10902/J XXVII. GP

Eingelangt am 29.04.2022
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundeskanzler

betreffend Umsetzung von Sanktionen gegen Oligarchen aufgrund des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine

 

Die innerstaatliche Durchführung von Sanktionen gegen Russland liegt zu einem großen Teil bei der Oesterreichischen Nationalbank. Laut § 2 Abs 1 Sanktionengesetz ist die Oesterreichische Nationalbank ermächtigt, durch Verordnung oder Bescheid die nachstehend angeführten Maßnahmen anzuordnen:

1. das Einfrieren von Vermögenswerten von

a)Personen, die terroristische Handlungen begehen, zu begehen versuchen oder sich an deren Begehung beteiligen oder diese erleichtern sowie von sonstigen Personen oder Einrichtungen, gegen die Sanktionsmaßnahmen der Vereinten Nationen oder der Europäischen Union verhängt wurden,

b)Einrichtungen, die unmittelbar oder mittelbar im Eigentum oder unter der Kontrolle von Personen oder Einrichtungen gemäß lit. a) stehen,

c)Personen und Einrichtungen, die im Namen oder auf Anweisung von Personen gemäß lit. a) und oder Einrichtungen gemäß lit. a) oder lit. b) handeln

einschließlich der Gelder, die aus Vermögen stammen oder hervorgehen, das unmittelbar oder mittelbar im Eigentum oder unter der Kontrolle dieser Personen und mit ihnen verbundener Personen und Einrichtungen steht;

2. die Untersagung der direkten oder indirekten Bereitstellung von Vermögenswerten für Personen und Einrichtungen gemäß Z 1 oder zu deren Gunsten.

Die Erlassung und Aufhebung von Verordnungen nach diesem Absatz bedarf der Zustimmung der Bundesregierung, bei Gefahr im Verzug genügt die Zustimmung des Bundeskanzlers.

Laut Abs 2 ist die Bundesregierung ermächtigt, durch Verordnung oder Bescheid die nachstehend angeführten Maßnahmen anzuordnen:

  1. die Beschlagnahme von Verkehrsmitteln, die sich mehrheitlich im Eigentum einer Person oder eines Unternehmens mit Sitz oder Tätigkeit in einem bestimmten Staat befinden oder von solchen Personen oder Unternehmen kontrolliert werden;
  2. den Verfall der unter Z 1 angeführten Verkehrsmittel, wenn festgestellt wird, dass sie zur Begehung eines Verstoßes gegen bestehende Ein-, Aus- oder Durchfuhrbestimmungen verwendet wurden;
  3. die Beschlagnahme von Verkehrsmitteln sowie von diesen beförderten Waren, wenn der Verdacht besteht, dass sie zur Begehung eines Verstoßes gegen bestehende Ein-, Aus- oder Durchfuhrbestimmungen verwendet beziehungsweise entgegen solchen Bestimmungen befördert wurden;
  4. den Verfall der unter Z 3 angeführten Verkehrsmittel und Waren, wenn festgestellt wird, dass sie zur Begehung eines Verstoßes gegen bestehende Ein-, Aus- oder Durchfuhrbestimmungen verwendet beziehungsweise entgegen solchen Bestimmungen befördert wurden;
  5. das Verbot der Erbringung von Dienstleistungen an natürliche oder juristische Personen zum Zweck der Ausübung geschäftlicher Tätigkeiten in einem bestimmten Staat;
  6. die Befreiung von der Verpflichtung zur Erfüllung zivilrechtlicher Forderungen, wenn sie im Zusammenhang mit Verträgen oder sonstigen Rechtsgeschäften geltend gemacht werden, deren Erfüllung durch Sanktionsmaßnahmen der Vereinten Nationen oder der Europäischen Union beeinträchtigt wurde.

Die Erlassung von Verordnungen nach diesem Absatz bedarf des Einvernehmens mit dem Hauptausschuss des Nationalrats.

Österreich kann aber auch über die Sanktionen der EU hinaus Maßnahmen setzen. Dafür kann die Oesterreichische Nationalbank abermals mit Zustimmung der Bundesregierung oder bei Gefahr im Verzug nur mit Zustimmung des Bundeskanzlers Verordnungen oder Bescheide erlassen (§§ 3 und 4 Devisengesetz 2004). 2014 hat Österreich so bereits vor dem Beschluss auf EU-Ebene Russland aufgrund der Annexion der Krim zu sanktionieren Vermögen in Österreich eingefroren (https://star.worldbank.org/sites/star/files/verordnung_devg_1-2014final_mit_unterschriften.pdf). So könnten auch jetzt Familienmitglieder oder Strohmänner von Oligarchen in Österreich in den Fokus genommen werden, die nicht auf der EU-Sanktionenliste stehen. 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Wurde in Reaktion auf die Verhängung von Sanktionen gegen Russland auf Brüsseler Ebene innerhalb der Bundesregierung diskutiert, die Zustimmung zu dem Erlass einer Verordnung durch die Oesterreichische Nationalbank gemäß § 2 Abs 1 Sanktionengesetz zu geben, um Vermögenswerte einzufrieren 
    1. von Personen, gegen die Sanktionsmaßnahmen der Europäischen Union verhängt wurden?
    2. von Einrichtungen, die unmittelbar oder mittelbar im Eigentum oder unter der Kontrolle von Personen oder Einrichtungen gemäß lit. a) stehen?
    3. von Personen und Einrichtungen, die im Namen oder auf Anweisung von Personen gemäß lit. a) und oder Einrichtungen gemäß lit. a) oder lit. b) handeln?
  1. Wenn ja, wann mit welchem Ergebnis?
  2. Wurde innerhalb der Bundesregierung oder innerhalb Ihres Hauses diskutiert, ob Sie, Herr Bundeskanzler, Ihre Zustimmung zu einer der in Frage 1 genannten Verordnung aufgrund von Gefahr im Verzug geben?
    1. Wenn ja, wann mit welchem Ergebnis?
    2. Wenn nein, warum nicht?
  1. Befinden sich daher Verordnungen der Bundesregierung oder einzelner Mitglieder dieser in Vorbereitung?
    1. Wenn ja, welche Verordnungen aufgrund welcher Rechtsgrundlage genau und wann werden sie erlassen?
    2. Wenn nein, warum nicht?
  1. Wurde innerhalb der Bundesregierung diskutiert, durch Verordnung oder Bescheid die nachstehend angeführten Maßnahmen gemäß § 2 Abs 2 Sanktionengesetz anzuordnen:
    1. um Verkehrsmittel zu beschlagnahmen, die die sich mehrheitlich im Eigentum einer Person oder eines Unternehmens mit Sitz oder Tätigkeit in einem bestimmten Staat befinden oder von solchen Personen oder Unternehmen kontrolliert werden?
    2. um den Verfall der unter Z 1 angeführten Verkehrsmittel, wenn festgestellt wird, dass sie zur Begehung eines Verstoßes gegen bestehende Ein-, Aus- oder Durchfuhrbestimmungen verwendet wurden, durchzusetzen?
    3. um Verkehrsmitteln sowie von diesen beförderten Waren zu beschlagnahmen, wenn der Verdacht besteht, dass sie zur Begehung eines Verstoßes gegen bestehende Ein-, Aus- oder Durchfuhrbestimmungen verwendet beziehungsweise entgegen solchen Bestimmungen befördert wurden?
    4. um den Verfall der unter Z 3 angeführten Verkehrsmittel und Waren, wenn festgestellt wird, dass sie zur Begehung eines Verstoßes gegen bestehende Ein-, Aus- oder Durchfuhrbestimmungen verwendet beziehungsweise entgegen solchen Bestimmungen befördert wurden, durchzusetzen?
    5. um das Verbot der Erbringung von Dienstleistungen an natürliche oder juristische Personen zum Zweck der Ausübung geschäftlicher Tätigkeiten in einem bestimmten Staat zu erlassen?
    6. um die Befreiung von der Verpflichtung zur Erfüllung zivilrechtlicher Forderungen, wenn sie im Zusammenhang mit Verträgen oder sonstigen Rechtsgeschäften geltend gemacht werden, deren Erfüllung durch Sanktionsmaßnahmen der Vereinten Nationen oder der Europäischen Union beeinträchtigt wurde, zu erlassen?
  1. Wenn ja, wann mit welchem Ergebnis?
  2. Befinden sich daher Verordnungen der Bundesregierung oder einzelner Mitglieder dieser in Vorbereitung?
    1. Wenn ja, welche Verordnungen aufgrund welcher Rechtsgrundlage genau und wann werden sie erlassen bzw. dem Hauptausschuss des Nationalrats vorgelegt?
    2. Wenn nein, warum nicht?
  1. Wurde innerhalb der Bundesregierung diskutiert, die Zustimmung zu dem Erlass einer Verordnung durch die Oesterreichische Nationalbank gemäß §§ 3 und 4 Devisengesetz zu geben, um Rechtsgeschäfte und Handlungen wie unten genannt für bewilligungspflichtig zu erklären oder teilweise oder zur Gänze zu untersagen: 
    1. Wenn ja, welche Rechtsgeschäfte oder Handlungen wann genau:

                                          i.    Verfügung über ausländische Zahlungsmittel;

                                        ii.    Verfügung über inländische Zahlungsmittel und Gold, soweit diese zugunsten eines Ausländers erfolgt oder ein Ausländer an der Verfügung beteiligt ist;

                                       iii.    Verfügung über Forderungen oder Verbindlichkeiten in ausländischer Währung;

                                       iv.    Verfügung über Forderungen oder Verbindlichkeiten in inländischer Währung, soweit diese zugunsten eines Ausländers erfolgt oder ein Ausländer an der Verfügung beteiligt ist;

                                        v.    Verfügung über ausländische Wertpapiere;

                                       vi.    Verfügung über inländische Wertpapiere, soweit diese zugunsten eines Ausländers erfolgt oder ein Ausländer an der Verfügung beteiligt ist;

                                      vii.    Verbringung oder Versendung von Zahlungsmitteln, Gold oder Wertpapieren ins Ausland;

                                     viii.    Verfügung über nicht in Wertpapieren verbriefte Anteilsrechte an juristischen Personen sowie Unternehmen, gleich welcher Rechtsform, mit Sitz im Inland, soweit diese zugunsten eines Ausländers erfolgt oder ein Ausländer an der Verfügung beteiligt ist;

                                       ix.    Verfügung über nicht in Wertpapieren verbriefte Anteilsrechte an juristischen Personen sowie Unternehmen, gleich welcher Rechtsform, mit Sitz im Ausland;

                                        x.    Verfügung über eine im Ausland gelegene Liegenschaft eines Inländers oder über ein dingliches Recht eines Inländers an einer im Ausland gelegenen Liegenschaft;

                                       xi.    Verfügung über eine im Inland gelegene Liegenschaft eines Ausländers oder über ein dingliches Recht eines Ausländers an einer im Inland gelegenen Liegenschaft;

                                      xii.    Verfügung über eine im Inland gelegene Liegenschaft eines Inländers oder über ein dingliches Recht eines Inländers an einer im Inland gelegenen Liegenschaft jeweils zugunsten eines Ausländers;

                                     xiii.    Verfügung über Immaterialgüterrechte, soweit diese zugunsten eines Ausländers erfolgt oder ein Ausländer an der Verfügung beteiligt ist.

    1. Wenn nein, warum nicht?
  1. Wenn ja, wann mit welchem Ergebnis?
  2. Befinden sich daher Verordnungen der Bundesregierung oder einzelner Mitglieder dieser in Vorbereitung?
    1. Wenn ja, welche Verordnungen aufgrund welcher Rechtsgrundlage genau und wann werden sie erlassen?
    2. Wenn nein, warum nicht?
  1. Wurde innerhalb der Bundesregierung oder innerhalb Ihres Hauses diskutiert, ob Sie, Herr Bundeskanzler, Ihre Zustimmung zu einer der in Frage 8 genannten Verordnung aufgrund von Gefahr im Verzug geben?
    1. Wenn ja, wann mit welchem Ergebnis?
    2. Wenn nein, warum nicht?
  1. Befinden sich daher Verordnungen der Bundesregierung oder einzelner Mitglieder dieser in Vorbereitung?
    1. Wenn ja, welche Verordnungen aufgrund welcher Rechtsgrundlage genau und wann werden sie erlassen?
    2. Wenn nein, warum nicht?
  1. Wurden seit 1.1.2014 Verordnungen wie in Frage 8 ausgeführt mit Zustimmung der Bundesregierung oder durch den Bundeskanzler, ohne einer zu Grunde liegenden völkerrechtlich verpflichtenden Sanktionsmaßnahme der Vereinten Nationen oder der Europäischen Union, erlassen?
    1. Wenn ja, welche Verordnung genau mit welchem Inhalt wann?