10931/J XXVII. GP
Eingelangt am 04.05.2022
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Anfrage
des Abgeordneten Hannes Amesbauer
und weiterer Abgeordneter
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Intervenierte der ehemalige Innenminister Wolfgang Sobotka entgegen österreichischer Interessen in Ungarn?
„Der Besuch von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) bei Premier Viktor Orban in Ungarn hat wenig greifbare Ergebnisse gebracht“, leitete die APA einen Bericht vom 26. Juli 2016 ein. An diesem Tag besuchte der damalige Bundeskanzler Christian Kern den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban in Budapest. Thema der Gespräche zwischen den beiden Regierungschefs waren demnach die Migrationskrise sowie die angespannten Beziehungen zwischen den beiden Nachbarländern in dieser Frage.
(Quelle: APA0423 5 AI 0480 II Di, 26.Jul 2016)
Kürzlich ließ Ex-Bundeskanzler Kern in einem Interview mit dem Onlinemedium „zackzack.at“ bezugnehmend auf diesen Staatsbesuch im Juli 2016 mit bemerkenswerten Aussagen aufhorchen. Sinngemäß erklärte er folgendes: Ungarn habe Flüchtlinge immer wieder weiter nach Österreich geschickt. Um das zu beenden, habe er bei einem Staatsbesuch dem ungarischen Ministerpräsidenten finanzielle und logistische Unterstützung für die Unterbringung in Ungarn angeboten. Orban habe ihm allerdings erklärt, dass ihn einer der österreichischen Minister angerufen habe, um ihm mitzuteilen, dass das gar nicht gewünscht sei, weil man Kern keinen politischen Erfolg gönnen wolle.
Naheliegend ist, dass es der damaligen Innenminister war, der damals entgegen österreichischer Interessen in Ungarn interveniert hat. Dies war zu diesem Zeitpunkt der heutige Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka. Kern bestätigte diese Annahme im Zuge des Interviews auch.
(Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=9tfjRrerqpY)
Folgender Pressedienst wurde an diesem Tag vom Bundesministerium für Inneres ausgesendet:
„Nach den Treffen von Innenminister Sobotka und Verteidigungsminister Doskozil mit den ungarischen Amtskollegen im Südburgenland am 17. Juni und am 14. Juli in Röszke sowie den bilateralen Terminen und Arbeitsgruppen ist heute der Bundeskanzler am Zug.
Nach den letzten Treffen wurde vereinbart, dass Österreich Polizisten für einen Frontex-Einsatz in Ungarn zur Außengrenzsicherung zur Verfügung stellt und dass sich Ungarn bereit erklärt hat jene Asylsuchenden zurückzunehmen, die auf Grund der Eurodac Regeln nachweislich in Ungarn ihren Erstantrag stellen. Darüber hinaus wurde vereinbart, die Rückübernahmen auch bei Dublinfälle weiter zu verhandeln um hier rasch zu einem Ergebnis zu kommen.
‚Durch die zahlreichen Arbeitsgespräche konnten wir Ergebnisse in der Zusammenarbeit mit Ungarn erzielen. Heute muss es in Budapest darum gehen, die Gespräche auf Regierungschefebene weiter voranzutreiben.‘ so Innenminister Wolfgang Sobotka“
(Quelle: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20160726_OTS0085/gespraeche-mit-ungarn-vorantreiben)
Wenn man Kerns Aussagen glaubt, wirkt diese Pressemeldung vom 26. Juli 2016 nahezu zynisch. Zudem ist es, wenn ein Innenminister tatsächlich dermaßen zum Schaden des eigenen Landes handelte, nur um den Koalitionspartner zu desavouieren, an Verantwortungslosigkeit gegenüber der eigenen Bevölkerung kaum noch zu überbieten und bedarf dringender Aufklärung.
In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Inneres folgende
Anfrage
1. Liegen dem Innenministerium noch Terminkalender, Gesprächs- bzw. Telefonprotokolle oder sonstige Aufzeichnungen über die Tätigkeiten des damaligen Bundesministers für Inneres im Zeitraum vom 16. bis zum 26. Juli 2016 vor?
a. Wenn ja, welche Termine nahm der damalige Bundesminister für Inneres Wolfgang Sobotka im Zeitraum vom 16. bis 26. Juli 2016 wahr?
b. Wenn ja, welche Telefonate mit ausländischen Regierungschefs, Regierungsmitgliedern oder Vertretern von ausländischen Regierungen führte der damalige Bundesminister für Inneres Wolfgang Sobotka im Zeitraum vom 16. bis zum 26. Juli 2016?
c. Mit Regierungschefs, Regierungsmitgliedern oder Vertretern welcher Länder wurden diese Telefonate laut vorhandenen Protokollen bzw. Aufzeichnungen geführt?
d. Was waren, laut vorhandenen Protokollen bzw. Aufzeichnungen, die konkreten Agenden bzw. inhaltlichen Themen dieser Telefonate?
2. War das Innenministerium im Jahr 2016 in Gespräche oder Verhandlungen zwischen Bundeskanzleramt und EU-Kommission eingebunden, der ungarischen Regierung anzubieten, entsprechende Betreuungsstätten auf ungarischem Staatsgebiet zu errichten, auszustatten, zu finanzieren und/oder zu betreiben?
a. Wenn ja, inwiefern war das Innenministerium in derartige Gespräche oder Verhandlungen eingebunden?
b. Wenn ja, welches konkrete Angebot sollte der ungarischen Regierung dahingehend unterbreitet werden?
c. Wenn ja, welchen Beitrag leistete das Innenministerium damals für die mögliche Umsetzung einer derartigen Einigung?
d. Wenn ja, warum ist eine derartige Einigung letztendlich nicht zustande gekommen?
3. Können Sie aufgrund Ihnen vorliegenden Informationen, Protokollen, Aufzeichnungen oder sonstigen Unterlagen aus dem betreffenden Zeitraum definitiv ausschließend, dass der damalige Innenminister Wolfgang Sobotka zwischen dem 16. und dem 26. Juli 2016 bei der ungarischen Regierung interveniert hat, um eine derartige Einigung betreffend die Errichtung, Ausstattung, Finanzierung und/oder Betreibung von Asyl-Betreuungsstätten auf ungarischem Staatsgebiet zu verhindern?
a. Wenn ja, weshalb können Sie das ausschließen?