10526/J XXVII. GP

Eingelangt am 05.04.2022
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Anfrage

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Klimaschutz‚ Umwelt‚ Energie‚ Mobilität‚ Innovation und Technologie

betreffend Gasspeicherkapazitäten und Eigentumsverhältnisse der österreichischen Gasinfrastruktur

 

Österreich ist aufgrund des jahrelangen, kollektiven Versagens der österreichischen Energiepolitik in einer besonders prekären Lage. Entgegen zahlreicher Warnungen und mehrerer Völkerrechtsverletzungen vonseiten Putins (wie etwa der Besetzung der Krim) wurde im letzten Jahrzehnt nicht nur wenig bis gar nichts unternommen, um die Abhängigkeit von russischen Gasimporten zu reduzieren, sondern diese sogar ausgebaut. Bei einem plötzlichen Stopp der Gasversorgung - etwa bei einer weiteren Eskalation der Sanktionen oder als Folge eines Infrastrukturschadens im Zuge der Kampfhandlungen - wären aufgrund der am Ende des Winters fast leeren Speicher umgehend Lenkungsmaßnahmen notwendig und die österreichische Wirtschaft wäre gezwungen, den Betrieb deutlich zu reduzieren. Kurzfristige Alternativen für Gasimport in nennenswerten Mengen gibt es keine, weil unsere Gasinfrastruktur bewusst jahrelang ausschließlich auf Russland ausgerichtet worden ist.

Aus diesem Grund ist eine politische Debatte um die Speicherkapazitäten auf österreichischen Boden entbrannt, welche nicht zuletzt aufgrund der soeben beschlossenen Schaffung einer strategischen Gasreserve an Brisanz gewonnen hat. Auffallend ist etwa, dass ca. ein Drittel der Gasspeicherkapazitäten auf österreichischem Boden den Speichern in Haidach zuzuordnen sind, welche ausschließlich an das deutsche Netz angeschlossen sind und im Eigentum von Tochterunternehmen des russischen Staatskonzerns Gasprom stehen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

 

  1. Welche Teile der österreichischen Gasinfrastruktur (Speicher, Netze, Verdichtungsanlagen, EVUs etc.) befinden sich im Eigentum oder Teileigentum der Gazprom bzw. deren Tochterunternehmen?
    1. Welche Risiken birgt dies für die Versorgungssicherheit Österreichs?
    2. Welche Konsequenzen hätte eine weitere Eskalation der gegenseitigen Wirtschaftssanktionen zwischen der EU und Russland für das Funktionieren dieser Infrastrukturen?
  1. Warum wurde bisher nicht versucht, die Speicher in Haidach für den österreichischen Markt nutzbar zu machen?
    1. Ist es geplant diese Speicher künftig für Österreich zu nutzen?
    2. Wenn ja, ab wann?
    3. Wenn ja, wieviel Kapazität wird ab Mai, ab Juni und ab September für die österreichischen Bürger_innen und die österreichische Wirtschaft zur Verfügung stehen?
    4. Wenn nein, warum nicht?
  1. Im Magazin „Gewinn“ bestätigt Markus Mitteregger (Vorstand RAG) den Besitz der Gazprom von ca. 50% des Speichers Haidach. Ein weiteres Drittel sei im Besitz der RAG. Laut Medienberichten hat aber auch die RAG ihren Anteil am Speicher Haidach an die Gazprom verpachtet.
    1. Ist das Ministerium in Kenntnis dieser Fakten, und können sie diese bestätigen?
    2. Nachdem Haidach ca. ein Drittel der österreichischen Gasspeicherkapazitäten in Österreich insgesamt darstellt: Gibt es Verhandlungen des BMK mit der Gazprom oder der RAG, diese Speicherkapazitäten für den österreichischen Markt sicherzustellen, um die Versorgungssicherheit für die Wirtschaft und den nächsten Winter zu gewährleisten?
  1. Am 24.03.2022 wurde im Nationalrat das Gasbevorratungsgesetz beschlossen. NEOS hat sich als einzige Partei gegen dieses Gesetz ausgesprochen, da EVUs ausdrücklich von Speicherverpflichtungen für den österreichischen Markt ausgenommen wurden. Hat die Bundesregierung erwogen, ähnlich wie beim Ölbevorratungsgesetz, Importeure zu verpflichten, einen Teil der Reserve zu halten?
    1. Falls ja, warum wurde das nicht in das Gesetz aufgenommen?
    2. Falls nein, warum nicht?
  1. Wieviel Prozent des in Gasspeichern auf österreichischem Territorium vorrätigen Gases sind derzeit für ausländische und/oder russische Händler reserviert bzw. untervermietet und wieviel Prozent davon sind für den österreichischen Gebrauch reserviert bzw. verfügbar?
    1. Kann das Ministerium diese Frage beantworten?
    2. Falls nein, auf welchen Erkenntnissen – ohne entsprechende Datenlage – stützen Sie Ihr Versprechen hinsichtlich der Sicherheit der Gasversorgung?
  1. Tauschen sich die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie bzw. Vertreter_innen des BMK regelmäßig mit der OMV über die Lagerbestände der Gasspeicher in Österreich aus?
    1. Wenn ja, wann und mit wem hat der letzte derartige Austausch stattgefunden und was war das Ergebnis?
    2. Wenn nein, hat es eine derartige Praxis in der Vergangenheit gegeben, und wann hat der letzte Austausch diesbezüglich stattgefunden?
  1. Gibt es Überlegungen, jene Gasspeicher, die nicht direkt an das österreichische Netz angeschlossen sind, indirekt zu nutzen?
    1. Wenn ja, gab es entsprechende Gespräche mit Deutschland über Braunau/Passau zu swappen?
    2. Falls nein, wird hier das Prinzip der Gewinnmaximierung anstatt der Versorgungssicherheit der österreichischen Haushalte beibehalten?
  1. Hat das BMK Schritte gesetzt, um die Gasversorgung mit norwegischem Gas zu erhöhen? Die Eigengasproduktion der OMV in Norwegen würde ca. ein Drittel des österreichischen Jahresbedarfs ausmachen und könnte (das wurde bereits in der Vergangenheit so gehandhabt) nach Österreich geswapped werden.
    1. Ist dem Ministerium bekannt, dass die OMV diese Gasproduktion in Norwegen betreibt?
    2. Wird sich das Ministerium dafür einsetzen, dass die Eigengasproduktion der OMV aus Norwegen nach Österreich transportiert wird, um den Versorgungsauftrag für die Republik Österreich nachzukommen?
    3. Wenn ja, innerhalb welches Zeitraums soll zusätzliches Gas aus Norwegen nach Österreich fließen?
    4. Hat das Ministerium Kenntnis, ob die nötigen Pipeline-Kapazitäten, um das Gas nach Österreich zu transportieren, von der OMV bereits reserviert wurden?
    5. Falls ja, wieviel Leitungskapazität wurde bis Mai, bis Juni und bis September 2022 gebucht?
    6. Falls nein, warum wurde diese Möglichkeit Gas, das von einem im Mehrheitsbesitz der österreichischen Republik befindlichen Unternehmens gefördert wird, nicht in Anspruch genommen?
    7. Wurde das norwegische Gas im Sinne der Gewinnmaximierung bereits an Dritte weiterverkauft und kann deshalb nicht für die österreichischen Bürgerinnen und Bürger und die österreichische Wirtschaft im Sinne der Versorgungssicherheit verwendet werden?
  1. Laut Pressestatement hat das Gate Terminal bei Rotterdam, an dem die OMV maßgeblich beteiligt ist, eine jährliche Regasifizierungskapazität von 12 Mrd m³ Gas bzw. 127TWh - was etwa 133% dem österreichischen Jahresbedarfs entspricht. Ca 3 Mrd m³ werden der OMV zugeschrieben. Hat das LNG Gate ("Gas Access To Europe") Terminal in Rotterdam, mit dem die OMV einen Vertrag zur LNG-Regasifizierung hat, derzeit freie LNG Kapazitäten, die für Österreich verfügbar wären?
    1. Wenn ja, welche Maßnahmen hat das BMK gesetzt, um dieses Flüssiggas aus den Niederlanden einzukaufen?
    2. Wenn ja, welche Kapazität ist am Terminal für Österreich reserviert?
    3. Welche Leitungskapazität ist für Österreich reserviert? Ab Mai, ab Juni und ab September?
    4. Wenn keine derartigen Schritte gesetzt werden, warum nicht?
    5. Wenn keine derartigen Schritte gesetzt werden, welchen Nutzen hat dann der/die österreichische Steuerzahler_in konkret an dieser Geschäftstätigkeit bzw. der Beteiligung der Republik daran?
  1. Ist dem BMK bewusst, dass wenn von einem jährlichen Gasbedarf von ca. 8 Milliarden m³ ausgegangen wird, (1) etwa 3 Mrd. m³ aus Gaseigenproduktion der OMV in Norwegen, (2) etwa 3 Mrd. m³ aus dem LNG Gate aus Rotterdam & (3) etwa 1 Mrd. m³ aus österreichischer Gewinnung, und damit ein Großteil des österreichischen Bedarfs im Sinne der Versorgungssicherheit durch die OMV, die sich im Mehrheitsbesitz der Republik Österreich befindet, gedeckt werden könnte?
    1. Falls nein? Warum nicht?
    2. Falls ja, was unternimmt das Ministerium, um diese aufgezeigten Möglichkeiten für die österreichischen Bürgerinnen und Bürger, die über die Beteiligung der Republik an der OMV beteiligt sind, zur Verfügung zu stellen?
    3. Falls ja, wieviel Gas wird ab Mai, Juni und September für die österreichischen Haushalte und die österreichische Wirtschaft und Industrie zur Verfügung stehen?
    4. Falls die obigen Maßnahmen nicht geplant sind, welche Maßnahmen plant das BMK ab Mai, Juni und September und wieviel Gas soll sich laut Plan BMK ab Mai, Juni und ab September in den Gasspeichern befinden?
  1. Haben Sie vor, in nächster Zeit einen Sonderaufsichtsrat der OMV einzuberufen, um die Versäumnisse aufzuarbeiten und schnellstmöglich Pläne für die Sicherung der Gasversorgung der Österreicher_innen für den nächsten Winter zu gewährleisten?
    1. Falls ja, hat das BMK bereits Schritte dahingehend gesetzt?
    2. Falls ja, wird das BMK eine Berichtslegung fordern, um sicherzugehen, dass alle notwendigen Maßnahmen im Sinne der Versorgungssicherheit getroffen wurden?
    3. Falls nein, welche anderen Schritte hat das BMK gesetzt, um die Versäumnisse in der OMV aufzuklären?