10844/J XXVII. GP
Eingelangt am 27.04.2022
Dieser Text ist elektronisch
textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Max Lercher
Genossinnen und Genossen
an den Bundesminister für Arbeit
betreffend „Arbeitsdruck bei der Post"
Bei der österreichischen Post AG handelt es sich um ein mehrheitlich in Staatsbesitz befindliches Unternehmen mit rund 19.000 Mitarbeiter*innen, dass auch außerhalb des Bundesgebietes mit zahlreichen Beteiligungen erfolgreich am Markt vertreten ist. So kann die Post Jahr für Jahr Gewinne erzielen und diese an ihre Aktionär*innen ausschütten. Auch die Beschäftigten in Österreich sind mit der sogenannten EMIT Prämie am Gewinn beteiligt. Als Teil der kritischen Infrastruktur war die Österreichische Post AG auch in den Corona-Jahren voll gefordert und die Mitarbeiter*innen in allen Geschäftsfeldern des Unternehmens weit über die üblichen Wochenstunden für die Versorgung der Österreicher*innen mit Postdienstleitungen voll im Einsatz.
In den Corona- Jahren ist das Paketvolumen, welches mit der österreichischen Post verschickt wird, immens gewachsen. Allein im Jahr 2021 ist es um 11% gestiegen. Der Paketumsatz erhöhte sich 2021 um rund 36%, das organische Wachstum betrug dabei 14%.[1] Es liegt auf der Hand, dass auch die Arbeitsbelastung bei der Post als Zusteller*in, dadurch weiter gestiegen ist.
In der sogenannten „Schwerarbeit- Berufsliste" der Sozialversicherung sind Berufe mit körperlicher Schwerarbeit angeführt. Sie listet auch die Paketzusteller*innen auf, da unter den Begriff Schwerarbeit Tätigkeiten fallen, welche unter körperlich oder psychisch besonders belastenden Bedingungen erbracht werden.[2] Dazu zählen zum Beispiel Tätigkeiten im Schicht- oder Wechseldienst, in Hitze oder Kälte, unter chemischen oder physikalischen Einflüssen, schwere körperliche Arbeit, berufsbedingte Pflege von Menschen mit besonderem Behandlungs- oder Pflegebedarf oder Tätigkeiten trotz Vorliegen einer Minderung der Erwerbsfähigkeit nach Behinderteneinstellungsgesetz. Das Ausliefern von Paketen wurde grundsätzlich und zurecht auch schon bisher, als schwere körperliche Arbeit angesehen. Die Paketzusteller*innen verrichten daher nach österreichischem Recht Schwerarbeit.
Mittlerweile hat sich aber das Zustellsystem innerhalb der Post verändert. Eine strikte Trennung zwischen Paketzustellerin und Briefträgerin existiert nicht mehr überall. Bei beiden Berufsgruppen handelt es sich nun im eigentlichen Sinn um Verbundzusteller*innen. Pakete werden daher sowohl von Paketzusteller*innen, als auch von Briefträger*innen ausgetragen.
Dazu kommt, dass Pakete mit einem Gewicht von 30 Kilogramm und darüber hinaus, seit einiger Zeit keine Einzelfälle mehr sind. Körperliche Schwerarbeit wird somit nicht mehr nur von Paketzusteller*innen, sondern von allen Verbundzusteller*innen verrichtet.
Hierbei handelt es sich somit klar um eine Lücke in der „Schwerarbeit- Berufsliste". Dies kann nirgends, aber vor allem nicht in einem staatsnahen Unternehmen einfach weiterhin so akzeptiert werden. Die Bundesregierung ist dringend aufgefordert zu handeln!
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage
1) Möchten Sie die Arbeitsbedingungen bei staatsnahen Unternehmen im Allgemeinen verbessern?
a) Wenn ja, wie?
b) Wenn nein, warum nicht?
2) Warum wurde das Arbeitsinspektorat von Ihrem Ministerium (durch das Streichen von wichtigen Ressourcen) geschwächt?
3) Die höchsten durchschnittlichen Vorstandsbezüge bezahlen seit Jahren die Post (ca. 2.535.700 Euro), die Abbaumanagementgesellschaft des Bundes (ca. 2.078.700 Euro) und der Verbund (ca. 890.200 Euro). Alle drei Unternehmen gelten als staatsnah und sind börsennotiert. Wie rechtfertigen Sie diese hohen Bezüge im Vergleich zu den restlichen Löhnen und Gehältern in diesen Betrieben?
4) Möchten Sie die Arbeitsbedingungen bei der Post im Konkreten verbessern?
a) Wenn ja, wie?
b) Wenn nein, warum nicht?
5) Warum wurden die Verbundzusteller*innen der Post bis jetzt noch nicht in die „Schwerarbeit- Berufsliste" aufgenommen?
6) Haben Sie vor, die Verbundzusteller*innen der Post in die „Schwerarbeit- Berufsliste aufzunehmen?
a) Wenn ja, wann wird dies erfolgen?
b) Wenn nein, warum nicht?
7) Aufgrund des steigenden Paketvolumens ist davon auszugehen, dass mehr Personal benötigt wird. Welche zusätzlichen Mittel stellen Sie hierfür bereit?
8) Wie wollen Sie sicherstellen, dass neue Mitarbeiter*innen bei der Post AG verbleiben und nicht nach kurzer Zeit das Unternehmen wieder verlassen? Die Fluktuation bei der Post AG ist signifikant hoch.
9) Hat die Post zusätzlich auch noch Verträge mit selbstständig tätigen Paketzusteller*innen, bzw. Zusteller*innen welche auf Werkvertragsbasis für die Post arbeiten? Haben Sie vor, diese Praxis der Umgehung von arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften und dergleichen zu beenden und diese Mitarbeiter*innen in das Unternehmen einzugliedern?
a) Wenn ja, wann und wie?
b) Wenn nein, warum nicht?
10) Eine weitere Form der Ausgliederung ist die Umwandlung von Postfilialen in sogenannte Postpartner. Die Post spart so Personal und Miete. Allerdings geht so auch eine Vielzahl an Arbeitsplätzen verloren.[3] Haben Sie vor, diesem Vorgehen in Zukunft entgegenzuwirken?
a) Wenn ja, wie?
b) Wenn nein, warum nicht?
11) Die Gewinne der Post steigen seit Jahren. Aufgrund dessen wäre es wohl wirtschaftlich sinnvoll, die staatlichen Anteile der ÖBAG an der Post zu erhöhen. Gibt es hierzu bereits Überlegungen?
a) Wenn ja, welche?
b) Wenn nein, warum nicht?
12) 2018 wurde festgehalten, dass weitere Privatisierungen von Anteilen der ÖBAG an der Post „aktuell nicht angestrebt" werden. Gilt das immer noch?
a) Wenn ja, wo ist dies schriftlich festgehalten?
b) Wenn nein, wann und aus welchen Gründen sollen Anteile veräußert werden?
13) Was gedenken Sie zu unternehmen, um die Post aufgrund ihrer vielseitigen und risikoreichen Auslandsgeschäfte in Zeiten der Krise (Corona- Pandemie, Ukraine- Krise, Rekord- Inflation etc.) aufzufangen? Vor allem in der Türkei dürfte sich dies als Problem heraussteilen. Wird die österreichische Post hier voraussichtlich mit Geldern einspringen müssen?
a) Wenn ja, handelt es sich hierbei um Gelder des österreichischen Staatshaushaltes und in welcher Höhe werden sie sich belaufen?
[1] EQS-News: ÖSTERREICHISCHE POST GESCHÄFTSJAHR 2021 I Österreichische Post AG. 11.03.2022 (ots.at)
[2] (Microsoft Word - Berufsliste für Frauen und Männer mit körperlicher Schwerarbeit \(für Internet\) - Stand 11.2019) (sozialversicherung.at)
[3] Die Post bringt vor allem den AktionärInnen was I Moment.