10184/J XXVII. GP
Eingelangt am 11.03.2022
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Anfrage
der Abgeordneten Josef Hechenberger, Kolleginnen und Kollegen,
an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie
betreffend Lebensmittelverschwendung in Österreich
Alleine in Österreich landen rund 1 Million Tonnen Lebensmittel im Müll. Hauptverursacher der Lebensmittelverschwendung sind private Haushalte mit 58 Prozent. Gefolgt vom Außer-Haus-Verzehr mit 19 Prozent, 14 Prozent verursacht die Verarbeitung und 9 Prozent Supermärkte und der Großhandel. Damit könnte man ganz Tirol und Vorarlberg ein Jahr lang ernähren[1].
Die Haushalte sind also die größten Lebensmittelverschwender. Jedes Jahr wirft ein österreichischer Haushalt somit 300 bis 400 Euro in den Müll. Laut einer Greenpeace-Recherche werden jährlich Waren im Wert von mindestens 1,4 Milliarden Euro verbrannt.[2]
Erst im Jänner sorgte ein Video von „Greenpeace“ für Aufregung.[3] Dieses Video zeigt tonnenweise verpackte Produkte, die in der Müllverbrennungsanlage legal entsorgt werden. Zahlreiche Österreicherinnen und Österreicher zeigten sich schockiert von diesem Video, das vor allem Tiefkühlfleisch zeigt, dass vernichtet wird. Teilweise waren die Produkte noch nicht einmal abgelaufen. Kritisiert wird besonders, dass die Lebensmittel vernichtet werden, anstatt sie karitativen Einrichtungen oder anderen Food-Sharing-Anbietern zu überlassen.[4]
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie folgende
Anfrage
1) Laut Ihrer Anfragebeantwortung 8086/AB vom 13.12.2021 fand im September 2021 die erste Sitzung der Koordinierungsstelle gegen Lebensmittelverschwendung statt. Welche Themen wurden hier besprochen bzw. welche Maßnahmen wurden im Jahr 2021 gesetzt?
a) Welche Maßnahmen planen Sie für das Jahr 2022?
b) Laut Ihrer Anfragebeantwortung 8086/AB vom 13.12.2021 tritt diese Gruppe einmal im Jahr zusammen. Wieso nicht öfter?
2) Im Entschließungsantrag der Regierungsparteien vom 10. Dezember 2020 wurde festgehalten, dass bestehende Gesetze und Fördersysteme evaluiert werden. Welche Gesetze und Fördersysteme haben Sie bisher evaluiert?
a) Was sind die Ergebnisse dieser Evaluierungen? Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie daraus? Welche Gesetze oder Förderungen müssen angepasst bzw. geändert werden?
b) Sollte es noch keine Evaluierungen gegeben haben, warum wurden seit Dezember 2020 keine Evaluierungen vorgenommen?
3) Im Entschließungsantrag der Regierungsparteien vom 10.12.2020 wurde auch beschlossen und festgehalten, dass ein Verbot des Entsorgens von genusstauglichen Lebensmitteln aus dem Lebensmitteleinzelhandel (Kaskadenmodell nach dem Vorbild Frankreich) zu prüfen ist. Des Weiteren findet sich dieser Punkte auch im Regierungsprogramm. Was sind die Ergebnisse dieser Prüfung?
a) Wann soll das Gesetz umgesetzt werden und wie soll es im Detail aussehen? Wie soll der Lebensmitteleinzelhandel künftig mit nicht verkauften und genusstauglichen Lebensmitteln umgehen?
4) Ein Grund für Lebensmittelverschwendung ist das Mindesthaltbarkeitsdatum. Produkte dürfen vom Lebensmitteleinzelhandel nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums nicht mehr verkauft werden und auch Konsumentinnen und Konsumenten werfen vermeintlich abgelaufene Lebensmittel im Haushalt weg, obwohl sie meist noch genusstauglich sind. Planen Sie hier Schritte bzw. Gesetzesänderungen das Mindesthaltbarkeitsdatum umzubenennen oder gar bei einigen Lebensmitteln wie Salz, Konserven, Wasser etc. wegzulassen?
a) Hat die Koordinierungsstelle gegen Lebensmittelverschwendung hier Ideen oder Vorschläge erarbeitet, wie man besser mit dem Thema Mindesthaltbarkeitsdatum umgehen soll?
5) Arbeiten Sie und Ihr Ministerium mit anderen Ministerien, etwa dem Bildungsministerium, an gemeinsamen Projekten, um die Bewusstseinsbildung rund um das Thema Lebensmittelverschwendung etwa in Kindergärten, Schulen, Universitäten, Bildungseinrichtungen etc. zu stärken? Gibt es hier konkrete Projekte?
a) Wenn nein, warum nicht?
b) Laut einer Forsa-Studie wünschen sich Schülerinnen und Schüler ein Schulfach „Lebensmittelverschwendung und Klimaschutz. Gibt es Gespräche mit dem Bildungsministerium oder Vorschläge von Ihrer Koordinierungsstelle gegen Lebensmittelverschwendung künftig ein Fach „Lebensmittelverschwendung und Klimaschutz“ einzuführen oder zumindest, dass dieses Thema vermehrt in verschiedenen Fächern behandelt wird?
6) Der Großteil der noch genusstauglichen Lebensmittel wird in Privathaushalten entsorgt. Welche Schritte planen Sie hier, um bei den Konsumentinnen und Konsumenten ein besseres Bewusstsein in Bezug auf Lebensmittelverschwendung zu schaffen?
a) Wo und wie soll diese Bewusstseinsbildung stattfinden?
b) Gibt es schon Kampagnen bzw. Initiativen, die Sie ins Leben gerufen haben? Wenn ja, welche sind das genau? Wenn nein, warum gibt es von Ihrem Ministerium bisher keine Initiativen bzw. Kampagnen?
c) Was kosten diese Kampagnen und wer wurde zur Planung, Durchführung und/oder Begleitung des Projekts beauftragt? Bitte um eine Auflistung.
7) Gibt es in Ihrem Ministerium konkrete Zahlen, wie sich die Lebensmittelverschwendung während der Pandemie in Privathaushalten, Lebensmittelhandel, Produktion, Gastronomie etc. entwickelt hat? Bitte um Aufschlüsselung nach einzelnen Branchen und nach Jahren beginnend bei 2018.
8) Liegen Ihrem Ressort Daten vor, wie viele Lebensmittel aufgrund der Lockdowns bzw. geringeren Konsumation in Restaurants, Hotels oder Großküchen vernichtet bzw. entsorgt werden mussten? Bitte um Aufschlüsselung nach Branchen und nach Jahren beginnend bei 2020.
9) Planen Sie einen Aktionsplan mit rechtlich-verbindlichen Zielen für die einzelnen Branchen, die auch sanktionierbar sind?
a) Wenn ja, wann soll dieser Plan präsentiert und umgesetzt werden?
b) Wenn nein, warum nicht?
c) Wieso wurden die einzelnen Branchen bisher nicht verpflichtet, ihre Lebensmittelabfälle transparent zu machen? Arbeiten Sie an einer Transparenz-Offensive? Wenn ja, wie soll diese genau aussehen? Wenn nein, warum nicht?
10) Gemäß dem Abfallwirtschaftsgesetz ist eine Reduktion von 30 Prozent in den Bereichen Handel, Außer-Haus-Konsum und privater Haushalte bis 2025 und bis 2030 eine Reduktion der vorgesehenen 50 Prozent der vermeidbaren Lebensmittelabfälle vorgesehen. Wie wollen Sie diese zugesicherten Ziele erreichen? Bitte um Auflistung konkreter Projekte.
a) Wie hat sich die Lebensmittelverschwendung in den Jahren 2019, 2020 und 2021 entwickelt?
11) Gegenüber der APA nannte Ihr Ministerium, dass bereits mit elf großen Handelsunternehmen eine Vereinbarung zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen getroffen worden sei. 2020 seien so 20.000 Tonnen genussfähiger Lebensmittel gerettet und an soziale Einrichtungen weitergegeben worden. Weitere 10.000 Tonnen wurde als Tierfutter abgegeben. Dadurch seien 2020 rund 30 Prozent der ausgebuchten Lebensmittel "gerettet" worden. Mit welchen elf Handelsunternehmen haben sie diese Vereinbarung getroffen? Bitte um Auflistung. An welche sozialen Einrichtungen wurden die „geretteten Lebensmittel“ weitergegeben? Bitte um Auflistung.
12) In Ihrer Anfragebeantwortung 1886/AB vom 6.7.2020 haben Sie erwähnt, dass sie an einer Ausarbeitung eines Leitfadens betreffend die Analyse von Biotonnen (und damit den Anteil an Lebensmittelabfällen) gemeinsam mit den Bundesländern planen. Gibt es hier bereits Ergebnisse?
a) Wenn ja, bitte um genaue Aufschlüsselung.
b) Wenn nein, warum nicht und wann kann man mit Ergebnissen rechnen?
13) Es gibt bereits mehrere Aktionen oder Apps wie „to good to go“, die sich dem Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung verschrieben haben. Arbeiten Sie mit Ihrem Ministerium mit solchen Aktionen gegen Lebensmittelverschwendung zusammen bzw. gibt es spezielle Förderungen für solche Aktionen?
a) Wenn ja, mit welchen und für welche gab es wie viele Förderungen?
b) Wenn nein, warum nicht?
c) Plant Ihr Ressort selbst eine App oder Kooperationen, um die Lebensmittelverschwendung weiter zu reduzieren?
14) Plant ihr Ressort, dass Restaurants wie in Frankreich verpflichtet werden sollen, sogenannte „Doggybags“ anzubieten, – also Möglichkeiten, um Reste der Mahlzeiten mit nach Hause zu nehmen?
15) Gibt es in Ihrem Ministerium Legislativvorschläge, um Lockangebote im Handel wie „Nimm drei zahl zwei“, „Multipacks“ zu verringern?
[1] Quelle: https://www.landschafftleben.at/lebensmittelverschwendung)
[2] Quelle: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20220208_OTS0120/greenpeace-recherche-lebensmittel-im-wert-von-mindestens-14-milliarden-euro-werden-jaehrlich-verbrannt
[3] Quelle: https://www.puls24.at/video/puls-24/greenpeace-video-zeigt-gigantische-lebensmittelverschwendung-in-oesterreich/v-chb5k05mo59l
[4] Quelle: https://www.salzburg24.at/news/oesterreich/greenpeace-video-zeigt-lebensmittelverschwendung-auf-115849213