10643/J XXVII. GP

Eingelangt am 05.04.2022
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Anfrage

 

des Abgeordneten Hannes Amesbauer

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Absonderung als legaler Fluchtgrund?

 

Wie die „Kronen Zeitung“ aufdeckte, gelang fünf Schubhäftlingen aus Ägypten, Marokko, Vietnam und Tunesien die Flucht aus dem Anhaltezentrum Vordernberg. Sie wurden, positiv auf Corona getestet, zur Absonderung in das sogenannte Simulationskrankenhaus Eisenerz gebracht. Von dort konnten sie anscheinend relativ problemlos fliehen. Laut Zeitungsbericht wurde dies von der Landespolizeidirektion bestätigt.

 

Polizeisprecher Fritz Grundnig wurde wie folgt zitiert: „Die Herausforderung ist, dass wir uns hier in einer rechtlichen Grauzone befinden. Sobald ein Schubhäftling Corona-positiv ist, tritt die Haftuntauglichkeit in Kraft und er wird enthaftet.“ Dies gelte nur, wurde betont, wenn diese nicht als gefährlich eingestuft seien. Eine lückenlose Überwachung sei so aber nicht möglich. Bemerkenswert ist der Satz: „Die geflohenen Häftlinge haben in dem Fall nur gegen die behördliche Absonderung verstoßen.“

 

Zwei der fünf Männer wurden kurz darauf in Kärnten wieder aufgegriffen. Grund zur Beunruhigung sehe die Polizei nicht, wurde berichtet.

(Quelle: https://www.krone.at/2668149)

 

Während der Verstoß gegen eine behördliche Absonderung in diesem Fall lediglich als Kavaliersdelikt dargestellt wird, wurde in anderen Fällen sogar das Hinausbringen des Hausmülls schärfstens kriminalisiert. Generell stellt sich nun die Frage, ob das Simulationskrankenhaus ein adäquates Ausweichquartier für abgesonderte Schubhäftlinge ist.

 

In der Anfragebeantwortung 9443/AB vom 01.04.2022 zu 9650/J (XXVII. GP) verwies Bundesminister für Inneres Gerhard Karner bei den Fragen 22 bis 27 darauf, dass infizierte Personen nicht haftfähig seien und aus der Schubhaft entlassen werden. Daher sei vom AHZ Vordernberg keine externe Unterbringung veranlasst worden. Dahingehend seien für die behördlichen Quarantänemaßnahmen nach erfolgter Entlassung aus der Schubhaft die Gesundheitsbehörden zuständig.

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz folgende

 

Anfrage

 

1)    Seit wann werden positiv auf Corona getestete Schubhäftlinge aus dem Anhaltezentrum Vordernberg im Simulationskrankenhaus Eisenerz abgesondert?

2)    Warum wurde das Simulationskrankenhaus Eisenerz als externer Absonderungsort für Schubhäftlinge aus dem Anhaltezentrum Vordernberg, die positiv auf Corona getestet werden, ausgewählt?

a)    Welche vertraglichen Vereinbarungen bestehen in diesem Zusammenhang?

b)    Mit wem bestehen diese vertraglichen Vereinbarungen jeweils?

c)    Welche Zahlungsmodalitäten lösen diese vertraglichen Vereinbarungen konkret aus?

d)    Für welchen Zeitraum wurden diese vertraglichen Vereinbarungen jeweils abgeschlossen?

3)    Wie viele positiv auf Corona getestete Schubhäftlinge aus dem Anhaltezentrum Vordernberg wurden (2020, 2021 und 2022) im Simulationskrankenhaus Eisenerz abgesondert?

a)    Wie gliedern sich diese Fremden nach Geschlecht auf?

b)    Wie gliedern sich diese Fremden nach Altersstruktur auf?

c)    Wie gliedern sich diese Fremden nach Nationalitäten auf?

4)    Wie viele Fremde, die positiv auf Corona getestet aus dem Anhaltezentrum Vordernberg im Simulationskrankenhaus Eisenerz abgesondert wurden, haben sich bisher (2020, 2021 und 2022) von dort unerlaubterweise entfernt?

a)    Wie gliedern sich diese Fremden nach Geschlecht auf?

b)    Wie gliedern sich diese Fremden nach Altersstruktur auf?

c)    Wie gliedern sich diese Fremden nach Nationalitäten auf?

5)    Wie viele dieser Fremden konnten wieder aufgegriffen werden?

a)    Welche Konsequenz hat es für die wieder aufgegriffenen Schubhäftlinge, wenn sie die bestehende behördliche Absonderung unerlaubter Weise verletzt haben?

6)    Wie ist die Versorgung von Schubhäftlingen aus dem Anhaltezentrum Vordernberg, die im Simulationskrankenhaus Eisenerz abgesondert werden, organisiert?

a)    Welche Mehrkosten sind bisher dafür angefallen?

7)    Wie ist die Überwachung von Schubhäftlingen aus dem Anhaltezentrum Vordernberg, die im Simulationskrankenhaus Eisenerz abgesondert werden, organisiert?

a)    Welche Mehrkosten sind bisher dafür angefallen?

b)    Wurden Beamte zur Überwachung abgestellt?

c)    Ist diese Überwachung lückenlos?

d)    Welche Möglichkeiten einzuschreiten haben zur Überwachung abgestellte Beamte, wenn ein abgesonderter Schubhäfling versucht, sich aus dem Simulationskrankenhaus Eisenerz zu entfernen bzw. zu fliehen?

e)    Wie ist sichergestellt, dass der betreffende Schubhäftling nach Ende der Absonderung sofort wieder in das Anhaltezentrum verbracht wird und keine Möglichkeit hat, zu fliehen?

8)    Welche darüberhinausgehenden Mehrkosten, wie beispielsweise Mietkosten oder ähnliches, sind bisher für die Nutzung der Räumlichkeiten im Simulationskrankenhaus Eisenerz für die Absonderung von Schubhäftlingen aus dem Anhaltezentrum Vordernberg angefallen?

9)    Erscheint angesichts des eingangs zitierten Vorfalles das Simulationskrankenhaus Eisenerz als zweckmäßige Lösung für die Unterbringung von behördlich abgesonderten Schubhäftlingen aus dem Anhaltezentrum Vordernberg?

a)    Wenn ja, welche Maßnahmen werden ergriffen, dass zukünftig keine Fremden mehr einfach ihre behördliche Absonderung zur Flucht nutzen können?

b)    Wenn nein, welche Alternativen werden seitens des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz geprüft bzw. in Erwägung gezogen?

10) Gab es mit dem Bundesministerium für Inneres bzw. mit dem Anhaltezentrum Vordernberg bereits Gespräche zukünftig einen Quarantänebereich vor Ort einzurichten?

a)    Wenn ja, wann haben diese stattgefunden?

b)    Wenn ja, wie ist in diesem Zusammenhang der aktuelle Status?

c)    Wenn nein, warum nicht?

11) Wird das Simulationskrankenhaus in Eisenerz seitens des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz bzw. den zuständigen Gesundheitsbehörden auch für andere behördlich abgesonderte Personen zur Unterbringung genutzt?

a)    Wenn ja, welche Personen werden – außer Schubhäftlinge aus dem Anhaltezentrum Vordernberg – noch dort im Zusammenhang mit einer behördlichen Absonderung untergebracht?