10083/J XXVII. GP
Eingelangt am 03.03.2022
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ANFRAGE
des Abgeordneten Peter Schmiedlechner
und weiterer Abgeordneter
an die Frau Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus
betreffend die Versorgung der heimischen Landwirtinnen und Landwirte mit Dünger und Rohstoffen für die Lebensmittelproduktion sicherstellen
„Moskau sichert sich Dünger“, ließ TopAgrar am 5. Februar 2022 wissen.
„Düngerproduzent Borealis soll an russischen Milliardär gehen
Die EuroChem-Gruppe des russischen Milliardärs Andrey Melnichenko übernimmt den Düngerhersteller Borealis. Parallel stoppt Russland überraschend die Ausfuhr von Ammoniumnitrat.“[1]
Die OMV ist mehrheitlich in der staatlichen Hand, wie man auch auf der Homepage des Unternehmens leicht erkennen kann:[2]

„Die Düngemittelsparte der Chemietochter der teilstaatlichen OMV, Borealis, soll in der zweiten Jahreshälfte 2022 an die mehrheitlich im Eigentum des russischstämmigen und in der Schweiz ansässigen Milliardärs Andrey Melnichenko stehende EuroChem-Gruppe verkauft werden. Es liege ein Anbot über 455 Mio. € vor, meldet aiz.info.“
Dieser geplante Verkauf überrascht, da die mehrheitlich staatliche OMV in diese Sparte erst 2020 investiert hat. Auf Wikipedia können wir zu diesem Vorgang lesen:
„Im März 2020 unterzeichnete die OMV eine Vereinbarung zur Aufstockung ihrer Beteiligung an Borealis: die OMV, die bislang 36 % der Anteile an Borealis hielt, erwirbt weitere 39 % und erhöhte damit ihren Anteil auf 75 %. Diese Akquisition war die bisher größte in der Unternehmensgeschichte und gleichzeitig eine Erweiterung der Wertschöpfungskette in Richtung Petrochemie.“[3]
Zu der ungewöhnlich schnellen Meinungsänderung der OMV schreibt TopAgrar mit Hinweis auf aiz.info:
„Laut Brancheninsidern werde die Düngemittelsparte aufgrund der von der Politik vorangetriebenen Abkehr von fossilen Rohstoffen und der Einschränkung des Betriebsmitteleinsatzes in der Landwirtschaft als nicht mehr zukunftsträchtig eingestuft. 2021 habe sich damit jedoch noch sehr gut verdienen lassen - denn trotz der enormen Verteuerung des wichtigsten Grundstoffs Erdgas hätten Dünger so viel mehr abgeworfen, um zur Vervierfachung des Gewinns der Borealis-Mutter OMV beitragen zu können, berichtet aiz.info.“[4]
Der Käufer EuroChem, der nach eigenen Angaben der fünftgrößte Düngemittelproduzent der Welt ist, würde sich mit dem Kauf des Borealis-Geschäftsbereichs Produktionsanlagen in Österreich, Deutschland und Frankreich sowie ein Verkaufs- und Vertriebsnetz sichern. Warum man eine nicht nur wirtschaftlich interessante, sondern auch für die Lebensmittelproduktion so wichtige Sparte abstoßen will, ist nicht nachvollziehbar.
Laut TopAgrar stoppte Russlands Regierung mit dem Start der Frühjahrskampagne auf den Feldern bis 1. April die Ausfuhr des wichtigen Ausgangsstoffes für Düngemittel, von Ammoniumnitrat; auch für Stickstoff- und Mehrnährstoffdüngern gibt es seit November Exportquoten. Als Begründung werden die stark gestiegenen Weltmarktpreise genannt und das Ziel die dortigen Landwirte ausreichend zu versorgen. Damit will Russland den steigenden Produktions- und Lebensmittelpreisen entgegenwirken.[5]
Zu der Situation am Düngemittelmarkt kommt auch noch der Ukraine-Krieg dazu.
Es gibt mehrere Probleme, welche auf die heimische Landwirtschaft in diesem Zusammenhang zukommen könnten/werden:[6]
Ukraine und Russland sind für die österreichische Lebensmittel von großer Bedeutung. Österreich hat letztes Jahr Ölfrüchte für 14 Millionen Euro aus der Ukraine importiert. Zum Vergleich: Die Weizenrechnung belief sich auf rund 1,2 Millionen Euro. Beträchtlich sind auch die Mengen an Raps, die jährlich aus der Ukraine importiert werden.

Es ist für die Sicherstellung einer ausreichenden Lebensmittelversorgung zu angemessenen Preisen sehr wichtig, diese Situation nicht nur zu beobachten, sondern auch schnell zu handeln.
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Frau Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus folgende
Anfrage
1. Wie sehen die langfristigen Prognosen für den Düngemittelmarkt in Österreich aus?
2. Wie sieht die Entwicklung des Düngemittelmarktes in den anderen EU-Ländern aus?
3. Wie sieht die weltweite Entwicklung des Düngemittelmarktes aus?
4. Wie entwickeln sich die Düngemittelpreise in Österreich, in der EU und weltweit?
5. Falls es Unterschiede in der Preisentwicklung in der EU oder weltweit zu Österreich gibt, was sind die Gründe?
6. Wird auch in anderen Ländern die Düngemittelproduktion als langfristig unwirtschaftlich angesehen?
7. Ist die Versorgung mit den Düngemitteln in Österreich für die nächsten 10 Jahre gesichert?
8. Warum hat die OMV im Jahr 2020 geglaubt ein Investment in Borealis ist sinnvoll?
9. Warum sieht die OMV im Jahr 2021 bzw. 2022 ein Investment in Borealis als nicht sinnvoll?
10. Was hat sich am Düngemittelmarkt zwischen 2020 und 2022 geändert?
11. Laut der Information im Artikel konnte man 2021 mit Düngemitteln noch sehr gut verdienen, warum verkauft dann die OMV ihre Anteile?
12. Warum greift „Moskau“ (bzw. Russland) wiederholt in den Düngemittelmarkt ein?
13. Aus welchen Quellen erhält Österreich das Ammoniumnitrat?
14. Wie wird sich die Düngemittelknappheit Punkto Qualität und Menge auf die österreichische Getreideproduktion auswirken?
15. Ist eine ausreichende Lebensmittelproduktion auch für den Fall, dass der Ukraine-Krieg länger andauert, sichergestellt?
16. Gibt es Prognosen wie sich die Preise der Lebensmittel in Österreich entwickeln werden, sollte der Ukraine-Krieg länger andauert?
17. Gibt es bereits jetzt erkennbare Auswirkungen des Ukraine-Krieges im landwirtschaftlichen Bereich?
a. Falls ja, welche?
b. Falls ja, was wurde unternommen, um diese Auswirkungen zu mildern oder zu verhindern?
18. Welche Vorkehrungen wurden getroffen, damit alle Rohstoffe (vor allem die landwirtschaftlichen Produkte) auch weiterhin ohne Einschränkungen vorhanden sind?
19. Sind ausreichend Saisoniers für die heimischen Betriebe vorhanden, sollte der Ukraine-Krieg länger andauern?
a. Falls ja, woher kommen die „Ersatzkräfte“?
b. Falls nein, welche Folgen wird dies haben?
20. Ist es sinnvoll, da von einer Verknappung von Lebensmitteln besonders von Getreide auszugehen ist, weitere Frei-Flächen für Photovoltaikanlagen zu verwenden?
21. Ist es sinnvoll, da von einer Verknappung von Lebensmitteln besonders von Getreide auszugehen ist, starr am neuen GAP-Programm festzuhalten?
22. Müsste man nicht gerade jetzt, um die Inflation nicht weiter anzuheizen, auf Stilllegungen und auf Biodiversitätsflächen verzichten?
23. Wie steht das Bundesministerium zum Ausverkauf von wichtigen österreichischen Unternehmen an ausländischen Investoren?
a. Ist dies zu begrüßen?
i. Falls ja, warum?
ii. Falls nein, was wird gemacht, um dies zu verhindern?`
b. Gibt es da eine Stellungnahme der Regierung, welche alle Minister mittragen?
i. Falls ja, wie lautet diese?
ii. Falls nein, welche Ministerium vertreten unterschiedliche Positionen?
[1] Düngerproduzent Borealis soll an russischen Milliardär gehen | top agrar online
[2] Über uns | OMV Konzern | OMV.at | OMV.at
[3] OMV – Wikipedia
[4] Düngerproduzent Borealis soll an russischen Milliardär gehen | top agrar online
[5] Düngerproduzent Borealis soll an russischen Milliardär gehen | top agrar online
[6] Ukraine-Krieg treibt Lebensmittelpreise in die Höhe - Unternehmen - derStandard.at › Wirtschaft