10080/J XXVII. GP

Eingelangt am 03.03.2022
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Peter Schmiedlechner

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus

 

betreffend Zahlen, Daten und Fakten zum Anerbenrecht

 

Unter dem Anerbenrecht versteht man die Vererbung eines landwirtschaftlichen Anwesens – eines sogenannten Erbhofs – an einen einzigen Erben von mehreren Miterben. Das Anerbenrecht soll sicherstellen, dass das Anwesen als Gesamtes erhalten bleibt, wurde jedoch auch als „überholt und nicht mehr zeitgemäß“[1] bezeichnet.

 

Gemäß Anerbengesetz[2] bezeichnet man Hofstellen, die mit land- und forstwirtschaftlichen Betrieben versehen sind, und die im Eigentum einer natürlichen Person, von Ehegatten oder eines Elternteils und eines Kindes stehen und einen durchschnittlichen Ertrag haben, der zur ausreichenden Erhaltung von zwei erwachsenen Personen ausreicht, als Erbhöfe. Dabei dürfen Erbhöfe nicht das Zwanzigfache des Durchschnittsertrags übersteigen. Sonderregeln bestehen in Kärnten und Tirol.[3]

 

In dieser Sondererbfolge wird der Hof getrennt vom sonstigen Vermögen betrachtet und folglich nach den besonderen Regeln des Anerbenrechts auf den Anerben vererbt. Aus allen möglichen Erben wird dann derjenige gewählt, der am besten geeignet ist und den Hof übernehmen möchte.

 

Dies kann nach der Höfeordnung das älteste Kind als Hoferbe sein. Für die Übernahme muss er jedoch die anderen Erben abfinden. Man bezeichnet diese Abfindung als Übernahmepreis oder Nachtragserbteilung.

 

Der Gegensatz zum Anerbenrecht ist die Realteilung, d.h. der Besitz einer Familie, insbesondere der Landbesitz wird unter den Erbberechtigten gleich aufgeteilt. Jene Aufteilung erfolgt bei jedem Erbgang, wodurch die Parzellen kleiner werden. Demgegenüber steht das Anerbenrecht mit einer ungeteilten Hofübergabe.

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus folgende

 

Anfrage

 

 

1.    Wie viele Verlassenschaften wurden 2021 nach dem Anerbenrecht abgewickelt? (Bitte nach Bundesländern gegliedert aufschlüsseln)

2.    Wie ist die Frage 1 für die Jahre 2015 bis 2020 zu beantworten?

3.    In wie vielen Fällen wurde der Hof nach einer vorgegebenen Rangordnung gemäß § 3 Anerbengesetz vererbt? (Bitte nach Bundesländern gegliedert für die Jahre 2015-2022 aufschlüsseln)

4.    Wie ist die vorangehende Frage analog betreffend Kärnten und Tirol zu beantworten?

5.    Wie hoch war der durchschnittliche Übernahmepreis? (Bitte nach Bundesländern gegliedert für die Jahre 2015-2022 aufschlüsseln)

6.    Wie hoch war die durchschnittliche Größe des Hofes? (Bitte nach Bundesländern gegliedert für die Jahre 2015-2022 aufschlüsseln)

7.    In wie vielen Fällen kam es für den Pflichtteil zur Stundung oder Ratenzahlung? (Bitte nach Bundesländern gegliedert für die Jahre 2015-2022 aufschlüsseln)

8.    In wie vielen Fällen wurde eine Stundung oder Ratenzahlung durch eine letztwillige Verfügung des Erblassers veranlasst? (Bitte nach Bundesländern gegliedert für die Jahre 2015-2022 aufschlüsseln)

9.    In wie vielen Fällen wurde eine Stundung oder Ratenzahlung bei Gericht beantragt? (Bitte nach Bundesländern gegliedert für die Jahre 2015-2022 aufschlüsseln)

10. In wie vielen Fällen wurde eine Stundung oder Ratenzahlung durch das Gericht veranlasst? (Bitte nach Bundesländern gegliedert für die Jahre 2015-2022 aufschlüsseln)

11. Auf welchen Zeitraum wurden die Stundung und Teilzahlungen genehmigt? (Bitte nach Bundesländern gegliedert für die Jahre 2015-2022 aufschlüsseln)

 

12. Was entgegnen Sie Stimmen, die das Anerbenrecht als „überholt und nicht mehr zeitgemäß“ bezeichnen?

13. Planen Sie in diesem Zusammenhang Novellierungen?

a.    Wenn ja, inwiefern?

b.    Wenn ja, wann?

c.    Wenn nein, warum nicht?

14. Welche Kosten werden durch die Vollziehung des Anerbengesetzes durch das Bundesministerium für Justiz im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft budgetwirksam?

15. Wie gestaltet sich diese Vollziehung konkret in Ihrem Ressort und speziell im Zusammenwirkung mit dem jeweils anderen Ressort?

16. Gibt es in Ihrem Verantwortungsbereich Studien, Gutachten, oÄ. im Zusammenhang mit dem Anerbenrecht?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn ja, wann wurden diese in Auftrag gegeben?

c.    Wenn ja, wer hat diese verfasst?

d.    Wenn ja, welche Kosten wurden dadurch budgetwirksam?

e.    Wenn ja, wo sind diese veröffentlicht?



[1] z.B. Stadler, Anerbenrecht – Historische Entwicklung und aktuelle Probleme, abrufbar unter https://diglib.uibk.ac.at/ulbtirolhs/download/pdf/3088408?originalFilename=true; unter Bezugnahme auf Kind, Anerbenrecht im Wandel der Zeit, ÖJZ 2003, 741.

[2] https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10001969

[3] https://www.anwaltfinden.at/ratgeber/erbrecht/anerbenrecht/