10483/J XXVII. GP

Eingelangt am 01.04.2022
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Anfrage

der Abgeordneten Fiona Fiedler‎, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Soziales‚ Gesundheit‚ Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Umgehung des Gesundheitssystems bei der Behandlung von Covid

 

Das Gesundheitsministerium hat im Lauf der vergangenen zwei Jahre viele Aufgaben übernommen, die im Normalfall bei den Ländern, den Krankenhäusern oder auch den Versicherungsträgern liegen. Nicht immer waren diese Entscheidungen nachvollziehbar oder erfüllten die Logik des normalen Gesundheitssystems - teilweise wurden Aufgaben ja auch vom Bundesheer übernommen. In einigen Bereichen wie der Beschaffung von Schutzausrüstung hat die zentrale Steuerung auch für Vorteile gesorgt, weil besonders zu Beginn der Pandemie so größere Mengen heraus verhandelt werden konnten und einzelne Krankenhäuser oder -träger nicht gegenseitig in Wettbewerb treten mussten - wie beispielsweise die Leiterin der Anstaltsapotheke des AKH Wien während des Gesundheitspolitischen Forum im März 2022 berichtete.

Die zentrale Abwicklung hat so sicherlich Vorteile, bei der Behandlung von Covid gibt es dadurch aber auch einige Lücken. So ist beispielsweise unklar, wo welche Medikamente im Einsatz waren und sind (vgl 6236/AB). Geändert wurde dies mit der Einführung von Paxlovid auf dem Apothekenmarkt, das ab 23. März auch in Apotheken verfügbar sein sollte (1). Im Sozialausschuss eine Woche zuvor war kurzzeitig über die Kostenerstattung diskutiert worden, laut Gesundheitsminister gab es seitens der Sozialversicherungsträger beziehungsweise des Dachverbandes allerdings kein Interesse an Verhandlungen. In Folge dessen wurde mittels Abänderungsantrag erst am Tag nach der ersten Verfügbarkeit in Apotheken im Parlament beschlossen, dass Covid-Heilmittel über das ASVG öffentlichen Apotheken direkt ersetzt werden (2). Unklar ist auch nach wie vor, wie die medikamentöse Behandlung in Krankenhäusern abgerechnet wird. Immerhin scheint das Ministerium nach wie vor nicht genau zu wissen, welche Medikamente im Rahmen von Studien oder regulär verwendet zu werden. Auch die Hintergrundabläufe zur Verteilung von Medikamenten sind nach wie vor unklar. 

Die neue Bestimmung im ASVG spricht von einer unkomplizierten Abgabe ohne chef- oder kontrollärztlicher Bewilligung, in Medienberichten wird von kleinen Risikogruppen gesprochen, die dennoch mit starken Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten rechnen müssen (3). Andere Berichte erwähnen ebenso Molnupiravir, das allerdings nur eingeschränkt verfügbar sein sollte (4). Problematisch ist dabei, dass auch hier unklar ist, ob, wie und wann die Abwicklung der medikamentösen Versorgung gegen Covid in ein reguläres System überführt werden sollte- langfristig wäre es schließlich absurd, wenn weiterhin das Gesundheitsministerium für bestimmte Medikamente den Einkauf und die Organisation der Verteilung übernimmt.

  1. https://kurier.at/wissen/gesundheit/corona-ab-dieser-woche-behandlung-mit-medikament-paxlovid-bei-hausarzt-moeglich/401945911
  2. https://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2022/PK0313/index.shtml
  3. https://www.krone.at/2661654 
  4. https://www.salzburg24.at/news/oesterreich/covid-medikament-paxlovid-ab-kommender-woche-auf-rezept-verfuegbar-118628101

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Wann und unter welchen Umständen begann das BMSGPK Verhandlungen zur Beschaffung von Medikamenten zur Behandlung von Covid-19? (Bitte um  jeweilige Aufschlüsselung der Daten von Verhandlungsgesprächen und Gesprächspartnern)
  2. Wurden seitens des Ministeriums Gespräche mit dem Dachverband der Sozialversicherungsträger zur Abwicklung des Einkaufs von Medikamenten gegen Covid-19 aufgenommen?
    1. Wurde versucht, Input zur Abwicklung der Verhandlungen mit Produzenten einzuholen?
    2. Wurde versucht, einen bisherigen Überblick über individuelle Verhandlungen oder Beschaffungsbemühungen des Dachverbandes zu erhalten? 
    3. Wurde versucht zu erheben, welche Kosten-Nutzen-Analyse der Dachverband für den Einkauf einzelner Medikamente durchgeführt hatte/ hätte, um eine Preisgrenze zu finden?
    4. Falls ja: Bitte um Angabe der jeweiligen Gesprächstermine und -partner für die Fragen 2 - 2.c
    5. Falls es keine derartigen Gespräche gab: Warum nicht?
  1. Wurden seitens des Ministeriums Gespräche mit der Heilmittelevaluierungskommission (HEK) zur Abwicklung des Einkaufs von Medikamenten gegen Covid-19 aufgenommen?
    1. Wurde versucht, Input zur Abwicklung der Verhandlungen mit Produzenten einzuholen?
    2. Wurde versucht, einen bisherigen Überblick über individuelle Verhandlungen oder Beschaffungsbemühungen der HEK zu erhalten?  
    3. Wurde versucht zu erheben, wie eine Aufnahme von Medikamenten in den Erstattungskodex auch für Produzenten von Medikamenten gegen Covid-19 attraktiv werden könnte?
    4. Wurde versucht zu erheben, welche Kosten-Nutzen-Analyse die HEK für den Einkauf einzelner Medikamente durchgeführt hatte/ hätte, um eine Preisgrenze zu finden?
    5. Falls ja: Bitte um Angabe der jeweiligen Gesprächstermine und -partner für die Fragen 3 - 3.d
    6. Falls es keine derartigen Gespräche gab: Warum nicht?
  1. Wurden seitens des Ministeriums Gespräche mit Krankenanstaltenapotheken zur Abwicklung des Einkaufs von Medikamenten gegen Covid-19 aufgenommen?
    1. Wurde versucht, Input zur Abwicklung der Verhandlungen mit Produzenten einzuholen?
    2. Wurde versucht, einen bisherigen Überblick über individuelle Verhandlungen oder Beschaffungsbemühungen von Krankenhausträgern zu erhalten? 
    3. Wurde versucht zu erheben, welche Kosten-Nutzen-Analyse Krankenanstaltenapotheken für den Einkauf einzelner Medikamente durchgeführt hatten/ hätten, um eine Preisgrenze zu finden?
    4. Falls ja: Bitte um Angabe der jeweiligen Gesprächstermine und -partner für die Fragen 4 - 4.c
    5. Falls es keine derartigen Gespräche gab: Warum nicht?
  1. Wurden seitens des Ministeriums Informationen eingeholt, welche Medikamente im Rahmen von klinischen Studien in Österreich zur Behandlung gegen Covid-19 eingesetzt werden und ob sich aus diesen Optionen auf eine eigene Beschaffung im Falle eines positiven Studienoutcomes ergeben könnten?
    1. Falls ja: Welche Präparate haben bisher die besten Aussichten auf den Abschluss eines eigenen Beschaffungsvertrages?
    2. Falls nein: Warum gab es aufgrund der Ausnahmesituation seitens des Ministeriums kein Interesse den Forschungsstandort Österreich auch zugunsten der medizinischen Versorgung zu nutzen?
  1. Wurden seitens des Ministeriums Informationen eingeholt ob und welche Medikamente von medizinischen Innovationsboards (MIB) im Einzelfall zur Behandlung gegen Covid genehmigt wurden?
    1. Falls ja: Wurden die Genehmigungen von MIBs zur Orientierung für Preisvereinbarungen genutzt?
    2. Falls nein: Warum nicht?
  1. Gibt es seitens des Ministeriums Pläne, Medikamente zur Behandlung von Covid-19 in die reguläre Erstattung aufzunehmen?
    1. Falls ja: Welche Vorbereitungsarbeiten gibt es dazu in Abstimmung mit der HEK?
    2. Wurde dafür erhoben, welcher Preis für Medikamente zur Behandlung von Covid-19 bezahlt werden müsste?

                                          i.    Falls ja: ist dies unter den geltenden Regeln des ASVG zur Preisbildung möglich?

1.    Falls nein: Gibt es Pläne Ausnahmen für die Regeln zur Preisbildung zu schaffen?

    1. Falls nein:  Warum gibt es keine Bemühungen, Medikamente gegen Covid-19 in die reguläre Erstattung aufzunehmen beziehungsweise den Antrag auf Aufnahme in den Erstattungskodex für Produzenten attraktiv genug für ein Ansuchen um Aufnahme zu machen?