10652/J XXVII. GP

Eingelangt am 07.04.2022
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Anfrage

der Abgeordneten Michael Bernhard, Fiona Fiedler, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien

betreffend Abrechnungen des Mutter-Kind-Passes

 

Mit einstimmiger Mehrheit wurde im Juni 2021 beschlossen, dass der Mutter-Kind-Pass zu einem Vorsorgeprogramm bis zum 18. Geburtstag weiterentwickelt werden soll. Bis dato gibt es keine konkreten Vorschläge, wie das Programm des neuen Eltern-Kind-Passes aussehen soll. Um zukunftsorientierte Entscheidungen zu treffen, müssen im BMSGPK aber nicht nur inhaltliche Entscheidungen zur Vorsorge getroffen werden, sondern auch die bisherige Wirkung der einzelnen Maßnahmen sollte genauer betrachtet werden. Mit 41,3 Millionen Euro Auszahlungen für den Mutter-Kind-Pass im Jahr 2021 (1) ist das Budget immerhin ziemlich ident mit den veranschlagten Mitteln für Gesundheitsförderung (2).

Dennoch gibt es trotz einer jahrealten Empfehlung durch den Rechnungshof(3) keine Evaluierung oder Abrechnung für die Ausgaben für Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen, auch bei der Follow-up-Prüfung (4) und parlamentarischen Anfragen (5) wurde betont, dass internationale Beispiele zur Ausgestaltung der Weiterentwicklung verglichen würden. Der Ergebnisbericht des Boltzmann-Instituts (6) ist zwar auch auf der Übersichtsseite des Ministeriums (7) verlinkt, nicht berücksichtig wurde dabei aber offenbar der Folgebericht, der die Präventionsprogramme bis zum 18. Lebensjahr analysiert (8). Was fragwürdig ist, da erstens die Weiterentwicklung bis zum 18. Lebensjahr eben im Nationalrat beschlossen wurde und andererseits eine Reform bereits 2018 in Aussicht gestellt worden war (9).

Mangelnde Abrechnungsmodalitäten

Unklar ist deshalb, wie viel der Mutter-Kind-Pass in der Umsetzung kostet und wie viele Untersuchungen durch das Programm tatsächlich durchgeführt werden. Immerhin sind nur zehn der insgesamt vierzehn verfügbaren Untersuchungen verpflichtet vorgesehen und eine Bedingung für den vollen Bezug des Kinderbetreuungsgeldes (10). Bei den weiteren Untersuchungen ist nicht bekannt, wie viele genutzt werden und wie viele abgerechnet werden. 

Gerade in Zeiten von ELGA und der elektronischen E-Card Abrechnung ist eine solche Daten- und damit Abrechnungslücke nicht nachvollziehbar, immerhin könnte der Mutter-Kind-Pass einfach im Abrechnungsprogramm als Zusatzinformation zu einer Untersuchung angegeben werden. Gleichzeitig fällt auf, dass dies nicht eigeführt wurde, obwohl dadurch den Gesundheitskassen eine genaue, insbesondere jedoch eine ordentliche Abrechnung der Steuergelder gegenüber den Ärzten, aber auch gegenüber dem BMSGPK möglich wäre. In Verbindung mit der unklaren Nutzung des Untersuchungsangebots ist nicht auszuschließen, dass Steuergelder durch die Abrechnungsmodalitäten für eine verdeckte Co-Finanzierung der Gesundheitskassen genutzt werden.

Zuletzt ist beachtlich, dass mit Ausnahme eines Beratungsgesprächs, die Untersuchungen ausschließlich durch Ärzte durchgeführt werden müssen. Dies entspricht der rechtlichen Struktur bei Einführung des Mutter-Kind-Passes 1974, nicht jedoch der Rechtslage und den internationalen Standards des Jahres 2022. Einerseits werden international viele Untersuchungen, die im Mutter-Kind-Pass vorgesehen sind, von Hebammen durchgeführt und andererseits haben Hebammen laut Berufsrecht auch in Österreich diese Kompetenzen. Immerhin stellt eine ausschließliche Zuordnung der Untersuchungen in die Kompetenz der Ärzte, anstelle auch in jene der Hebammen, eine Verletzung von Berufs-Europarechtlichen Freiheitsrechten dar, da dies ein mittelbares Berufsverbot darstellt (11). Durch die Zuordnung der Untersuchungen ausschließlich in die Kompetenz der Ärzte ist auch zu befürchten, dass es damit zu einem Finanzdruck und überhöhten Gebühren für Untersuchungen kommt. Letztlich ist es nicht nur aus Sicht der werdenden Mutter nicht nachvollziehbar, warum diese nicht die Untersuchung bei der Hebamme ihrer Wahl durchführen lassen kann, auch aus Kostengründen wäre eine „Konkurrenz“ zwischen den Gesundheitsberufen vorteilhafter.

  1. https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_09225/imfname_1431907.pdf
  2. https://service.bmf.gv.at/Budget/Budgets/2022/bfg/teilhefte/UG24/UG24_Teilheft_2022.pdf
  3. https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/System_der_Gesundheitsvorsorge.pdf
  4. https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/home_7/System_der_Gesundheitsvorsorge__Follow_up.pdf
  5. https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/AB/AB_03059/imfname_751691.pdf
  6. https://eprints.hta.lbg.ac.at/1163/1/HTA-Projektbericht_Nr.92.pdf
  7. https://www.sozialministerium.at/Themen/Gesundheit/Eltern-und-Kind/Mutter-Kind-Pass.html
  8. https://eprints.aihta.at/1221/1/HTA-Projektbericht_Nr.123.pdf
  9. https://orf.at/stories/3104835/#:~:text=Alle%20Mutter%2DKind%2DPass%2D,werden%20aus%20dem%20Familienlastenausgleichsfonds%20gedeckt.
  10. https://www.oesterreich.gv.at/themen/familie_und_partnerschaft/geburt/3/2/3/2/Seite.080625.html
  11. Erstmals: Pircher, Ausschluss der Hebammen vom Mutter-Kind-Pass rechtswidrig?, RdM 2007/46; Später: Andreaus, Eichinger, Rechtsgrundlagen für Gesundheitsberufe, 3. Auflage, Kap. XI.7.3.d, Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen

 

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1.  Für wie viele gemeldete Schwangerschaften wurden in den vergangenen fünf Jahren die Überweisungen für Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen an die Versicherungsträger eingeleitet? (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren und Bundesland der gemeldeten Schwangerschaft)
    1. Aus Mitteln des FLAF? (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren und Bundesland der gemeldeten Schwangerschaft)
    2. Aus Mitteln des (heutigen) BMGSPK? (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren und Bundesland der gemeldeten Schwangerschaft)
  1. Wie viele Schwangerschaftsuntersuchungen im Rahmen des Mutter-Kind-Passes wurden in den vergangenen fünf Jahren durchgeführt? (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren, Bundesland und erster bis fünfter Untersuchung)
    1. Für wie viele der Schwangerschaftsuntersuchungen wurden Mittel aus dem FLAF an das BMSGPK ausbezahlt und in welcher Höhe? (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren, Bundesland und erster bis fünfter Untersuchung)
    2. Für wie viele der Schwangerschaftsuntersuchungen wurden Mittel an die Sozialversicherungsträger ausbezahlt und in welcher Höhe? (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren, Bundesland und erster bis fünfter Untersuchung)
    3. Für wie viele der Schwangerschaftsuntersuchungen wurden Mittel durch die Sozialversicherungsträger an Ärzte ausbezahlt und in welcher Höhe? (Bitte um Aufschlüsselung nach Leistung, Jahren, Bundesländern und erster bis fünfter Untersuchung)
    4. Wie wurde nachvollzogen, dass es zu keinen Doppelverrechnungen der Mittel aus dem Familienlastenausgleichsfonds und den Sozialversicherungsleistungen erfolgte?
  1. Wie viele Hebammenberatungen im Rahmen des Mutter-Kind-Passes wurden in den vergangenen fünf Jahren durchgeführt (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren und Bundesland)
    1. Für wie viele Hebammenberatungen wurden Mittel aus dem FLAF an das BMSGPK ausbezahlt und in welcher Höhe? (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren und Bundesland)
    2. Für wie viele Hebammenberatungen Schwangerschaftsuntersuchungen wurden Mittel an die Sozialversicherungsträger ausbezahlt und in welcher Höhe? (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren und Bundesland)
    3. Für wie viele der Schwangerschaftsuntersuchungen wurden Mittel durch die Sozialversicherungsträger an Hebammen ausbezahlt und in welcher Höhe? (Bitte um Aufschlüsselung nach Leistung, Jahren, Bundesländern und erster bis fünfter Untersuchung)
    4. Warum müssen auch Schwangerschaftsuntersuchungen bei Ärzten stattfinden und die im Berufsrecht festgelegten Untersuchungen können nicht auch bei Hebammen erfolgen?
  1. Wie viele Geburten gab es in den vergangenen fünf Jahren? (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren und Bundesland)
  2. Wie viele Untersuchungen des Kindes im Rahmen des Mutter-Kind-Passes wurden in den vergangenen fünf Jahren durchgeführt? (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren, Bundesland und erster bis neunter Untersuchung)
    1. Für wie viele der Untersuchungen des Kindes wurden Mittel aus dem FLAF an das BMSGPK ausbezahlt und in welcher Höhe? (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren, Bundesland und erster bis neunter Untersuchung)
    2. Für wie viele der Untersuchungen des Kindes wurden Mittel an die Sozialversicherungsträger ausbezahlt und in welcher Höhe? (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren, Bundesland und erster bis neunter Untersuchung)
    3. Für wie viele der Schwangerschaftsuntersuchungen wurden Mittel durch die Sozialversicherungsträger an Ärzte ausbezahlt und in welcher Höhe? (Bitte um Aufschlüsselung nach Leistung, Jahren, Bundesländern und erster bis neunter Untersuchung)
  1. Wie oft wurde der Mutter-Kind-Pass-Bonus in den vergangenen fünf Jahren ausbezahlt? (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren und Bundesland)
    1. Davon an Bezieherinnen, die alle zehn Untersuchungen des Mutter-Kind-Passes wahrgenommen haben inklusive Aufschlüsselung nach Jahren und Bundesland
    2. Davon an Bezieherinnen, die alle vierzehn Untersuchungen des Mutter-Kind-Passes wahrgenommen haben inklusive Aufschlüsselung nach Jahren und Bundesland
    3. Davon an Bezieherinnen, die alle vierzehn Untersuchungen, inklusive der drei Ultraschalluntersuchungen des Mutter-Kind-Passes wahrgenommen haben inklusive Aufschlüsselung nach Jahren und Bundesland
    4. Davon an Bezieherinnen, die alle vierzehn Untersuchungen, inklusive der drei Ultraschalluntersuchungen und Hebammenberatung des Mutter-Kind-Passes wahrgenommen haben inklusive Aufschlüsselung nach Jahren und Bundesland
    5. Davon an Bezieherinnen, die alle vierzehn Untersuchungen, inklusive der Hebammenberatung des Mutter-Kind-Passes wahrgenommen haben inklusive Aufschlüsselung nach Jahren und Bundesland
  1. Welches Einsparungspotenzial würde durch eine Abrechnung der Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen erst nach durchgeführter Untersuchung ergeben?
  2. Werden die jetzigen Abwicklungsmodalitäten in der Weiterentwicklung zum Eltern-Kind-Pass den aktuellen Reformplänen nach beibehalten?

 

  1. Welche Überlegungen zur Umstellung der Untersuchungen gab es bisher?
    1. Davon welche Änderungen waren bei den Untersuchungen vorgesehen?
    2. Davon welche Änderungen in den Abrechnungen waren vorgesehen?
    3. Gab es Arbeitsgruppen zum Mutter-Kind-Pass?
    4. Falls es Arbeitsgruppen gab, wie oft gab es in den vergangenen fünf Jahren Besprechungen zur Weiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes/ zukünftigen Eltern-Kind-Passes?

                                          i.    Zu welchem Ergebnis sind diese gekommen?

                                        ii.    Welche Ergebnisse sind bisher über den ELAK angelegt und damit unabhängig von Regierungs-/ Ministerwechseln im Hause vorhanden?

    1. Falls es keine Arbeitsgruppen gab, warum wurden keine eingesetzt?
    2. Warum fanden Überlegungen zu Änderungen keinen Niederschlag in einer neuen Verordnung?