10920/J XXVII. GP

Eingelangt am 04.05.2022
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Fiona Fiedler, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Soziales‚ Gesundheit‚ Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Umsetzungsstand Nationaler Aktionsplan Seltene Erkrankungen

Der Nationale Aktionsplan für seltene Erkrankungen 2014-2018 wurde 2015 vorgelegt und ab Ende 2019 evaluiert, um die weitere Vorgehensweise in der Umsetzung der ursprünglich angedachten Maßnahmen optimieren zu können. Nationale Aktionspläne dienen der Umsetzung von internationalen Rahmenbedingungen und haben langfristig das Ziel, die Lebenssituation von Betroffenen zu verbessern.

Konkrete Themenfelder im Nationalen Aktionsplan für seltene Erkrankungen waren:

Schon in der Kurzfassung der Evaluierungsergebnisse zeigt sich aber, dass das größte Problem bei der Umsetzung des Nationalen Aktionsplans war dass involvierte Stakeholder und Expert:innen nicht wussten, wer welche Rolle im Umsetzungsprozess einnehmen sollte und welche Aufgaben sich daraus ergeben (2). Ebenso unklar war nach Ablauf der Frist des Nationalen Aktionsplans, welche Maßnahmen bereits zu welchem Grad umgesetzt waren, was die Sinnhaftigkeit eines Umsetzungsplan massiv in Frage stellt. Ebenso ist damit de facto unmöglich zu erheben, welche Maßnahmen noch wie umgesetzt werden sollten.

Wenig überraschend laufen auch die Ergebnisse der Evaluierung darauf hinaus, dass die Aufgaben klarer und transparenter verteilt werden sollten, es ein klar definiertes Projekt- und Prozessmanagement einzurichten und einen Umsetzungsplan sowie ein Monitoring von Maßnahmenumsetzung zu entwicklen.

Betrachtet man die Ergebnisse der Evaluierung, spricht mit Patientenvertreter:innen und Ärzt:innen, sieht man aber nach wie vor die üblichen Probleme: Menschen mit seltenen Erkrankungen warten jahrelang auf Diagnosen, die mangels Diagnosekatalog nicht unbedingt erfasst werden. Weiters ergeben sich Ungleichbehandlungen beim Zugang zu Medikamenten wegen unterschiedlicher Richtlinien oder der Rolle von Innovation Boards in Krankenhäusern und auch Heilbehelfe werden nicht immer in einem angemessenen Ausmaß von Versicherungsträgern zur Verfügung gestellt.

Im Evaluierungsbericht gibt es zwar für alle 46 Ziele und 82 Maßnahmen eine Einschätzung der Befragten, inwiefern diese Maßnahmen bereits umgesetzt wurden, eine faktenbasierte Auswertung ergibt sich dadurch allerdings nicht. Um aus den bisherigen Ergebnissen zu lernen und einen Folge Aktionsplan leichter nachvollziehbar und umsetzbar zu machen, muss die bisherige Ausgestaltung und Evaluierung des Nationalen Aktionsplans neu hinterfragt werden.

  1. https://www.sozialministerium.at/dam/jcr:e8ce1a03-340f-4d9a-bed0-e18bee4a2fa8/190228_NAP-Seltene-Erkrankungen.pdf
  2. https://jasmin.goeg.at/1666/1/Bericht_NAPse_FINAL.pdf

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

Handlungsfeld 1: Abbildung der seltenen Erkrankungen im Gesundheits- und Sozialsystem

  1. Wie viele Workshops zur Kodierung von SE wurden seit Vorlage des NAP veranstaltet?
  2. Wurden im Anschluss an die Veranstaltung(en) Folgeschritte definiert?
    1. Falls ja: Welche und welche davon wurden bisher umgesetzt?
    2. Falls nein: Warum nicht?
  1. Da die Einführung einer Kodierung in Expertisezentren mit einer Umsetzung von 40 Prozent evaluiert wurde: In welchen Bereichen gibt es bereits eine Kodierung für SE? (Bitte um Aufschlüsselung einzelner Pilotprojekte und Standorte)
    1. Laut 11303/AB - XXV GP wurden über die europäische Ebene Orphanet Klassifikationen eingeführt. Wo und inwiefern werden diese mittlerweile in österreichischen Gesundheitssystem angewendet?
    2. Wie weit sind die Prüfungen einer möglichen Anwendung auf andere Bereiche?
  1. Welche Prüfungen der derzeitigen Abrechnungs- und Honorierungskataloge wurden zur Sicherstellung einer adäquaten Abgeltung bereits durchgeführt?
  2. Zu welchem Ergebnis sind diese Prüfungen gekommen?
  3. Welche Adaptionen von Abrechnungs- und Honorierungskatalogen gab es in weiterer Folge?
  4. Laut 11303/AB - XXV GP wurde bereits bis 2017 ein Konzept für eine Patienteninformationskarte entwickelt. Warum konnte diese bisher noch nicht eingeführt werden?
    1. Welche Schritte gibt es, diese möglichst bald umzusetzen?
  1. Welche Umsetzungsmaßnahmen wurden bereits zur Schaffung einer Online-Plattform für Behandlungs- und Notfallleitlinien für definierte Gruppen von SE gesetzt?
  2. Welche SE sollen von dieser Online-Plattform abgedeckt werden?

 

Handlungsfeld 2: Verbesserung der medizinisch-klinischen Versorgung der von seltenen Erkrankungen Betroffenen

  1. Konnte die Gruppierung von SE bisher abgeschlossen werden?
    1. Falls nein: Warum nicht?

                                          i.    Welche Arbeiten zur Gruppierung wurden bisher umgesetzt?

    1. Falls ja: warum wurde dies noch nicht kommuniziert?

                                          i.    Bitte um Übermittlung der genauen Gruppierungen

  1. Konnten die einzelnen SE bisher zu hauptverantwortlichen Organ- bzw Querschnittsfächern zugeordnet werden?
    1. Falls nein: Warum nicht?

                                          i.    Welche Arbeiten zur Zuordnung wurden bisher umgesetzt?

    1. Falls ja: warum wurde dies noch nicht kommuniziert?

                                          i.    Bitte um Übermittlung der genauen Zuordnungen

  1. Konnten interdisziplinäre und multiprofessionelle Anforderungen bei einzelnen SE erfasst werden?
    1. Falls nein: Warum nicht?

                                          i.    Welche Arbeiten zur Zuordnung wurden bisher umgesetzt?

    1. Falls ja: warum wurde dies noch nicht kommuniziert?

                                          i.    Bitte um Übermittlung der genauen Zuordnungen

  1. Welche Überprüfungen bisheriger Gruppierungen und interdisziplinärer Anforderungen bei SE fanden bisher statt?
  2. Welche Informationsangebote wurden bisher zu den Gruppierungen von SE geschaffen? Bitte um Aufschlüsselung der einzelnen Angeboten, Erstellungskosten und Zielgruppen)
  3. Welche generellen Leistungs- und Qualitätskriterien wurden bisher für Typ A-, B- und C-Zentren geschaffen?
    1. In welchen Planungsinstrumenten wurden diese bisher verankert?
    2. Falls es noch keine generellen Leistungs- und Qualitätskriterien für Typ A-, B- und C-Zentren gibt: Warum nicht?
  1. Welche spezifischen Leistungs- und Qualitätskriterien Für Typ B- und C-Zentren wurden bisher geschaffen?
    1. In welchen Planungsinstrumenten wurden diese bisher verankert?
    2. Falls es noch keine spezifischen Leistungs- und Qualitätskriterien für Typ B- und C-Zentren gibt: Warum nicht?
  1. Welche Bewerbungs-, Begutachtungs- und Designationsverfahren für Typ A-, B- und C-Zentren wurden in der Zwischenzeit durchgeführt?
    1. Welche Abstimmungen mit Verfahren auf EU-Ebene wurden bisher vorgenommen?
  1. Auf welcher Basis wurde die Bundeszielsteuerungskommission zur Designationsstelle für spezialisierte Zentren für Gruppen von SE erklärt?
  2. Über welche koordinierende Stelle zur technischen Administration wurden die Bewerbungsverfahren abgewickelt?
  3. Wie viele und welche Bewerbungsrunden für die Designation von Typ A-, B- und C-Zentren wurden bisher durchgeführt?
  4. Welche öffentlichen Informationsangebote wurden bisher abseits der Unterseite auf der Homepage des Sozialministeriums geschaffen?
  5. Welche und wie viele Workshops zur Entwicklung von Indikatoren für das Messen der Qualität der Patientenversorgung sowie zur Entwicklung von Verfahren für entsprechende Ergebnismessungen fanden bisher statt?
    1. Welche Abstimmungen mit Verfahren auf EU-Ebene wurden bisher vorgenommen?
  1. Wie weit ist die Entwicklung eines Evaluations- und Auditverfahrens für die Überprüfungen der Leistungen bereits designierter Typ A- und B-Zentren?
    1. Welche Abstimmungen mit Verfahren auf EU-Ebene wurden bisher vorgenommen?
  1. Welche Unterstützungsmaßnahmen zur Vernetzung von Typ A-, B- und C.Zentren mit anderen Versorgungsstufen wurden bisher umgesetzt?
  2. Welche Unterstützungsmaßnahmen bei der europäischen Vernetzung mit ERN wurden bisher gesetzt?
  3. Wie wurde der Versorgungsbedarf der Patient:innen mit SE konkret erhoben?
  4. Gibt es hier eine zukünftig automatisierte Erhebung der betroffenen Bevölkerung? (Beispielsweise über Kooperation mit Versicherungsträgern)
    1. Falls es noch keinen Versorgungsbedarf gibt: Warum wurde dieser noch nicht erhoben und mit welchen Mitteln und bis wann soll dies erfolgen?
  1. Da davon auszugehen ist, dass auf Basis der Evaluierungsergebnisse eine Neuauflage des NAP.se erfolgen soll: Welcher Zeitplan ist seitens des BMSGPK dafür vorgesehen?
  2. Auf Basis der Website von Orphanet Austria ist nicht davon auszugehen, dass diese Seite bereits die finale Version des Portals darstellt. Wie weit ist das Konzept zur Finanzierung von Orphanet Austria ausgearbeitet?
  3. Welche Ziele sollen mit dem Betrieb der Orphanet Austria erreicht werden, wenn die Website lediglich eine Linksammlung darstellt und nicht einmal mit österreichischem Input für eine eigene Zielgruppe betrieben wird?
    1. Welche Kosten fallen jährlich für Betrieb und Wartung der Website an?

 

Handlungsfeld 3: Verbesserung der Diagnostik von seltenen Erkrankungen

  1. Wurden Definitionen und Qualitätskriterien für medizinische Laboratorien festgelegt?
    1. Falls ja: Um welche handelt es sich?
    2. Falls nein: Warum nicht?
  1. Welche Anforderungen an mit der Befundung befassten Fachleute wurden festgelegt?
  2. Wurden bereits Bewerbungs-, Begutachtungs- und Designationsverfahren für mit der Diagnostik von SE befassten medizinischen Laboratorien erstellt?
    1. Falls ja: Wie oft wurden diese bereits durchgeführt und für welche Laboratorien?
  1. Welche Designationsstelle wurde festgelegt und auf welcher Basis?
  2. Gibt es bereits eine Website zur Sichtbarmachung designierter Laboratorien?
    1. Falls nein: Warum nicht?
  1. Gibt es bereits einen Ablauf für Evaluations- und Auditverfahren für designierte Laboratorien?
    1. Falls nein: Warum nicht?
  1. Welche Unterstützungsmaßnahmen zur Vernetzung designierter Laboratorien wurden bereits umgesetzt?
  2. Welche Unterstützungsmaßnahmen zur Vernetzung mit Orphanet wurden bereits umgesetzt?
  3. Welche Prüfungen und Revisionen der relevanten Leistungskataloge wurden bereits durchgeführt und zu welchem Ergebnis sind diese gekommen?
  4. Gibt es bereits Kompetenzkriterien für Expert:innen der apparativen Diagnostik?
    1. Falls ja: Wie lauten diese?
    2. Falls nein: warum nicht?
  1. Wurde bereits ein wissenschaftlicher Beirat für das österreichische Neugeborenenscreening eingerichtet?
    1. Falls ja: Wer sind die Mitglieder des Beirats, auf welcher Basis wurden sie ausgewählt und wie lange sind sie bestellt?
    2. Falls nein: Warum nicht?
  1. Wurde bereits ein Konzept für ein Undiagnosed Diseases Program ausgearbeitet?
    1. Falls ja: Bitte um Übermittlung des Konzeptes
    2. Falls nein: Warum nicht?
    3. Gibt es Abstimmungen mit dem Ludwig Boltzmann Institute for Rare and Undiagnosed Diseases Programm zur Erarbeitung dieses Konzeptes?

 

Handlungsfeld 4: Verbesserung der Therapie und Zugang zu Therapien

  1. An wie vielen und welchen europäischen Kooperationsprojekten zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierung wurde teilgenommen?
  2. Wurden die Preise von ausgewählten Orphan Drugs im intramuralen und niedergelassenen Bereich erhoben?
    1. Falls ja: zu welchem Ergebnis ist man gekommen?
    2. Falls nein: Warum nicht?
  1. Welche Konzeptvorschläge wurden der Medikamentenkommission für eine verbesserte Finanzierungsstrategie übermittelt?
    1. Welche Konsequenzen erfolgten?
  1. Für welche SE wurden optimierte Versorgungsabläufe erstellt?
  2. Welche Problemlagen, die Verbesserungen in der Versorgung von SE bedürfen, wurden identifiziert?
    1. Welche Maßnahmen wurden zur Verbesserung dieser Problemlagen erarbeitet und umgesetzt?
  1. Wurde eine Diskussionsgruppe zur Einführung eines einheitlichen Leistungskataloges eingeführt?
    1. Wie oft fand diese statt und zu welchen Ergebnissen ist man gekommen?
  1. Wie oft konnte ein Austausch zwischen Chefärzt:innen, Krankenversicherungsträgern und Patient:innenvertretern organisiert werden und zu welchem Ergebnis ist man gekommen?
  2. Wurde ein trägerübergreifender einheitlicher Kriterienkatalog für die Bewilligung von Orphan Drugs und Heilbehelfen erarbeitet?
    1. Falls ja: In welchen Bereichen ist dieser bereits implementiert?
    2. Falls nein: Warum nicht?

 

Handlungsfeld 5: Förderung der Forschung

  1. Soweit ersichtlich gibt es für die NKSE lediglich eine Seite auf der Homepage der GÖG. Welche NKSE-Webiste soll für spezifische Informationen für SE-relevante Ausschreibungen genutzt werden?
  2. Welche Abstimmungen gab es mit relevanten Förderagenturen, um die Forschung im Bereich SE voranzutreiben?

 

 

Handlungsfeld 6: Verbesserung des Wissens über seltene Erkrankungen

  1. Welche Maßnahmen wurden gesetzt, um Basiswissen über SE besser zu vermitteln?
  2. Welche Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen wurden für Ärzt:innen angeboten, um den Wissensstand über SE zu verbessern?
  3. Welche Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen wurden für weitere Gesundheitsberufe angeboten, um den Wissensstand über SE zu verbessern?
  4. Welcher Überblick wurde für konkrete Ansprechpartner für Interessengruppen geschaffen?

 

Handlungsfeld 7: Verbesserung der epidemiologischen Kenntnisse

  1. Wurde eine Bestandsaufnahme bestehender Patientenregister vorgenommen?
    1. Falls ja: Zu welchem Ergebnis hat diese geführt und welche Konsequenzen wurden daraus gezogen?
    2. Falls nein: Warum nicht?
  1. Wurden (Datenschutz-)rechtliche, strukturelle und finanzielle Rahmenbedingungen zur weiteren Umsetzung eines einheitlichen Erfassungssystems erhoben und zu welchen Schlussfolgerungen führte die Erhebung dieser Rahmenbedingung?
  2. Wurde erhobe, wie die Interoperabilität mit bestehenden relevanten nationalen und internationalen Patientenregistern sichergestellt werden kann?
    1. Falls ja: Welche Maßnahmen sind zur Sicherstellung der Interopabilität nötig?

                                          i.    Bis wann sollen diese umgesetzt werden und welche Kosten wurden dafür veranschlagt?

    1. Falls nein: warum nicht?
  1. Wie weit ist die Entwicklung eines minimalen Datensatzes fortgeschritten?
  2. Wurde mit der Errichtung einer epidemiologischen Plattform zur Qualitätssicherung und Koordination begonnen?
    1. Falls ja: Bis wann soll die Plattform implementiert werden und welche Kosten wurden dafür veranschlagt?
    2. Falls nein: Warum nicht?

 

Handlungsfeld 8: Einrichtung ständiger Beratungsgremien für seltene Erkrankungen

  1. Auf welcher Basis wurden die Mitglieder des Beirats für seltene Erkrankungen ausgewählt und für welche Periode sind diese bestellt?
  2. Wie viele Treffen des Beirates für SE wurden seit Vorlage des NAP abgehalten?
  3. Welche Empfehlungen hat der Beirat für SE seit Vorlage des NAP abegegeben und welche davon wurden umgesetzt?

 

Handlungsfeld 9: Anerkennung der Leistungen der Selbsthilfe

  1. Welche Rahmenbedingungen wurden für die Sicherstellung einer langfristigen Finanzierung geschaffen?
  2. Wurden bereits Qualitätskriterien für die Finanzierung von Selbsthilfeorganisationen eingeführt?
    1. Falls ja: Welche?
    2. Falls nein: Warum nicht?
  1. Welche Möglichkeiten zur nichtmateriellen und strukturellen Förderung der Selbsthilfe wurden geschaffen?
  2. Welcher Vertreter der Selbsthilfe wurden zur Teilnahme an Entscheidungsgremien für SE eingeladen und welche haben an wie vielen Sitzungen teilgenommen?