10906/J XXVII. GP

Eingelangt am 03.05.2022
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Anfrage

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Lieferverträge zwischen OMV und Gazprom

In der Nacht vom 23. zum 24. Februar hat Russland die Ukraine auf mehreren Fronten mit massiver militärischer Gewalt angegriffen. Obgleich dieser Überfall nur eine weitere Etappe in einer Serie von unprovozierten Völkerrechtsverletzungen beginnend mit der Invasion der Halbinsel Krim 2014 darstellt, so repräsentiert sie doch eine neue Dimension in diesem Konflikt. Russland führt nun einen unverschleierten Krieg gegen ein völkerrechtlich – und bis vor kurzem auch von Russland – anerkanntes Nachbarland. Da der ukrainische Widerstand gegen diesen Angriffskrieg weit heftiger und kompetenter ist, als dies vonseiten Russlands wohl erwartet war und die internationale Reaktion auf die Invasion relativ geschlossen und konsequent war, kann sich die russische Führung unter Putin kaum noch gesichtswahrend zurückziehen. Dies hat innerhalb weniger Tage zu einer vollkommenen Eskalation des Kriegs geführt inklusive tausender ziviler und militärischer Toter, mehrerer Millionen Flüchtlinge und unfassbarem menschlichen Leid.

Der russische Angriffskrieg ist von der internationalen Staatengemeinschaft verurteilt worden und Russland sowie seine Führung um Vladimir Putin wurden von der EU und vielen weiteren Staaten mit harten Wirtschaftssanktionen belegt, welche bereits nach wenigen Wochen erheblichen Druck auf Russland und seine Wirtschaft verursachen. Allerdings wurde schon im Vorfeld des Krieges klar, dass sich Europa in den letzten Jahrzehnten in eine viel zu große Abhängigkeit von russischen Energieimporten manövriert hat, was die Handlungsfähigkeit der EU deutlich reduziert, die wirtschaftliche und militärische Verwundbarkeit stark erhöht und Russland eine verlässliche Einnahmequelle zur Finanzierung des Angriffskriegs garantiert.

Österreich ist aufgrund des jahrelangen, kollektiven Versagens der österreichischen Energiepolitik in einer besonders prekären Lage. Entgegen zahlreicher Warnungen und mehrerer Völkerrechtsverletzungen vonseiten Putins (wie etwa der militärischen Besetzung der Krim) wurde im letzten Jahrzehnt nicht nur wenig bis gar nichts unternommen, um die Abhängigkeit von russischen Gasimporten zu reduzieren, sondern diese sogar ausgebaut. Bei einem plötzlichen Stopp der Gasversorgung - etwa bei einer weiteren Eskalation der Sanktionen oder als Folge eines Infrastrukturschadens im Zuge der Kampfhandlungen - wären aufgrund der am Ende des Winters fast leeren Speicher umgehend Lenkungsmaßnahmen notwendig und die österreichische Wirtschaft wäre gezwungen, den Betrieb deutlich zu reduzieren. Kurzfristige Alternativen für Gasimport in nennenswerten Mengen gibt es keine, weil unsere Gasinfrastruktur bewusst jahrelang ausschließlich auf Russland ausgerichtet worden ist.

Eine der Hauptursachen für dieses österreichische Versagen bei der Ausrichtung unserer Energiepolitik und Sicherung Wirtschaftsstandorts war die Unternehmensstrategie der OMV, an der die Bundesrepublik zu etwa einem Drittel beteiligt ist. In den letzten 15 Jahren scheiterten mehrfach Projekte zur Diversifizierung der Gasversorgung und zur Stärkung der Unabhängigkeit von Russland - etwa durch Beteiligungen in Norwegen, Rumänien oder durch die Schaffung der Nabucco-Pipeline - mehrfach an internem Widerstand. Ein ehemaliger OMV Chef sprach in einem Interview von "Russland-Verstehern" die dazu beigetragen haben, dass die Abhängigkeit von russischem Gas nicht reduziert, sondern aktiv erhöht wurde und so der österreichische Wirtschaftsstandort und die Versorgungssicherheit untergraben wurden. Auch verschiedene Finanzminister der Republik haben als Eigentümervertreter des Bundes scheinbar keinerlei Interesse gezeigt, hier entgegenzuwirken.

Unklarheit herrscht vor allem auch darüber, wie genau die Verträge zwischen OMV und Gazprom gestaltet sind, welche in ihren Details erhebliche energiepolitische Auswirkungen haben. Trotzdem geben sich sowohl das BMK als auch das für die Beteiligung des Bundes an der OMV verantwortlichen BMF bisher bedeckt und verweigern detaillierte Auskünfte.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.    Wie viele Verträge bestehen derzeit zwischen der OMV und Gazprom bezüglich Gaslieferungen nach Österreich?

  1. Wie lange sind diese genau gültig? Welche Fristen gibt es hier?
  2. Welche Liefermengen sind vorgesehen?
  3. Wie groß ist die vereinbarte Menge in der take-or-pay Klausel? (Wieviele km³ vom Vertrag sind umfasst)
  4. Wie viel des Volumens wurde weitergeben an die Kunden der OMV?
  5. Wie groß ist das Risiko bei der OMV durch die take-or pay Klausel?
  6. Welche Ausstiegsklauseln bestehen?
  7. Welche genauen Zahlungsmodalitäten sind vereinbart worden?
  8. Ist die Bezahlung laut Vertrag in Euro vorgesehen?
  9. Wird die Bezahlung über die Gazprombank abgewickelt, welche nicht den EU Sanktionen gegen Russland unterliegt?
  10. Wonach richtet sich die Preisgestaltung für das Gas?
  11. Inwiefern war das BMF bzw. der Bund in die Gestaltung dieser Verträge eingebunden?