10843/J XXVII. GP
Eingelangt am 27.04.2022
Dieser Text ist elektronisch
textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Max Lercher,
Genossinnen und Genossen
an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus
betreffend „Sicherheitsmaßnahmen zur Reduktion von Forstunfällen"
Waldarbeit ist und bleibt gefährlich. Im Forstbereich ist stets äußerste Vorsicht geboten. Nahezu wöchentlich kann man in österreichischen Medien von Forstunfällen in den heimischen Wäldern lesen. Jedes Jahr verletzen sich im gewerblichen, aber auch im privaten Bereich bei solchen Unfällen hunderte Forstarbeiterinnen und Forstarbeiter. Die Verletzungen sind oftmals schwer und nicht selten auch tödlich.
Die Gründe für Forstunfälle sind vielfältig. Eine unzureichende Ausbildung, mangelnde Fachkenntnisse bzw. Erfahrung, fehlende Schutzausrüstung, falsche Situationseinschätzung oder die persönliche Überschätzung sind die häufigsten Faktoren. Das höchste Risiko bei der Waldarbeit ist, von Baumteilen wie Stämmen und Ästen getroffen zu werden. Zusätzlich bietet der natürliche Waldboden einige Gefahren. Nicht selten kommt es auch bei der Handhabung der Motorsäge zu Unfällen.
Aber auch das „freie Gewerbe" oder Forstunternehmen, die zu Billigstpreise anbieten, gehen schlussendlich meist zu Lasten der Qualität und der Sicherheit der Forstarbeiterinnen und Forstarbeiter.
Eine grundsätzlich gefährliche Tätigkeit wie die Waldarbeit kann nicht komplett sicher gestaltet werden. Der Staat hat aber die Pflicht, so gut wie möglich Schutzmaßnahmen zu fördern oder Ausbildungsmaßnahmen zur Verfügung zu stellen. Die Kontrolle der nötigen bzw. möglichen Sicherheitsmaßnahmen und Schulungen sind von den Arbeitgebern einzufordern und von den Beschäftigten umzusetzen. Die Arbeitsinspektorate haben eine besondere Aufsichtspflicht wahrzunehmen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage
1) Wie viele Forstunfälle gab es in den Jahren 2019, 2020 und 2021?
a) Wie hoch war dabei die Anzahl der verletzten Personen?
b) Wie hoch war dabei die Anzahl der tödlich verunglückten Personen?
c) Wie schaut der langfristige Trend (1-2 Jahrzehnte) aus?
d) Wie verteilen sich die Forstunfälle auf Bauern, Schlägerungsunternehmen und
Forstbetriebe mit fixen Beschäftigten und Privaten - vornehmlich bei der Brennholzgewinnung?
2) Wie wird derzeit die Sicherheit der Forstarbeiterinnen und Forstarbeiter in Österreich gewährleistet?
3) Wie kann aus Sicht des Bundesministeriums die Anzahl der Arbeitsunfälle mit verletzten bzw. getöteten Forstarbeiterinnen und Forstarbeitern reduziert werden?
4) Wie wird derzeit eine ordnungsgemäße Ausbildung bzw. Fortbildung der Forstarbeiterinnen und Forstarbeiter in Österreich sichergestellt? Welche Ausbildungsmöglichkeiten gibt es?
5) Sind in Zukunft für eine Bewusstseinsschaffung und Förderung der Forstarbeitssicherheit zusätzliche Maßnahmen geplant?
6) Sollen Fortbildungsmaßnahmen in Zukunft von Ihrem Ministerium bezuschusst werden?
7) Wird es in Zukunft Förderungen für verpflichtende, regelmäßige Schulungen (im Bereich der Forstarbeit) für alle Forstunternehmen oder auch Bauern geben?
a) Wenn ja, wie werden die diesbezüglichen Schritte aussehen bzw. umgesetzt werden?
b) Wenn nein, warum wird es keine Förderungen für Schulungen geben?
8) Wenn bei der Fällung, beim Aufarbeiten, bei der Bringung und dem Roden von Bäumen zwei oder mehrere Personen beschäftigt sind, so ist vom Dienstgeber eine mit der Arbeit vertraute Person mit der Aufsicht zu beauftragen. Warum ist dies erst ab 2 Personen notwendig und haben Sie vor diese Bestimmung auch auf das Tätigwerden von nur einer Person zu erweitern?
9) Bei der Fällung muss zwischen den einzelnen Arbeitspartien ein Abstand von mindestens eineinhalb Baumlängen eingehalten werden. Werden Waldarbeiten am Hang durchgeführt, so dürfen die Partien und auch Personen innerhalb der Partien nicht direkt übereinander arbeiten. Im jeweiligen Gefährdungsbereich darf jeweils nur ein Baum gefällt werden. Haben Sie vor diese Schutzbestimmung zu erweitern?
10) Wird in Zukunft den österreichischen Bauern die Möglichkeit gegeben, eine Fremdvergabe von Forstarbeiten bei Katastrophen wie zum Beispiel Windwurf oder Schneedruck an gewerbliche Forstunternehmen mit einer Förderung zu subventionieren?
a) Wenn ja, wie wird diese Förderung aussehen und wann wird diese umgesetzt?
b) Wenn nein, warum nicht?
11) Ist es allgemein beabsichtigt, in Zukunft das „freie Gewerbe" für gewerbliche Forstunternehmen zu beenden und einen „Gewerbeschein" einzuführen?
a) Wenn ja, wie werden die diesbezüglichen Schritte aussehen?
b) Wenn ja, wie können notwendige Ausbildungs- bzw. Schulungsmöglichkeiten für einen „Gewerbeschein" aussehen und umgesetzt werden?
c) Wenn nein, warum soll das „freie Gewerbe" im Forstbereich nicht beendet werden?
12) Wird es in Zukunft einen „Motorsägeführerschein" geben, um die Sicherheit im Umgang und der Arbeit mit Motorsägen besser gewährleisten zu können?
a) Wenn ja, wie werden die diesbezüglichen Schritte aussehen?
b) Wenn ja, wie können notwendige Ausbildungs- bzw. Schulungsmöglichkeiten für einen
„Motorsägeführerschein" aussehen und umgesetzt werden?
c) Wenn nein, warum wird es keinen „Motorsägeführerschein" geben?
13) Wird es in Zukunft Qualitätszertifizierungen für Forstunternehmen geben?
a) Wenn ja, wie werden die diesbezüglichen Schritte aussehen bzw. umgesetzt?
b) Wenn nein, warum wird es Qualitätszertifizierungen nicht geben?
14) Nach welchen Kriterien (Billig- oder Bestbieterprinzip) werden derzeit bei der österreichischen Bundesforste AG Forstaufträge vergeben?
15) Werden bei der Vergabe von Forstaufträgen soziale und ökologische Nachhaltigkeitskriterien vertraglich geregelt und kontrolliert?
16) Machen sich die klimatischen Veränderungen und die damit einhergehenden verschärften Anforderungen an die Waldarbeit (z.B. Zeitdruck bei der Aufarbeitung durch Borkenkäferbefall, Arbeit im unwegsamen Gelände bei Windwürfen, etc.) in der Zahl der Forstunfälle bemerkbar?