10097/J XXVII. GP

Eingelangt am 08.03.2022
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Anfrage

 

des Abgeordneten Mario Lindner, Genossinnen und Genossen,

an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

 

betreffend Diskriminierung von Schwulen, bisexuellen Männern und Transpersonen bei der Blutspende

 

Seit bald zwei Jahren wird die Debatte um die Diskriminierung von Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), in Österreich wieder verstärkt geführt. Damit schließt diese öffentliche und politische Diskussion an eine lange Reihe zivilgesellschaftlicher Aufschreie hinsichtlich der bestehenden Diskriminierung von schwulen und bisexuellen Männern und den fehlenden Diskriminierungsschutz beim Zugang zur Blutspende an. Noch immer fehlt ein Diskriminierungsverbot in der Blutspenderverordnung und noch immer werden MSM beispielsweise vom Roten Kreuz, entgegen den Vorgaben des Gesundheitsministeriums für 12 statt 4 Monaten von der Blutspende ausgeschlossen.

 

Besonders erschrocken zeigten sich viele Betroffene von Ihrer Anfragebeantwortung 8760/AB, in der Sie unter anderem feststellten: „Die österreichischen Blutspendeeinrichtungen und Expert:innen im Blutspendebereich haben mir stets glaubhaft versichert, dass ihnen in ihren Tätigkeiten jegliche Art von Diskriminierung fernliegt und die Diversität und Gleichstellung in einer offenen Gesellschaft als sehr wichtig erachtet wird.“ Klar muss sein, dass Fragen von Diskriminierung niemals ein „Interpretationsproblem“ sind – die Politik muss den Schaden, der durch politische Untätigkeit angerichtet wird, zu jedem Zeitpunkt ernstnehmen.

 

Aufsehenerregend waren dahingehend auch Äußerungen des Roten Kreuzes, das medial auf die Verkürzung der MSM-Ausschlussfrist durch den Standard-Anmanesebogen Ihres Ministeriums kommentierte: „Das Rote Kreuz setzt das bis dato nicht um. Die vom Gesundheitsministerium geleitete Blutkommission habe beschlossen, dass die Fristverkürzung erst nach Inkrafttreten der neuen Blutspendeverordnung durchgeführt werde. Die neue Blutspendeverordnung sei aber nach wie vor nicht in Kraft. Diese müsste, um Geltung zu erlangen, vom Gesundheitsminister unterschrieben werden, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme der Organisation.“[1]

 

Vor diesem Hintergrund werfen Ihre Antworten in der oben genannten Anfragebeantwortung zahlreiche weitere Fragen auf, die dringend einer Klärung bedürfen.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

Anfrage:

 

1.    In welchem Stadium der Ausarbeitung befindet sich die Ausarbeitung der neuen Blutspenderverordnung konkret?

a.    Bis wann wird diese neue Blutspenderverordnung veröffentlicht?

b.    Welche konkreten Punkte sollen in dieser Verordnung geändert werden bzw. welche konkreten Punkte werden dahingehend von der Blutkommission diskutiert? Bitte um detaillierte Antwort.

2.    Besteht momentan hinsichtlich der MSM-Rückstellung Änderungsbedarf in der in der Blutspenderverordnung?

a.    Wenn ja, welche konkreten Punkte müssten in der aktuellen Verordnung geändert werden, damit diese Rückstellfrist einer spezifischen Personengruppe aufgehoben wird?

3.    Stimmt die Aussage des Roten Kreuzes, dass von der Blutkommission beschlossen wurde, „dass die Fristverkürzung erst nach Inkrafttreten der neuen Blutspendeverordnung durchgeführt werde“?

a.    Wenn ja, wann wurde dieser Beschluss getroffen?

b.    Wenn ja, warum wurde das von Ihnen nicht kommuniziert und auch in entsprechenden Anfragebeantwortungen nicht angegeben?

4.    Sollten Sie Frage 4 positiv beantworten, waren damit Ihre medial, sowie beispielsweise in der Anfragebeantwortung 6238/AB getroffenen Aussagen, wonach mittels des im März 2021 von Ihnen veröffentlichten Dokuments „Standardisierte Algorithmen und Fragen eines standardisierten Anamnesebogens - Empfehlungen für mobile Blutspendeeinrichtungen“ die MSM-Rückstellfrist auf vier Monate verkürzt wurde, unwahr?

a.    Wenn ja, warum wurden von Ihrem Ministerium falsche Informationen kommuniziert?

b.    Wenn nein, ist damit die genannte Aussage des Roten Kreuzes unwahr?

5.    Welche konkreten Schritte zur Beendigung der Diskriminierung von MSM bei der Blutspende wurden von Ihnen seit der parlamentarischen Anfragebeantwortung 8760/AB vom 8. Februar 2022 gesetzt? Bitte um detaillierte Antwort.

6.    Liegen Ihnen inzwischen die, für Oktober 2021 erwarteten, Ergebnisse der Gesundheitsfolgenabschätzung der Gesundheit Österreich GmbH vor?

a.    Wenn ja, fügen Sie diese bitte Ihrer Anfragebeantwortung bei.

b.    Wenn nein, warum sind diese trotz gegenteiliger Ankündigungen noch immer verzögert?

7.    Welche Grundlage liegt der Einladung der „AUGE (Alternative, Grüne und Unabhängige Gewerkschafter:innen), Untergruppe Wien“ (s. 8760/AB) in die Gesundheitsfolgenabschätzung zugrunde?

a.    Gab es seitens Ihres Ministeriums irgendeinen, wie auch immer gearteten Einfluss auf die Erstellung der Liste der einzuladenden Organisationen? Wenn ja, welchen?

b.    Warum wurden keine anderen parteinahen Organisationen außer dieser grünen Gruppierung eingeladen?

c.    Wer gehörte der Steuerungsgruppe dieser Gesundheitsfolgenabschätzung an, die in 8760/AB genannt wird?

8.    Arbeitet Ihr Ministerium auf Basis der Gesundheitsfolgenabschätzung der Gesundheit Österreich GmbH an einer Neugestaltung der Blutspenderverordnung oder des standardisierten Anamnesebogens?

a.    Wenn ja, welche Inhalte und Ziele sollen dabei umgesetzt werden?

b.    Wenn ja, bis wann werden die Ergebnisse vorliegen?

c.    Wenn nein, warum sehen Sie dazu keine Notwendigkeit?

9.    In der Anfragebeantwortung 8759/AB erklärten Sie hinsichtlich des willkürlichen Ausschlusses von Transpersonen von der Blutspende durch das Rote Kreuz, dass „die Expert:innen der Blutkommission das Thema in das Arbeitsprogramm der Blutkommission aufgenommen und eine Unterarbeitsgruppe gebildet“ hätten. Liegen bereits Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe vor?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn nein, bis wann werden diese Ergebnisse vorliegen?

10. Wer genau gehört der in Frage 9 genannten Arbeitsgruppe an?

11. Welche genaue Zielsetzung verfolgt die in Frage 9 genannte Arbeitsgruppe?

12. In der Anfragebeantwortung 8759/AB gaben Sie an, dass die Frage des generellen Ausschluss transidenter Personen von der Blutspende in der Gesundheitsfolgenabschätzung „am Rande gestreift, jedoch nicht explizit betrachtet“ wurde und „zu einem späteren Zeitpunkt gesondert analysiert werden“ solle: Wann und in welchem Rahmen soll dieses Thema analysiert werden? Bitte um detaillierte Antwort unter Angabe des von Ihnen dahingehend geplanten Prozesses.

13. Sehen Sie keine Notwendigkeit, die Fragen des MSM-Ausschlusses und der generellen Ausschluss von transidenten Personen von der Blutspende gemeinsam zu diskutieren? Bitte begründen Sie Ihre Antwort.

a.    Wenn nein, welchen medizinischen Unterschied sehen Sie dafür?

14. In der Anfragebeantwortung 8759/AB stellten Sie hinsichtlich des willkürlichen Ausschluss von Transpersonen von der Blutspende durch das Rote Kreuz fest: „Die Rückstellung bzw. der Ausschluss von Spender:innen erfolgt aufgrund von Risikoabschätzungen der Sicherheit von Blut und Blutprodukten für Empfänger:innen sowie zum Schutz der Spender:innen. (…) In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass nach den Vorgaben der Blutspenderverordnung nur Personen, die sich einem Risiko für eine Infektion mit sexuell übertragbaren Krankheiten, insbesondere mit HIV und HBV, ausgesetzt haben, für die Dauer von zwölf Monaten nach diesem Ereignis und Personen, bei denen ein dauerndes Risikoverhalten für eine Infektion mit sexuell übertragbaren Krankheiten, insbesondere mit HIV und HBV, festgestellt wird, dauernd von der Blutspende auszuschließen sind.“ Welche konkreten medizinischen Daten liegen Ihrem Ministerium hinsichtlich eines „dauernden Risikoverhalten für eine Infektion mit sexuell übertragbaren Krankheiten, insbesondere mit HIV und HBV“ von Transpersonen vor? Bitte führen Sie die entsprechenden österreichischen Studien im Anhang Ihrer Anfragebeantwortung an.

15. Sollten Ihrem Ministerium keine in Frage 13 abgefragten Daten vorliegen, wie kontrolliert Ihr Ministerium dann die Einhaltung der Blutspenderverordnung durch die Blutspendeorganisationen? Bitte um detaillierte Antwort unter Angabe des Prozesses, der zur Anwendung kommt.

a.    Wie genau wurde in dieser Frage insbesondere der Ausschluss von Transpersonen durch das Rote Kreuz überprüft?

b.    Wenn keine derartige Überprüfung stattfand, warum nicht? Bitte begründen Sie Ihre Antwort.

16. Wenn keine, in Frage 14 abgefragte, Überprüfung stattfand bzw. Ihr Ministerium dazu keine Handhabe hat, welcher Rechts- oder Beschwerdeweg steht potentiell durch die Nicht-Einhaltung der Blutspenderverodnung diskriminierten Personen dann offen, um die Einhaltung zu überprüfen?



[1] https://www.derstandard.at/story/2000133365016/warum-derblutspende-ausschluss-von-schwulen-und-transpersonen-vorerst-bleibt