10765/J XXVII. GP
Eingelangt am 26.04.2022
Dieser Text ist elektronisch
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Anfrage
der Abgeordneten Robert Laimer, Genossinnen und Genossen an die Bundesministerin für Landesverteidigung
betreffend Einsatz österreichischer Soldat*innen vor dem Hintergrund mutmaßlicher Massaker an Zivilist*innen am Kriegsschauplatz Mali
Am 07. April 2022 wurde auftagesschau.de ein Artikel mit dem Titel „Getötete Zivilisten in Mali: Ermittlungen nach mutmaßlichem Massaker" veröffentlicht.
Nach Berichten über Massenhinrichtungen von Zivilist*innen in Mali hat die Justiz des Landes mittlerweile Ermittlungen eingeleitet. Human Rights Watch, die US-amerikanische, international tätige nichtstaatliche Organisation, die durch Untersuchungen und Öffentlichkeitsarbeit für die Wahrung der Menschenrechte eintritt, spricht in diesem Zusammenhang von bis zu 300 Toten und der "schlimmsten Gräueltat" seit Jahren.
„Nach der Ermordung Hunderter Menschen in Mali haben die Behörden Ermittlungen angekündigt. Das Militär untersuche mutmaßliche Massaker der Armee und mit ihr verbündeter Kämpfer, berichtete die britische BBC. Die Staatsanwaltschaft beim Militärgericht in der Stadt Mopti erklärte, das Verteidigungsministerium habe ,vertiefte Untersuchungen' zu Berichten über Massenhinrichtungen von Zivilistinnen und Zivilisten angeordnet, ,um diese Anschuldigungen vollständig zu beleuchten'. Der Staatsanwalt werde sich bald mit Ermittlern und einem Rechtsmediziner vor Ort ein Bild machen, hieß es weiter."[1]
Medien berichten, nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen, dass in der Stadt Moura Ende März 300 Zivilist*innen getötet worden sein sollen, darunter einige mutmaßliche Dschihadisten. Die internationale Gemeinschaft hat bereits eine unabhängige Untersuchung gefordert. „Die Vereinten Nationen leiteten eine eigene Untersuchung ein. Experten der UN-Mission in Mali (MINUSMA) würden ,so schnell wie möglich' zu den Tatorten reisen, erklärte UN-Sprecher Stephane Dujarric. Dies hänge aber vom guten Willen der malischen Behörden ab."[2]
Aufgrund der Tatsache, dass das Österreichische Bundesheer aktuell die "European Union Training Mission Mali" (kurz EUTM Mali) im westafrikanischen Binnenstaat leitet, das Bundesheer seit März 2013 an der Mission beteiligt ist und deren Hauptaufgaben - im Rahmen der EU-Mission - die Beratung, die Unterstützung und die Ausbildung der malischen Streitkräfte mit dem Ziel, die territoriale Einheit und Kontrolle des Staates unter Einhaltung der Menschenrechte wiederherzustellen, umfassen, verlangt es nach einer umfassenden und unabhängigen Aufklärung. Vor allem auch vor dem Hintergrund, dass das übergeordnete Ziel des Bundesheeres darin besteht, verantwortungsbewusste und verlässliche malische Streitkräfte auszubilden. Laut bundesheer.at wird nämlich „ein besonderes Schwergewicht (...) neben der Integration der Menschenrechte auch auf die Bereiche Gender und humanitäres Völkerrecht gelegt. Die Heranbildung von vertrauenswürdigen und handlungsfähigen Streitkräften ist eine wesentliche Voraussetzung für einen stabilen und funktionierenden Staat."[3]
Dies wird auch von der zuständigen Bundesministerin Klaudia Tanner bestätigt: „Mali ist ein zentrales Land für die Stabilisierung der Sahelzone und die Sicherheit Europas', begründete Tanner das Engagement Österreichs. Es gehe beim EU-Einsatz darum, die malischen Sicherheitskräfte dabei zu unterstützen, Verantwortung für die Sicherheit ihres Landes zu übernehmen."[4]
Die mutmaßlichen Massaker an der Zivilbevölkerung haben am 11. April 2022 zu der Ankündigung geführt, „die EU-Trainingsmission für malische Streitkräfte aufgrund der möglichen Involvierung russischer Söldner vorübergehend auszusetzen. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) hat am Dienstag erklärt, dass die 72 teilnehmenden österreichischen Soldaten vorerst ,in gewohnter Stärke im Einsatzraum verbleiben' werden - zumindest bis die Entwicklung eines neuen ,Missionsprofils' abgeschlossen ist."[5]
„Im Umgang mit der malischen Regierung müsse es ,rote Linien' geben, vor allem im Umgang mit der russischen Söldnergruppe Wagner, so Tanner in einer der APA übermittelten Aussendung. Der EU- Außenbeauftragte Josep Borrell hatte am Montag mitgeteilt, dass Teile der Ausbildung der EU- Mission vorübergehend ausgesetzt werden, bis zusätzliche Garantien der malischen Regierung vorliegen, dass die ausgebildeten Kräfte nicht mit den Söldnern in den Einsatz gebracht werden. Wie und in welcher Form das Engagement der EU in Mali stattfinden soll, werde derzeit verhandelt, erklärte Tanner. Die Beratungen sowie Vermittlungen demokratischer und moralischer Werte liefen derzeit weiter."[6]
Aufgrund der aktuellen Berichterstattung internationaler Medien ist fraglich, ob die anvisierten Ziele in Mali auf allen Ebenen erreicht wurden bzw. noch erreicht werden können und welche (negativen) Konsequenzen die EUTM Mali für die Bevölkerung vor Ort mit sich bringt. Es ist daher unausweichlich, den Einsatz in Mali zu prüfen, zu evaluieren und - bei Verstößen gegen die Menschenrechte - umgehend Sanktionen einzuleiten.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE
1. Haben Sie als Bundesministerin - vor der medialen Berichterstattung - von den mutmaßlichen Menschenrechtsverletzungen in Mali, vor allem um das Massaker von 300 Toten, persönlich Kenntnis erlangt?
2. Gibt es Erkenntnis darüber, ob die mutmaßlichen Gräueltaten von jenen Soldat*innen verübt wurden, die im Rahmen der EUTM Mali ausgebildet wurden?
3. Haben Sie Kenntnis davon, ob die von der EU ausgebildeten malischen Soldaten mit dem privaten Militärunternehmen Wagner Gruppe Zusammenarbeiten?
4. Sind die österreichischen Soldat*innen, u.a. ob der kolportierten Massenhinrichtungen im Mali, besonders in Gefahr?
5. Was werden Sie unternehmen, um den Schutz der österreichischen Soldat*innen sicherzustellen bzw. zu erhöhen?
6. Welche Schritte werden Sie - hinsichtlich der Missachtung der Menschenrechte in Mali - einleiten?
7. Wann gedenken Sie, vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse, die EUTM Mali zu evaluieren?
8. Bis zu welchem Zeitpunkt werden Teile der Ausbildung der EU-Mission ausgesetzt?
9. Bis zu welchem Zeitpunkt ist die Entwicklung eines neuen „Missionsprofils" abgeschlossen?
10. Welche Inhalte umfassen die „roten Linien" im Umgang mit der malischen Regierung, von denen Sie gesprochen haben?
11. Gibt es für Sie Faktoren oder Ereignisse, die zu einem Abzug österreichischer Soldat*innen führen?
Falls ja, welche Faktoren bzw. Ereignisse wären dies?
[1] siehe https://www.tagesschau.de/ausland/afrika/mali-massenhinrichtung-untersuchung-101.html - Stand:
11. April 2022
[2] ebenda
[3] Vgl. https://www.bundesheer.at/ausle/mali/index.shtml - Stand: 11. April 2022
[4] Vgl. https://www.derstandard.at/story/2000128378389/oesterreich-uebernimmt-2022-kommando-von-eu- einsatz-in-mali-und - Stand: 11. April 2022
[5] Vgl.
https://www.vienna.at/mali-mission-oesterreichische-soldaten-bleiben-im-einsatz/7371856
- Stand: 13.
April 2022
[6] siehe ebenda