10778/J XXVII. GP

Eingelangt am 27.04.2022
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Robert Laimer,

Genossinnen und Genossen
an den Bundeskanzler

betreffend Reise zu Russlands Präsidenten Wladimir Putin nahe Moskau

Nachfolgend einige Schlagzeilen zur sogenannten „Putinreise" von Bundeskanzler Karl Nehammer am

11.  April 2022:

-„Realitätsfremd" und „illusionär": Russland-Experte zerreißt Nehammers Putin-Treffen[1] -Treffen mit Putin: Nehammers Blauäugigkeit[2]

-   Nehammer bei Putin: „Ergebnislose" Reise sorgt für Kritik[3]

-   Mangott hält Nehammers Besuch bei Putin "für keine kluge Entscheidung"[4]

-   Ein Irrweg nach Moskau: Der Besuch von Kanzler Nehammer nutzt nur Kriegstreiber Putin[5]

-  Österreichs Kanzler trifft Putin: Ukraine-Botschafter Melnyk warnt vor „billigem PR-Gag"[6]

Dies ist nur eine kleine Auswahl an harschen Titelüberschriften internationaler Medien, die sehr kritisch über das Treffen von Bundeskanzler Nehammer mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin am 11. April 2022 nahe Moskau berichten und dem ÖVP-Obmann ein „Nichtresultat"[7] bescheinigen.

Aber nicht nur die internationale Medienlandschaft findet wenig Substanzielles an dieser Reise. Auch renommierte Politikwissenschaftler wie z.B. Gerhard Mangott, Professor für internationale Beziehungen an der Universität Innsbruck mit dem Schwerpunkt Osteuropa und Russland, äußern sich deutlich und überaus kritisch zu dieser Reise: „'Nehammer hat nichts erreicht', rügte Mangott im Spiegel. Und weiter:,Dieser Besuch hat der Ukraine und dem Westen nichts gebracht, außer politische Verwerfungen innerhalb der Europäischen Union.' Nehammer war der erste und bisher einzige westliche Staatschef, der sich seit Ausbruch des Ukraine-Konflikts mit dem russischen Präsidenten getroffen hatte."[8]

Darüber hinaus gibt es auch Kritik von zahlreichen Politiker*innen aller Parteien (mit Ausnahme der Kanzlerpartei ÖVP). So beurteilen, neben dem Koalitionspartner Die Grünen, auch SPÖ, FPÖ und NEOS das Treffen als „ergebnislos": „Einen Tag nach dem Treffen zwischen Bundeskanzler Karl

Nehammer (ÖVP) und Russlands Präsident Wladimir Putin hat die Opposition Kritik an der,völlig ergebnislosen' Reise geübt. Auch Fachleute sehen in dem Besuch Nehammers keinen ,erkennbaren' Erfolg - wenn das auch nicht erwartbar war. Putin erwähnte das Treffen bei einem Termin am Dienstag hingegen gar nicht."[9]

Aufgrund der breiten, auch internationalen Kritik, der offensichtlich erfolglosen Unterredung von Karl Nehammer mit Wladimir Putin sowie der kolportierten Nachricht, dass die Information über diese Reise nicht mit relevanten politischen Akteuren der Republik Österreich koordiniert und abgesprochen war, lässt sich nachweislich ein negatives Fazit aus dem Putin-Besuch von Bundeskanzler Nehammer ziehen.

Da infolge dieses missglückten Ausflugs nach Russland auch das Ansehen und die Reputation Österreichs in der Welt darunter leidet bzw. ein möglicher außenpolitischer Schaden entstanden ist, stellen die unterfertigten Abgeordneten daher folgende

ANFRAGE

1.  Wann wurde die Reise von Ihnen zum russischen Staatspräsidenten terminlich fixiert?

2.  Wann wurde der Bundespräsident über Ihren Besuch bei Wladimir Putin informiert?

3.  Wann wurde der Vizekanzler über den Besuch beim russischen Staatspräsidenten informiert?

4.   Wann wurde die österreichische Botschaft in Moskau von Ihrem Besuch beim russischen Staatspräsidenten informiert?

5.   Haben Sie sich vor der Reise in die Ukraine bzw. vor der Reise nach Russland mit Privatpersonen (z.B. Ex-Politiker*innen) über ihren Besuch ausgetauscht?

5.  a Falls ja, mit welchen Personen?

6.   Haben Sie sich vor der Reise in die Ukraine bzw. vor der Reise nach Russland mit Wirtschaftsunternehmen (z.B. Bankinstituten) über Ihren Besuch ausgetauscht?

6.  a Falls ja, mit welchen Unternehmen?

7.   Haben Sie Privatpersonen (z.B. Medienberater) oder Familienmitglieder zu Ihrem Besuch bei Wladimir Putin begleitet?

7.  a Falls ja, in welcher offiziellen Funktion waren die Personen vor Ort?

7. b Falls ja, in welchem Umfang wurden diese Personen vom Inhalt ihrer Unterredung informiert?

7.  c Falls ja, wer hat die Kosten für diese Personen getragen?

8.  War das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten in die Vorbereitungen bzw. in die strategische Planung Ihres Besuches beim russischen Staatspräsidenten eingebunden?

8.  a Falls ja, welche Personen waren eingebunden?

9.   Haben Sie das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten darüber informiert, dass Privatpersonen bzw. Familienmitglieder an Ihrer Reise nach Russland teiinehmen?

10.   Ist es üblich, dass private Medienberater, die nicht im Dienst der Republik Österreich stehen, an Treffen mit ausländischen Staatspräsidenten teilnehmen?

11.  Wurden die mit Ihnen mitgereisten Privatpersonen bzw. Familienmitglieder von den zuständigen staatlichen Einrichtungen sicherheitsüberprüft?

12.  Verfügen die mit Ihnen mitgereisten Privatpersonen bzw. Familienmitglieder über die erforderlichen „Clearences", die erforderlich sind, um in einem Umfeld höchst sensibler staatlicher Aktivitäten auf Regierungsebene eingebunden werden zu können?

12. a Falls ja, wer hat die Zustimmung erteilt?

12.  b Falls ja, nach welchen Richtlinien wurde die Zustimmung erteilt?

13.  Waren Sie über die Geschäftsbeziehungen der Raiffeisen Bank International mit dem russischen Geschäftsmann Roman Abramowitsch informiert?

13.  a Falls ja, wer hat Sie über die Geschäftsbeziehungen informiert?

14.  Wieviel hat die Auslandsreise in die Ukraine gekostet?

14. a Falls ein Familienmitglied an der Reise teilgenommen hat, auf wieviel (in EUR) belaufen

sich die Kosten dafür?

15.  Wieviel hat die Auslandsreise nach Russland gekostet?

15. a Falls ein Familienmitglied an der Reise teilgenommen hat, auf wieviel (in EUR) belaufen

sich die Kosten dafür?

16.  Warum wurden nicht Vertreter*innen der Parteien Grüne, SPÖ, FPÖ und NEOS - mit denen auch im Rahmen des Nationalen Sicherheitsrates und anderer Formate immer wieder die sicherheits- und außenpolitischen Strategie der Republik besprochen wird - vorab von Ihrer Reise zu Wladimir Putin informiert?

17.  Welches strategische Ziel bzw. welche strategischen Ziele wollten Sie im Rahmen Ihres Besuches erreichen?

18.  Mit welchen Akteuren aus Österreich wurde das strategische Ziel bzw. die strategischen Ziele im Vorfeld erörtert?

19.  Wurden das strategische Ziel bzw. wurden die strategischen Ziele im Vorfeld mit Privatpersonen oder Unternehmen (z.B. Bankinstitute) besprochen?

20.   Welche Verhandlungsergebnisse haben Sie im Vorfeld determiniert, um von einem erfolgreichen Besuch beim russischen Staatspräsidenten zu sprechen?

21.   Haben Sie das Risiko, dass Ihr Besuch ein negatives (internationales) mediales Echo auslösen könnte bzw. der Republik Österreich schaden könnte, im Vorfeld ausreichend bewertet?



[1] merkur.de, vom 12. April 2022

[2] DER STANDARD, vom 11. April 2022

[3] orf.at, vom 11. April 2022

[4] DIE PRESSE, vom 11. April 2022

[5] St. Galler Tagblatt, vom 11. April 2022

[6] bild.de, vom 11. April 2022

[7] Hamburger Abendblatt: Treffen mit Putin - Warum Nehammers Reise für Kritik sorgt, vom 11. April 2022

[8] siehe https://www.merkur.de/politik/ukraine-krieg-putin-oesterreich-kanzler-nehammer-russland- praesident-kritik-moskau-91474363.html - Stand: 12. April 2022

[9] siehe https://orf.at/stories/3259360/ - Stand: 12. April 2022