10284/J XXVII. GP

Eingelangt am 23.03.2022
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Mag.a Dr.in Petra Oberrauner,

 Genossinnen und Genossen

an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort

betreffend Einsatz eines digitalen Krisenstabs

 

Vor dem Hintergrund der Falschinformationen rund um das Coronavirus und die damit einhergehenden Maßnahmen wurde ein digitaler Krisenstab eingerichtet. Dieser beabsichtigt, Fake News aufzuspüren und sie richtig zu stellen. Angaben des Bundeskanzleramtes zufolge ist dieser Krisenstab bereits seit März 2020 eingerichtet und agiere seither rund um die Uhr. Im Hintergrund bestünde dieser Krisenstab sowohl aus Beamt*innen aus dem Bundeskanzleramt als auch aus Polizeischüler*innen des Bildungszentrums der Sicherheitsexekutive Wien (Anfragebeantwortung 1334/AB).

In dieser Anfragebeantwortung wurden unter anderem folgende Information übermittelt:

„Am 19. März 2020 wurde im Bundeskanzleramt ein digitaler Krisenstab eingerichtet. Dieser arbeitet in Form einer ressortübergreifenden Zusammenarbeit und wird vom Büro des Medienbeauftragten Gerald Fleischmann koordiniert. […] Bundesministerien stellen für die Arbeit des Stabes Kontaktpersonen für Rückfragen und ressortspezifische Informationen zur Verfügung. Derzeit sind elf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundeskanzleramts in unterschiedlichem Ausmaß im digitalen Krisenstab tätig. […] Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Digitalen Stab werden von zehn Polizeischülerinnen und Polizeischülern unterstützt.“

Und weiter:

„Der digitale Krisenstab wurde eingerichtet, um eine möglichst umfassende und zielgerichtete Informationsarbeit in Bezug auf das Coronavirus für die Bevölkerung auch über die offiziellen digitalen Kanäle sicherzustellen. […] Zur Arbeit des digitalen Krisenstabs gehört auch die Beantwortung von Fragen der Bürgerinnen und Bürger auf den digitalen Kanälen. Aus diesem Grund hat das Bundeskanzleramt in seiner Rolle als „Facilitator“ die Einrichtung eines gesamtgesellschaftlichen „Aufdecker Netzwerks“ gegen Falschinformation in Bezug auf das Coronavirus initiiert […].“

Zum „Aufdecker Netzwerk“:

„Das vom digitalen Krisenstab koordinierte Netzwerk hat am 19. März 2020 seine Arbeit aufgenommen und besteht aus derzeit ca. 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Dazu zählen Vertreterinnen und Vertreter der österreichischen Medien sowie Expertinnen und Experten aus der Zivilgesellschaft, der Wissenschaft und Forschung […]. Ziel des Netzwerks ist es, dass alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch den schnellen Informationsaustausch einen guten Überblick über aktuelle kursierende Falschmeldungen in Bezug auf das Coronavirus bekommen und dadurch – im Sinne einer gesamtgesellschaftlichen Zusammenarbeit – die entsprechende Informationsarbeit sowie Aktivitäten im Bereich Faktenprüfung weiter optimiert werden können. […] Einmal pro Tag werden die von den teilnehmenden Medien und den Expertinnen und Experten einzeln eingemeldeten Inhalte gesammelt und an das Netzwerk zum Austausch sowie für Recherchen ausgeschickt. Die von den Medien und den Expertinnen und Experten recherchierten und richtig gestellten Inhalte werden vom digitalen Krisenstab auf den eigenen offiziellen digitalen Kanälen des Bundeskanzleramts als solche verwendet und sind dort ersichtlich. Das geschieht beispielsweise durch einen Hinweis, dass es sich bei einer bestimmten Meldung um keine bestätigte Information bzw. um eine definitive Falschinformation handelt, und durch das zur Verfügung stellen von Beiträgen der Teilnehmerinnen und Teilnehmern des „Aufdecker Netzwerks“.“

Zur Zusammenarbeit auf europäischer Ebene:

„Österreich nimmt dazu aktiv am EU-Rapid Alert System gegen Desinformation teil. Dieses europäische Netzwerk soll dabei helfen, durch den Austausch von Informationen, Berichten und „best practices“ zwischen den EU-Mitgliedstaaten im Kampf gegen bewusst gestreute Falschnachrichten schlagkräftiger zu werden. Ein Mitarbeiter aus der Stabstelle Medien fungiert als nationaler Kontaktpunkt und koordiniert die interministerielle Zusammenarbeit in Bezug auf das Europäische Schnellwarnsystem. Der derartige Austausch mit anderen EU-Mitgliedstaaten hat sich als wertvoll erwiesen.“

Seitdem ist es ruhig um den digitalen Krisenstab geworden. In der Öffentlichkeit ist er nicht wahrnehmbar. Die Medienstabstelle gibt es in der damaligen Form auch nicht mehr. Deshalb ist es höchste Zeit für Aufklärung und Evaluierung seiner Tätigkeit.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE 

1.       Wer hat die Entscheidung zum Einsatz eines Digitales Krisenstabs getroffen? Und wann wurde sie getroffen? (Anmerkung: Hier ist nicht der Tag der Einrichtung, der 19. März 2020 gemeint, sondern wann tatsächlich die Entscheidung für den Einsatz des Krisenstabes getroffen wurde)

2.       Wieso wurde der Krisenstab im Bundeskanzleramt eingerichtet und nicht bei einer unabhängigen Stelle?

a.       Wie kam es zu dieser Entscheidung und wer war in diesen Entscheidungsprozess mit eingebunden?

3.       Wie definiert der Krisenstab Falschinformation und Fake News?

a.       Auf welcher wissenschaftlichen Grundlage basiert diese Definition?

b.       Auf welcher rechtlichen Grundlage basiert diese Definition?

c.       Wer beurteilt letztlich, ob es sich bei einer Nachricht um Falschinformation handelt?

4.       Wie viele Falschinformationen konnte der Krisenstab seit Etablierung im März 2020 bereits identifizieren?

a.       Gibt es eine breitere statistische Erhebung (Indikatoren wie die inhaltliche Kategorie der Falschmeldung, auf welcher Plattform etc.) zu den Falschinformationen, die der Krisenstab identifiziert?

i.                     Wenn ja, wie sieht diese Erhebung konkret aus? Bitte um Aufschlüsselung jeweils nach Jahr, Kategorie und Plattform.

ii.                   Wenn nein, warum nicht?

b.       Gibt es eine Auswertung/Analyse der identifizierten Falschnachrichten?

i.                     Wenn ja, wie sieht diese Analyse aus? Nach welchen Kriterien wird analysiert? Und welche Erkenntnisse und Folgen leiten Sie daraus ab?

ii.                   Wenn nein, warum nicht?

iii.                 Welche waren die zentralen Falschmeldungen der letzten Jahre, welche Kategorien haben sie betroffen? Und wie haben sich die Falschmeldungen (in Kategorie und Anzahl) im Laufe der Jahre verändert?

5.       Wird für die Ausforschung von Falschinformationen eine spezielle Technologie bzw. eine spezielle Software verwendet?

a.       Wenn ja, um welche Software handelt sich hierbei? Wird hierfür mit speziellen Tech-Firmen bzw. Betreiber*innen digitaler Plattformen kooperiert?

i.                     Wenn ja, um welche Firmen bzw. Betreiber*innen handelt es sich hierbei?

ii.                   Wenn ja, wie sieht diese Zusammenarbeit aus?

b.       Wenn nein, wie werden Falschinformationen dann ausgeforscht?

6.       Welche Daten werden im Zuge der „Ausforschung der Falschinformation“ erhoben?

a.       Werden personenbezogene Daten erhoben?

b.       Wenn Daten erhoben werden, auf welcher rechtlichen Grundlage basiert das Erheben der Daten?

i.                     Wenn ja, werden die erhobenen Daten über einen bestimmten Zeitraum gespeichert? Wie lange und wo werden sie gespeichert? Wer hat Zugriff auf diese Daten? Werden Zugriffe dokumentiert?

ii.                   Wenn die erhobenen Daten nicht gespeichert werden, was passiert mit den gesammelten Daten, nachdem Nachrichten als Fake News identifiziert wurden?

7.       Gibt es einen Bericht zur Arbeit des Krisenstabs?

a.       Wenn ja, wird dieser veröffentlicht?

i.                     Wenn nein, warum nicht?

b.       Wenn nein, warum gibt es keinen Bericht zur Arbeit des Krisenstabs?

8.       In der Anfragebeantwortung seitens des Bundeskanzleramts wurde auch festgehalten, dass „zur Arbeit des digitalen Krisenstabs auch die Beantwortung von Fragen der Bürgerinnen und Bürger auf den digitalen Kanälen gehören“.

a.       Wie viele Anfragen erreichen den Krisenstab im Schnitt täglich? Und wie viele sind es jährlich?

b.       Zu welchen Themen erreichen den Krisenstab Anfragen?

9.       Wie ist der Krisenstab heute - beinahe zwei Jahre nach seiner Einrichtung - personell aufgestellt?

a.       Wer leitet diesen Krisenstab (operativ)? Wer ist im Leitungsgremium dieses Krisenstabs?

b.       Wie viele Mitarbeiter*innen zählt der digitale Krisenstab Anfang 2022?

c.       Wofür sind diese Mitarbeiter*innen im Einzelnen zuständig?

d.       Wo ist der Krisenstab konkret angesiedelt, in welche organisatorischen Einheit?

10.   Sind alle Ministerien durch Mitarbeiter*innen im Krisenstab vertreten?

a.       Falls ja, wie viele Mitarbeiter*innen sind je Ministerium im Krisenstab vertreten? Welche Aufgaben erfüllen die Mitarbeiter*innen konkret

b.       Falls nein, warum sind nicht alle Ministerien durch Mitarbeiter*innen im Krisenstab vertreten?

11.   Sind andere öffentliche Organe, beispielsweise die Bundesländer, im Krisenstab vertreten?

a.       Falls ja, in welcher Form?

b.       Falls nein, warum nicht?

12.   In der damaligen Anfragebeantwortung wurde auch festgehalten, dass Polizeischüler*innen Teil des Krisenstabs sind.

a.       Was ist genau ist die Aufgabe der Polizeischüler*innen im Krisenstab?

b.       Wurden die Polizeischüler*innen vorab für diesen Einsatz speziell auf das Thema Fake News geschult?

i.                     Wenn ja, wie lange und in welcher Form wurden sie geschult?

ii.                   Wenn nein, warum nicht?

iii.                 Wenn nein, wie stellen Sie sicher, dass die Polizeischüler*innen die notwendigen Qualifikationen für diese Tätigkeit mitbringen?

13.   Mit welcher Häufigkeit tauschen sich die Mitglieder des Krisenstabs aus?

14.   Wird dieser Digitale Krisenstab auch nach dem Ende der Corona-Maßnahmen weiterhin im Einsatz bleiben?

a.       Wenn ja, in welcher Form?

b.       Wenn nein, warum nicht?

15.   Zum sogenannten „Aufdeckernetzwerk“: Hat sich die Aufgabe des Netzwerks seit Gründung verändert, sind neue Schwerpunkte oder Themenbereiche dazu gekommen?

a.       Wenn ja, welche?

16.   Wie viele Mitglieder zählt das Netzwerk Stand Anfang 2022?

a.       Wer ist im Netzwerk vertreten? Bitte um Aufschlüsselung der Mitglieder nach Expert*innen, Medienvertreter*innen, Vertreter*innen der Zivilgesellschaft, Vertreter*innen der Wissenschaft, Forschung etc.

i.                     Nach welchen Kriterien wurden diese ausgewählt?

b.       Welche Medienunternehmen sind Mitglied des Netzwerks?

i.                     Nach welchen Kriterien wurden diese ausgewählt?

17.   Welche Aufgaben kommen den einzelnen Mitgliedern des Netzwerks zu? Wie sieht die Aufgabenverteilung unter den Mitgliedern aus?

18.   Aus Angaben der Anfragebeantwortung geht hervor, dass das Bundeskanzleramt die vom Netzwerk die richtiggestellten Informationen in den Social Media Kanälen veröffentlicht und als richtig gestellt markiert.

a.       Wo genau werden diese Informationen veröffentlicht?

b.       In welchen zeitlichen Abständen werden diese Informationen veröffentlicht?

c.       Wie viele wurden bisher pro Jahr veröffentlicht?

d.       Wie viele Personen können mit den richtiggestellten Informationen durchschnittlich erreich werden?

e.       Zu den Informationen selbst: Wie viele werden als „keine bestätigte Information“ markiert, und wie viele werden als „definitive Falschmeldung“ markiert?

19.   Zur Zusammenarbeit auf europäischer Ebene: Österreich ist Teil des EU-Rapid Alert System gegen Desinformation, vertreten laut Aussagen des Bundeskanzleramts durch einen Mitarbeiter der Stabstelle Medien.

a.       Welche Rolle und Aufgaben kommt Österreich im Rahmen dieses Systems nach?

b.       Ist der Mitarbeiter, der Österreich im EU Rapid Alert System gegen Desinformation vertritt, speziell auf diese Aufgabe vorbereitet? Wurde er im Bereich Fake News geschult? Welche Ausbildung ist für diese Position erforderlich?

i.                     Wenn nein, warum nicht?

c.       Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit anderen Ressorts betreffend EU Rapid Alert System gegen Desinformation? Welche Rolle kommt den anderen Bundesministerien zu?

i.                     Sind hier weitere öffentliche Organe, bsp. Vertreter*innen der Bundesländer, auch mit eingebunden? Wenn nein, warum nicht?

d.       Welche learnings wurden bisher aus dem EU-RAS-d gezogen und für Österreich genutzt?

20.   Seit April 2020 sollten die EU-Mitgliedstaaten die ergriffenen Maßnahmen im Bereich Fake News zudem den anderen Mitgliedstaaten und der EU Kommission zur gegenseitigen Begutachtung in regelmäßigen Abständen zur Verfügung stellen.

a.       Was konkret meldet Österreich hier ein?

b.       Wie oft meldet Österreich ein?

21.   Darüber hinaus sollten die Mitgliedstaaten der EU Kommission über die nach diesen Empfehlungen getroffenen Maßnahmen Bericht erstatten.

a.       Wer war in Österreich für die Erarbeitung dieses Berichts zuständig? Was ist die Erkenntnis aus diesem Bericht?

b.       Wurde dieser Bericht dem Nationalrat bereits vorgelegt?

i.                     Wenn ja, wann?

ii.                   Wenn nein, warum nicht?