Eingelangt am 05.04.2022
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin
Doppelbauer, , Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für
Klimaschutz‚ Umwelt‚ Energie‚ Mobilität‚
Innovation und Technologie
betreffend Strategische Ausrichtung
der OMV
In der Nacht vom 23. zum 24. Februar hat
Russland die Ukraine auf mehreren Fronten mit massiver militärischer
Gewalt angegriffen. Obgleich dieser Überfall nur eine weitere Etappe in
einer Serie von unprovozierten Völkerrechtsverletzungen beginnend mit der
Invasion der Halbinsel Krim 2014 darstellt, so repräsentiert sie doch eine
neue Dimension in diesem Konflikt. Russland führt nun einen
unverschleierten Krieg gegen ein völkerrechtlich – und bis vor
kurzem auch von Russland – anerkanntes Nachbarland. Da der ukrainische
Widerstand gegen diesen Angriffskrieg weit heftiger und kompetenter ist, als
dies vonseiten Russlands wohl erhofft war und die internationale Reaktion auf
die Invasion relativ geschlossen und konsequent war, kann sich die russische
Führung unter Putin kaum noch gesichtswahrend zurückziehen. Dies hat
innerhalb weniger Tage zu einer vollkommenen Eskalation des Kriegs geführt
inklusive tausender ziviler und militärischer Toter, mehrerer Millionen
Flüchtlinge und unfassbarem menschlichen Leid.
Der russische Angriffskrieg ist von der
internationalen Staatengemeinschaft nahezu einstimmig verurteilt worden und
Russland sowie seine Führung um Vladimir Putin wurden von der EU und
vielen weiteren Staaten mit harten Wirtschaftssanktionen belegt, welche bereits
nach wenigen Wochen erheblichen Druck auf Russland und seine Wirtschaft verursachen.
Allerdings wurde schon im Vorfeld des Krieges klar, dass sich Europa in den
letzten Jahrzehnten in eine viel zu große Abhängigkeit von
russischen Energieimporten manövriert hat, was die Handlungsfähigkeit
der EU deutlich reduziert, die wirtschaftliche und militärische
Verwundbarkeit stark erhöht und Russland eine verlässliche
Einnahmequelle zur Finanzierung des Angriffskriegs garantiert.
Österreich ist aufgrund des jahrelangen,
kollektiven Versagens der österreichischen Energiepolitik in einer
besonders prekären Lage. Entgegen zahlreicher Warnungen und mehrerer
Völkerrechtsverletzungen vonseiten Putins (wie etwa der Besetzung der
Krim) wurde im letzten Jahrzehnt nicht nur wenig bis gar nichts unternommen, um
die Abhängigkeit von russischen Gasimporten zu reduzieren, sondern diese
sogar ausgebaut. Bei einem plötzlichen Stopp der Gasversorgung - etwa bei
einer weiteren Eskalation der Sanktionen oder als Folge eines
Infrastrukturschadens im Zuge der Kampfhandlungen - wären aufgrund der am
Ende des Winters fast leeren Speicher umgehend Lenkungsmaßnahmen
notwendig und die österreichische Wirtschaft wäre gezwungen, den
Betrieb deutlich zu reduzieren. Kurzfristige Alternativen für Gasimport in
nennenswerten Mengen gibt es keine, weil unsere Gasinfrastruktur bewusst jahrelang
ausschließlich auf Russland ausgerichtet worden ist.
Eine der Hauptursachen für dieses
österreichische Versagen bei der Ausrichtung unserer Energiepolitik und
Sicherung Wirtschaftsstandorts war die Unternehmensstrategie der OMV, an der
die Bundesrepublik zu etwa einem Drittel beteiligt ist. In den letzten 15
Jahren scheiterten mehrfach Projekte zur Diversifizierung der Gasversorgung und
zur Stärkung der Unabhängigkeit von Russland - etwa durch
Beteiligungen in Norwegen, Rumänien oder durch die Schaffung der
Nabucco-Pipeline - mehrfach an internem Widerstand. Ein ehemaliger OMV Chef
sprach in einem Interview von "Russland-Verstehern" die dazu
beigetragen haben, dass die Abhängigkeit von russischem Gas nicht
reduziert, sondern aktiv erhöht wurde und so der österreichische
Wirtschaftsstandort und die Versorgungssicherheit untergraben wurden. Auch
verschiedene Finanzminister der Republik haben Eigentümervertreter des
Bundes hier scheinbar keinerlei Interesse gezeigt hier entgegenzuwirken.
Aufgrund dieser Entwicklungen ist einerseits
zu prüfen welche Rolle die Republik in Zukunft bzgl. OMV einnehmen wird
und welche langfristige Strategie hier in Zusammenhang mit
Versorgungssicherheit, aber auch Klimawandel geplant ist. Andererseits gibt es
aufgrund der aktuellen Unsicherheiten und Preissteigerungen am Gas- und
Ölmarkt zahlreiche kurzfristige Probleme, an deren Lösung sich die
OMV - und so mit die Republik als Miteigentümer - beteiligen kann und
muss.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher
folgende
Anfrage:
- Welchen grundsätzlichen Nutzen und
strategisches Ziel hat die Beteiligung der Republik Österreich an der
OMV?
- Ist die Republik Österreich an der OMV
beteiligt, da es sich bei der OMV um ein Infrastrukturunternehmen handelt
und die Beteiligung die Versorgung mit Gas sicherstellen soll?
- Ist das Ziel der Beteiligung an der OMV,
Gewinne für die Republik Österreich zu maximieren?
- Ist die OMV diesen Zielsetzungen im
Zusammenhang mit der aktuellen Krise gerecht geworden?
- Wie beurteilt das BMF die strategische
Beteiligung der Republik angesichts der Neuausrichtung der OMV als
Chemiekonzern?
- Welche Rolle hat das BMK bzw. die
Bundesministerin für Klimaschutz‚ Umwelt‚ Energie‚
Mobilität‚ Innovation und Technologie seit Januar 2020
innerhalb der Regierung bei der strategischen Ausrichtung der OMV
gespielt?
- Wurde die hohe Abhängigkeit von
russischem Gas bzw. die entsprechende langjährige strategische
Ausrichtung der OMV vonseiten des BMK bzw. der Bundesministerin für
Klimaschutz‚ Umwelt‚ Energie‚ Mobilität‚ Innovation
und Technologie seit Jänner 2020 als problematisch bewertet und
innerhalb der Regierung thematisiert?
- Wenn ja, wann und wie?
- Wenn nein, warum nicht?
- Hat das BMK bzw. die Bundesministerin
für Klimaschutz‚ Umwelt‚ Energie‚
Mobilität‚ Innovation und Technologie sich seit Januar 2020
für eine Anpassung der Unternehmensstrategie der OMV stark gemacht?
- Wenn ja, wann und wie?
- Wenn nein, warum nicht?
- War dem BMK bekannt, dass Beteiligungen an
Importgasleitungen/inländischen Gasleitungen durch die OMV verkauft
wurden (Allianz, Verbund …) während gleichzeitig in
ausländische Leitungen, die kein Gas nach Österreich
transportieren sollten (Nord Stream II) investiert wurde?
- Falls ja, seit wann und was war die
Einschätzung der Expert_innen im BMK?
- Falls nein, warum nicht?
- Stellt die langjährig gewachsene hohe
Abhängigkeit von russischem Gas und den damit verbundenen Problemen
für Wirtschaftsstandort und Versorgungssicherheit aus Sicht des BMK
ein Versagen des BMF dar, die Interessen der Republik innerhalb der OMV zu
vertreten?
- Wenn nein, inwiefern hat das BMK versucht -
in dieser Legislaturperiode und davor - die strategische Ausrichtung der
OMV anzupassen?
- Welche mittel- und langfristigen
strategischen Anpassungen wird das BMK bzw. die Bundesministerin für
Klimaschutz‚ Umwelt‚ Energie‚ Mobilität‚
Innovation und Technologie bei der OMV aufgrund der aktuellen
Ereignisse einfordern?
- Wird das BMK bzw. die Bundesministerin
für Klimaschutz‚ Umwelt‚ Energie‚
Mobilität‚ Innovation und Technologie in punkto Versorgungssicherheit
Maßnahmen ergreifen, um sich für die Diversifizierung der
Gasversorgung bei der OMV einzusetzen?
- Wenn ja, welche Schritte werden hier
gesetzt?
- Wird das das BMK bzw. die Bundesministerin
für Klimaschutz‚ Umwelt‚ Energie‚
Mobilität‚ Innovation und Technologie Maßnahmen
ergreifen, um sich für die Reduktion der Abhängigkeit von
Russland bei der OMV einzusetzen?
- Wenn ja, welche Schritte werden hier
gesetzt?
- Wird das BMK bzw. die Bundesministerin
für Klimaschutz‚ Umwelt‚ Energie‚
Mobilität‚ Innovation und Technologie Maßnahmen
ergreifen, um sich für die verstärkte Gasförderung im
Inland bzw. der Beteiligung an entsprechenden Projekten bei der OMV
einzusetzen?
- Wenn ja, welche Schritte werden hier
gesetzt?
- Werden Leitungskapazitäten für
den Import von Gas gebucht? Falls nein, warum nicht?
- Falls ja, wieviel ab Mai/ ab Juni & bis
September?
- Wird das BMK bzw. die Bundesministerin
für Klimaschutz‚ Umwelt‚ Energie‚
Mobilität‚ Innovation und Technologie Maßnahmen
ergreifen, um das OMV Portfolio bzgl. Erdgasförderungen aus Norwegen
nach Österreich zu fördern?
- Wenn ja, welche Schritte werden hier
gesetzt?
- Wird das BMK bzw. die Bundesministerin
für Klimaschutz‚ Umwelt‚ Energie‚
Mobilität‚ Innovation und Technologie Maßnahmen
ergreifen, um die Errichtung einer Pipeline aus dem schwarzen Meer
voranzutreiben?
- Falls ja, bis wann werden konkrete
Pläne vorliegen?
- Falls nein, warum nicht?
- Wird das BMK bzw. die Bundesministerin
für Klimaschutz‚ Umwelt‚ Energie‚
Mobilität‚ Innovation und Technologie Maßnahmen
ergreifen, um das OMV Portfolio im Bereich LNG Importe auszubauen?
- Wird das BMK bzw. die Bundesministerin
für Klimaschutz‚ Umwelt‚ Energie‚
Mobilität‚ Innovation und Technologie in der Rolle als
Eigentümervertreter Maßnahmen ergreifen, um die bestehenden
Gasspeicherkapazitäten für Österreich zu nutzen und somit
die Versorgungssicherheit der österreichischen Bürgerinnen und
des Wirtschaftsstandortes zu sichern?
- Welche kurzfristigen Schritte wird das BMK
bzw. die Bundesministerin für Klimaschutz‚ Umwelt‚
Energie‚ Mobilität‚ Innovation und Technologie setzen, um
den Gaspreis zu reduzieren?
- Welche kurzfristigen Schritte wird das BMK
bzw. die Bundesministerin für Klimaschutz‚ Umwelt‚
Energie‚ Mobilität‚ Innovation und
Technologie setzen, um auf einen etwaigen Versorgungsausfall im Zuge
des Kriegs in der Ukraine reagieren zu können?
- Sind seit der Beginn des Ukraine-Krieges
zusätzliche Pipeline Kapazitäten gebucht worden?
- Falls ja, wie viele? Von wo? Ab wann?
- Falls nein, warum nicht?
- Welche mittel- und langfristigen strategischen
Anpassungen wird das BMK bzw. die Bundesministerin für
Klimaschutz‚ Umwelt‚ Energie‚ Mobilität‚
Innovation und Technologie bei der OMV aufgrund der klimapolitischen
Zielsetzungen der Bundesrepublik sowie der Europäischen Union
einfordern?
- Welche Maßnahmen wird das BMK bzw. die
Bundesministerin für Klimaschutz‚ Umwelt‚ Energie‚
Mobilität‚ Innovation und Technologie konkret setzen, um
sicherzustellen, dass nächsten Winter nicht zwei Millionen Menschen in
Österreich frieren müssen und die Industrieproduktion nicht
zusammenbricht?
- Wie beurteilen das BMK die Einberufung eines
Sonderaufsichtsrats der OMV, um die Versäumnisse aufzuarbeiten und
schnellstmöglich Pläne für die Sicherung der Gasversorgung
der Österreicher_innen für den nächsten Winter zu gewährleisten?
- Hat das BMK bereits Schritte dahingehend
gesetzt?
- Wenn ja, welche und wann soll der
Sonderaufsichtsrat stattfinden?
- Falls nein, welche anderen Schritte hat das
BMK gesetzt, um die Versäumnisse in der OMV aufzuklären?