10819/J XXVII. GP
Eingelangt am 27.04.2022
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ANFRAGE
des Abgeordneten Walter Rauch
und weiterer Abgeordneter
an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie
betreffend Ohne Compliance: 200.000€ von Privatstiftung für den Klimarat
Die European Climate Foundation (EFC) ist kein österreichischer Mitgliederverein oder eine NGO, sondern eine private Stiftung mit Hauptsitz in Den Haag und Niederlassungen in Brüssel, Berlin, London und Warschau, mit der unter anderem Lobbygelder von anderen Stiftungen zugunsten Investitionen in ausgewählte Energieformen umverteilt werden. Als solche ist sie im EU-Transparenz-Register eingetragen und gibt dort ein Jahresbudget von über 126 Mio. EUR für das Jahr 2020 an.[1]
Tätigkeiten, mit denen auf bestimmte Entscheidungsprozesse in der Gesetzgebung oder Vollziehung des Bundes unmittelbar Einfluss genommen werden soll, sind im Lobbying- und Interessenvertretungs-Transparenz-Gesetz (LobbyG) streng geregelt.[2]
Durch die Finanzierung des Klimarats und einen inzwischen eingestandenen engen Kontakt mit Mitarbeitern des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie sollen Entscheidungsprozesse in der Gesetzgebung bzw. Vollziehung des Bundes unmittelbar beeinflusst werden. Im Gegensatz zum EU-Transparenz-Register scheint die ECF jedoch nicht im österreichischen Lobbying- und Interessenvertretungsregister auf. Lobbyisten dürfen Lobbying-Tätigkeiten jedoch eigentlich nur ab Bekanntgabe zur Eintragung in das Lobbying- und Interessenvertretungs-Register sowie während aufrechter Eintragung ausüben.
Der Verdacht einer angestrebten Beeinflussung der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, Leonore Gewessler, erhärtete sich durch die jüngst erfolgte Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage betreffend „der Klimarat als Spielball der Lobbyisten“.[3] Dort heißt es:
Konkret finanziert die ECF mit insgesamt rd. € 100.000 einerseits einen Teil der begleitenden wissenschaftlichen Evaluierung des Projektes, andererseits die Arbeit zur Einbindung der Zivilgesellschaft (2 Mitarbeiterinnen in Teilzeit), mit jeweils der Hälfte des oben genannten Betrags.
Die Bundesministerin lässt sich ihr Prestigeprojekt somit von einer im EU-Transparenz-Register verzeichneten Organisation mit € 200.000 subventionieren, die jedoch nicht im österreichischen Lobbying- und Interessenvertretungsregister eingetragen ist. Die European Climate Foundation wird erkauft sich dadurch das Recht, als Gatekeeper für die Einbindung der Zivilgesellschaft zu agieren. Ob auch mit dem Klimarat in wirtschaftlicher Verbindung stehende Unternehmen wie die Agentur Lockl & Keck GmbH Gelder von ECF bekommen, bleibt unklar. Jedenfalls geht aus der Anfragebeantwortung hervor, dass es einen steten Austausch des Ministeriums mit der ECF gibt:
Vertreter:innen des Ministeriums hatten seit Beginn der Planungen für den österreichischen Klimarat ab April 2021 regelmäßigen Kontakt mit der European Climate Foundation.
Über die Inhalte des Kontakts verschweigt man sich großteils. Mit dem Knowledge Network on Climate Assemblies (KNOCA) betreibt die European Climate Foundation eine Plattform, um Klimaräte in ihrem Sinn zu koordinieren und zu beraten. „Dabei geht es um den Austausch von Erfahrungen und um gegenseitiges Lernen“, heißt es in der Anfragebeantwortung. Offen bleibt, welche Erfahrungen das Ministerium der Stiftung zur Verfügung stellt und was man von dieser lernen möchte. Die Ziele und Aufgaben dieser Organisation sind nämlich keineswegs sachlich und überparteilich, sondern verfolgen eine klare Agenda gegen Co2-emittierende Energieformen, wie ein Blick ins EU-Transparenz-Register offenbart:
The European Climate Foundation (ECF) was established in early 2008 as a major philanthropic initiative to build evidence, public understanding and activities which support climate, energy and other policies that greatly reduce Europe’s greenhouse gas (GHG) emissions and to help Europe play an even stronger international leadership role to mitigate climate change.
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie folgende
Anfrage
1. Ist die Unterstützung eines Prestigeprojekts einer Ministerin von einer internationalen Stiftung mit zumindest € 200.000 ohne Gegenleistung oder Erwartung einer solchen nach Ihrer Wahrnehmung lebensnahe?
a. Wenn ja, welche weiteren Fälle sind Ihnen bekannt?
b. Wenn ja, welche Compliance-Maßnahmen gelten diesbezüglich in Ihrem Verantwortungsbereich?
2. Wird das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie darüber hinaus von privaten (juristischen) Personen finanziell unterstützt?
a. Wenn ja, seit wann?
b. Wenn ja, wodurch?
c. Wenn ja, in welcher Höhe? (Bitte für die Jahre 2019 bis 2022 aufschlüsseln.)
d. Wenn ja, für welche Projekte wurde Unterstützung eingeworben? (Bitte differenzieren ob von Ihnen und Ihrem Kabinett und sonstigen Ressortangehörigen)
3. Ist es gemäß den Compliance-Regeln in Ihrem Ressort zulässig, dass eine im EU-Transparenz-Register gelistete Organisation finanzielle Zuwendungen an Sie, Ressortangehörige bzw. für Projekte des Ressorts gewährt?
a. Wenn ja, inwiefern?
b. Wenn ja, seit wann?
c. Wenn ja, welche Regeln gelten diesbezüglich konkret?
d. Wenn ja, in welcher Höhe sind Zuwendungen zulässig?
e. Wenn nein, warum nicht?
4. Ist es gemäß den Compliance-Regeln in Ihrem Ressort zulässig, dass eine im österreichischen Lobbying- und Interessenvertretungsregister gelistete Organisation finanzielle Zuwendungen an Sie, Ressortangehörige bzw. für Projekte des Ressorts gewährt?
a. Wenn ja, inwiefern?
b. Wenn ja, seit wann?
c. Wenn ja, welche Regeln gelten diesbezüglich konkret?
d. Wenn ja, in welcher Höhe sind Zuwendungen zulässig?
e. Wenn nein, warum nicht?
f. Wenn nein, wird dabei nur auf die formale Eintragung abgestellt, oder auch die Einhaltung des LobbyG vorausgesetzt?
g. Wenn nein, nehmen Sie Zuwendungen für sich, Ressortangehörige bzw. für Projekte des Ressorts von Organisationen entgegen, die rechtswidrig nicht im Lobbying- und Interessenvertretungsregister eingetragen sind?
5. Gibt es in Ihrem Verantwortungsbereich Personen oder Organisationseinheiten die sich mit möglichen Compliance-Verstößen in Verbindung mit der Unterstützung des Klimarates in Höhe von € 200.000 durch die ECF bzw. die enge Zusammenarbeit Ihres Ressorts mit der ECF bzw. dem KOCA befassen?
a. Wenn ja, welche?
b. Wenn ja, wodurch kann ein entsprechender Prozess ausgelöst werden?
c. Wenn nein, warum nicht?
6. Wurde in Zusammenhang mit der ECF, dem Klimarat oder insbesondere der parlamentarischen Anfrage 9804/J betreffend „illegales Lobbying beim Klimarat?“ eine Stellungnahme aus Ihrem Ressort eingeholt?
a. Wenn ja, von welchem Ressort?
b. Wenn ja, wann?
c. Wenn ja, was waren die konkreten Inhalte des Austausches?
d. Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
7. Hatten oder haben Sie bzw. Ihr Kabinett oder Vertreter Ihres Ministeriums Kontakt mit Vertretern der European Climate Foundation (ECF) oder dem Knowledge Network on Climate Assemblies (KNOCA)?
a. Wenn ja, wann konkret? (Bitte Datum und Anlass bzw. Veranstaltung angeben)
b. Wenn ja, mit wem bzw. welcher Organisation?
c. Wenn ja, welche Vertreter Ihres Ministeriums?
d. Wenn ja, was waren die konkreten Gesprächsinhalte?
e. Wenn ja, wurde dabei nur über die Unterstützung für den Klimarat gesprochen?
f. Wenn ja, welche weiteren Projekte sollen unterstützt werden?
8. Ist die Unterstzützung des Klimarates durch die ECF auf ein Engament Ihrereseits oder eines der ECF zurückzuführen?
9. Von welcher Seite wurde die Subvention des Klimarates durch die ECF initiiert?
10. Gibt es in Ihrem Verantwortungsbereich bzw. Ihrem Ressort weitere Kooperationen mit der ECF oder dem Knowledge Network on Climate Assemblies (KNOCA)?
a. Wenn ja, welche?
b. Wenn ja, seit wann?
c. Wenn ja, mit welchem Inhalt?
d. Wenn ja, welche Leistungen werden dabei von der ECF bzw. dem KNOCA erbracht?
e. Wenn ja, welchen Geldwert haben die dabei erbrachten Leistungen der ECF bzw. vom KNOCA?
11. Unterstützt Ihr Ressort den ECF bzw. das KNOCA?
a. Wenn ja, seit wann?
b. Wenn ja, in welcher Form?
c. Wenn ja, welche Kosten wurden dadurch budgetwirksam? (Bitte nach Jahren und Anlass aufschlüsseln.)
d. Wenn nein, warum nicht?
12. Gibt es vertragliche Verbindungen zwischen Ihrem Ressort und dem ECF bzw. dem KNOCA?
a. Wenn ja, seit wann?
b. Wenn ja, in welcher Form?
c. Wenn ja, welche Kosten wurden dadurch budgetwirksam? (Bitte nach Jahren und Anlass aufschlüsseln.)
d. Wenn nein, warum nicht?
13. Gibt es vertragliche Verbindungen zwischen den mit dem Klimarat wirtschaftlich verbundenen Unternehmen wie beispielsweise der Agentur Lockl & Keck GmbH und dem ECF bzw. dem KNOCA?
a. Wenn ja, seit wann?
b. Wenn ja, in welcher Form?
c. Wenn ja, welche Kosten wurden dadurch budgetwirksam? (Bitte nach Jahren und Anlass aufschlüsseln.)
d. Wenn nein, warum nicht?
14. Ist aufgrund der Auftragsvergaben rund um den Klimarat bzw. diesen betreffend darüber hinaus ein Verfahren der internen Revision Ihres Ressorts anhängig?
a. Wenn ja, in welchem Verfahrensstadium befinden sich dieses?
b. Wenn ja, wie wurde dieses veranlasst?
c. Wenn ja, wodurch wurde dieses veranlasst?
d. Wenn ja, wogegen richtet sich dieses?
e. Wenn ja, wie viele Personen und wer konkret sind davon betroffen?
f. Wenn ja, seit wann?
g. Wenn nein, warum nicht?
15. Ist aufgrund der Unterstützung des Klimarates mit zumindest € 200.000 durch die ECF ohne Gegenleistung ein Verfahren der internen Revision Ihres Ressorts anhängig?
a. Wenn ja, in welchem Verfahrensstadium befinden sich dieses?
b. Wenn ja, wie wurde dieses veranlasst?
c. Wenn ja, wodurch wurde dieses veranlasst?
d. Wenn ja, wogegen richtet sich dieses?
e. Wenn ja, wie viele Personen und wer konkret sind davon betroffen?
f. Wenn ja, seit wann?
g. Wenn nein, warum nicht?
16. Sind darüber hinaus Verfahren der internen Revision Ihres Ressorts in Verbindung mit dem Klimarat anhängig?
a. Wenn ja, in welchem Verfahrensstadium befinden sich dieses?
b. Wenn ja, wie wurde dieses veranlasst?
c. Wenn ja, wodurch wurde dieses veranlasst?
d. Wenn ja, wogegen richtet sich dieses?
e. Wenn ja, wie viele Personen und wer konkret sind davon betroffen?
f. Wenn ja, seit wann?
g. Wenn nein, warum nicht?
17. Welche Informationen haben Sie bzw. Ihr Ressort beim „Austausch von Erfahrungen“ mit dem ECF gegeben?
18. Welche Informationen haben Sie bzw. Ihr Ressort beim „Austausch von Erfahrungen“ mit dem ECF erhalten?
19. In welcher Form und welchem Format findet dieser „Austausch von Erfahrungen“ mit dem ECF statt?
20. Was konnten Sie bzw. Ihr Ressort beim „gegenseitigen Lernen“ vom ECF lernen?
21. Was konnten Sie bzw. Ihr Ressort beim „gegenseitigen Lernen“ dem ECF vermitteln?
22. Welche Kosten wurden durch das „Austauschen“ und „Lernen“ iSd. Fragen 17-21 bzw. Ihrer Anfragebeantwortung budgetwirksam?
23. An welchen Orten fand der regelmäßige Kontakt mit der ECF seit April 2021 statt?
24. Wann konkret wurde jeweils in welchem Format Kontakt gepflegt?
25. In welchem Kontakt stehen Sie persönlich mit Vertretern des ECF?
26. Wann genau wurden die Unterstützungen des ECF iHv. zumindest 200.000€ zugesagt bzw. vertraglich zugesichert? (Bitte konkretes Datum angeben.)
27. Welche weiteren privaten Institutionen unterstützen den Klimarat? (Bitte Art und Höhe der Unterstützungsleistung angeben.)
28. Sehen Sie die Unabhängigkeit des Klimarates nicht durch die Installation einer privaten Stiftung als Gatekeeper für die zivilgesellschaftliche Mitwirkung komprimittiert?
29. Wird Ihr Ressort die Unterstützungsleistung des Klimarates durch eine private Stiftung bzw. Lobbying-Organisation zurückbezahlen, sollten sich daraus Compliance-Unvereinbarkeiten ergeben bzw. straf- oder verwaltungs(straf)rechtliche Verfahren aufgenommen werden?
a. Wenn ja, aus welchem Budgettopf sollen die zumindest 200.000€ beglichen werden?
b. Wenn nein, warum nicht?
[1] https://ec.europa.eu/transparencyregister/public/consultation/displaylobbyist.do?id=64869491516-70
[2] https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20007924
[3] Anfrage: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/J/J_09803/index.shtml ;Beantwortung: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_09600/index.shtml