10397/J XXVII. GP
Eingelangt am 25.03.2022
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ANFRAGE
des Abgeordneten Walter Rauch
und weiterer Abgeordneter
an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie
betreffend Green Deals: Wer verdient am Klimarat?
Durch parlamentarische Anfragen der FPÖ zum Klimarat konnten bereits zahlreiche Missstände aufgedeckt werden:
1. Leserbriefmanipulation: In Folge der Anfrage „betreibt der Klimarat Leserbriefmanipulation?“ wurde ein entsprechendes Hilfsangebot des Klimarates für das Schreiben von Leserbriefen von der Website entfernt.[1]
2. Flugwerbung: Es wurde eingestanden, dass der YouTube-Kanal des Klimarates ohne Impressum für das Sammeln von Flugmeilen warb. Werbung gibt es zwar noch immer, aber nun zumindest mit Impressum.[2]
3. Teuer und gelenkt: Der Prozess des Klimarates ist durch zahlreiche Vorgaben keineswegs ergebnisoffen und der Pool aus 15 Moderatoren sowie dessen Koordination und Prozessdesign verursachen Kosten iHv. 565.920 EUR.[3]
4. Fokusgruppe statt „Mini-Österreich“: Beim Klimarat handelt es sich um kein „Mini-Österreich“, sondern um eine streng selektierte Fokusgruppe. Auch Personen ohne 2G-Status wurden von vorne herein ausgeschlossen.[4]
Obwohl der Klimarat über ein hohes Budget für Öffentlichkeitsarbeit verfügt – insgesamt über 500.000 EUR – wurde der Klimarat einer breiteren Öffentlichkeit erst dadurch bekannt, dass dieser Betrag gleich ein Viertel dessen Gesamtbudgets beträgt.
Die kommunikative Begleitung übernimmt einerseits die Agentur Lockl & Keck GmbH des Grünen ORF-Stiftungsrates Lothar Lockl. Deren Begleitung des Auftaktes des Klimarates kostete 90.000 Euro. Mit Teilen des genannten Auftrages war auch Ulli Kittelberger betraut, die derzeit „Urbane Kommunikation“ macht – sie war früher Pressesprecherin der Wiener Grünen unter Maria Vassilakou. Die in der Anfragebeantwortung als maximaler Auftragswert bezeichneten Kosten für die kommunikative Begleitung durch die Lockl & Keck GmbH von Februar bis Juni sind mit 304.552 Euro beziffert.[5]
Für die Corporate Identity des Klimarates wurde mit einem Auftragsvolumen iHv. 123.765 Euro die Werbeagentur Jung von Matt betraut: „Diese Agentur ist nahe an den Grünen. 2015 etwa wechselte Martin Radjaby von den Grünen zur Agentur und von dort zur Ersten Bank. 2017 half die Agentur beim Wahlkampf der Grünen mit – dies allerdings nicht so erfolgreich. Die Kampagne des grünen Bundespräsidenten van der Bellen gestalteten sie ebenfalls. Dazu gewann Jung von Matt im Juni 2021 den politischen Mega–Kommunikationsetat der Bundesregierung von maximal 30 Millionen Euro.“[6]
Eine Anfrage des Standards zur Frage, welche Leistungen für all das Geld konkret erbracht werden, beantwortete das Ministerium so: „Die Kommunikationsdienstleistungen für den Klimarat wurden wie es das Bundesvergabegesetz vorsieht – ausgeschrieben. Es wurden mittels eines umfassenden Bewertungsprozesses durch eine Fachjury und unter Betreuung der auf Vergaberecht spezialisierten Rechtsanwaltskanzlei Schramm-Öhler Kommunikationsdienstleister ausgewählt, deren Leistungen nun abgerufen werden.“[7]
Im Punktesystem dieser Ausschreibung war Lockls Agentur allerdings nur Drittgereihter – Bestbieter war ein Konsortium rund um Ex-OMV-Sprecher Johannes Vetter. Weil Lockl zwar nicht Best-, wohl aber Billigstbieter in der Ausschreibung war, habe das Ministerium trotzdem das Recht, ihn für einzelne Leistungen zu beauftragen.
Unter der Überschrift „Alles im grünen Bereich?“[8] führt ein Blogger dazu aus:
„Es gibt bei Rahmenvereinbarungen auch eine Erläuterung, wie der Abruf einer Leistung erfolgen kann. Der Bestbieter kann beispielsweise direkt beauftragt werden, insbesondere wenn die entsprechenden Leistungen bereits in der Ausschreibung im Detail beschrieben wurden. Es ist auch möglich alle 3 Bieter auf kurzem Wege zu einer Angebotslegung einzuladen. In manchen Vereinbarungen ist auch definiert, dass einzelne Leistungen zum jeweilig billigsten Preis abgerufen werden können. Das macht dann Sinn, wenn man beispielsweise einfache Hardware aus einer Rahmenvereinbarung abrufen möchte.
Wie kam es nun aber dazu, dass die drittgereihte Bieterin in einem Bestbieterverfahren ein Fünftel des Gesamtauftragswertes innerhalb weniger Wochen nach Vertragsabschluss beauftragt bekam, wenn der Preis nur mit 30 % und die Qualität von Ausarbeitungen und Präsentationen aber mit 70 % gewichtet wurden.
In der Bekanntmachung wird der Klimarat nicht einmal erwähnt, viele andere Themen aber schon. Es ist also kaum vorstellbar, dass dann plötzlich im Vergabeverfahren detaillierte Arbeitspakete definiert und angeboten wurden, die die Lockl & Keck GmbH zur Billigstbieterin für ein konkretes Projekt dieser Dimension machte, in dem die Qualität plötzlich keine Rolle mehr spielte. Für die anderen Bieter wäre das ein Hohn, denn sie haben vermutlich mehrere Arbeitswochen in die Ausarbeitung ihrer Angebote gesteckt.
Mir liegen die Ausschreibungsunterlagen für dieses Verfahren nicht vor. Es bleibt zu hoffen, dass der „Billigstbieter“ in diesem Bestbieterverfahren (was für ein Humbug) nicht wieder über Stundensätze, statt über Arbeitspakete erhoben wurde. Das war bereits bei der letzten großen Rahmenvereinbarung des Bundes so und wäre damit vergleichbar, dass man mit sehr viel Aufwand Kriterien inkl. Preis festlegt, nach denen man den bestgeeigneten Mechaniker auswählt und dann beauftragt man jenen mit dem niedrigsten Stundensatz, ohne nach der Qualifikation zu fragen oder ob er für die Arbeiten vielleicht doppelt so lange braucht und damit insgesamt doch teurer ist.“
Mittels Anfrage gemäß Auskunftspflichtgesetz[9] konfrontiert er die Bundesministerin auch mit den sich daraus ergebenden Fragen, die in weiterer Folge auch hier zur Klärung der politischen Verantwortlichkeit aufgegriffen werden sollen.
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie folgende
Anfrage
1. Gibt es weitere wirtschaftliche Verflechtungen zwischen Personen mit Naheverhältnis zu Ihrer Partei „Die Grünen“ und dem Klimarat?
a. Wenn ja, welche?
b. Wenn ja, können Sie das für die in der Anfragebeantwortung 9347/AB XXVII. GP zu den Fragen 9 und 15 genannten Personen ausschließen?
2. Aufgrund welcher Qualitätsmängel wurde die Agentur Lockl & Keck GmbH im Punktesystem der Ausschreibung nur Drittgereihter?
3. Gibt es rechtliche Verfahren bezüglich möglicher Ungereimtheiten in Zusammenhang mit den Ausschreibungen für Leistungen für den Klimarat?
a. Wenn ja, welche Verfahren sind anhängig?
b. Wenn ja, welche Kosten wurden dadurch budgetwirksam?
c. Wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage erfolgen diese Verfahren? (Bitte angeben ob es sich um Verwaltungs(straf)verfahren, straf- oder zivilrechtliche Verfahren handelt)
4. Welche Stellung nehmen Sie in diesen Verfahren ein?
5. Welche Stellung nehmen Mitglieder Ihres Kabinetts in diesen Verfahren ein?
6. Welche Stellung nehmen Bedienstete Ihres Ressorts in diesen Verfahren ein?
7. Welche Stellung nehmen Personen, die sich am Ausschreibungsverfahren beteiligt haben, ein?
8. Wie kann es im Bestbieterverfahren über Dienstleistungen einen "Billigstbieter", insbesondere über einen so großen Auftragsteil, geben?
9. Wie definierten Sie in diesem Zusammenhang "Billigstbieter"?
10. Wie viel Prozent war die Agentur Lockl & Keck GmbH billiger?
11. Gab es in den Ausschreibungsunterlagen ein konkretes Arbeitspaket "Klimarat", für das bereits ein Preis im Wettbewerb erhoben wurde?
12. Wurde der Klimarat in den Ausschreibungsunterlagen überhaupt erwähnt?
a. Wenn ja, inwiefern?
b. Wenn nein, warum nicht?
c. Wenn nein, warum wurde trotzdem eine Vergabe aufgrund dieser Ausschreibung vorgenommen?
13. Wurden in den Ausschreibungen für den Klimarat auch Stundensätze gemäß Preisblatt abgefragt?
a. Wenn ja, erfolgte die Bewertung auf deren Basis, ohne sie in Relation zum Arbeitsumfang zu bringen?
b. Wenn nein, warum nicht?
14. Wurden die laut Bekanntmachung vor der Lockl und Keck GmbH gereihten Bewerber zu einer Angebotslegung für die Begleitung des Klimarates eingeladen?
a. Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
b. Wenn nein, warum nicht?
[1] https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/J/J_09693/index.shtml iVm. https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_09342/index.shtml
[2] https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/J/J_09641/index.shtml iVm. https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_09344/index.shtml
[3] https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/J/J_09640/index.shtml und https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_09345/index.shtml iVm. https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_09347/index.shtml
[4] https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/J/J_09321/index.shtml iVm. https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_09347/index.shtml
[5] https://www.kleinezeitung.at/politik/innenpolitik/6115337/Green-Deals_400000EuroAuftrag-fuer-KlimaratPR-an-ExGruenenGeneral
[6] https://www.semiosis.at/2022/03/21/klimarat-warum-geht-das-nicht-anders/
[7] https://www.derstandard.at/story/2000134320701/kosten-fuer-neuen-klimarat-zu-einem-viertel-fuer-pr-zwecke
[8] https://alwacker.wordpress.com/2022/03/23/alles-im-grunen-bereich/
[9] https://fragdenstaat.at/anfrage/auftragsvergabe-klimarat/