10261/J XXVII. GP

Eingelangt am 23.03.2022
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Anfrage

 

der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, Mag. Harald Stefan

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Millionenskandal um Fristversäumnis bei einem gefährlichen Terroristen

 

Tupal I. wurden zu 6,5 Jahren unbedingte Haft wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verurteilt. Brisant ist, dass Tupal I. bis vor Kurzem noch auf freiem Fuß war. Er musste im Mai 2021 aus der Grazer Justizanstalt enthaftet werden, weil die Höchstdauer der U-Haft von zwei Jahren überschritten wurde.

(Quelle: https://www.krone.at/2656455)

 

Wie Sie in der Anfragebeantwortung 6538/AB vom 12.07.2021 zu 6605/J (XXVII. GP) zu Frage 6 ausgeführt haben, wurde er am 24. April 2019 verhaftet. Es folgte eine umfangreiche Aufstellung der Ermittlungsschritte mit komplexen Zuständigkeitsfragen, die am 5. Mai 2021 mit der Enthaftung des anfragegegenständlichen Angeklagten führten. Sie verwiesen zudem unter Frage 5 auf die unerstreckbare Höchstfrist für die Untersuchungshaft, die in § 178 StPO normiert ist.

 

Im aktuellen Artikel, auf den oben Bezug genommen wurde, wurden folgende Stellungnahmen zitiert: „Den Schwarzen Peter will freilich keiner haben. ‚Alle Instanzen waren flink‘, sagt die Sprecherin des Landesgerichts Wien, Christina Salzborn. ‚Intensive Ermittlungen waren nötig, die Anklage umfasst 201 Seiten‘, betont auch Hansjörg Bacher, Sprecher der Staatsanwaltschaft Graz.“ Ein schwacher Trost, hinsichtlich der Tatsache, dass ein vom Staatsschutz als brandgefährlich eingestufter Terrorist fast ein Jahr auf freiem Fuß war.

 

Abgesehen davon kam dieses Versagen dem Steuerzahler sehr teuer, wie die „Kronen Zeitung“ abschließend berichtete: „Fest steht: Aufgrund seiner Gefährlichkeit wurde der Terror-Verdächtige auf freiem Fuß vom Staatsschutz überwacht - Kostenpunkt der monatelangen Oberservation für den Steuerzahler: rund 1,3 Millionen Euro für insgesamt 59.000 (!) Arbeitsstunden. Mittlerweile hat er die Haft endlich angetreten ...“

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Justiz folgende

 

Anfrage

 

1.    Gibt es eine Überprüfung des Akten- bzw. Verfahrenslaufes?

2.    Wenn ja, sind dabei die einzelnen „Stationen“ und Zeiträume, in denen sich der Akt bei der zuständigen Staatsanwaltschaft oder bei dem zuständigen Gericht befand, von der Enthaftung bis zum Antritt der Haftstrafe, sowie der genaue Prozessverlauf dargelegt worden? (Mit dem Ersuchen um eine Aufstellung einer Zeittafel)

3.    War der zuständigen Staatsanwaltschaft und dem zuständigen Gerichten die Gefährlichkeit, sowie der damit einhergehende enorme Observationsaufwand in diesem Zeitraum zu jeder Zeit bekannt?

4.    Welche Maßnahmen wurden gesetzt bzw. welche Schritte wurden veranlasst, um diese Zeitspanne möglichst kurz zu halten?

5.    Gab es seitens der Staatsanwaltschaft oder Gericht entsprechende Bemühungen einen Weg zu finden, den Angeklagten wieder rechtskonform in U-Haft zu bringen?

6.    Wenn ja, inwiefern?

7.    Wenn nein, warum nicht?

8.    War der Angeklagte für zuständige die Staatsanwaltschaft oder das zuständige Gericht zu jeder Zeit greifbar bzw. verfügbar?

9.    Wenn ja, musste er polizeilich vorgeführt werden?

10. Wenn ja, wie oft musste er vorgeführt werden?

11. Wenn nein, wann und warum war der Angeklagte nicht greifbar bzw. verfügbar?

12. Gab es seitens des Justizministeriums bereits eine Evaluierung des gesamten Sachverhaltes bzw. des komplexen Ablaufes, um derartige Vorfälle – in Anbetracht der Gefährlichkeit und der damit verbundenen exorbitanten Kosten – verhindern zu können?

13. Wenn ja, wie gestaltete sich diese Evaluierung?

14. Wenn ja, wo wurden Fehler, Versäumnisse oder Rechtslücken festgestellt, die dies Verhindern hätten können?

15. Wenn ja, was ist der aktuelle Ergebnisstand bzw. das abschließende Fazit dieser Evaluierung?

16. Wenn nein, warum nicht?

17. Wenn nein, wird es eine derartige Evaluierung noch geben und bis wann soll diese gegebenenfalls abgeschlossen sein?

18. Welche Gesamtkosten sind für diesen Fall, von der Verhaftung im Jahr 2019 bis zum Haftantritt im Jahr 2022 im Bundesministerium für Justiz insgesamt angefallen und wie gliedern sich diese Kosten auf?