10124/J XXVII. GP

Eingelangt am 08.03.2022
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Anfrage

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort

betreffend Wem nutzt eine blinde Investitionskontrollbehörde?

 

Experten, Unternehmensvertreter und NEOS hatten von Anfang an große Bedenken zum Investitionskontrollgesetz (InvKG). Regierungspolitisch erklärtes Ziel des InvKG war es, Gefährdungen der Sicherheit und öffentlichen Ordnung, die aus der kontrollierende Einflussnahme von Investoren aus Drittstaaten an wirtschaftlich wesentlichen österreichischen Unternehmen entsteht, effektiver prüfen und abwehren zu können. Während die Intention noch verständlich ist, gab es legitime Kritikpunkte an der Vorgangsweise (1). Zum Beispiel wurde die EU-Verordnung größtenteils ohne die nötigen Klarstellungen direkt übernommen. Der Begriff der "Gefährdung der Sicherheit oder öffentlichen Ordnung" ist weder im Unionsrecht noch im nationalen Recht hinreichend definiert und stellt daher Antragsteller und Vollziehung gleichermaßen vor großen Herausforderungen. Die Anfrage 8077/J hat bereits aufgezeigt, dass BM Schramböck zwar im Rahmen ihres Politmarketings einen Schutz gegen einen Ausverkauf an China angekündigt hatte - tatsächlich aber dieses Instrument überwiegend Investitionen unserer Partner aus OECD Ländern betrifft. (2) Der erste Tätigkeitsbericht der Investitionskontrolle des BMDW (3) bestätigt die Wirkungslosigkeit des aktuellen Systems:

 

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Ein aktueller Fall bestätigt bestehende Zweifel über die Sinnhaftigkeit und die Fachkompetenz der neuen Behörde, ihre angedachte Rolle wahrzunehmen - also Fälle der tatsächlichen Gefährdung der Sicherheit und öffentlichen Ordnung zu erkennen. Die Londoner Investmentfirma Sova Kapital hat versucht die Kärntner Posojilnica Bank zu kaufen - eine Regionalbank der slowenischen Minderheit in Kärnten. Öffentlichen Berichten zufolge bestätigte das BMDW, dass die geplante Transaktion geprüft und genehmigt wurde (4), wenn auch mit zwei Auflagen. Diese drehten sich um die Sicherung der Standorte sowie eine bestimmte Quote für Personal aus der slowenischen Minderheit. Dabei war die Faktenlage schon laut Antragstellung mehr als dubios. Ein russischer Oligarch, Eigentümer der zweitgrößten Privatbank Russlands und Vertrauter des russischen Präsidenten, möchte eine kleine Regionalbank kaufen, die mit 73 Mio. Euro im Jahr 2015 von der Pleite gerettet wurde und eine cost-income-ratio (CIR) von über 100 aufweist, um im Anschluss sofort eine Filiale in Wien zu eröffnen. Im Gegensatz zur Investitionskontrolle im BMDW wurde die österreichische Finanzmarktaufsicht hellhörig. Im Zuge des Eigentümerkontrollverfahrens hat die Europäische Zentralbank schließlich die Übernahme wegen offensichtlicher Bedenken bezüglich der Einhaltung von Geldwäschestandards untersagt.

 

Der gegenständliche Fall zeigt große Schwächen im aktuellen Investitionskontrollsystem und wirft die Frage auf, welche Maßnahmen vonseiten der Bundesministerin Schramböck vorbereitet werden, um die im gesetzlich vorgesehene Prüfung der Gefährdungen der Sicherheit und öffentlichen Ordnung in der Praxis tatsächlich zu gewährleisten. Gerade aktueller internationaler Krisen, wie die Invasion der Ukraine durch Russland, bringt eine Investitionskontrollbehörde nur dann einen Mehrwert, wenn sie trotz Umgehungskonstruktionen über andere Länder das Gefahrenpotenzial richtig einschätzen kann.

Im Ergebnis werden nämlich seriöse Investition behindert und zeitlich verzögert (siehe parlamentarische Anfrage 8077/J, während problematische Investitionen ungehindert durch die "Kontrolle" des BMDW flutschen.

 

 

Quellen:

  1. https://kurier.at/wirtschaft/schutz-oder-abschreckung-streit-um-schramboecks-vorstoss/400949765
  2. https://www.derstandard.at/story/2000131552932/angst-vor-chinesischen-investoren-ist-bisher-unbegruendet
  3. https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/III/III_00584/index.shtml
  4. https://www.diepresse.com/6097152/wie-die-uebernahme-einer-kaerntner-bank-an-den-aufsehern-scheiterte

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Welche Konsequenzen werden aus dem gegenständlichen Fall gezogen und entsprechend umgesetzt?
  2. Werden zur Verbesserung der Situation Änderungen des Investitionskontrollgesetzes vorbereitet?
    1. Wenn ja: Inwiefern soll das Gesetz geändert werden? 
    2. Wenn ja: Wann soll die Änderung dem Parlament vorgelegt werden?
    3. Wenn nein: Warum werden trotz des gegenständlichen Beispiels einer Fehleinschätzung keine Maßnahmen getroffen?
  1. Wird eine gesetzliche Präzisierung des Begriffs "Gefährdung der Sicherheit oder öffentlichen Ordnung" vorbereitet?
    1. Wenn ja: Inwiefern soll das Gesetz präzisiert werden? 
    2. Wenn ja: Wann soll die Änderung dem Parlament vorgelegt werden?
    3. Wenn nein: Warum werden trotz des gegenständlichen Beispiels einer Fehleinschätzung keine Maßnahmen getroffen?
  1. Werden personelle Änderungen innerhalb der für die Investitionskontrolle zuständigen Organisationseinheiten vorbereitet?
    1. Wenn ja: Welche und wann sollen diese umgesetzt sein?
    2. Wenn ja: Wird eine Aufstockung der Zahl der Vollzeitäquivalente vorbereitet?
    3. Wenn nein: Warum nicht?
  1. Inwiefern findet eine Zusammenarbeit zwischen Investitionskontrollbehörde und Finanzmarktaufsicht statt?
    1. Inwiefern werden Maßnahmen für eine bessere Zusammenarbeit vorbereitet?
  1. Welche Maßnahmen werden für eine effizientere Investitions- sowie Ausfuhrkontrolle angesichts der russischen Invasion und dem bestehenden Sanktionsregime getroffen?
    1. Werden gesetzliche Änderungen vorbereitet?

                                          i.    Wenn ja: Inwiefern soll das Gesetz geändert werden? 

                                        ii.    Wenn ja: Wann soll die Änderung dem Parlament vorgelegt werden?

    1. Wird eine Aufstockung der Zahl der Vollzeitäquivalente vorbereitet?

                                          i.    Wenn ja: Welche und wann sollen diese umgesetzt sein?