10431/J XXVII. GP
Eingelangt am 29.03.2022
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Anfrage
der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, , Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend Wirtschaftsbund Vorarlberg: Transparenz über Verfahren
Das Magazin "Vorarlberger Wirtschaft" wird vom Vorarlberger Wirtschaftsbund herausgegeben und ist dem deutlichen Anschein nach über Jahre ein verlässliches Tool, um über Erträge aus dem Anzeigengeschäft Gelder in die Kassen der ÖVP-Teilorganisation weiterzuleiten. Weil solchen Inseraten kaum Werbewert gegenüber steht, handelt es sich vom wirtschaftlichen Gehalt her um Parteispenden. Über diese Zeitung konnten daher nicht nur verdeckt Parteispenden abwickelt werden, sondern auch noch mehr Gelder der Wirtschaftskammer abholt werden. Allein seit 2018 wurden von der Wirtschaftskammer Vorarlberg 101.070 Euro an Inseraten in diesem Magazin des ÖVP-Wirtschaftsbundes "Vorarlberger Wirtschaft" geschaltet, zusätzlich 38.523 Euro von der Bundes-Wirtschaftskammer. (1) Besondere öffentliche Aufmerksamkeit kam diesem zweifelhaften Instrument der Vorarlberger ÖVP-Teilorganisation zu, als herauskam, dass das Inseratengeschäft über eine Agentur lief, die zu knapp 50 Prozent ausgerechnet dem Direktor des Wirtschaftsbundes Vorarlberg, Jürgen Kessler, gehörte. An diesem System bereicherte sich also nicht nur der Wirtschaftsbund, sondern direkt auch der WB-Direktor persönlich. (2) Nachdem sich auch Ö1-Doublecheck dieser unrühmlichen Doppelrolle annahm (3), gab der Direktor des Wirtschaftsbundes Vorarlberg seine Anteile an der Agentur zwar ab, blieb aber weiterhin in Amt und Würden als Wirtschaftsbunddirektor. (4)
Am 28.3.2022 berichtete DER STANDARD über eine Selbstanzeige des Wirtschaftsbundes Vorarlberg im Rahmen einer Betriebsprüfung durch das Finanzamt. (5) Demzufolge profitierte auch die ÖVP vom schwarzen Inseraten-Gold des Wirtschaftsbundes. Als Draufgabe wurden dafür anscheinend nicht einmal Steuern für die Zahlungen des WB an die ÖVP abgeführt. Aber schon die Inserate selbst scheinen USt-frei verrechnet worden zu sein. So habe ÖVP-Landesparteichef Markus Wallner gesagt: „Ich bin heute vom laufenden Betriebsprüfungsverfahren in Kenntnis gesetzt worden. Im Kern geht um die Frage, ob Einnahmen aus Inseraten mehrwertsteuerpflichtig sind.“ (6)
Die Ankündigung der Betriebsprüfung durch die Finanzbehörde soll den Wirtschaftsbund Vorarlberg dazu veranlasst haben, die Notbremse zu ziehen. (7) Nach anderen Berichten sollen rechtliche Auffassungsunterschiede während der Betriebsprüfung entstanden sein. (8)
Weil hier den Berichten zufolge über
viele Jahre, womöglich Jahrzehnte, Inserateleistungen systematisch trotz
gewerblichen Inseratengeschäfts umsatzsteuerfrei abgerechnet worden
sind, haben sich demzufolge auch nicht abgeführte USt-Beträge in
jedenfalls sechsstelliger Höhe angehäuft.
Des Weiteren ist offen, unter welchem Rechtstitel der Wirtschaftsbund die gegenständlichen
Zahlungen an die ÖVP Vorarlberg geleistet hat. Wenn es sich um Spenden
gehandelt hat, wären die Spenden auf Seiten der ÖVP auszuweisen
gewesen, was allem Anschein nach nicht erfolgt ist. Wenn es sich um Zahlungen
für eine Gegenleistung gehandelt hat, stellt sich die Frage der
Gegenleistung und der auf das Entgelt dafür entfallenden Umsatzsteuer. Auf
Grund der jahrelangen Umsetzung der geschilderten Praxis liegt eine
systematische Vorgangsweise vor, sodass auch hier die Frage der Einstufung als
"gewerblich" zu prüfen wäre.
Jedenfalls hat die in den Medien geschilderte Vorgangsweise den Wirtschaftsbund am Vermögen geschädigt. Es könnte daher beispielsweise auch der Tatbestand der Untreue zu prüfen sein.
Ob eine Selbstanzeige nur bei der Finanzbehörde oder auch bei einer Staatsanwaltschaft eingegangen ist, wurde medial nicht berichtet.

Es gelten für alle Beteiligten die Unmutsverschuldung und die Unschuldsvermutung.
Quelle:
(1) https://www.medien-transparenz.at/
(2) https://vorarlberg.orf.at/stories/3068269/
(3) https://oe1.orf.at/artikel/689600/Eine-Recherche-in-Russ-Land
(4) https://www.derstandard.at/story/2000131614737/vorarlberger-nachrichten-auf-distanz-zu-meinungsforschungsinstitutdr-bernd
(5) https://www.derstandard.at/story/2000134344491/oevp-wirtschaftsbund-zeigt-sich-rund-um-brisante-steuerpruefung-selbst-an
(6) https://vorarlberg.orf.at/stories/3149550/ und https://www.vol.at/wirtschaftsbund-soll-sich-angezeigt-haben/7348581
(7) https://www.vol.at/wb-selbstanzeige-bei-fiskus-das-sagt-obmann-metzler/7348537
(8) https://www.vol.at/steuer-streit-finanzpruefung-beim-oevp-wirtschaftsbund-in-vorarlberg/7348373
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende