10613/J XXVII. GP
Eingelangt am 05.04.2022
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ANFRAGE
der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA
und weiterer Abgeordneter
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Familienbonus Plus bei Pflegeeltern versus leibliche Eltern
Die Thematik des Familienbonus Plus und die dabei auftretenden Problematiken bzw. Unklarheiten war bereits Gegenstand mehrerer parlamentarischer Anfragen (u.a. 784/J, 1727/J, 8987/J und 10151/J). Eine Problematik mit dem Familienbonus Plus kann es beispielsweise geben, wenn das Kind nicht von seinen leiblichen Eltern erzogen wird, sondern eine Fremdunterbringung in einer Anstaltspflege, einer sozialpädagogischen Einrichtung oder bei Pflegeeltern stattfindet.
Grundsätzlich steht die Familienbeihilfe einem Pflegeelternteil zu, womit auch diese Person einen Anspruch auf den Familienbonus Plus haben kann. Der Kinder- und Jugendhilfestatistik für das Jahr 2020 kann entnommen werden, dass es 5.061 Kinder gab, die in diesem Zeitraum österreichweit bei Pflegepersonen untergebracht waren. Das Familienbeihilfeformular Beih100 sieht im Bereich der Angaben des Kindes die Möglichkeit vor, dass „Pflegekind“ als Verwandtschaftsverhältnis angeben werden kann. Das Formular E30, mit dem unter anderem der Familienbonus Plus beantragt werden kann, sieht keine Möglichkeit vor, dass das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes angegeben werden kann.
Pflegepersonen haben Anspruch auf den Familienbonus Plus in voller Höhe. Wenn aber die leiblichen Eltern zu Unterhaltszahlungen verpflichtet werden, dann besteht die Möglichkeit, dass einer dieser Personen der Unterhaltsabsetzbetrag (UAB) zusteht. Haben Pflegepersonen für ein Veranlagungsjahr den Familienbonus Plus in voller Höhe beantragt und wurde dieser auch ausbezahlt, muss die Hälfte des Familienbonus Plus zurückbezahlt werden, wenn nachträglich ein leiblicher Elternteil Anspruch auf den UAB geltend macht, ihm dieser zusteht und auch noch von ihm der Familienbonus Plus beantragt wird.
In diesem Fall ist das Finanzamt verpflichtet, die Pflegeperson, die keinen Anspruch auf den Familienbonus Plus hat, mittels eines Rückforderungbescheids aufzufordern, den Familienbonus Plus zurückzubezahlen. In der Regel wäre es natürlich am besten, wenn Pflegepersonen und leibliche Eltern sich absprechen. Voraussetzung wäre ein gutes Einvernehmen, allerdings muss es ein solches nicht geben und es dürfte daher auch keine Verpflichtung geben, dass sich die Pflegepersonen und leibliche Eltern absprechen. Nachdem es über 5.000 Kinder gibt, die bei Pflegepersonen untergebracht sind, muss davon ausgegangen werden, dass es zahlreiche Fälle gibt, bei denen es zu einer bösen Überraschung für Pflegepersonen kommen kann und auch kommt.
Folgende Konstellationen sind möglich:
§ Eine Pflegeperson, die Anspruch auf die Familienbeihilfe hat, beantragt den Familienbonus Plus in volle Höhe. Eine andere Person, die für das gleiche Kind Anspruch auf den UAB hat, beantragt für das gleiche Jahr den Familienbonus Plus.
§ Die Pflegepersonen teilen sich den Familienbonus Plus zur Hälfte auf. Eine andere Person, die für das gleiche Kind Anspruch auf den UAB hat, beantragt für das gleiche Jahr den Familienbonus Plus.
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Finanzen nachstehende
Anfrage
1. Wie viele Familienbeihilfeanspruchsberechtigte gab es im Zeitraum 2019 bis zum Zeitpunkt der Anfrage aufgeschlüsselt nach Monaten, bei denen das Verwandtschaftsverhältnis „Pflegekind“ beim Familienbeihilfeformular angekreuzt wurde?
2. Wie viele Familienbeihilfeanspruchsberechtigte im Sinne der Frage 1 haben jeweils getrennt nach Veranlagungsjahr seit 2019 den Familienbonus Plus in voller Höhe beantragt?
3. Bei wie vielen dieser Fälle beantragte eine andere Person, die Anspruch auf den UAB für das gleiche Kind hatte, für das jeweilige Veranlagungsjahr den Familienbonus Plus?
4. In wie vielen Fällen hat das Finanzamt jeweils nach Veranlagungsjahr einen Rückforderungsbescheid betreffend Rückzahlung des Familienbonus Plus ausgestellt?
5. Werden Pflegeeltern, die den Familienbonus Plus beanspruchen auf die Möglichkeit hingewiesen, dass sie allenfalls im Nachhinein den Familienbonus Plus zur Gänze oder teilweise zurückzahlen müssen?
6. Wie hoch ist die Gesamtsumme dieser Fälle, die das Finanzamt bislang zurückgefordert hat?
7. Wie viele Familienbeihilfeanspruchsberechtigte im Sinne der Frage 1 haben jeweils getrennt nach Veranlagungsjahr seit 2019 den Familienbonus Plus zu 50 Prozent beantragt?
8. In wie vielen dieser Fälle hat eine zweite Person den Familienbonus Plus zu 50 Prozent beantragt, aber in Folge eine Dritte Person den UAB geltend gemacht und den Familienbonus Plus ebenfalls beantragt?
9. In wie vielen dieser Fälle hat das Finanzamt jeweils nach Veranlagungsjahr einen Rückforderungsbescheid betreffend Rückzahlung des Familienbonus Plus ausgestellt?
10. Wie hoch ist die Summe für diese Fälle, die das Finanzamt zurückgefordert hat?
11. Bei wie vielen Fällen ist es noch möglich, dass eine andere Person, die Anspruch auf den UAB für das gleiche Kind hatte, für das jeweilige Veranlagungsjahr den Familienbonus Plus zu beanspruchen, wodurch es zu Rückzahlungsauf-forderungen seitens des Finanzamtes an Pflegeeltern kommen kann bzw. wird?
12. Wieso gibt es beim Antragsformular zum Familienbonus Plus nicht die Möglichkeit das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes anzuführen, obwohl dies zur statistischen Auswertung nicht unerheblich erscheint?
13. Wenn die Fragen von 1 bis 9 aus technischen Gründen nicht beantwortet werden können: Warum ist dies der Fall?
14. Ist konkret das Datawarehouse des Finanzamts oder FABIAN in der Lage, entsprechende Auswertungen vorzunehmen?
15. Welche konkreten Maßnahmen werden Sie setzen, damit Pflegepersonen eine böse Überraschung aufgrund des unrechtmäßigen Bezugs des Familienbonus Plus erspart bleibt?
16. Wann kann mit der konkreten Umsetzung dieser Maßnahmen gerechnet werden?
17. Kann eine Person für ein Stiefkind den Familienbonus Plus beanspruchen, wenn der geschiedene Ehepartner und getrenntlebende Elternteil keinen Anspruch auf den UAB hat?
18. Betrifft die Fragen 1 bis 9: Wie viele Fälle gab es, bei denen beim Familienbeihilfeformular als Verwandtschaftsverhältnis „Stiefkind“ angegeben wurde?
19. Betrifft die Fragen 1 bis 9: Wie viele Fälle gab es, bei denen beim Familienbeihilfeformular als Verwandtschaftsverhältnis „Enkelkind“ angegeben wurde?
20. Betrifft die Fragen 1 bis 9: Wie viele Fälle gab es, bei denen beim Familienbeihilfeformular als Verwandtschaftsverhältnis „Wahlkind“ angegeben wurde?