10550/J XXVII. GP
Eingelangt am 05.04.2022
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ANFRAGE
der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Mag. Gerhard Kaniak, Peter Wurm, Wolfgang Zanger
und weiterer Abgeordneter
an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
betreffend Impfstoffbeschaffung und strafrechtlich relevante Fragen im Zusammenhang mit dem BMSGPK und der Europäischen Union
Die Anfrage Nr. 9631/J wurde durch Bundesminister Johannes Rauch (BMSGPK) folgendermaßen beantwortet:
Fragen 1 und 4: · Wie bewerten Sie als österreichischer Gesundheitsminister die „Informationspolitik" der EU-Kommission zur Covid-lmpfstoffbeschaffung von 1,8 Mrd. Impfdosen? · Wie bewerten Sie als österreichischer Gesundheitsminister die Kritik der EU-Ombudsfrau an der „Informationspolitik" der EU-Kommission zur Covid-lmpfstoffbeschaffung von 1,8 Mrd. Impfdosen?
Die Impfstoffkaufverträge unterliegen der vertraglichen Verschwiegenheit und können nicht ohne Zustimmung der Vertragspartner offengelegt werden. Die Europäische Kommission hat Anstrengungen unternommen, um die Verträge im größtmöglichen Umfang zu veröffentlichen: https://ec.europa.eu/info/live-work-travel-eu/coronavirusresponse/public-health/eu-vaccines-strategy_en
Frage 2: · Kennen Sie als österreichischer Gesundheitsminister die ,,Vorvereinbarung" zwischen EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und Pfizer-Chef Albert Bourla zur Covid für die „Covid-19-Booster-lmpfstoffe"?
Nein, mir liegen keine Informationen zur Vorvereinbarung außerhalb der im Kaufvertrag mit der Firma Pfizer festgesetzten Rechte und Pflichten der Europäischen Kommission vor.
Frage 3: · Kennen Sie als österreichischer Gesundheitsminister den Kaufvertrag zwischen EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und Pfizer-Chef Albert Bourla zur Covid für die „Covid-19-Booster-lmpfstoffe"?
Die Verhandlung über die Verträge mit BioNTech/Pfizer über die Beschaffung von COVID-19 Impfstoff obliegt der Europäischen Kommission. Die Verträge sind Österreich und allen anderen Mitgliedstaaten, die am gemeinsamen Beschaffungsvorgang der Europäischen Kommission beteiligt sind, offengelegt worden.
Frage 5: · Wie gehen Sie als österreichischer Gesundheitsminister mit SMS und Messengerdienste wie WhatsApp usw. im Zusammenhang mit der Covid-19- lmpfstoffbeschaffung um?
Informationen, die der vertraglichen Verschwiegenheit (Preise, Vertragsklauseln etc.) unterliegen, müssen vertraulich bleiben. Für alle anderen Informationen, also auch für SMS etc., gilt in Bezug auf die Impfstoffbeschaffung kein gesonderter Umgang.
Fragen 6 und 7: · Würden Sie diese SMS und Messengerdienste wie WhatsApp usw. im Zusammenhang mit der Covid-19-lmpfstoffbeschaffung gegenüber der Öffentlichkeit bzw. dem österreichischen Parlament veröffentlichen? · Wenn nein, warum nicht?
Der Umgang mit SMS und Messengerdiensten im Zusammenhang mit der Covid-19 Impfstoffbeschaffung ist prinzipiell nicht abweichend zu anderen Themen zu behandeln. Siehe Antwort zu Frage 5.
Frage 8: · Welche Maßnahmen werden Sie als österreichischer Gesundheitsminister unternehmen, damit völlige Transparenz über die Covid-19-lmpfstoffbeschaffung herrscht?
Der Inhalt der Verträge zur Beschaffung von COVID-19 Impfstoff ist vertraulich und deren Veröffentlichung obliegt der Europäischen Kommission. Mein Ressort ist um größtmögliche Transparenz über die Beschaffungsvorgänge bemüht bei Inhalten, die nicht der vertraglichen Verschwiegenheit unterliegen. Meine Vorgänger haben der Bundesregierung dazu in mehreren Ministerratsvorträgen auch offiziell berichtet.
Frage 9: · Auf welche Art und Weise und in welchen Zeitabständen lassen Sie sich als österreichischer Gesundheitsminister über die Covid-19-lmpfstoffbeschaffung durch die EU, aber auch in Österreich, regelmäßig informieren?
Covid-19 Impfstoffe werden im Rahmen des europäischen Beschaffungsmechanismus gemeinsam von den Mitgliedstaaten beschafft. Vertretr:innen meines Hauses und des Bundeskanzleramts sitzen im so genannten „Steering Board“ der Europäischen Kommission, das aktuell mindestens einmal wöchentlich tagt. In diesem Zusammenhang werde ich von meinen Mitarbeiter:innen laufend informiert.
Beschaffungsvorgänge im Rahmen der Europäischen Union, aber auch der einzelnen Mitgliedsstaaten geraten auch immer wieder ins Fadenkreuz strafrechtlicher Ermittlungen. Vor allem bei Beschaffungsvorgängen mit internationaler Dimension, aber auch hohen Vertragssummen, tummelt sich nicht nur eine Heerschar von Konzernlobbyisten auf dem Parkett des Beschaffungsvorgangs, sondern es schalten sich auch immer wieder kriminelle Netzwerke in den Beschaffungsvorgang ein, um ihre schmutzigen Geschäfte in diesem Zusammenhang zu betreiben. Intransparente Vertragsgrundlage, eine Politik im Zeichen von dubiosen „Verschwiegenheitsklauseln“ und in diesem Zusammenhang weit verbreiteter Intransparenz machen hier der internationalen Wirtschaftskriminalität Tür und Tor auf.
In diesem Zusammenhang ist relevant, wie sich das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK) hier vor mutmaßlichen kriminellen Aktivitäten zu Lasten der Republik Österreich und der österreichischen Steuerzahler zu schützen in der Lage ist.
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz folgende
ANFRAGE
1) Wer vertritt das BMSGPK im „Steering Board“ der Europäischen Kommission zur Covid-19-Impfstoffbeschaffung?
2) Wer vertritt das BKA im „Steering Board“ der Europäischen Kommission zur Covid-19-Impfstoffbeschaffung?
3) Welche Informationen aus dem „Steering Board“ der Europäischen Kommission zur Covid-19-Impfstoffbeschaffung wurden Ihnen bzw. Ihren Vorgängern Bundesminister a.D. Rudolf Anschober und Bundesminister a.D. Dr. Wolfgang Mückstein seit 2020 im Detail weitergegeben?
4) Zu welchen Zeitpunkten wurde Ihnen bzw. Ihren Vorgängern Bundesminister a.D. Rudolf Anschober und Bundesminister a.D. Dr. Wolfgang Mückstein seit 2020 im Detail aus dem „Steering Board“ der Europäischen Kommission zur Covid-19-Impfstoffbeschaffung berichtet?
5) Wie schließen Sie als zuständiger Gesundheitsminister Österreich aus, dass es im Zusammenhang mit der Covid-19-Impfstoffbeschaffung zu einem Verstoß gegen einschlägige strafrechtliche Bestimmungen wie etwa Amtsmissbrauch (§ 302 StGB), Betrug (§ 146 StGB), Untreue (§ 153 StGB), Geschenkannahme durch Machthaber (§ 153a StGB), Sachwucher (§ 155 StGB), Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Vergabeverfahren (§ 168b StGB) Ausgabenseitiger Betrug zum Nachteil der finanziellen Interessen der Europäischen Union(§ 168f StGB), Missbräuchliche Verwendung von Mitteln und Vermögenswerten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Europäischen Union(§ 168g StGB) gekommen ist?
6) Hat insbesondere die Interne Revision des BMSGPK die Covid-19-Impfstoffbeschaffung für Österreich einer begleitenden Kontrolle bzw. einer nachfolgenden Kontrolle unterzogen?
7) Wenn nein, warum haben Sie als amtierender Gesundheitsminister bzw. bzw. Ihren Vorgängern Bundesminister a.D. Rudolf Anschober und Bundesminister a.D. Dr. Wolfgang Mückstein, dies nicht angeordnet?
8) Werden Sie dem Rechnungshof in Österreich gegenüber alle Vertragsinhalte und Vertragsunterlagen zur Covid-19-Impfstoffbeschaffung offenlegen?
9) Wenn nein, warum nicht?
10) Auf welche verfassungsrechtliche und einfachgesetzliche Grundlage stützen Sie als Gesundheitsminister Ihre Rechtsmeinung, dass eine „Vertraulichkeitsklausel“ in einem Vertrag der Pharmaindustrie mit der Europäischen Union, und in weiterer Folge mit der Republik Österreich das Interpellationsrecht des österreichischen Parlaments aushebelt?