10655/J XXVII. GP
Eingelangt am 07.04.2022
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Anfrage
der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend OeNB-Pensionssystem in der Niedrigzinsfalle
Ein teures Beispiel für die negativen Folgen der dauerhaften EZB-Niedrigzinspolitik ist das üppige OeNB-Pensionssystem, welches jährlich über 120 Mio. Euro verschlingt und den OeNB-Pensionären im Schnitt 6.600 Euro monatlich (mal 14) garantiert (1), (2). Auf der einen Seite fährt die OeNB in Abstimmung mit der EZB seit Jahren eine Niedrigzinspolitik, ergänzt durch Anleihenkäufe, was sich an der erneut sehr starken Ausweitung der OeNB-Bilanzsumme von 228 Mrd. Euro (2020) auf 275 Mrd. Euro (2021) ablesen lässt. Auf der anderen Seite trifft die Niedrigzinspolitik die OeNB selbst, da die niedrigen Zinsen das „Deckungserfordernis“ (Soll-Pensionsrückstellungen) für die OeNB-Pensionen in die Höhe treiben und eine Milliarden-Lücke aufreißen (3).

Enorme OeNB-Pensionslücke
So werden die älteren OeNB-Pensionsansprüche in Form von direkten Pensionsleistungen von der OeNB getragen (DB I, DB II und teilweise bei DB III), wofür Pensionsrückstellungen („Pensionsreserve“) gebildet werden müssen. Es müssen umso höhere Pensionsrückstellungen aufgebaut werden, je niedriger die Erwartungen für den OeNB-Berechnungszins (nicht zu verwechseln mit einem gesetzlichen Rechnungszins) sind, mit dem die OeNB die Anwartschaften abzinst.
Da die Berechnungszins-Erwartungen der OeNB in den letzten Jahren aufgrund der Niedrigzinspolitik massiv zurückgegangen sind, sind auch die notwendigen Pensionsrückstellungen kräftig gestiegen. Mittlerweile betragen die erforderlichen OeNB-Pensionsverpflichtungen („Deckungserfordernis“) 3,18 Mrd. Euro, weshalb die OeNB mit dem Bilden der nötigen Pensionsrückstellungen schon lange nicht mehr Schritt hält. Zuletzt betrugen die tatsächlichen Rückstellungen („Pensionsreserve“) "nur" 2,18 Mrd. Euro, womit sich die rechnerische Lücke zwischen erforderlichen und tatsächlichen Pensionsrückstellungen auf 1 Mrd. Euro ausgeweitet hat. Den eigenen Berechnungen der OeNB zur Folge ist die Lücke zwar etwas geringer, beträgt aber mittlerweile bereits 509 Mio. Euro (S. 134, Geschäftsbericht 2021). Dazu die OeNB im Geschäftsbericht 2021 (Seite: 133): "Das zum 31. Dezember 2021 ermittelte versicherungsmathematische Deckungserfordernis beträgt 3.182.511 Tsd EUR und ist durch die Pensionsreserve und durch stille Reserven in Immobilien teilweise gedeckt." Sprich: NICHT gedeckt.

Zinskosmetik, um die Soll-Pensionsrückstellungen klein zu halten?
Ungewöhnlich ist in diesem Zusammenhang auch die Berechnung des Berechnungszinses (nicht zu verwechseln mit einem gesetzlichen Rechnungszins), das dem Deckungserfordernis (Soll-Pensionsrückstellungen) zugrunde liegt. Als Referenzzins dient laut den OeNB-Geschäftsberichten ein Zins-Benchmark der "Deutschen Bundesbank" (gemäß § 253 Abs. 2 Deutsches Handelsgesetzbuch) - siehe Geschäftsbericht 2021, Seite 134 (4). Dieser Referenzzins ist in den letzten Jahren kontinuierlich verfallen (siehe Grafik - blau-gepunktete Linie). Trotzdem hat die OeNB ihren Berechnungszins (blaue Linie) seit 2017 wieder laufend nach oben korrigiert. Durch einen höheren Berechnungszins gelingt es der OeNB die Soll-Pensionsrückstellungen nicht zu stark steigen zu lassen, während die Bundesregierung ohne Rücksicht auf das ungedeckte Pensionsdeckungserfordernis die OeNB-Gewinne abschöpft. Seit 2010 wurden 2,3 Mrd. Euro der OeNB-Gewinne entnommen, davon 57 Mio. Euro 2021 (sieht Tabelle). Konkret ging die OeNB bei der Berechnung des Berechnungszinses folgendermaßen vor: Berechnungszins = Referenzzins abzüglich des 7-Jahresdurchschnitts des "Harmonisierten Verbraucherpreisindex" (HVPI) - siehe Geschäftsbericht 2015, Seite 114 (5). Der 7-Jahresdurchschnitt des HVPI lag in den letzten Jahren immer zwischen 1 und 2 Prozent, womit die OeNB für den Berechnungszins eigentlich nach der ursprünglichen Berechnungslogik immer einen Zinssatz deutlich unter 2 Prozent ansetzen hätte müssen. Das ist jedoch nicht passiert, stattdessen wurde in den letzten Jahren immer ein höherer Berechnungszins von ca. 2 Prozent herangezogen. Es liegt nahe, dass diese Vorgangsweise deswegen gewählt wurde, weil höhere Berechnungszinssätze zu niedrigeren Soll-Pensionsrückstellungen führen, was natürlich den Druck auf die OeNB zur Bildung von Pensionsrückstellungen reduziert.

Optionen für die OeNB, um das Pensionsloch einzudämmen
Da die EZB die Niedrigzinspolitik noch länger fortführen wird, bleiben nur zwei Lösungen, um die massive Pensionslücke im OeNB-Pensionssystem zu schließen:
OeNB-Pensionssystem
DB I und DB II: Direktpensionen mit Verpflichtung zur Bildung von Pensionsrückstellungen
DB III: via Pensionskasse mit Leistungszusage, Verpflichtung zur Bildung von Pensionsrückstellungen für Nachschussverpflichtungen
DB IV und DB V: via Pensionskasse mit Beitragszusage, daher ohne Pensionsrückstellungen
Quellen:
(1) https://kurier.at/wirtschaft/wirtschaft-von-innen/die-ueppigen-zuschuesse-der-staatlichen-pensionskaiser/401873090
(2) https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/wirtschaft/oesterreich/2143097-Die-Bank-fuer-Pensionisten.html
(3) https://www.oenb.at/Publikationen/Oesterreichische-Nationalbank/Geschaeftsbericht.html
(4) https://www.oenb.at/dam/jcr:c0d2da9f-8b43-412d-b7c7-1ce409be5b57/GB_2021.pdf
(5) https://www.oenb.at/dam/jcr:bec9b4ef-9789-4294-a849-15a3dc3a45f9/gb_2015.pdf
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
i. Sind ausgabenmindernde Änderungen bei den OeNB-Pensionssystemen DB I bis DB III geplant?