 vorsieht, dass die Vollstreckung von Zwangsgeldern auch gegen juristische Personen mit Ausnahme der Körperschaften des öffentlichen Rechts und eingetragene Personengesellschaften zulässig ist. Daneben können auch gemäß § 19 Abs. 3 AVG Zwangsstrafen verhängt werden.

Zu Abs. 9:

§ 11a Abs. 9 WettbG wird aufgrund der Änderungen in § 2 Abs. 1 WettbG angepasst.

Zu § 11b:

Die Richtlinie sieht in Art. 17 bis 22 umfassende Vorschriften für die Gewährung von Kronzeugenbehandlung bei geheimen Kartellen vor. Der Begriff „Kartell“ bezieht sich laut Definition in Art. 2 Z 11 der Richtlinie auf horizontale Wettbewerbsbeschränkungen. Unter einem „geheimen Kartell“ ist ein solches zu verstehen, dessen Bestehen ganz oder teilweise verborgen ist (vgl. Art. 2 Z 12 der Richtlinie). Nach der Richtlinie steht es den Mitgliedstaaten jedoch frei, ihre Kronzeugenprogramme zusätzlich auch auf andere Zuwiderhandlungen gegen Art. 101 AEUV und entsprechende Bestimmungen des nationalen Wettbewerbsrechts anzuwenden (vgl. Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie). In Österreich sieht § 11b WettbG iVm dem Handbuch der Bundeswettbewerbsbehörde zur Kronzeugenregelung bereits derzeit ein umfassendes und effizientes Kronzeugenprogramm vor, dessen Anwendungsbereich sich auf sämtliche Zuwiderhandlungen gegen § 1 KartG 2005 oder Art. 101 Abs. 1 AEUV bezieht. Die Beurteilung vertikaler Vereinbarungen kann sich oftmals als komplex und ökonomisch differenzierter herausstellen als jene bei horizontalen Absprachen. Die Anwendung des Kronzeugenprogramms bei vertikalen Wettbewerbsbeschränkungen wird dann in Frage kommen, wenn nach gefestigter Rechtsprechung ein manifestierter Verdacht auf Vorliegen einer Zuwiderhandlung besteht. Die Bundeswettbewerbsbehörde prüft im Einzelfall, ob eine Verhaltensweise überhaupt in den Anwendungsbereich des Kronzeugenprogrammes fällt. Ist das nicht der Fall, teilt sie das dem ersuchenden Unternehmer oder der Unternehmervereinigung in einem sogenannten „no elegibility letter“ mit. Die Bestimmungen in § 11b WettbG sind überwiegend deckungsgleich mit den Vorgaben der Richtlinie, weshalb nur geringfügige Anpassungen zur Umsetzung der Richtlinie notwendig werden.

Zu Abs. 1:

Art. 17 iVm Art. 19 der Richtlinie regelt die Voraussetzungen, unter denen Geldbußenerlass gewährt werden kann. Die Voraussetzungen für Ersuchen auf Geldbußenerlass sind in Österreich bereits in § 11b Abs. 1 WettbG umgesetzt. Es soll jedoch kein gesonderter Anspruch eines Unternehmers oder einer Unternehmervereinigung auf Kronzeugenbehandlung bestehen.

Die Offenlegung der eigenen Beteiligung am Kartell (Art. 17 Abs. 2 lit. b sowie Art. 18 Abs. 2 lit. b der Richtlinie) ist dem Kronzeugenantrag immanent und bedarf daher keiner gesonderten Aufnahme als Voraussetzung. Die Reihenfolge der Voraussetzungen in § 11b Abs. 1 WettbG soll zur Vereinheitlichung an die Reihenfolge in der Richtlinie angepasst werden. Dies wird auch eine Anpassung der Verweise in § 209b StPO erfordern.

Dass die Mitwirkung an der Zuwiderhandlung einzustellen ist, ist bereits bisher eine der Voraussetzungen für die Anwendung des Kronzeugenprogramms in Österreich. Nunmehr soll gesetzlich verankert werden, dass hiervon die Fortführung der Zuwiderhandlung, die nach Auffassung der Bundeswettbewerbsbehörde nach vernünftigem Ermessen möglicherweise erforderlich ist, um die Integrität ihrer Untersuchung zu wahren, ausgenommen werden kann. Dadurch kann beispielsweise sichergestellt werden, dass andere mutmaßlich an der Zuwiderhandlung Beteiligte nicht davon erfahren, dass die Bundeswettbewerbsbehörde bereits Kenntnis von der mutmaßlichen Zuwiderhandlung hat und so unangekündigte Hausdurchsuchungen nicht gefährdet werden.

Das Verbot, weder die Tatsache noch den Inhalt des Ersuchens um Vorgehen nach § 11b WettbG offenzulegen bis die Bundeswettbewerbsbehörde die an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmer oder Unternehmervereinigungen nach § 13 Abs. 2 WettbG informiert, sofern nichts anderes mit der Bundeswettbewerbsbehörde vereinbart wurde, soll ebenfalls der Integrität der Ermittlungshandlungen dienen.

Zu Abs. 2:

Hierbei handelt es sich um eine redaktionelle Anpassung aufgrund der geänderten Reihenfolge in § 11b Abs. 1 WettbG.

Zu Abs. 3:

Dieser Absatz entspricht dem geltenden § 11b Abs. 4 WettbG mit den für die Umsetzung der Richtlinie (Art. 17 Abs. 4) notwendigen Ergänzungen.

Eine Mitteilung der Bundeswettbewerbsbehörde ist bereits im geltenden § 11b Abs. 4 WettbG vorgesehen. Bei der Mitteilung der Bundeswettbewerbsbehörde handelt es sich jedoch auch weiterhin um eine rechtsunverbindliche Mitteilung. Darüber hinaus soll in Umsetzung des Art. 17 Abs. 4 der Richtlinie und entsprechend der derzeit gängigen Praxis in Österreich in § 11b Abs. 3 WettbG gesetzlich verankert werden, dass die Bundeswettbewerbsbehörde Ersuchen auf Vorgehen nach § 11b Abs. 1 WettbG, bei denen die Voraussetzungen für den vollständigen Erlass der Geldbuße nicht gegeben sind, als Ersuchen auf Vorgehen nach § 11b Abs. 2 WettbG betrachtet.

Zu Abs. 4:

Bislang war das Kronzeugenprogramm in Österreich sehr flexibel gestaltet. Die Richtlinie verrechtlicht nun diese Materie und sieht detaillierte Vorgaben vor. Um das Gesetz nicht zu überfrachten, soll eine Verordnungsermächtigung der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort die Konkretisierung im Sinne der diesbezüglichen Bestimmungen der Richtlinie mittels Rechtsverordnung ermöglichen. Eine derartige Verordnung soll insbesondere Bestimmungen über Marker und Kurzanträge enthalten, da diese Instrumente auch in Art. 21 und 22 der Richtlinie vorgesehen sind. Die Bundeswettbewerbsbehörde, der Bundeskartellanwalt und die Wettbewerbskommission sollen vor Erlass der Verordnung angehört werden. Die Verankerung in einer allgemeinen Rechtsverordnung entspricht den gemeinsamen Handlungsempfehlungen aller Sozialpartner (s.o.) und entspricht auch den Bestimmungen der Richtlinie, dass die mitgliedstaatlichen Regierungen Vorschriften allgemeiner Art herausgeben können.

Zu § 13:

Zu Abs. 1:

Gemäß Art. 3 der Richtlinie ist seitens der Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass in Verfahren, die Zuwiderhandlungen gegen Art. 101 oder 102 AEUV betreffen, einschließlich der Ausübung der in der Richtlinie genannten Befugnisse durch die nationalen Wettbewerbsbehörden, die allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts und die Grundrechte nach der Charta der Grundrechte der Europäischen Union einhalten werden. Es sind insbesondere die Verteidigungsrechte der Unternehmen, wie die Wahrung des rechtlichen Gehörs, das Recht, bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen und das Recht, dass Durchsetzungsverfahren in einem angemessenen Zeitraum durchgeführt werden sowie dass eine Mitteilung der Beschwerdepunkte veranlasst wird, bevor Feststellungs- bzw. Abstellungsentscheidungen getroffen werden. Daneben normiert auch Art. 8 der Richtlinie, dass Auskunftsverlangen verhältnismäßig sein müssen.

In Umsetzung der Richtlinie sollen entsprechende Regelungen in § 13 Abs. 1 (neu) WettbG aufgenommen werden. Die bisherigen Abs. 1 und 2 sollen in die neuen Abs. 2 und 3 verschoben werden.

Zu Abs. 2 und 3:

In Einklang mit den zu beachtenden Grundrechten, soll dem Antragsgegner nunmehr auch in Fällen eines Antrags nach § 29 KartG 2005 und dem geplanten § 28a KartG 2005 die Möglichkeit zur Kenntnis der Ermittlungsergebnisse sowie die Stellungnahmemöglichkeit eingeräumt werden. Denn die Wahrung der Grundrechte, allen voran die Wahrung des Rechts auf Gehör, ist insbesondere auch in Verfahren, die zu Sanktionen führen können, von entscheidender Bedeutung.

Zu § 13a:

Art. 31 Abs. 5 der Richtlinie verbietet die Nutzung der Dokumente der „grauen Liste“ vor Ende des Verfahrens vor der Wettbewerbsbehörde „in Verfahren vor nationalen Gerichten“. Kronzeugenerklärungen und Vergleichsausführungen sollen nur in Verfahren vor der Wettbewerbsbehörde (samt dem Rechtsmittelverfahren) und in Verfahren über die Aufteilung der Geldbuße auf mehrere solidarisch haftende Mitbeteiligte verwendet werden dürfen. Bisher hat die Richtlinie 2014/104/EU lediglich verboten, die als Partei erlangten Beweismittel „in Verfahren über Schadenersatzklagen“ zu verwenden. Anpassungen aufgrund dieser ausgeweiteten Verwendungsbeschränkungen sind daher sowohl im KartG 2005 als auch im WettbG erforderlich. Die Überschrift von § 13a WettbG, welche auf der Umsetzung der Richtlinie 2014/104/EU basierte, ist daher anzupassen.

Zu § 14:

Zu Abs. 3 und 4:

Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie sieht Bestimmungen für die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Wettbewerbsbehörden vor und normiert, dass bei einer Nachprüfung nach Art. 22 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003, die von der ersuchten nationalen Wettbewerbsbehörde im Namen und für Rechnung anderer nationaler Wettbewerbsbehörden durchgeführt wird, Bediensteten und anderen Begleitpersonen, die von der ersuchenden nationalen Wettbewerbsbehörde ermächtigt oder benannt wurden, unter der Aufsicht der Bediensteten der ersuchten nationalen Wettbewerbsbehörde der Nachprüfung oder der Befragung beiwohnen und die ersuchte nationale Wettbewerbsbehörde bei der Nachprüfung oder Befragung unterstützen dürfen. Die Festlegung der Modalitäten der Hausdurchsuchung obliegt der Bundeswettbewerbsbehörde. Ferner obliegt es der Bundeswettbewerbsbehörde bereits im Vorfeld in Abstimmung mit der ersuchenden Wettbewerbsbehörde, Art und Umfang (insbesondere Anzahl der entsandten Bediensteten) der Unterstützungsleistungen unter Bedachtnahme auf die Umstände des Einzelfalls festzulegen, um einen reibungslosen Ablauf der Amtshandlung zu gewährleisten. Die Bediensteten der ersuchenden nationalen Wettbewerbsbehörde und andere Begleitpersonen sollen der Aufsicht der Bediensteten der Bundeswettbewerbsbehörde unterstehen, d.h. sie haben insbesondere Anordnungen des Leiters der Amtshandlung Folge zu leisten. Die Umsetzung dieser Bestimmung soll in § 14 Abs. 3 WettbG erfolgen. Sinnvoll ist, in diesem Zusammenhang auch die Amtshilfe zwischen der Bundeswettbewerbsbehörde und den Wettbewerbsbehörden des Europäischen Wirtschaftsraums zu umfassen, da der Text der Richtlinie von Bedeutung für den EWR ist, auch wenn die Übernahme in den Rechtsbestand des EWR noch aussteht.

Gemäß Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie sollen nationale Wettbewerbsbehörden überdies befugt sein, in ihrem Hoheitsgebiet zu prüfen, ob Unternehmen oder Unternehmervereinigungen Ermittlungsmaßnahmen und Entscheidungen der ersuchenden nationalen Wettbewerbsbehörde im Sinne der Art. 6 und 8 bis 12 der Richtlinie nicht befolgt haben. Zu diesem Zweck dürfen Informationen vorbehaltlich der in Art. 12 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 genannten Einschränkungen zwischen den an der Amtshilfe beteiligten nationalen Wettbewerbsbehörden als Beweismittel ausgetauscht und verwendet werden. Die Befugnis der Bundeswettbewerbsbehörde, Prüfungen hinsichtlich der Einhaltung von Ermittlungsmaßnahmen und Entscheidungen der ersuchenden nationalen Wettbewerbsbehörde durch Unternehmen oder Unternehmervereinigungen vorzunehmen, soll in § 14 Abs. 4 WettbG gesetzlich verankert werden. Bei den gegenständlichen Ermittlungshandlungen kann es sich um Hausdurchsuchungen in betrieblichen Räumlichkeiten, Auskunftsverlangen sowie Befragungen handeln. Die genannten Entscheidungen umfassen solche zur Feststellung und Abstellung von Zuwiderhandlungen, einstweilige Verfügungen und Entscheidungen betreffend Verpflichtungszusagen.

Auch der Bundeswettbewerbsbehörde soll die Befugnis eingeräumt werden, derartige Ansuchen an Wettbewerbsbehörden eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Vertragsstaates des Europäischen Wirtschaftsraums zu stellen. Der Austausch von Informationen zwischen nationalen Wettbewerbsbehörden ist bereits im geltenden Wettbewerbsrecht durch die Vorgaben in § 10 Abs. 1 WettbG möglich.

Aufgrund der Ergänzungen der neuen Absätze 3 und 4 in § 14 WettbG soll auch die Überschrift angepasst werden, um den Regelungsgehalt von § 14 WettbG besser widerzuspiegeln.

Zu Abs. 5:

Nach Art. 27 Abs. 7 der Richtlinie haben die Mitgliedstaaten sicher zu stellen, dass alle vertretbaren Kosten für Maßnahmen für Nachprüfungen oder Befragungen für eine andere Wettbewerbsbehörde sowie für Zustellungen für eine andere Wettbewerbsbehörde auf Antrag der ersuchten Behörde vollständig von der ersuchenden Wettbewerbsbehörde getragen werden. Bisher haben sich die gegenseitigen Kosten der nationalen Wettbewerbsbehörden im Europäischen Wettbewerbsnetz die Waage gehalten. Für die Zukunft soll weiterhin eine gewisse Flexibilität bestehen, sodass in § 14 Abs. 5 WettbG die Möglichkeit für die Bundeswettbewerbsbehörde eingefügt werden soll, die ihr im Zusammenhang mit Zustellersuchen entstandenen Kosten bei der ersuchenden Wettbewerbsbehörde einzuheben. Die Kostentragung soll sich hierbei auf alle vertretbaren Kosten beziehen, einschließlich Übersetzungs-, Personal- und Verwaltungskosten. Ebenso ist richtlinienkonform zu regeln, dass umgekehrt die Bundeswettbewerbsbehörde als ersuchende Wettbewerbsbehörde, die bei der ersuchten Behörde entstandenen Kosten im vertretbaren Ausmaß erstatten muss.

Zu § 14a:

Art. 25 und 26 der Richtlinie enthalten Vorgaben hinsichtlich Ersuchen um Zustellung vorläufiger Beschwerdepunkte und anderer Unterlagen bzw. Ersuchen um Vollstreckung von Entscheidungen zur Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern im Rahmen der Amtshilfe. Art. 27 und 28 der Richtlinie beinhalten allgemeine Grundsätze einer diesbezüglichen Zusammenarbeit nationaler Wettbewerbsbehörden sowie Zuständigkeitsbestimmungen im Fall von Streitigkeiten. Mit diesen Artikeln wird die gegenseitige Amtshilfe zwischen den nationalen Wettbewerbsbehörden, welche bereits in der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 hinsichtlich der Unterstützung im Rahmen von Ermittlungshandlungen verankert ist, auf die Zustellung bestimmter Schriftstücke bzw. Vollstreckung von Entscheidungen zur Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern ausgedehnt.

In Österreich sind derartige Amtshilfeersuchen noch nicht vorgesehen und bedürfen daher einer Umsetzung, die durch die Einführung von § 14a WettbG erfolgen soll. Daneben werden auch entsprechende Bestimmungen zur Amtshilfe in der KartG 2005-Novelle vorgesehen. Der Anwendungsbereich von § 14a WettbG soll sich sowohl auf in Österreich eingehende Zustellersuchen als auch auf von der Bundeswettbewerbsbehörde in ihren Ermittlungsverfahren erforderliche Zustell- und Vollstreckungsersuchen im Ausland beziehen. Darüber hinaus soll, in Anlehnung an die geplanten neuen Bestimmungen im KartG 2005 (Abschnitt 3a – §§ 35a ff), auch für die Bundeswettbewerbsbehörde der Rechtshilfeverkehr mit den Wettbewerbsbehörden des Europäischen Wirtschaftsraums geregelt werden, da der Text der Richtlinie von Bedeutung für den EWR ist, auch wenn die Übernahme in den Rechtsbestand des EWR noch aussteht.

Zu den Begriffsbestimmungen „ersuchende Behörde“ und „ersuchte Behörde“ siehe die Erläuterungen zu dem neuen § 35a KartG 2005.

Zu Abs. 1:

Angelehnt an die derzeit schon bestehende Praxis betreffend Zustellersuchen soll die Bundeswettbewerbsbehörde als zustellende Behörde der im vorgesehenen § 14a Abs. 1 Z 1 bis 3 WettbG aufgelisteten Schriftstücke im Inland fungieren. Hinsichtlich der im Weg der Amtshilfe zuzustellenden Schriftstücke orientiert sich der geplante § 14a Abs. 1 WettbG am Wortlaut der Richtlinie, um sämtliche aus dem Ausland einlangende Zustellersuchen im Anwendungsbereich der Richtlinie zu erfassen. Die Bestimmungen des Zustellgesetzes sind anwendbar.

Soweit im Zuge eines Einbringungsverfahrens auf Ersuchen einer nationalen Wettbewerbsbehörde Schriftstücke vom Kartellgericht oder Exekutionsgericht zuzustellen sind, handelt es sich nicht um Zustellersuchen, sondern um Zustellungen, die die österreichischen Gerichte in ihrem eigenen Verfahren vornehmen, wenngleich Anlass für die Einleitung dieses Verfahrens ein Ersuchen einer ausländischen Wettbewerbsbehörde war.

Zu Abs. 2:

Nach § 14a Abs. 2 WettbG soll auch die Bundeswettbewerbsbehörde die Möglichkeit haben, Zustellersuchen an andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union bzw. Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums zu stellen.

Zu Abs. 3:

Gemäß § 11a Abs. 4 und WettbG ist die Bundeswettbewerbsbehörde zur Verhängung von Zwangsmitteln bzw. Geldstrafen mittels Bescheid befugt. Daneben ist die Bundeswettbewerbsbehörde zur Vollstreckung der von ihr erlassenen Bescheide zuständig. Im Sinne der verbesserten Zusammenarbeit im Europäischen Wettbewerbsnetz soll mit dem neuen § 14a Abs. 3 WettbG die Bundeswettbewerbsbehörde ermächtigt werden, um Vollstreckung von ihr erlassener rechtskräftiger Entscheidungen nach § 11a Abs. 4 und 5 WettbG im Ausland zu ersuchen, sofern der betroffene Unternehmer oder die betroffene Unternehmervereinigung nicht über ausreichende Vermögenswerte im Inland verfügt oder die Vollstreckung aus anderen Gründen aussichtslos ist (vgl. Art. 26 Abs. 2 der Richtlinie), und zu erwarten ist, dass die Geldstrafe oder das Zwangsgeld im Ausland eingebracht werden kann.

Zu Abs. 4:

Durch die Einführung von § 14a Abs. 4 WettbG soll sichergestellt werden, dass irrtümlich an die Bundeswettbewerbsbehörde gerichtete Ersuchen an das zuständige Kartellgericht weitergeleitet werden.

Zu Abs. 5:

Da die Richtlinie weitere ausführliche Details enthält, die den Gesetzestext überfrachten, soll zur näheren Bestimmung der Durchführung des neuen § 14a Abs. 1 bis 4 WettbG eine Verordnungsermächtigung für die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort vorgesehen werden. Die nähere Ausgestaltung der Durchführung hat sich hierbei insbesondere an Art. 27 und 28 der Richtlinie zu orientieren, die allgemeine Grundsätze für die grenzüberschreitende Zustellungs- und Vollstreckungsersuchen sowie Bestimmungen für Streitfälle vorsehen. Im Rahmen des Begutachtungsverfahrens ist der Bundeswettbewerbsbehörde Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

Zu § 16:

Die Anpassungen in § 16 haben gemeinsam mit den vorgesehenen Anpassungen in §§ 3 Abs. 3, 10 Abs. 5 und 17 zum Ziel, die Wettbewerbskommission im Sinne des Positionspapiers „Aktuelle Herausforderung für ein modernes Wettbewerbsrecht – Handlungsempfehlungen für den europäischen und nationalen Gesetzgeber“ (11. September 2020) der Sozialpartner aufzuwerten.

Zu Abs. 1:

Es handelt sich einerseits um eine redaktionelle Anpassung aufgrund der geänderten Ressortbezeichnung. Hinsichtlich der Auskunftserteilung hat die Bundeswettbewerbsbehörde der Wettbewerbskommission nur solche Auskünfte zu erteilen, die für die Aufgaben der Wettbewerbskommission erforderlich sind. Im Sinne der von den Sozialpartnern geforderten Aufwertung der Wettbewerbskommission soll dieses Auskunftsrecht ermöglichen, dass die Wettbewerbskommission ihre gesetzlichen Aufgaben effizienter wahrnehmen kann. Inwieweit Auskünfte erforderlich sind, obliegt der Beurteilung der Bundeswettbewerbsbehörde. Festzuhalten ist, dass die Mitglieder der Wettbewerbskommission gemäß § 16 Abs. 5 WettbG zur Amtsverschwiegenheit verpflichtet sind.

Zu Abs. 2:

Neben der Wahl des Vorsitzes soll die Wettbewerbskommission nunmehr auch einen Schriftführer wählen. Damit im Zusammenhang kann auch die Bestimmung über die Geschäftsführung im geltenden § 2 Abs. 2 WettbG entfallen.

Zu Abs. 3 und 4:

Es handelt sich um redaktionelle Anpassungen aufgrund der geänderten Ressortbezeichnung.

Zu Abs. 6:

Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung aufgrund der geänderten Ressortbezeichnung. Zur Wahrung der Unabhängigkeit der Wettbewerbskommission bei der Ausübung ihrer Tätigkeit, insbesondere auch bei der Erstellung von Schwerpunktempfehlungen für die Bundeswettbewerbsbehörde nach § 16 Abs. 1 WettbG sowie bei ihrer Mitwirkung in Angelegenheiten der Zusammenschlusskontrolle nach § 17 WettbG, soll die Teilnahme bei den Sitzungen der Wettbewerbskommission durch einen Vertreter der Bundeswettbewerbsbehörde auf Ersuchen der Wettbewerbskommission vorgesehen werden. Diese Eigenständigkeit entspricht auch der Konstruktion der deutschen Monopolkommission.

Zu Abs. 7:

Es handelt sich um redaktionelle Anpassungen aufgrund der geänderten Ressortbezeichnung.

Zu § 18:

Hierbei handelt es sich um eine redaktionelle Anpassung.

Zu § 20:

Zu Abs. 1:

Hierbei handelt es sich um redaktionelle Anpassungen aufgrund der geänderten Ressortbezeichnungen.

Zu § 21:

Zu Abs. 10:

Dieser Absatz enthält die Inkrafttretensbestimmung.