10268/J XXVII. GP

Eingelangt am 23.03.2022
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Anfrage

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen 

betreffend Fehlkonstruktion COFAG

 

Ein Zeitungsbericht am 10.2.2021 berichtete von Plänen eines bekannten Wiener Barbetreibers, Amtshaftungsansprüche gegen die Republik Österreich geltend zu machen. Im Zentrum der Kritik steht die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes. Recherchen haben darüber hinaus ergeben, dass dem gegenständlichen Schreiben ein Reklamationsprozess von rund 6 Monaten des betreffenden Unternehmens vorausgegangen ist, indem der Sachverhalt mehrmals der COFAG-Geschäftsführung und auch dem Bundesminister für Finanzen zur Kenntnis gebracht worden ist. Ähnliche Schritte erwägen auch andere Unternehmer_innen, die ihre Tätigkeit kurz vor Beginn der Pandemie aufgenommen haben.

Darüber hinaus wird festgehalten, dass die COFAG nicht über die notwendigen personellen und infrastrukturellen Ressourcen verfügt, um die vom Gesetzgeber vorgegebenen Aufgaben zu erfüllen. Ein Personalstand von rund 25 Mitarbeitern wickelt ca. eine Million Anträge über ein Förder- und Hilfsvolumen von rund EUR 10 Milliarden ab. 

Außerdem wurde vonseiten der Regierung bekanntgegeben, dass Haftungen und Garantien der Republik, die als Coronahilfen gewährt wurden, in stille Beteiligungen umgewandelt werden sollen. Es steht der Verdacht im Raum, dass diese Beteiligungen von der COFAG verwaltet werden sollen. Das würde in der Folge bedeuten, dass die COFAG noch weit über die Corona-Krise hinaus Bestand haben müsste, um diese Beteiligungen zu verwalten. Die Staatsbeteiligungen lägen dann in einer privatrechtlich organisierten Gesellschaft, die der parlamentarischen Kontrolle entzogen ist.

Das "Angebot" solcher Staatsbeteiligungen stellt für die Betriebe an sich ein Problem dar: Jede kreditgebende Bank wird vom Unternehmen die Annahme der Staatsbeteiligung verlangen, weil damit das bankinterne Rating des Unternehmens besser wird (Kapitalbeteiligung statt aushaftender Kredit) und sich die offenen Finanzierungen dieser Bank weniger belastend für die eigenen Eigenmittelkennzahlen auswirken. Die Unternehmen geraten also durch das "Angebot" einer Staatsbeteiligung in die Zange von Staat und Bank. Richtigerweise müsste die Republik stattdessen auf Grund der länger andauernden Corona-Krise die Garantien verlängern.

 

Quellen:

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

  1. Eingelangte Klagen wegen COVID-Hilfen
    1. Wie viele Reklamationen im Zusammenhang mit der behaupteten Unterförderung von Geschäftsaufnahmen wurden dem Bundesministerium für Finanzen seit 2020 zur Kenntnis gebracht?

                                          i.    Wie hoch ist das ungefähre Volumen der in diesen Fällen behaupteten Unterförderung?

    1. In wie vielen Fällen (prozentuell) werden zusätzliche Dokumente zur Entscheidung über Förderungsansuchen angefordert?

                                          i.    Wie lange dauert die Nachreichung der angeforderten Dokumente im Durchschnitt?

                                        ii.    Wie lange dauert die Abwicklung des Förderantrags in solchen Fällen nach Einbringung der angeforderten Dokumente im Durchschnitt?

    1. Vom wem wurden die, der Entscheidung zugrundeliegenden, Gutachten erstellt?
    2. Wurden diese Gutachten den betroffenen Unternehmen zur Verfügung gestellt?
    3. Werden diese Gutachten auch von externen Auftragnehmer_innenn erstellt?

                                          i.    Falls ja - wie hoch sind die durchschnittlichen Kosten dieser Gutachten?

    1. Wurden seitens COFAG bzw. der Republik Österreich Rückstellungen für mögliche Klagen seitens Unternehmen wegen Unterförderung dotiert?

                                          i.    Falls ja - wie hoch sind die Rückstellungen in der COFAG und wie hoch seitens der Republik Österreich?

  1. Zeitraum März bis Dezember 2020
    1. Wie hoch war der Mitarbeiter_innenstand in der COFAG zum 31.12.2020?
    2. Wie hoch war die Anzahl der abgewickelten Fälle im Zeitraum März 2020 bis Dezember 2020 und das Volumen?
    3. Wurde zusätzlich zu den fixen Mitarbeiter_innen für den Zeitraum März 2020 bis Dezember 2020 ein Call-Center beauftragt?

                                          i.    Falls ja - wie hoch waren die Kosten dieses Call-Centers?

                                        ii.    Falls ja - was waren die konkreten Aufgaben dieses Call-Centers?

                                       iii.    Falls ja - welche Qualifikation hat die Mitarbeiter_innen dieses Call-Centers?

    1. Wie viele weitere Tätigkeiten für Gesellschaften im Eigentum des Bundes hatte Geschäftsführer Perner neben seiner Geschäftsführungstätigkeit in der COFAG?
    2. Wie viel Arbeitstage hat Herr Geschäftsführer Perner zwischen März 2020 und Dezember 2020 für seine Tätigkeit in der COFAG aufgewendet?
    3. Welche Boni für die Geschäftsführung wurden vereinbart?

                                          i.    Welche Ziele müssen erfüllt sein, damit ein Bonus fließt?

    1. Wie oft wird der Beirat von der COFAG über ihre Tätigkeit informiert?
    2. Wie hoch waren die externen Beratungskosten der COFAG im Zeitraum März 2020 bis Dezember 2020 insgesamt? 

                                          i.    In welchen Zusammenhängen stehen diese Beratungskosten?

                                        ii.    Welche Anwaltskanzleien und mit welchem Volumen wurden von der COFAG mit der rechtlichen Expertise beauftragt?

                                       iii.    Wie hoch waren die Kosten für die Prüfung von strittigen Fällen?

  1. Zeitraum Jänner bis Dezember 2021
    1. Wie hoch war der durchschnittliche Mitarbeiter_innenstand in der COFAG im betreffenden Zeitraum?
    2. Wie hoch war die Anzahl der abgewickelten Fälle im Jahr 2021 und das Volumen?
    3. Wie hoch waren die externen Beratungskosten im betreffenden Zeitraum in Summe? Bitte in die Bereiche Rechtsfragen und Förderungen angeben.
    4. Wie hoch war die Anzahl der Reklamationen im Jahr 2021?

                                          i.    Welche Kosten sind im Zusammenhang mit der Bearbeitung dieser Reklamationen entstanden?

                                        ii.    Wie hoch war das behauptete Fördervolumen im Zusammenhang mit diesen Reklamationen?

                                       iii.    Wie groß war die Anzahl der Fälle, bei denen Schnittstellenprobleme zwischen COFAG und Finanzministerium festgestellt wurden?

    1. Wie viel Arbeitstage hat Herr Geschäftsführer Perner zwischen im Jahr 2021 für seine Tätigkeit in der COFAG aufgewendet?
    2. Welche Boni für die Geschäftsführung wurden vereinbart?

                                          i.    Welche Ziele müssen erfüllt sein, damit ein Bonus fließt?

    1. Wie oft wird der Beirat von der COFAG über ihre Tätigkeit informiert?
    2. Wie hoch waren die externen Beratungskosten der COFAG im Jahr 2021 insgesamt? 

                                          i.    In welchen Zusammenhängen stehen diese Beratungskosten?

                                        ii.    Welche Anwaltskanzleien und mit welchem Volumen wurden von der COFAG mit der rechtlichen Expertise beauftragt?

                                       iii.    Wie hoch waren die Kosten für die Prüfung von strittigen Fällen?

  1. Zukunft
    1. Wie lange soll nach Entscheidungen des BMF die COFAG nach Auslaufen der COVID-Wirtschaftshilfen weiterbestehen?
    2. Bestehen bereits vertragliche Vereinbarungen, aus denen sich eine Dauer des Fortbestandes der COFAG ergibt?
    3. Für welche COVID-Überbrückungsgarantien sollen die Regressforderungen auf die COFAG übergehen? 

                                          i.    Welche Gesichtspunkte waren für diese Auswahl ausschlaggebend? Warum gehen manche Regressforderungen auf die COFAG über und andere nicht?

                                        ii.    Welche Aspekte haben dagegen gesprochen, die Regressforderungen bei einer einzigen Abwicklungsstelle zu bündeln (z.B. beim AWS)?

    1. Wurden Berechnungen über die Höhe der zu erwartenden Ausfälle bei den COVID-Überbrückungsgarantien angestellt?

                                          i.    Wie hoch ist nach diesen Berechnungen das Ausfallsrisiko?

    1. Welche Vorteile zieht die Republik Österreich aus der Umwandlung einer Garantie oder Haftung in eine stille Beteiligung? 
    2. Zu wessen Nachteilen wirken sich diese Vorteile aus?
    3. Inwiefern wurden vonseiten der COFAG oder des BMF Gespräche mit Bankenvertretern darüber geführt, die Unternehmen nicht zu einer Beantragung der Umwandlung in stille Beteiligungen zu drängen?
    4. Liegen interne Papiere der COFAG vor, die den Beiräten zur Kenntnis gebracht wurden, wonach Banken beauftragt wurden, sich für eine Umwandlung der Forderungen in stille Beteiligungen einzusetzen?
    5. Liegen interne Papiere der COFAG vor, die eine herannahende Insolvenzwelle nahelegen?

                                          i.    Wird darin eine Kommunikationslinie empfohlen, wonach Insolvenzen ab September d.J. aus Eigenverschulden der Unternehmen entstanden sind und die Hilfen gewirkt haben, um mögliche Ansprüche von Massenverwaltern abzuwehren?