Eingelangt am 05.04.2022
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Anfrage
der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin
Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für
Klimaschutz‚ Umwelt‚ Energie‚ Mobilität‚
Innovation und Technologie
betreffend Gasspeicherkapazitäten und
Eigentumsverhältnisse der österreichischen Gasinfrastruktur
Österreich ist aufgrund des jahrelangen,
kollektiven Versagens der österreichischen Energiepolitik in einer
besonders prekären Lage. Entgegen zahlreicher Warnungen und mehrerer
Völkerrechtsverletzungen vonseiten Putins (wie etwa der Besetzung der
Krim) wurde im letzten Jahrzehnt nicht nur wenig bis gar nichts unternommen, um
die Abhängigkeit von russischen Gasimporten zu reduzieren, sondern diese
sogar ausgebaut. Bei einem plötzlichen Stopp der Gasversorgung - etwa bei
einer weiteren Eskalation der Sanktionen oder als Folge eines Infrastrukturschadens
im Zuge der Kampfhandlungen - wären aufgrund der am Ende des Winters fast
leeren Speicher umgehend Lenkungsmaßnahmen notwendig und die
österreichische Wirtschaft wäre gezwungen, den Betrieb deutlich zu
reduzieren. Kurzfristige Alternativen für Gasimport in nennenswerten
Mengen gibt es keine, weil unsere Gasinfrastruktur bewusst jahrelang
ausschließlich auf Russland ausgerichtet worden ist.
Aus diesem Grund ist eine politische Debatte
um die Speicherkapazitäten auf österreichischen Boden entbrannt,
welche nicht zuletzt aufgrund der soeben beschlossenen Schaffung einer
strategischen Gasreserve an Brisanz gewonnen hat. Auffallend ist etwa, dass ca.
ein Drittel der Gasspeicherkapazitäten auf österreichischem Boden den
Speichern in Haidach zuzuordnen sind, welche ausschließlich an das
deutsche Netz angeschlossen sind und im Eigentum von Tochterunternehmen des
russischen Staatskonzerns Gasprom stehen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher
folgende
Anfrage:
- Welche Teile der österreichischen Gasinfrastruktur
(Speicher, Netze, Verdichtungsanlagen, EVUs etc.) befinden sich im
Eigentum oder Teileigentum der Gazprom bzw. deren Tochterunternehmen?
- Welche Risiken birgt dies für die
Versorgungssicherheit Österreichs?
- Welche Konsequenzen hätte eine weitere
Eskalation der gegenseitigen Wirtschaftssanktionen zwischen der EU und
Russland für das Funktionieren dieser Infrastrukturen?
- Warum wurde bisher nicht versucht, die
Speicher in Haidach für den österreichischen Markt nutzbar zu
machen?
- Ist es geplant diese Speicher künftig
für Österreich zu nutzen?
- Wenn ja, ab wann?
- Wenn ja, wieviel Kapazität wird ab
Mai, ab Juni und ab September für die österreichischen
Bürger_innen und die österreichische Wirtschaft zur
Verfügung stehen?
- Wenn nein, warum nicht?
- Im Magazin „Gewinn“
bestätigt Markus Mitteregger (Vorstand RAG) den Besitz der Gazprom
von ca. 50% des Speichers Haidach. Ein weiteres Drittel sei im Besitz der
RAG. Laut Medienberichten hat aber auch die RAG ihren Anteil am Speicher
Haidach an die Gazprom verpachtet.
- Ist das Ministerium in Kenntnis dieser
Fakten, und können sie diese bestätigen?
- Nachdem Haidach ca. ein Drittel der
österreichischen Gasspeicherkapazitäten in Österreich
insgesamt darstellt: Gibt es Verhandlungen des BMK mit der Gazprom oder
der RAG, diese Speicherkapazitäten für den
österreichischen Markt sicherzustellen, um die Versorgungssicherheit
für die Wirtschaft und den nächsten Winter zu
gewährleisten?
- Am 24.03.2022 wurde im Nationalrat das
Gasbevorratungsgesetz beschlossen. NEOS hat sich als einzige Partei gegen
dieses Gesetz ausgesprochen, da EVUs ausdrücklich von
Speicherverpflichtungen für den österreichischen Markt
ausgenommen wurden. Hat die Bundesregierung erwogen, ähnlich wie beim
Ölbevorratungsgesetz, Importeure zu verpflichten, einen Teil der
Reserve zu halten?
- Falls ja, warum wurde das nicht in das
Gesetz aufgenommen?
- Falls nein, warum nicht?
- Wieviel Prozent des in Gasspeichern auf
österreichischem Territorium vorrätigen Gases sind derzeit
für ausländische und/oder russische Händler reserviert bzw.
untervermietet und wieviel Prozent davon sind für den
österreichischen Gebrauch reserviert bzw. verfügbar?
- Kann das Ministerium diese Frage
beantworten?
- Falls nein, auf welchen Erkenntnissen
– ohne entsprechende Datenlage – stützen Sie Ihr
Versprechen hinsichtlich der Sicherheit der Gasversorgung?
- Tauschen sich die Bundesministerin für
Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie
bzw. Vertreter_innen des BMK regelmäßig mit der OMV über
die Lagerbestände der Gasspeicher in Österreich aus?
- Wenn ja, wann und mit wem hat der letzte
derartige Austausch stattgefunden und was war das Ergebnis?
- Wenn nein, hat es eine derartige Praxis in
der Vergangenheit gegeben, und wann hat der letzte Austausch
diesbezüglich stattgefunden?
- Gibt es Überlegungen, jene Gasspeicher,
die nicht direkt an das österreichische Netz angeschlossen sind,
indirekt zu nutzen?
- Wenn ja, gab es entsprechende
Gespräche mit Deutschland über Braunau/Passau zu swappen?
- Falls nein, wird hier das Prinzip der Gewinnmaximierung
anstatt der Versorgungssicherheit der österreichischen Haushalte
beibehalten?
- Hat das BMK Schritte gesetzt, um die
Gasversorgung mit norwegischem Gas zu erhöhen? Die Eigengasproduktion
der OMV in Norwegen würde ca. ein Drittel des österreichischen
Jahresbedarfs ausmachen und könnte (das wurde bereits in der
Vergangenheit so gehandhabt) nach Österreich geswapped werden.
- Ist dem Ministerium bekannt, dass die OMV
diese Gasproduktion in Norwegen betreibt?
- Wird sich das Ministerium dafür
einsetzen, dass die Eigengasproduktion der OMV aus Norwegen nach
Österreich transportiert wird, um den Versorgungsauftrag für
die Republik Österreich nachzukommen?
- Wenn ja, innerhalb welches Zeitraums soll
zusätzliches Gas aus Norwegen nach Österreich fließen?
- Hat das Ministerium Kenntnis, ob die
nötigen Pipeline-Kapazitäten, um das Gas nach Österreich
zu transportieren, von der OMV bereits reserviert wurden?
- Falls ja, wieviel Leitungskapazität
wurde bis Mai, bis Juni und bis September 2022 gebucht?
- Falls nein, warum wurde diese
Möglichkeit Gas, das von einem im Mehrheitsbesitz der
österreichischen Republik befindlichen Unternehmens gefördert
wird, nicht in Anspruch genommen?
- Wurde das norwegische Gas im Sinne der
Gewinnmaximierung bereits an Dritte weiterverkauft und kann deshalb nicht
für die österreichischen Bürgerinnen und Bürger und
die österreichische Wirtschaft im Sinne der Versorgungssicherheit
verwendet werden?
- Laut Pressestatement hat das Gate Terminal
bei Rotterdam, an dem die OMV maßgeblich beteiligt ist, eine
jährliche Regasifizierungskapazität von 12 Mrd m³ Gas bzw.
127TWh - was etwa 133% dem österreichischen Jahresbedarfs entspricht.
Ca 3 Mrd m³ werden der OMV zugeschrieben. Hat das LNG Gate ("Gas
Access To Europe") Terminal in Rotterdam, mit dem die OMV einen
Vertrag zur LNG-Regasifizierung hat, derzeit freie LNG Kapazitäten,
die für Österreich verfügbar wären?
- Wenn ja, welche Maßnahmen hat das BMK
gesetzt, um dieses Flüssiggas aus den Niederlanden einzukaufen?
- Wenn ja, welche Kapazität ist am
Terminal für Österreich reserviert?
- Welche Leitungskapazität ist für
Österreich reserviert? Ab Mai, ab Juni und ab September?
- Wenn keine derartigen Schritte gesetzt
werden, warum nicht?
- Wenn keine derartigen Schritte gesetzt
werden, welchen Nutzen hat dann der/die österreichische
Steuerzahler_in konkret an dieser Geschäftstätigkeit bzw. der
Beteiligung der Republik daran?
- Ist dem BMK bewusst, dass wenn von einem
jährlichen Gasbedarf von ca. 8 Milliarden m³ ausgegangen wird,
(1) etwa 3 Mrd. m³ aus Gaseigenproduktion der OMV in Norwegen, (2)
etwa 3 Mrd. m³ aus dem LNG Gate aus Rotterdam & (3) etwa 1 Mrd.
m³ aus österreichischer Gewinnung, und damit ein Großteil
des österreichischen Bedarfs im Sinne der Versorgungssicherheit durch
die OMV, die sich im Mehrheitsbesitz der Republik Österreich
befindet, gedeckt werden könnte?
- Falls nein? Warum nicht?
- Falls ja, was unternimmt das Ministerium,
um diese aufgezeigten Möglichkeiten für die
österreichischen Bürgerinnen und Bürger, die über die
Beteiligung der Republik an der OMV beteiligt sind, zur Verfügung zu
stellen?
- Falls ja, wieviel Gas wird ab Mai, Juni und
September für die österreichischen Haushalte und die
österreichische Wirtschaft und Industrie zur Verfügung stehen?
- Falls die obigen Maßnahmen nicht
geplant sind, welche Maßnahmen plant das BMK ab Mai, Juni und
September und wieviel Gas soll sich laut Plan BMK ab Mai, Juni und ab
September in den Gasspeichern befinden?
- Haben Sie vor, in nächster Zeit einen
Sonderaufsichtsrat der OMV einzuberufen, um die Versäumnisse
aufzuarbeiten und schnellstmöglich Pläne für die Sicherung
der Gasversorgung der Österreicher_innen für den nächsten
Winter zu gewährleisten?
- Falls ja, hat das BMK bereits Schritte
dahingehend gesetzt?
- Falls ja, wird das BMK eine Berichtslegung
fordern, um sicherzugehen, dass alle notwendigen Maßnahmen im Sinne
der Versorgungssicherheit getroffen wurden?
- Falls nein, welche anderen Schritte hat das
BMK gesetzt, um die Versäumnisse in der OMV aufzuklären?