10289/J XXVII. GP
Eingelangt am 24.03.2022
Dieser Text ist elektronisch
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter,
Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin
für Justiz
betreffend Wo bleibt die Reform des Maßnahmenvollzugs?
Die Möglichkeit der Unterbringung im Maßnahmenvollzug wurde in Österreich mit der Strafrechtsreform vom 1. Jänner 1975 erstmals geschaffen und ist sowohl im Strafvollzugsgesetz (StVG) als auch im Strafgesetzbuch (StGB) und in der Strafprozessordnung (StPO) geregelt.
Zum Stichtag 01.03.2022 sind in Österreich 1.397 Personen in einer Form des Maßnahmenvollzugs untergebracht, Tendenz deutlich steigend.1
Die Anwendung des Maßnahmenvollzugs in Österreich ist Gegenstand vielfacher Kritik durch Nichtregierungsorganisationen und Juristen kritisiert, da eine stetige Zunahme von Häftlingen im Maßnahmenvollzug zu beobachten war und er es erlaubt, Menschen auf unbestimmte Zeit ohne weitere Entscheidung hinsichtlich ihrer Zukunft festzuhalten. Die Notwendigkeit einer weiteren Anhaltung bedarf lediglich einer jährlichen Einzelfallprüfung.
Nachdem der heimische Umgang mit „geistig abnormen Rechtsbrechern“ vom EGMR bereits in den Jahren 2015 und 2017 als rechtswidrig eingestuft wurde und auch der Rechnungshof seit einem guten Jahrzehnt Reformen im österreichischen Maßnahmenvollzug einmahnt, wurde im Vorjahr der Entwurf eines Maßnahmenvollzuganpassungsgesetzes 2021 in Begutachtung geschickt, wobei diese Gesetzesinitiative im Wesentlichen durch den Terroranschlag vom 02.11.2020 in Wien induziert war und demgemäß ihren Schwerpunkt darauf gerichtet hatte, terroristische Straftäter in den Maßnahmenvollzug übernehmen zu können, ohne das System, unter welchen Bedingungen es zur Anordnung vorbeugender Maßnahmen kommen kann und wie diese zu vollziehen sind, einer grundlegenden Reform zu unterziehen.
Doch auch hinsichtlich dieser "Reform" herrscht seit Juli 2021 Stillstand. Die Probleme im Zusammenhang mit dem zum Teil menschenrechtswidrigen Verfahren zur Anordnung vorbeugender Maßnahmen und deren Vollzug werden aber täglich größer.
1verglichen mit Zahlen der im Maßnahmenvollzug Untergebrachten 2019, siehe:
Monika Stempkowski, Legalbewährung psychisch kranker Rechtsbrecher, Eine empirische Untersuchung der gesunkenen Wiederkehrer-Rate Maßnahmenuntergebrachter nach § 21 Abs 2 StGB)
und 2020 siehe: https://www.kleinezeitung.at/oesterreich/5896629/Nach-Anschlag-in- Wien_MassnahmenvollzugAuslastung-bei-120-Prozent)
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage:
1. Gibt es im ho. Ressort mittlerweile eine Entscheidung darüber, den im Juli 2017 vorgestellten Entwurf des Maßnahmen-Reform-Gesetzes 2017, insbesondere beinhaltend ein Maßnahmenvollzugsgesetzes (MVG) der weiteren parlamentarischen Behandlung zuzuführen?
a. Wenn "ja", wann ist damit zu rechnen?
b. Wenn "nein", warum nicht?
2. Befindet sich ein inhaltlich abzuändernder Entwurf in Ausarbeitung? Wenn "ja", welche Forderungen des 2015 erarbeiteten 96-seitigen Forderungskataloges der 40 ExpertInnen aus verschiedenen Bereichen des Straf- und Maßnahmenvollzugs sollen darin Berücksichtigung finden bzw. welche nicht und mit welcher Begründung nicht?
3. Stehen Ihnen ausreichend budgetäre Mittel zur Verfügung, um die Forderungen der Expertenkommission umzusetzen?
4. Wie viele Mittel sind in den Kalenderjahren 2020 und 2021 jeweils für die Instandsetzung und die Anpassung an menschenrechtliche Standards der JA Göllersdorf vorgesehen?
a. Welche Instandsetzungsmaßnahmen bzw. infrastrukturelle Vorhaben werden in der JA Göllersdorf in den Kalenderjahren 2020 und 2021 jeweils umgesetzt?
5. Wie viele Mittel sind in den Kalenderjahren 2020 und 2021jeweils für die Instandsetzung und die Anpassung an menschenrechtliche Standards der JA Garsten vorgesehen?
a. Welche Instandsetzungsmaßnahmen bzw. infrastrukturelle Vorhaben werden in der JA Garsten in den Kalenderjahren 2020 und 2021 jeweils umgesetzt?
6. Wie viele Mittel sind in den Kalenderjahren 2020 und 2021jeweils für die Instandsetzung und die Anpassung an menschenrechtliche Standards der JA Stein vorgesehen?
a. Welche Instandsetzungsmaßnahmen bzw. infrastrukturelle Vorhaben werden in der JA Stein in den Kalenderjahren 2020 und 2021 jeweils umgesetzt?
7. Wie viele Mittel sind in den Kalenderjahren 2020 und 2021 jeweils für die Instandsetzung und die Anpassung an menschenrechtliche Standards der JA Wien- Mittersteig vorgesehen?
a. Welche Instandsetzungsmaßnahmen bzw. infrastrukturelle Vorhaben werden in der JA Wien-Mittersteig in den Kalenderjahren 2020 und 2021 jeweils umgesetzt?
8. Wie viele Mittel sind in den Kalenderjahren 2020 und 2021 jeweils für die Instandsetzung und die Anpassung an menschenrechtliche Standards der JA Graz- Karlau vorgesehen?
a. Welche Instandsetzungsmaßnahmen bzw. infrastrukturelle Vorhaben werden in der JA Graz-Karlau in den Kalenderjahren 2020 und 2021 jeweils umgesetzt?
9. Wie hat sich die Zahl der Untergebrachten im Zeitraum von Jänner 2012 bis Dezember 2021 jeweils monatlich verändert, aufgeschlüsselt nach Justizanstalt bzw. anderen Einrichtungen?
10. Wie viele Untergebrachte wurden im Zeitraum von Jänner 2012 bis Dezember 2021 jeweils monatlich entlassen? (Wir bitten um Aufschlüsselung nach Justizanstalt bzw anderen Einrichtungen)
11 .Wie lange sind die Betroffenen im Durchschnitt untergebracht? (Wir bitten um Aufschlüsselung nach Justizanstalt bzw anderen Einrichtungen)
12. Wie hat sich die Zahl der verfügbaren Ärztinnen und Ärzte im Bereich des Maßnahmenvollzugs in den Jahren 2012 bis 2021 monatlich entwickelt, aufgeschlüsselt nach Fachgebiet und Justizanstalt bzw. anderen Einrichtung?
13. Zu wie vielen Suiziden ist es in den Jahren 2012 bis 2021 aufgeschlüsselt nach Jahren und Justizanstalten bzw ob in Strafhaft oder im Maßnahmenvollzug, gekommen?
14. Welche Maßnahmen hat das BMJ in der Vergangenheit gesetzt Suiziden im Maßnahmenvollzug vorzubeugen?
15. Welche Maßnahmen wird das BMJ in dieser Legislaturperiode setzen um Suiziden Im Maßnahmenvollzug zukünftig vorzubeugen?
16. Was ist aus dem Ende Mai 2021 im Nationalrat eingelangtem und am 07.07. 2021 der Bundesministerin für Justiz übermittelten Maßnahmenvollzugsanpassungsgesetz 2021 geworden?
17. Welche konkreten Erkenntnisse konnte das BMJ in den letzten Jahren sammeln und wie möchte man diese konkret künftig in das Gesetz einfließen lassen?
18. Welche Therapieangebote im Bereich des Maßnahmenvollzug werden derzeit konkret angeboten?
19. Welche Therapieangebote sollen künftig angeboten werden?
20. Wie hoch sind die zu erwartenden Kosten, die
durch die Reform anfallen
werden?