1042/J XXVII. GP
Eingelangt am 27.02.2020
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ANFRAGE
der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Peter Wurm
und weiterer Abgeordneter
an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
betreffend Rot-grüne Mindestsicherung in der Bundeshauptstadt Wien
Die Tageszeitung Der Standard hat eine interessante Studie der Princeton University an die Öffentlichkeit gebracht, die einen nachhaltigen Einblick in die innerösterreichische Migrationswanderung von den Bundesländern in die Bundeshauptstadt Wien offenlegt: https://www.derstandard.at/story/2000114779084/wien-zieht-mit-hoeherer-sozialhilfe-fluechtlinge-an
Dazu wurde von Redakteur Andreas Schnauder einen Kommentar verfasst:
Andreas Schnauder
Pull-Effekt der Sozialhilfe: Falsche Anreize
Für geflüchtete Familien kann es attraktiver sein, in Wien von Sozialleistungen zu leben, als in Tirol von Arbeit
Kommentar Andreas Schnauder 20. Februar 2020, 06:00
er neuen Studie ist keineswegs überraschend, was deren Stellenwert keinesfalls schmälern soll: Forscher des Wifo und der Universität Innsbruck kommen in der Untersuchung zum Schluss, dass in Österreich aufgenommene Flüchtlinge nach Zuerkennung des Asylstatus häufig in Bundesländer ziehen, die mehr Sozialhilfe zahlen. Konkret ließ sich das am Beispiel Niederösterreich nachweisen, wo die damalige Mindestsicherung für Asylberechtigte gekürzt wurde. Danach kam es zu einer stärkeren Übersiedlung nach Wien, wo die Leistungen besser geblieben sind. Ebenso aufschlussreich sind Erkenntnisse für die Gruppe der subsidiär Schutzberechtigten. Hier zahlen einige Bundesländer wie Niederösterreich und Steiermark die niedrige Grundsicherung, während u. a. Wien mit der Mindestsicherung aufwartet.
Dass ein kleines Land derartige Unterschiede aufrechterhält, mag typisch österreichisch sein, macht es aber auch nicht besser. Die unterschiedlichen Leistungen sorgen nicht nur dafür, dass Asylberechtigte wandern. Es gibt auch – abseits der Studie – einen Pull-Effekt aus der Beschäftigung in die Mindestsicherung. Das ist der Fall, wenn Jobs schlecht bezahlt sind – man denke nur an Küchengehilfen. Für geflüchtete Familien kann es attraktiver sein, in Wien von Sozialleistungen zu leben, als in Tirol von Arbeit.
Die FPÖ hat dazu einen klaren Standpunkt:
„Jetzt haben wir es Schwarz auf Weiß: Die rot-grün regierte Bundeshauptstadt Wien lockt Asylberechtigte durch höhere Sozialleistungen an. Eine neue Studie der Princeton University an der auch die beiden österreichischen Ökonomen Fanny Dellinger von der Universität Innsbruck und Peter Huber vom Wirtschaftsforschungsinstitut Wien mitgearbeitet haben, zeigt einen eindeutigen Pull-Faktor bei der Wiener Mindestsicherung. Nicht weniger als 42 Prozent der Asylberechtigten wechseln wegen der höheren Sozialleistungen nach Wien“, sagte heute FPÖ-Sozialsprecherin NAbg. Dagmar Belakowitsch.
„Diese Langzeitstudie zweier unabhängiger Wissenschaftler zeigt eindeutig, dass die Reise in Sachen Mindestsicherung in die falsche Richtung gegangen ist. Deshalb ist es unbedingt notwendig, dass das unter Türkis-Blau 2019 beschlossene Sozialhilfe-Grundsatzgesetz in allen österreichischen Bundesländern umgesetzt werden muss. Die vom VfGH monierten Änderungen sind in einer Novelle leicht durchzuführen und insbesondere das rot-grün geführte Wien hätte keine Ausrede mehr, die Ausführungsgesetzgebung vorzulegen“, so Belakowitsch.
„Dazu ist aber insbesondere die ÖVP auf Bundesebene aufgerufen, hier endlich gemeinsam mit ihrem Koalitionspartner dieses Projekt auch weiter zu verfolgen und umzusetzen. Als FPÖ würden wir im ‚koalitionsfreien Raum‘ hier auch sachpolitisch unterstützend dazu beitragen, dass das sinnhafte und notwendige Sozialhilfe-Grundsatzgesetz endlich bundesweit inklusive Ausführungsgesetzen in Kraft treten kann. Verschweigt sich die ÖVP hier weiterhin und verabschiedet sie sich von diesem Reformschritt, dann würde das wieder einmal zeigen, dass hier nach hinlänglich bekannter ÖVP-Methode wieder nur Wasser gepredigt und Wein getrunken wird. Als FPÖ werden wir jedenfalls bereits im nächsten Sozialausschuss am 5. März die Umsetzung des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes neuerlich auf die Tagesordnung bringen“, betonte Belakowitsch.
https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20200220_OTS0035/fpoe-belakowitsch-neue-studie-zeigt-wiener-mindestsicherung-zieht-asylberechtigte-an
In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz folgende
Anfrage
1) Kennen Sie die im Standard vorgestellte Studie der Princeton University über die Mindestsicherung und ihre Auswirkungen auf die Binnenwanderung?
2) Wenn ja, seit wann?
3) Wenn nein, warum nicht?
4) Kennen Ihre Fachbeamten bzw. die zuständige Fachsektion diese vorgestellte Studie?
5) Welche Schlüsse ziehen Sie aus dieser vorgestellten Studie im Hinblick auf die 2018 erfolgte Beschlussfassung des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes?
6) Werden Sie im Hinblick auf diese Studie der Princeton University darauf drängen, dass das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz entsprechend der Einwände des VfGH aus 2019 novelliert wird?
7) Werden Sie im Hinblick auf diese Studie der Princeton University darauf drängen, dass die österreichischen Bundesländer die noch ausständigen Ausführungsgesetze zum Sozialhilfe-Grundsatzgesetz verabschieden werden?
8) Wenn nein, warum nicht?
9) Werden Sie im insbesondere mit der Rot-Grünen Stadtregierung in Wien und dem zuständigen Stadtrat Peter Hacker darauf drängen, dass dieser die entsprechenden Adaptierungen für ein neues Sozialhilfe-Ausführungsgesetz beim bisherigen Mindestsicherungsgesetz Wien umsetzen lässt?
10) Wenn nein, warum nicht?
11) Auf welche rechtliche Grundlage stützen Sie eine allfällige Untätigkeit in dieser Angelegenheit in Sachen Adaptierung und Umsetzung des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes?