10767/J XXVII. GP

Eingelangt am 26.04.2022
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS

Genossinnen und Genossen,

an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten

 

betreffend die Situation des zu Unrecht im Iran inhaftierten Österreichers Dr. Massud Mossaheb

Der österreichische Staatsbürger Dr. Massud Mossaheb wurde unter dem Vorwand der nationalen Sicherheit inhaftiert, eine im Iran übliche Taktik. Er befindet sich aufgrund der katastrophalen Haftbedingungen im berüchtigten Evin-Gefängnis in Teheran in einem äußerst schlechten gesundheitlichen Zustand. Er wird zweifellos von den iranischen Behörden als politische Schachfigur benutzt.

Massud Mossaheb ist seit über drei Jahren im Teheraner Gefängnis Evin inhaftiert. Dem 75-jährigen Generalsekretär der Österreichisch-Iranischen Gesellschaft werden beweis-und haltlos Straftaten gegen die iranische „Staatssicherheit" vorgeworfen und er wurde aufgrund eines - unter Folter zustande gekommenen - Geständnisses zu zehn Jahren Haft verurteilt. Weiterhin wird ihm, nach beinahe 3.5 Jahren Haft jeder Hafturlaub verwehrt.

Der regelmäßige Kontakt mit seinem Rechtsbeistand und seiner Familie sowie die konsularische Unterstützung der österreichischen Behörden muss für Dr. Mossaheb endlich sichergestellt sein.

Bis zu seiner Freilassung benötigt Dr. Massud Mossaheb eine adäquate medizinische Versorgung.

Im Dezember 2020 steckte er sich im Gefängnis mit COVID-19 an, doch trotz der Anordnung, 14 Tage in Isolation auf der Krankenstation zu verbringen, wurde er bereits drei Tage später in seine Zelle zurückgebracht. Sein Gesundheitszustand war damals in einem äußerst kritischen Zustand und die Familie in Wien bangte um sein Leben. Massud Mossaheb hat die akute Infektion zwar mittlerweile überstanden, aber er leidet seither an einer deutlichen Einschränkung seiner Lungenfunktion - zusätzlich zu seinen Vorerkrankungen wie u.a. Herzinsuffizienz und Diabetes.

Seit Anfang April 2022 wird Dr. Mossaheb massiv unter Druck gesetzt die notwendige Katarakt- Augen-Operation und eventuell auch eine Wirbelsäulen-Operation durchführen zu lassen. Da die hygienischen Bedingungen im Evin-Gefängnis nicht für postoperative Rekonvaleszenz geeignet sind (Bettwanzen, Ratten, Kakerlaken usw.), weigert sich Dr. Mossaheb die Operationen durchführen zu lassen. Er wird erpresst einen Brief zu unterschreiben, indem er angibt, dass er die Operationen auf eigene Gefahr ablehnt und dass das Evin-Gefängnis keine Verantwortung dafür trägt, falls er deswegen zu Schaden kommen sollte.

Seit Anfang April 2022 hat sich auch Dr. Mosseahebs Gesundheitszustand noch einmal dramatisch verschlechtert. Er hat Fieber, akute Atemnot und Beschwerden die auf Angina Pectoris, eine Lungenentzündung oder eine weitere schwere Covid-19 Infektion hinweisen könnten. Dr. Mossaheb erhält auch dafür keine adäquate Behandlung. Die Familie hat große Angst, dass ihm das gleiche Schicksal droht wie Herrn Baktash Abtin und Herrn Shokrollah Jebeli, die beide heuer in iranischen Gefängnissen ihren Krankheiten erlegen sind, weil sie nicht adäquat versorgt wurden.[1]

Nazanin Zaghari-Ratcliffe und Anoosheh Ashoori, zwei britische Staatsbürger, waren in einer ähnlichen Situation und sind am 16. März 2022 aus der iranischen Haft entlassen worden. Ihre Freilassung erfolgte nach jahrelangen intensiven Verhandlungen zwischen London und Teheran.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1.       Welche konkreten Schritte hat ihr Ministerium gesetzt und welche plant es zu setzen, um die Freilassung des Österreichers Dr. Massud Mossaheb zu erreichen?

a)       Wie sieht der Zeitplan für zukünftige Schritte aus?

b)      Welche Ressourcen werden in Ihrem Ministerium dafür zur Verfügung gestellt?

c)       Falls keine zukünftigen Schritte geplant sind, warum nicht?

2.       Welche möglichen Eskalationsszenarien wurden von ihrem Ministerium entworfen?
a) Falls keine Eskalationsszenarien entworfen wurden, warum nicht?

3.       Welche Schritte werden im Rahmen der Verhandlungen des Iran-Atomabkommens (JCPOA) in Wien für die Freilassung des Österreichers Dr. Massud Mossaheb gesetzt? Sind bilaterale Gespräche geplant?

a) Wenn keine Schritte bzw. Gespräche geplant sind, warum nicht?

4.       Welche Schritte wurden von Ihrem Ministerium und der Botschaft vor Ort unternommen, um die notwendige medizinische Versorgung für Herrn Dr. Mossaheb sicherzustellen?

a)     Wenn keine Schritte für eine adäquate Versorgung gesetzt wurden, warum nicht?

b)      Wird von Seiten Ihres Ministeriums angeboten finanzielle Unterstützung für die medizinische Versorgung Herrn Dr. Mossahebs zu leisten?

c)       Wenn nein, warum nicht?

5.       Inwieweit koordiniert sich das BMEIA mit anderen europäischen Staaten und insbesondere jenen, deren Staatsbürger*innen ebenfalls zu Unrecht im Iran inhaftiert sind (Ahmadreza Djalali aus Schweden, Nahid Taghavi und Jamshid Sharmahd aus Deutschland, Fariba Adelkah aus Frankreich)?

a)     Wenn es keine Koordination mit anderen europäischen Staaten gibt, warum nicht?

b)       Ist eine Koordination auf EU-Ebene geplant?

c)       Falls keine Schritte auf EU-Ebene geplant sind, warum nicht?

 

6.       Der Grund für den Aufenthalt von Dr. Mossaheb in Teheran war das Kooperationsprojekt MedAustron. Werden Kooperationsprojekte wie MedAustron als Hebel für seine Freilassung genützt?

a)       Wenn ja, wie?

b)       Wenn nein, warum nicht?

c)       Wurde die diplomatische Akkreditierung jener Iraner*innen, die den iranischen Teil des MedAustron Projektes leiten, nach der unrechtmäßigen Gefangennahme von Dr. Mossaheb in Frage gestellt?

d)       Wenn nein, warum nicht?

7.       Werden diplomatischen Akkreditierungen von Iraner*innen in anderen Zusammenhängen als Hebel für die Freilassung von Dr. Mossaheb genützt?

a)       Wenn ja, wie?

d)       Wenn nein, warum nicht?

8.       Welche Beschlüsse oder Strategien liegen der Entscheidung zugrunde, bei Dr. Mossaheb von einem "Austro-Iranischen Gefangenen" zu sprechen und nicht, wie zum Beispiel in den USA üblich, von "Geiseln" oder von "Amerikanern" - also in diesem Fall von einem "Österreicher"?

9.       Welche Beschlüsse oder Strategien liegen der Entscheidung zugrunde, zur Lage von Herrn Dr. Mossaheb keine öffentliche Stellungnahme von Seiten Ihres Ministeriums abzugeben?



[1] Bericht von Amnesty über die verweigerte Unterstützung bei Krankheit, unzureichende Gesundheitsversorgung und dutzende Todesfälle aus den letzten Jahren in iranischen Gefängnissen: https://www.amnesty.at/presse/iran-
fehlende-medizinische-versorgung-in-gefaengnissen-menschen-werden-dem-tod-ueberlassen/