10320/J XXVII. GP

Eingelangt am 24.03.2022
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Anfrage

der Abgeordneten Petra Wimmer, Mag. Selma Yildirim, Genossinnen und Genossen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Erhöhung der Regelbedarfssätze aufgrund der Ergebnisse der Kinderkostenstudie

Der Regelbedarf stellt jenen angenommenen Durchschnittsbedarf dar, den jedes Kind einer bestimmten Altersstufe in Österreich, ohne Rücksicht auf die konkreten Lebensverhältnisse der Herkunftsfamilie, hat. Die aktuellen Regelbedarfsätze basieren auf der Konsumerhebung 1964 und werden seither auf Basis des Verbraucherpreisindex jährlich valorisiert. Die Regelbedarfssätze dienen als Grundlage für Unterhaltsfragen in Österreich und werden vom Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien jährlich aktualisiert. Allerdings haben sich die technischen Gegebenheiten, die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen und der Alltag allgemein seit 1964 gravierend geändert. 1964 waren Computer, Internet und Handys Science-Fiction. In vielen Haushalten gab es damals noch das „Vierteltelefon“. Das heißt, man teilte sich mit drei Nachbarn die Telefonleitung. Wenn einer telefonierte, war man selbst nicht erreichbar.

Die Hoffnung war somit groß, als Sozialminister Anschober im Juli 2020 nach langem Zögern endlich die Erstellung einer Kinderkostenanalyse beauftragte. Es war davon auszugehen, dass die neuen empirischen Erkenntnisse als Grundlage für eine gerechtere Familienpolitik herangezogen werden. Seit Dezember 2021 liegen nun die Ergebnisse der Kinderkostenanalyse der Statistik Austria am Tisch. Welche gesetzlichen Änderungen oder Reformen wurden seither durchgeführt? Keine. Auch diese von der Bundesregierung beauftragte und bezahlte Studie droht in der Versenkung zu verschwinden.

Dabei bestätigt die Kinderkostenstudie, was seit der Covid19-Pandemie immer offensichtlicher wurde: es braucht dringend Reformen in der Familienpolitik. Insbesondere Ein-Eltern-Haushalte brauchen mehr Unterstützung. Im Schnitt erhalten Ein-Eltern-Haushalte nur 376 Euro Unterhalt, Unterhaltsvorschuss oder Halbwaisenrente für alle im Haushalt lebenden Kinder gemeinsam. Die mittleren monatlichen Kinderkosten betragen jedoch 900 Euro pro Kind. Einmal mehr wird belegt, welch enorme finanzielle Belastung auf den Alleinerziehenden liegt. Fehlt der Unterhalt, hat das unmittelbare Auswirkung auf die Lebensqualität der Kinder. Fast jedes 5. Kind in Österreich ist armutsgefährdet. Nahezu jedes zweite Kind von Alleinerziehenden hat mit Armuts- und Ausgrenzungsgefährdungen zu kämpfen. Eigentlich sollte das Ziel einer gerechten Familienpolitik sein, genau diese Kinder und Familien bestmöglich zu unterstützen.

Die Umsetzung der 2017 von allen Parteien befürworteten Unterhaltsgarantie auf Basis des tatsächlichen Bedarfs von Kindern sowie die Anpassung der seit 1964 nicht erhöhten Regelbedarfssätze sind besonders wichtige Schritte, um die Armuts- und Ausgrenzungsgefährdung von Kindern zu minimieren.

Aufgrund der fehlenden Umsetzung stellen die unterfertigten Abgeordneten daher folgende

ANFRAGE

1.       Alle Parteien befürworteten 2017 die Unterhaltsgarantie. Im Regierungsprogramm fehlt dieses Bekenntnis. Ist dennoch geplant, die Unterhaltsgarantie gesetzlich zu verankern?

a) Wenn ja, wann?

b) Wenn nein, warum nicht?

2.       Sind Ihrem Ressort die Ergebnisse der Kinderkostenstudie bekannt?

a.       Wenn ja, welche gesetzlichen Änderungen in Ihrer Zuständigkeit sind geplant?

b.       Wenn ja, wie lautet der Zeitplan für die Umsetzung dieser Änderungen?

c.       Wenn nein, warum sind Ihnen die Ergebnisse nicht bekannt?

3.       Ist geplant, die Regelbedarfssätze anhand der aktuellen Kinderkostenstudie anzuheben?

a.       Wenn ja, wie lautet der Zeitplan zur gesetzlichen Umsetzung?

b.       Wenn ja, wie hoch wäre die durchschnittliche Erhöhung für wieviele Kinder?

c.       Wenn nein, warum nicht?