Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Das Übereinkommen über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten (BGBl. III Nr. 153/1997) hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter und bedurfte daher gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat. Es hat nicht politischen Charakter. Das Übereinkommen ist der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechts­bereich zugänglich, sodass eine Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich war; es enthält keine verfassungsändernden Bestimmungen (vgl. Erläuterungen, 127 der BlgNR, XX. GP).

Anlässlich der Ratifikation des Übereinkommens hat Österreich zu Art. 21 Abs. 2 folgende Erklärung abgegeben:

„Die in Artikel 21 Absatz 2 vorgesehenen Modalitäten der Zustellung sind in Österreich nur zulässig, wenn sie in einem zwei- oder mehrseitigen Vertrag vorgesehen sind.“

Österreich nimmt nun in Aussicht, diese Erklärung zurückzunehmen. Die Rücknahme dieser Erklärung unterliegt Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG und bedarf, ebenso wie das Übereinkommen selbst, der Genehmigung durch den Nationalrat. Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG ist nicht erforderlich, da keine Angelegenheiten, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen, geregelt werden.

Besonderer Teil

Art. 21 des Übereinkommens über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten (ETS Nr.141), BGBl. III Nr. 153/1997 (in der Folge: Geldwäsche-Überein­kommen), lautet wie folgt:

Zustellung von Schriftstücken

1)  Die Vertragsparteien gewähren einander größtmögliche Unterstützung bei der Zustellung gerichtlicher Schriftstücke an Personen, die von vorläufigen Maßnahmen und Einziehungs­maßnahmen betroffen sind.

2)  Dieser Artikel soll der Möglichkeit nicht entgegenstehen:

a)  gerichtliche Schriftstücke Personen im Ausland unmittelbar durch die Post zu übersenden,

b)  daß Justizbeamte, andere Beamte oder sonst zuständige Stellen der Vertragspartei, von der gerichtliche Schriftstücke stammen, deren Zustellung unmittelbar durch die Konsularbehörden dieser Vertragspartei oder durch Justizbeamte, andere Beamte oder sonst zuständige Stellen der anderen Vertragspartei bewirken,

sofern nicht die andere Vertragspartei bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde eine gegenteilige Erklärung an den Generalsekretär des Europarats richtet.“

Art. 21 des Übereinkommens sollte sicherstellen, dass bei rechtlich relevanten Zustellungen größt­mögliche Amts- und Rechtshilfe geleistet werden würde.

Von Österreich wurde dazu nachstehende Erklärung abgegeben:

„Die in Artikel 21 Absatz 2 vorgesehenen Modalitäten der Zustellung sind in Österreich nur zulässig, wenn sie in einem zwei- oder mehrseitigen Vertrag vorgesehen sind.“

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 127 der Beilagen XX. GP, finden sich zu Art. 21 Abs. 2 folgende Ausführungen:

„Abs. 2 eröffnet – vorbehaltlich einer anderslautenden Erklärung des betroffenen anderen Vertragsstaates an den Generalsekretär des Europarates – die Möglichkeit der direkten Zustellung gerichtlicher Schriftstücke durch die Post oder durch Organe der ersuchenden Vertragspartei. Die Möglichkeit der direkten Zustellung gerichtlicher Schriftstücke ist derzeit nach den Bestimmungen des Auslieferungs- und Rechtshilfegesetzes noch nicht vorgesehen, weshalb Österreich eine Erklärung des Inhaltes abgeben sollte, dass eine solche Möglichkeit nur im Fall einer besonderen diesbezüglichen Vereinbarung in zwei- oder mehrseitigen Verträgen zulässig ist.“

Die Erklärung zu Abs. 2 wurde abgegeben, um eine direkte Zustellungsmöglichkeit ohne entsprechende Vereinbarung in zwei- oder mehrseitigen Verträgen aufgrund der zum Zeitpunkt der Ratifikation des Geldwäsche-Übereinkommens in Österreich noch geltenden Rechtslage auszuschließen.

Festzuhalten ist, dass das Geldwäsche-Übereinkommen durch das Übereinkommen des Europarats über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten und über die Finanzierung des Terrorismus vom 16. Mai 2005 (ETS Nr. 198), BGBl. III Nr. 148/2020 (in der Folge: Überein­kommen aus 2005) ergänzt wurde, das am 1. November 2020 für Österreich in Kraft getreten ist.

Art. 31 des Übereinkommens aus 2005 ist ident mit Art. 21 des Geldwäsche-Übereinkommens. In den Erläuterungen zu Abs. 2 der ersterwähnten Bestimmung wird folgendes ausgeführt:

„Abs. 2 eröffnet – vorbehaltlich einer anderslautenden Erklärung der betroffenen Vertragspartei – die Möglichkeit der direkten Zustellung gerichtlicher Schriftstücke durch die Post oder durch Organe der ersuchenden Vertragspartei. Zwar ist die Zustellung auf dem Postweg im ARHG nicht vorgesehen, doch besteht eine entsprechende Möglichkeit – zumindest zu den Mitgliedstaaten der EU – bereits nach Art. 5 des Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der EU, BGBl. III Nr. 65/2005, und funktioniert in der Praxis ohne Probleme. Im Hinblick darauf wird vorgeschlagen, dass Österreich von der vorgesehenen Erklärungsmöglichkeit keinen Gebrauch macht.“

Aufgrund der im Zusammenhang mit der österreichischen Ratifikation des Übereinkommens aus 2005 genommenen Vorgangsweise (Nichtabgabe einer Erklärung gemäß Art. 31 Abs. 2) wäre auch die österreichische Erklärung zu Art. 21 Abs. 2 des Geldwäsche-Übereinkommens zurückzunehmen.

Im Expertenkomitee des Europarats für die Durchsetzung der Übereinkommen und Zusammenarbeit in Strafsachen wurde seit einiger Zeit die Rücknahme von Erklärungen der Mitgliedstaaten behandelt. Österreich hat sich bereit erklärt, seine Erklärung zu Art. 21 Abs. 2 zurückzunehmen.