1061/J XXVII. GP

Eingelangt am 27.02.2020
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Anfrage

des Abgeordneten Christian Lausch

und weiterer Abgeordneter

An die Bundesministerin für Justiz

 

betreffend schwere Vorwürfe um Grundkauf in Großebersdorf

 

Am 20.Jänner 2020 berichtete die Plattform „addendum“ unter anderem:

 

„In einer kleinen Marktgemeinde im Norden von Wien, nur wenige Kilometer von der Stadtgrenze entfernt, widerlegen der Bürgermeister und seine Vorgänger die gängige Erzählung, dass sich das Amt des Ortschefs für die, die es ausüben, nicht rechnet. Durch das Verwandeln landwirtschaftlich genutzter Flächen in Wohngebiet haben sie Millionen kassiert.

 

Bei der Dezember-Sitzung des Großebersdorfer Gemeinderats ist in der Regel nicht mehr viel los. Gleich im Anschluss steht, wie alle Jahre wieder, eine kleine Weihnachtsfeier in einem Gemeindegasthaus an, zu der neben den gewählten Mandataren auch Gemeindemitarbeiter geladen sind, und das führt dann zu einem fast schon kuriosen Abstimmungsprozedere: Der Bürgermeister fragt derart zügig nach der Absegnung seiner zwölf Tagesordnungspunkte, dass die meisten Gemeinderäte erst dann ihre Hand zur Zustimmung erhoben haben, als der Ortschef bereits nach möglichen Gegenstimmen Ausschau hält. Aber die Frage nach einem Veto eines Volksvertreters stellt sich in diesem Gemeinderat ohnehin nicht, weil in Großebersdorf fast schon traditionell niemand dagegen ist, nicht einmal die sogenannte Opposition. Über 90 Prozent der Beschlüsse pflegen in der kleinen Gemeinde, am südlichen Zipfel des Bezirks Mistelbach, mit 100-prozentiger Zustimmung gefasst zu werden.

 

Und doch wirkt der Bürgermeister an diesem Dezemberabend ein wenig angespannter als sonst. Das mag an den zwei Handvoll Zusehern im öffentlichen Teil der Sitzung liegen, die hören, dass die Finanzkraft der Kommune ausreicht, ein neues Löschfahrzeug für die freiwillige Feuerwehr um 570.000 Euro anzuschaffen, ohne dafür einen Kredit- oder einen Leasingvertrag zu benötigen. Die Einnahmen der Gemeinde sprudeln, die Nähe zu Wien lockt neue Einwohner an, die Nähe zum Verkehrsknoten S1/A5 große Betriebe, die sich an den Autobahnabfahrten im neuen Industriegebiet breitmachen. Doch irgendetwas stimmt nicht. Das spüren aufmerksame Teile der Bevölkerung, sie können es nicht näher benennen, aber sie sehen, dass sich der Ort doch deutlich verändert, vermissen einen Plan, und es werden Fragen gestellt: Sind die kommunalen Politiker mit den neuen Herausforderungen im Speckgürtel der Bundeshauptstadt überfordert? Oder stellen hier gewählte Volksvertreter den eigenen Vorteil über das Wohl der Bevölkerung? Ein Gemeinderat aus der Bürgermeister-Partei, der örtlichen ÖVP, hatte dem Gemeinde-Obersten bei einer Sitzung im Oktober 2019 im nichtöffentlichen Teil an den Kopf geworfen: „Dafür musst du als Bürgermeister geradestehen.“

 

Beide gemeinsam, damals als Bürgermeister und Vizebürgermeister in Amt und Würden, erwerben im Frühjahr 2012 als Privatpersonen eine landwirtschaftliche Nutzfläche am Ortsrand, im Bereich Salzstraße. Verkäuferin ist eine knapp 80-jährige Dame. Der Kaufpreis: 262.000 Euro.

 

2014 übernehmen Hoffinger und Krist zwei weitere landwirtschaftliche Flächen: Die Grundstücke mit den Nummern 1295 und 1312, für 120.000 bzw. 317.986,50 Euro.

 

Damals ist ein größerer Teil dieses Bereiches noch nicht als „Bauland Wohngebiet“ gewidmet. Das sollte sich ab 2015 ändern. Die Bauland-Widmung wird erweitert, auch über jene landwirtschaftliche Nutzfläche hinaus, deren Miteigentümer der aktuell amtierende Vizebürgermeister ist.

 

Dann wird das Gebiet am Ortsrand aufgeteilt, also parzelliert. Die Bauplätze haben zumeist rund 500 Quadratmeter und sind mit einer Widmung für maximal zwei Wohneinheiten pro Grundstück versehen.

 

Nur ein großer Bereich am Rand, das 10.559 Quadratmeter große Grundstück, das Altbürgermeister Krist und Bürgermeister Hoffinger erhalten, wird nicht zerteilt. Und auch nicht mit einer Widmung für zwei Wohneinheiten pro Grundstück versehen.

Auch der Vater von Bürgermeister Hoffinger, Altbürgermeister Hoffinger, ist im Bereich Salzstraße Liegenschaftsbesitzer und wird am Ende acht Baugrundstücke sein Eigen nennen.

 

Am 5. März 2018 verkaufen der amtierende Bürgermeister Hoffinger und sein Vorgänger Krist die 10.559 Quadratmeter im Bereich Salzstraße um 2,639 Millionen Euro an die Niederösterreichische Bau- und Siedlungsgenossenschaft für Arbeiter und Angestellte.

Vier weitere Baugrundstücke zu je rund 500 Quadratmeter sind noch in ihrem Besitz und haben als Bauplätze einen Wert von rund 400.000 Euro.

 

Die Genossenschaft will auf dem großen Areal eine Wohnhausanlage bauen. Konkrete Pläne dafür existieren bereits seit 2018 und sollen demnächst umgesetzt werden.“

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundes-ministerin für Justiz folgende

 

Anfrage

1.    Wurde an die Staatsanwaltschaft über den oben angeführten Vorfall eine Sachverhaltsdarstellung übermittelt?

a.    Wenn ja, von wem?

b.    Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

2.    Ermittelt die Staatsanwaltschaft, da Amtsmissbrauch (§302 StGB) aufgrund des geschilderten Sachverhalts nicht auszuschließen ist, gegen Hoffinger?

3.    Ermittelt die Staatsanwaltschaft, da Amtsmissbrauch (§302 StGB) aufgrund des geschilderten Sachverhalts nicht auszuschließen ist, gegen Krist?

4.    Wurde durch die Ermittlungen festgestellt, wann genau die Grundstücke von Hoffinger und Krist gekauft wurden?

5.    Wird gegen Hoffinger, da Betrug (§146 StGB) aufgrund des geschilderten Sachverhalts nicht auszuschließen ist, ermittelt?

6.    Wird gegen Krist, da Betrug (§146 StGB) aufgrund des geschilderten Sachverhalts nicht auszuschließen ist, ermittelt?

7.    Wird gegen Hoffinger oder Krist oder andere Personen, da gewerbsmäßiger Betrug (§148 StGB) aufgrund des geschilderten Sachverhalts nicht auszuschließen ist, ermittelt?

8.    Wird gegen Hoffinger oder Krist oder andere Personen, da Untreue (§153 StGB) aufgrund des geschilderten Sachverhalts nicht auszuschließen ist, ermittelt?

9.    Wird gegen den Vater von Hoffinger betreffend den Grundstückskauf ebenfalls ermittelt?

10. Gegen wen werden derzeit noch Ermittlungen geführt?

11. Wegen welcher anderer strafrechtsrelevanter Tatbestände werden Ermittlungen geführt?

12. Gibt es in diesem Zusammenhang eine Zusammenarbeit zwischen der Staatsanwaltschaft und dem Innenministerium oder anderer Behörden?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn nein, warum nicht?