1047/J XXVII. GP
Eingelangt am 27.02.2020
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Anfrage
des Abgeordneten Mag. Harald Stefan
und weiterer Abgeordneter
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend Folgeanfrage über die Anfragebeantwortung 419/AB (Ibiza-Connection der Polizei)
Der Zeitung "Die Presse" vom 11.12.2019 konnte folgendes entnommen werden:
„Die Ibiza-Connection der Polizei
Affäre. Im Zuge der Ibiza-Ermittlungen rücken auch problematische Praktiken bestimmter Polizeibeamter in den Vordergrund.
Die Ermittlungen zur Frage, wer hinter der Produktion des Ibiza-Videos steckt, werden von der Staatsanwaltschaft Wien forciert. Doch je intensiver die Untersuchung läuft, desto stärker fällt ein Schlaglicht auf jene Personen, die als Spitzel für die Polizei arbeiten. Oder gearbeitet haben. Letzteres betrifft auch den bosnisch-stämmigen Österreicher S. und den Bosnier K. - zwei Männer, die im Verdacht stehen, die Videofalle für Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus organisiert zu haben.
S. und K. haben als Vertrauenspersonen (VP) für die Polizei gearbeitet.
Ihre Hinweise aus der Szene sollten Drogendeals auffliegen lassen. Durch die
Ibiza-Ermittlungen kommen nun aber auch die Praktiken von verdeckten Ermittlern
(VE) im Umgang mit den Spitzeln ans Licht. Laut Erlass ist ein VE ein
Kripobeamter, der im Einsatz seine Amtsstellung "nicht erkennen
lässt". Eine VP beschafft im Auftrag der Kripo Informationen zu
Straftaten und nimmt an verdeckten Einsätzen teil. Oft entstammt die VP
selber einem kriminellen Milieu. Kommt es zum Fahndungserfolg, kassiert die VP
eine Belohnung. Diese kann laut "Presse"-Unterlagen bis zu 50.000
Euro betragen.
Verfolgt man die Aktivitäten von S., stößt man auf geheime
Berichte des Bundesamts für Korruptionsbekämpfung (BAK). Diese drehen
sich um ein aktuell in St. Pölten anhängiges Strafverfahren gegen
zwei verdeckte Ermittler. Vorwurf: Amtsmissbrauch.
Beamter gesteht falsche Berichte
In einem Papier vom 10. Oktober 2019 zitiert das BAK den beschuldigten Beamten
D. Dieser würde angeben, "dass mehrere Personen über sein
Vorgehen, verdeckte Ermittlungen in seiner Berichterstattung an die
Staatsanwaltschaften anders darzustellen oder gänzlich wegzulassen,
informiert waren". Darin steckt zweierlei - und das bestätigt auch
das Protokoll einer Beschuldigten-Einvernahme von D.: Erstens gibt D. zu,
falsche Berichte über die Einsätze im Drogenmilieu geschrieben zu
haben.
Zweitens
sollen laut seiner Aussage auch hochrangige Salzburger Polizeibeamte und
mindestens drei Staatsanwälte davon gewusst haben. Letztere hätten im
Rahmen seiner Berichterstattung auch dazugesagt, "dass sie nicht alles
wissen müssten".
Ob es tatsächlich Mitwisser gab, wird noch ermittelt. Das konsequente
Verheimlichen von VP-Einsätzen wird aber von D. mehrfach bestätigt.
Lediglich in "internen Amtsvermerken" habe er "den Sachverhalt
korrekt dargestellt". Als Motiv gibt er an, er habe die Spitzel
schützen wollen. Im Amtsmissbrauchsverfahren gegen die beiden verdeckten
Ermittler (es gilt die Unschuldsvermutung) taucht nun ein durch die
Ibiza-Affäre bekannter Name auf - der des eingangs erwähnten
bosnisch-stämmigen S. Auch über dessen Einsatz im Rahmen eines
Drogendeals will der Beamte D. "zum Schutz der VP" einen falschen
Bericht geschrieben haben. Jedenfalls hatte D. damals unter anderem auch
für seinen Helfer S. eine Belohnung beantragt.
Andreas Schweitzer, der Anwalt von S. - sein Klient ist wegen "Ibiza"
in U-Haft genommen und vor einigen Tagen freigelassen worden - teilt mit: S.
sei seit Jahren nicht mehr als VP eingesetzt (Zwischenbemerkung: Diese
Tätigkeit ist ja an sich nicht verwerflich). Die Vorwürfe, wonach S.
mit dem Detektiv Julian H., dem Wiener City-Anwalt M. und mit dem Bosnier K.
das Ibiza-Video organisiert habe, seien falsch. Tatsache ist: S. hat
früher mit Detektiv Julian H. gearbeitet.
Als Vertrauensperson arbeitete, wie erwähnt, auch K. Laut seinem Anwalt,
Timo Gerersdorfer, habe K. der Polizei geholfen, Hunderte Kilo Suchtgift von
der Straße zu holen. Kurios: K. sagt, die Polizei schulde ihm noch seinen
letzten VP-Lohn, 15.000 Euro, und droht mit Anzeige der Beamten.
Was die Ibiza-Affäre anlangt, so soll K. - so wie S. - an der Videoproduktion
beteiligt gewesen sein. Und er soll nach Veröffentlichung des Videos, in
dem Strache einer vermeintlichen lettisch-russischen Oligarchennichte auf den
Leim geht, versucht haben, den früheren FPÖ-Vizekanzler zu erpressen.
Indem er Geld für bisher unveröffentlichte Videopassagen forderte.
Beides stimme nicht, so Anwalt Gerersdorfer.
Laut "Presse"-Informationen hat K. vor der U-Richterin zugegeben,
dass er von Julian H. vor Veröffentlichung des Videos über dessen
Existenz in Kenntnis gesetzt worden sei. "Dass etwas kommt", habe er
auch der Polizei vorab mitgeteilt. Zudem wird K. Kokainhandel vorgeworfen. Auch
dies bestreitet er. Genau dieser Vorwurf trifft auch eine Bekannte von ihm.
Auch sie ist in U-Haft.
60.000-Euro-Klage gegen die Republik
Noch einmal zu den Praktiken der Polizei: Die von den Beamten "Operation Roma" genannte Amtshandlung im Drogenmilieu liefert ein weiteres Beispiel für problematische Vorgänge im VP-Bereich. So wollte die Polizei - interessanterweise war jener VE beteiligt, der nun gemeinsam mit seinem Kollegen D. unter Amtsmissbrauchsverdacht steht - ein zweites Mal die U-Haft für zwei Verdächtige erwirken. Eine anonym gehaltene Vertrauensperson habe nämlich etwas von einer bevorstehenden Flucht der beiden erzählt. Wie reagierte das Gericht? Es beließ die beiden in Freiheit.
Noch ein problematischer Fall: Ein Verdächtiger, der aufgrund eines VP-Hinweises in U-Haft landete, dann aber freigesprochen wurde, fordert nun Entschädigung. Sein Anwalt, Marcus Januschke, klagt die Republik namens des Betroffenen auf 60.000 Euro Entschädigung und Verdienstentgang.“
https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_00419/index.shtml
Laut Anfragebeantwortung 419/AB des Herrn Bundesminister für Inneres handelt es sich bei den Fragen 6 und 7 nicht um seinen Vollziehungsbereich, daher stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Justiz folgende
Anfrage
1. Wer waren die informierten Staatsanwälte?
2. Welche rechtlichen Konsequenzen folgten daraus?