Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Das Zweite Protokoll zur Abänderung des am 8. Oktober 1985 in Seoul unterzeichneten Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Republik Korea zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen in der Fassung des am 28. Mai 2001 in Seoul unterzeichneten Protokolls hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Inhalt und bedarf daher der Genehmigung durch den Nationalrat gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Es hat nicht politischen Charakter. Es ist nicht erforderlich, eine allfällige unmittelbare Anwendung des Abkommens im innerstaatlichen Rechtsbereich durch einen Beschluss gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG, dass dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, auszuschließen. Da durch das Protokoll Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es überdies der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Im Verhältnis zur Republik Korea wird die internationale Doppelbesteuerung derzeit nach den Bestimmungen des am 8. Oktober 1985 in Seoul unterzeichneten Abkommens, BGBl. Nr. 486/1987 in der Fassung BGBl. III Nr. 68/2002, vermieden. Das Abkommen ist trotz Revision veraltet und entspricht nicht dem OECD-Standard betreffend Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS-Standard) sowie dem OECD-Standard betreffend die steuerliche Transparenz und Amtshilfebereitschaft. Auf der Grundlage des zweiten Abänderungsprotokolls wird deshalb den jüngsten Ergebnissen auf Ebene der OECD/G20 zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (Base Erosion and Profit Shifting – BEPS) Rechnung getragen.

Die mit der Republik Korea für Zwecke der Umsetzung des OECD-Standards im Bereich des steuerlichen Informationsaustauschs von Bankauskünften im Jahr 2009 aufgenommen Verhandlungen wurden aufgrund eines von der Republik Korea im Jahr 2017 unterbreiteten Vorschlages ausgeweitet, um jüngste Entwicklungen auf Ebene der OECD/G20 zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung, insbesondere die Umsetzung des BEPS-Mindeststandards, zu berücksichtigen. Die Verhandlungen wurden im Jänner 2019 mit der einvernehmlichen Erstellung des vorliegenden Entwurfs eines Abänderungsprotokolls abgeschlossen.

Das Mehrseitige Übereinkommen zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Maßnahmen zur Verhinderung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung, BGBl. III Nr. 93/2018, wurde zwar am 7. Juni 2017 von beiden Staaten unterzeichnet, findet aber im bilateralen Verhältnis zwischen der Republik Österreich und der Republik Korea keine Anwendung.

Mit dem Inkrafttreten des Protokolls werden im Wesentlichen keine finanziellen und keine personellen Wirkungen verbunden sein.

Besonderer Teil

Ad Protokoll:

Zu Art. 1:

In Art. 1 erfolgt eine Anpassung der Präambel des Abkommens an den OECD-Standard betreffend Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung. Die Vertragsstaaten bekräftigen ihre Absicht, durch das Doppelbesteuerungsabkommen keine Möglichkeiten der Nicht- oder Niedrigbesteuerung durch Steuerverkürzung oder -umgehung schaffen zu wollen. Insbesondere ist es explizit kein Ziel des Abkommens, missbräuchliche Gestaltungen, mit denen die Entlastungen dieses Abkommens mittelbar Personen verschafft werden sollen, die in Drittstaaten ansässig sind (“Treaty-shopping”), zuzulassen.

Zu Art. 2:

In Art. 2 erfolgt eine Anpassung des Art. 5 (Betriebstätte) des Abkommens an den OECD-Standard betreffend Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung.

Der neu gefasste Abs. 4 sieht für Zwecke der Verhinderung der Umgehung des Betriebsstättenstatus im Einklang mit Art. 5 Abs. 4 OECD Musterabkommen (OECD MA) vor, dass die Ausnahmebestimmung nur zur Anwendung kommt, wenn die in Abs. 4 angeführten Tätigkeiten vorbereitender Art sind oder eine Hilfstätigkeit darstellen.

Durch Abs. 5 wird im Einklang mit Art. 5 Abs. 4.1 OECD MA sichergestellt, dass durch die Aufteilung wirtschaftlich zusammengehöriger Aktivitäten, selbst wenn diese Tätigkeiten nur vorbereitender Art sind oder eine Hilfstätigkeit darstellen, der Betriebsstättenstatus nicht umgangen werden kann.

Abs. 6 sieht für Zwecke der Verhinderung der Umgehung des Betriebsstättenstatus im Einklang mit Art. 5 Abs. 5 OECD MA vor, dass Personen, die für eine andere Person tätig werden und z. B. eine wesentliche Rolle beim Abschluss von Verträgen spielen, als abhängige Vertreter Vertreterbetriebstätten für das ausländische Unternehmen begründen. Dies gilt grundsätzlich auch für Tochtergesellschaften mit Kommissionärsfunktionen, wenn die für das Vorliegen eines abhängigen Vertreters vorgesehenen allgemeinen Rechtsmerkmale eines abhängigen Vertreters erfüllt sind. Die OECD-konforme Neufassung der bereits im Abkommen von 1985 enthaltenen Bestimmung über den abhängigen Vertreter (Art. 5 Abs. 5) hat in erster Linie klarstellenden Charakter.

Abs. 7 stellt in OECD-konformer Weise (Art. 5 Abs. 6 OECD MA) klar, dass Tätigkeiten, die ein unabhängiger Vertreter im Rahmen seiner ordentlichen Geschäftstätigkeit ausübt, keine Betriebsstätte begründen. Der zweite Satz hält jedoch ausdrücklich fest, dass eine Person, die ausschließlich oder nahezu ausschließlich für eng verbundene Unternehmen tätig ist, nicht als unabhängiger Vertreter gilt.

Abs. 8 findet sich bereits unverändert in Art. 5 Abs. 7 des Abkommens von 1985 und legt fest, dass bei verbundenen Unternehmen das Beherrschungsverhältnis für sich allein genommen nicht dazu führt, dass die beherrschte Gesellschaft (Tochtergesellschaft) als Betriebstätte der beherrschenden Gesellschaft (Muttergesellschaft) behandelt wird.

Abs. 9 definiert in OECD-konformer Weise (Art. 5 Abs. 8 OECD MA) den in Art. 5 verwendeten Begriff der „engen Verbundenheit“.

Zu Art. 3:

In Art. 3 wird im Einklang mit dem OECD MA durch die Hinzufügung des Abs. 2 in Art. 9 (Verbundene Unternehmen) des Abkommens eine Gegenberichtigungsverpflichtung für Verrechnungspreise normiert.

Zu Art. 4:

In Abs. 1 erfolgt eine Anpassung von Artikel 26 des Abkommens an den OECD-Standard betreffend steuerliche Transparenz und Amtshilfebereitschaft. Demnach verpflichten sich die beiden Vertragsstaaten dem OECD-Musterabkommen folgend zum umfassenden Informationsaustausch. Davon sind auch Bankinformationen erfasst.

In Abs. 2 werden die verwaltungstechnischen Auslegungsgrundsätze entsprechend dem OECD-Standard betreffend die Durchführung des steuerlichen Informationsaustausches geregelt. Diese umfassen die Darstellung der voraussichtlichen Erheblichkeit der Auskünfte. Ebenso wird festgelegt, dass für die Auslegung des Artikels 26 der OECD-Kommentar maßgeblich ist.

Zu Art. 5:

In Art. 5 wird durch die Hinzufügung des neuen Art. 26A (Amtshilfe bei der Vollstreckung von Steuern) des Abkommens die Amtshilfe bei der Vollstreckung von Abgabenansprüchen zwischen den zuständigen Behörden der Vertragsstaaten in OECD-konformer Weise geregelt. Die Vollstreckungsamtshilfe ist nicht auf den persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich des Abkommens beschränkt.

Zu Art. 6:

Abs. 1 betrifft die Umnummerierung des Art. 28 (Inkrafttreten) und des Art. 29 (Kündigung) des Abkommens, die durch die Hinzufügung des neuen Art. 28 (Anspruch auf Vergünstigungen) erforderlich ist.

In Abs. 2 wird durch die Hinzufügung des neuen Art. 28 (Anspruch auf Vergünstigungen) des Abkommens eine Missbrauchsregelung in der Form des Hauptzweck-Kriteriums (Principal Purpose-Test) eingeführt, wonach bei Gestaltungen und Transaktionen keine Abkommensvergünstigungen gewährt werden, wenn der Hauptzweck oder einer der Hauptzwecke dieser Gestaltungen und Transaktionen der Erhalt solcher Vergünstigungen ist. Abs. 2 entspricht der Bestimmung in Art. 29 Abs. 9 OECD MA.

Zu Art. 7:

Dieser Artikel betrifft Bestimmungen über das Inkrafttreten sowie über den zeitlichen Anwendungsbereich des Protokolls.