10279/J XXVII. GP

Eingelangt am 23.03.2022
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Anfrage

der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Eva-Maria Holzleitner, BSc,

Genossinnen und Genossen

an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt

betreffend Obsorge ab dem 1. Tag

 

Die internationale Datenanalyse des Rechercheverbunds "Lost in Europe" (vgl. https://lostineurope.eu/file) zeigt: 18.292 unbegleitete geflüchtete Kinder und Jugendliche sind zwischen den Jahren 2018 und 2020 in Europa verschwunden. Da viele EU-Mitgliedstaaten hierzu kaum bzw. keine Daten erheben, liegt die Vermutung nahe, dass es sich bei dieser Zahl um eine Dunkelziffer handelt.

Das Thema "Missing Children", also verschwundene Kinder mit Fluchterfahrung, ist seit Jahren bekannt. Dennoch gilt es nach wie vor als ein Tabuthema, zu dem es kaum genaue Zahlen bzw. eine einheitlich umfassende Datenerhebung auf nationalstaatlicher und europäischer Ebene gibt. Laut den Erhebungen des Rechercheverbundes "Lost in Europe" sind 207 Kinder und Jugendliche aus Österreich betroffen.

Minderjährige Geflüchtete stellen eine der vulnerabelsten gesellschaftlichen Gruppen dar, die oft besonderen Risiken und Gefahren ausgesetzt sind, darunter Ausbeutung und sexuelle Gewalt, Menschenhandel, militärischer Ausbeutung oder Kinderarbeit. Daher müssen auch gemäß BVG Kinderrechte und der UN-Kinderrechtskonvention besondere Maßnahmen getroffen werden, um diese Kinder zu schützen und ihnen ein sicheres Leben zu ermöglichen. Es ist wichtig, einem Kind, das unbegleitet in Österreich ankommt, Obsorge ab dem 1. Tag zu gewährleisten, unabhängig vom Asylverfahren. Der Krieg in der Ukraine macht dies drängender denn je.

Auf Basis der Ergebnisse der Kindeswohlkommission, sowie auf Basis des Entschließungsantrags 212/E zum Thema Verschwinden von Kindern und Jugendlichen mit Fluchterfahrung, der auf eine Initiative der SPÖ zurückgeht und in der Sitzung der Nationalrates vom 19.11.2021 angenommen wurde – und ganz besonders unter dem Blickwinkel der derzeitigen Situation von flüchtenden Kindern und Jugendlichen aus der Ukraine, die das Recht auf ein schutzwürdiges und gutes Leben, auch durch Obsorge ab dem 1. Tag, haben – stellen die unterfertigten Abgeordneten daher folgende

 

ANFRAGE 

 

1.       Wurde der Entschließungsantrag 212/E und die damit einhergehenden Forderungen nach Obsorge ab dem 1. Tag für unbegleitete Kinder und Jugendliche ab dem ersten Tag der Ankunft in Österreich zum Zeitpunkt der Einbringung dieser Anfrage bereits umgesetzt?

a.       Falls ja, in welchem Ausmaß wurde die Obsorge der unbegleiteten Kinder und Jugendlichen ab dem ersten Tag der Ankunft in Österreich umgesetzt? Bitte um detaillierte Beschreibung des konkreten Umsetzungstandes der einzelnen Forderungen.

b.       Falls nein, warum nicht?

c.       Falls nein, ab welchem Zeitpunkt wird die Obsorge von unbegleiteten Kindern und Jugendlichen ab dem ersten Tag der Ankunft in Österreich umgesetzt werden?

3.       Welche Leistungen erhalten unbegleitete Kinder und Jugendliche im Rahmen der Obsorge ab dem ersten Tag der Ankunft in Österreich konkret?

4.       Wie hoch ist der aktuelle Tagsatz für unbegleitete minderjährige geflüchtete Kinder und Jugendliche?

5.       Wird der Tagsatz für unbegleitete minderjährige geflüchtete Kinder und Jugendliche erhöht?

a.       Wenn ja, wann und auf welche Höhe?

b.       Wenn nein, warum nicht?

6.       Wie ist die Unterbringung unbegleiteter minderjähriger geflüchteter Kinder und Jugendlicher derzeit gestaltet?

7.       Für welchen Zeitraum, ist die Obsorge der unbegleiteten Kinder und Jugendlichen ab dem ersten Tag der Ankunft in Österreich durch die Kinder- und Jugendhilfe gewährleistet?

8.       Welche finanziellen Mittel werden der Kinder- und Jugendhilfe aus dem Bundeshaushalt zur Verfügung gestellt, um die Obsorge von unbegleiteten Kindern und Jugendlichen ab dem ersten Tag der Ankunft in Österreich zu gewährleisten? Bitte um Aufschlüsselung der finanziellen Mittel jeweils nach Jahr und nach Bundesland im Zeitraum von 2010 bis heute.

9.       Konkret auf die derzeitige Situation von flüchtenden Kindern und Jugendlichen aus der Ukraine bezogen: Für wie viele der bislang angekommenen unbegleiteten Kinder und Jugendlichen konnte die Obsorge ab dem ersten Tag ihrer Ankunft in Österreich bereits gewährleistet werden?

a.       Wie sieht diese konkrete Obsorge von unbegleiteten Kindern und Jugendlichen aus der Ukraine ab dem Tag ihrer Ankunft in Österreich aus, welche Leistungen sind davon umfasst?

b.       Wer ist mit der Obsorge der unbegleiteten Kindern und Jugendlichen aus der Ukraine ab dem ersten Tag ihrer Ankunft betraut? Übernimmt das auch die Kinder- und Jugendhilfe oder eine andere Organisation, Einrichtung etc.? Bitte um Auflistung aller Einrichtungen, Organisationen etc.

c.       Für wie lange wird die Obsorge von unbegleiteten Kindern und Jugendlichen aus der Ukraine ab dem ersten Tag ihrer Ankunft gewährleistet?

d.       Wie hoch sind die finanziellen Mittel, die für die Obsorge von unbegleiteten Kindern und Jugendlichen aus der Ukraine ab dem ersten Tag ihrer Ankunft zur Verfügung stehen? Woher kommen diese finanziellen Mittel konkret?