10708/J XXVII. GP

Eingelangt am 14.04.2022
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Astrid Rössler, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus

betreffend Nationale Umsetzung der EU-Konfliktmineraleverordnung zur Bekämpfung von Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit Rohstoffgewinnung

 

BEGRÜNDUNG 

 

Für die Herstellung von Computern, Mobiltelefonen sowie zahlreichen anderen Elektro- und Elektronikgeräten in privater und wirtschaftlicher Anwendung sind spezielle mineralische Rohstoffe von essentieller Bedeutung. Vorgelagerte Produktionsschritte wie der Abbau, die Verarbeitung oder der Transport dieser Rohstoffe finden überwiegend in Ländern des Globalen Südens statt, wo sie wiederholt mit Menschenrechtsverletzungen wie Kinderarbeit, sexueller Gewalt oder Zwangsumsiedelungen in Verbindung stehen. Vor allem in Konflikt- und Hochrisikoregionen stellt der – meist illegale – Abbau und Verkauf dieser Rohstoffe eine wichtige Einnahmequelle bewaffneter Gruppen dar, um Kämpfer und Waffen zu finanzieren. Damit tragen diese „Konfliktminerale“ auch dazu bei, Konflikte zu verlängern oder sogar zu verschärfen. Durch fehlende Sorgfaltspflichten und intransparente Lieferketten existierten bislang wenig Instrumente um diesen Missständen entgegen zu wirken.

Hier setzt die „Verordnung (EU) 2017/821 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2017 zur Festlegung von Pflichten zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten in der Lieferkette für Unionseinführer von Zinn, Tantal, Wolfram, deren Erzen und Gold aus Konflikt- und Hochrisikogebieten“ (kurz Konfliktmineraleverordnung) an. Sie gilt für Unionsimporteure, deren Einfuhren von unverarbeiteten mineralischen Rohstoffen und der zu Metallen aufbereitenden Rohstoffe auf Basis von Zinn, Tantal, Wolfram sowie Gold gewisse Schwellenwerte überschreiten. Die Verordnung verpflichtet diese Unternehmen zur Sorgfaltsprüfung in ihren Lieferketten. Konkret müssen diese Unternehmen Risiken in ihren Lieferketten identifizieren, analysieren und geeignete Maßnahmen zu deren Minimierung treffen. Ziel der Verordnung ist zu verhindern, dass Gewinne aus dem Abbau und Handel dieser vier Rohstoffe zur Finanzierung von Konflikten und damit einhergehenden Menschenrechtsverletzungen beitragen.

Während die Konfliktmineraleverordnung unmittelbar anwendbar ist, wurden Begleitbestimmungen zur Verordnung durch die Novellierung des Mineralrohstoffgesetzes (BGBl. I Nr. 14/2021) geschaffen. Mit der Novelle wurde das Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (BMLRT) als zuständige Behörde definiert, die für die Durchführung der in der Verordnung vorgeschriebenen nachträglichen Kontrollen verantwortlich ist. Die Abteilung Mineralrohstoffpolitik (IV/5) des BMLRT wurde von der Bundesministerin mit der unmittelbaren Durchführung betraut.

Die öffentliche Diskussion um verantwortliche Unternehmensführung hat auch aufgrund des kürzlich vorgelegten Vorschlags der Europäischen Kommission für eine “Richtlinie über die Nachhaltigkeitspflichten von Unternehmen“ wieder zugenommen. Da die Konfliktmineraleverordnung, obwohl in ihrem Anwendungsbereich stark eingeschränkt, erstmals verpflichtende Sorgfaltsprüfungen vorsieht, kann sie als eine Art Testlauf für verantwortungsvolle Beschaffung im Rohstoffsektor gesehen werden. Aus ihrer Umsetzung können wichtige Erkenntnisse für die Umsetzung unternehmerischer Sorgfaltspflichten gezogen werden. 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende 

 

ANFRAGE 

 

1)            Gemäß § 222c Abs. 2 Mineralrohstoffgesetz (MinroG) haben Unionseinführer, die in einem Kalenderjahr Minerale oder Metalle über den festgelegten Mengenschwellen gemäß Anhang I der Verordnung (EU) 2017/821 idgF (Konfliktmineralien-Verordnung) in die Europäische Union eingeführt haben, die Höhe der Importe in Österreich jeweils spätestens bis zum 31. März des Folgejahres an die zuständige Behörde zu melden. Welche Importmengen haben die der Verordnung unterliegenden österreichischen Unternehmen bislang gemeldet?


Es wird um aggregierte Angaben ersucht, aufgeschlüsselt nach Art des Minerals bzw. Metalls, Mengen bzw. Volumen, Ursprungsland, Importzeitraum, Prüfbericht vorhanden (Ja/Nein).

2)            Wie sind die Abläufe der nachträglichen Kontrolle konkret geplant, um die Einhaltung der Pflichten von Unionseinführern gemäß Artikel 4 bis 7 der EU-Konfliktmineraleverordnung zu überprüfen?

3)            Welche Informationen, Unterlagen und Berichte von Unionseinführern werden auf Plausibilität überprüft, welche auf inhaltliche Richtigkeit?

4)            Welche personellen Ressourcen stehen der zuständigen Abteilung Mineralrohstoffpolitik für die nachträglichen Kontrollen zur Verfügung?
Über welche Qualifikationen verfügen die damit betrauten Personen?

5)            Werden für die Durchführung der nachträglichen Kontrolle auch externe Expert:innen beigezogen, wenn ja, für welche Fachbereiche?

6)            Wird im Zuge der nachträglichen Kontrolle auch überprüft, ob die allgemeine Offenlegungspflicht gem. Art. 7 (3) für die breite Öffentlichkeit vollständig erfüllt wurde?

7)            Die aktuelle EU-Liste der Konflikt- und Hochrisikogebiete (CAHRAS-Liste) ist eine indikative Liste: Wie erfolgt die Einstufung zusätzlicher Gebiete als Konflikt- bzw. Hochrisikogebiet durch die überprüfende Behörde?

8)            Wie wird bei den nachträglichen Prüfungen mit der Tatsache umgegangen, dass seitens der Europäischen Kommission bislang noch keine Liste anerkannter Managementsysteme („supply chain due diligence schemes“) zur Verfügung gestellt wurde?

a)         Welche Kriterien legt Ihr Ressort in Ermangelung dieser Liste bei der Prüfung der gemeldeten Managementsysteme an? Welche Anforderungen muss ein Managementsystem erfüllen, um den Prüfanforderungen Ihres Ressorts zu entsprechen?

b)         Welche Managementsysteme haben die Unionseinführer bei der Einmeldung der Importmengen angeführt?

c)         Wie viele Unionseinführer haben kein Managementsystem angeführt?

                                          i.    Welche Schritte zur Prüfung der Einhaltung der Sorgfaltspflichten sind vorgesehen in jenen Fällen, in denen kein Managementsystem angeführt wurde?

9)            Bei der nachträglichen Kontrolle soll nach einem risikobasierten Ansatz vorgegangen werden. Wie sieht der risikobasierte Ansatz des BMLRT in diesem Zusammenhang aus? Nach welchen Kriterien erfolgt im konkreten Fall eine Einstufung als „höheres Risiko“?