998 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Verkehrsausschusses

über die Regierungsvorlage (936 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 geändert wird

Nach dem Arbeitsprogramm der österreichischen Bundesregierung für die Jahre 2020 – 2024 ist die Mobilität ein Grundbedürfnis der Menschen und der Transport von Waren eine Voraussetzung für unsere Wirtschaft. Ein zukunftsfähiger Standort braucht ein innovatives, effizientes und gut funktionierendes Transportsystem. Gleichzeitig besteht die Notwendigkeit, das Verkehrssystem an die Anforderungen der Digitalisierung, Energieeffizienz und Dekarbonisierung im Einklang mit den Klimazielen anzupassen.

Mit der gegenständlichen Novelle sollen fünf Bereiche abgedeckt werden.

Der erste Bereich ermöglicht die direkte Anbindung von Park & Ride Anlagen an Bundesstraßen sowie die Klarstellung, dass Park & Ride Anlagen und Park & Drive Anlagen als Bestandteile von Bundesstraßen errichtet werden können. Die neuen Regelungen sollen zu einer Verbesserung der intermodalen Verknüpfung des Verkehrsträger Straße mit anderen Verkehrsträgern beitragen und die Verlagerung des motorisierten Individualverkehrs auf öffentliche Verkehrsmittel begünstigen, auch um den Anteil des Umweltverbunds (öffentliche Verkehrsmittel und Shared Mobility) zu steigern und die Stadtkerne möglichst vom Verkehr zu entlasten.

Park & Ride Anlagen können Bestandteile der Bundesstraßen sein, aber auch solche Anlagen, die als zu anderen Verkehrsträgern zugehörig anzusehen sind. Eine Anbindung der Bundesstraße an bundesstraßenfremde Park & Ride Anlagen kann zulässigerweise nur in Form einer Anschlussstelle erfolgen.

Die UVP-Pflicht für diese neuen Anschlussstellen richtet sich nach der Bestimmung des § 23a UVP‑G 2000.

Der zweite Bereich betrifft Anschlussstellen und Fahrverbindungen, für die ein Rechtsakt nach § 4 BStG 1971 vorgesehen war, aber nicht erging. Solche Anschlussstellen und Fahrverbindungen können durch Gesetz nachträglich genehmigt werden. Die neu in § 4 BStG 1971 anzufügenden Absätze 1a und 1b beinhalten solche Genehmigungsfiktionen für Anschlussstellen bzw. Anbindungen des übrigen öffentlichen Straßennetzes über Betriebe gemäß § 27 BStG 1971 an die Bundesstraßen. Dass die Verkehrssicherheit der genehmigten Fahrverbindungen gegeben ist, muss von der Bundesstraßenverwaltung durch eine Straßenverkehrssicherheitsüberprüfung sichergestellt werden.

Im dritten Bereich erfolgt die Umsetzung der Richtlinie 2012/18/EU zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen (Seveso-III-Richtlinie). Aufgrund der neu eingefügten Bestimmungen kann die Verwirklichung eines Bundesstraßenvorhabens im Sinne des § 4 Abs. 1 BStG 1971 in der Nachbarschaft eines Seveso-Betriebs von der Bundesministerin bzw. dem Bundesminister für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie abgelehnt werden, wenn das Vorhaben das Risiko eines schweren Unfalls vergrößern oder die Folgen eines solchen Unfalls verschlimmern könnte. Diese Faktoren sollen bereits bei der Planung derartiger Vorhaben im Nahbereich eines Seveso-Betriebs berücksichtigt werden.

Der vierte Bereich dieser Novelle berücksichtigt ein in letzter Zeit ergangenes Judikat des Verfassungsgerichtshofes (G254/2017, V110/2017). In dieser Entscheidung hat sich der Verfassungsgerichtshof mit der Frage der raumordnungsrechtlichen Kompetenz von Bund und Ländern in Bezug auf Bundesstraßen auseinandergesetzt. Im Wesentlichen vertritt der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung, dass auch planende Maßnahmen, die Angelegenheiten der Bundesstraßen betreffen, nicht in die Zuständigkeit der Länder, sondern in die Zuständigkeit des Bundes fallen.

Die neu in § 14 BStG 1971 anzufügenden Absätze 1a und 1b sollen den Bund in die Lage versetzen, seine Fachplanungskompetenz bezüglich Bundesstraßen zu optimieren. Es soll für den Bund hinkünftig möglich sein, auch zur Sicherstellung der Umsetzung von Ausbauvorhaben und von betriebsnotwendigen Anlagen an bestehenden Bundesstraßen eine raumplanerische Entscheidung durch Erlassung einer Verordnung, mit der ein Bundesstraßenplanungsgebiet festgelegt wird, zu treffen. Die Bundesministerin bzw. der Bundesminister für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie ist dabei an bestimmte Voraussetzungen, durch welche Eigentumsrechte geschützt werden sollen, gebunden.

Im fünften Bereich dieser Novelle sollen durch Übergang der Zuständigkeit zur Vollziehung der Bestimmungen zum Schutz der Straßen betreffend Bauten an Bundesstraßen (§ 21) – mit Ausnahme der Entscheidung über eine Entschädigung (§ 21 Abs. 3) –, Ankündigungen und Werbungen (§ 25) sowie Anschlüsse von Straßen und Wegen, Zufahrten (§ 26) von der Landeshauptfrau bzw. dem Landeshauptmann zu der Bundesministerin bzw. dem Bundesminister für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (§ 32 Z 2) eine österreichweit einheitliche Vorgangsweise sichergestellt und ein einheitlich hoher Sicherheitsstandard im gesamten Netz gewährleistet werden.

 

Der Verkehrsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 1. Juli 2021 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Hermann Gahr die Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Dr. Johannes Margreiter, Hermann Weratschnig, MBA MSc, Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Walter Rauch sowie die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA und der Ausschussobmann Abgeordneter Alois Stöger, diplômé.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf einstimmig beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verkehrsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (936 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2021 07 01

                                 Hermann Gahr                                                           Alois Stöger, diplômé

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann