10947/J XXVII. GP

Eingelangt am 11.05.2022
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Anzahl der in Österreich geschlossenen Kinderehen

Eheschließungen sind in Österreich grundsätzlich erst ab 18 Jahren möglich. Das Ehegesetz sieht allerdings in § 1 Abs 2 eine Ausnahme vor: Personen ab 16 Jahren können ehefähig erklärt werden, wenn der/die künftige Ehepartner_in volljährig ist, sie für die Ehe reif erscheinen und die Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertretetung haben. Die österreichische Rechtslage wird von UNICEF als Kinderehe definiert: Unter Kinderehen werden formale Eheschließungen verstanden, bei der mindestens eine_r der Partner_innen unter 18 Jahren alt ist. (1) Auch die Erfahrungen der Einzelfallarbeit der Kinder- und Jugendanwaltschaften (kija) zeigen, dass in Österreich immer wieder - vor allem weibliche - Minderjährige gegen ihren Willen von ihren Eltern verheiratet werden.

Einige Anlassfälle haben in den letzten Jahren für Medieninteresse gesorgt. Deutschland hat auf dergleiche Fälle bereits 2017 mit dem Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen reagiert, das u.a. eine Anhebung des Mindestalters für Ehen auf 18 Jahren enthält - ohne Ausnahmemöglichkeiten. (2) Auch in Österreich gab es derartige Bestrebungen. Bereits 2017 hat die damalige Familienministerin Karmasin angekündigt, Eheschließungen generell erst ab 18 ermöglichen zu wollen. (3) Die Prüfung der Anhebung des Ehealters auf 18 Jahre wurde im türkis-grünen Regierungsprogramm verankert und noch im Dezember 2020 im Rahmen einer Anfragebeantwortung (3965/AB) von Justizministerin Alma Zadic bestätigt. Seitdem ist es allerdings still um die angekündigte Reform des Ehe- und Partnerschaftsrechts, im Rahmen derer auch § 1 Abs 2 EheG evaluiert und möglichweise abgeschafft werden soll. Während der parlamentarischen Fragestunde im Februar 2022 konnte die Justizministerin keinen definitiven zeitlichen Rahmen für das Verbot von Kinderehen nennen - vielmehr soll die Ehe- und Partnerschaftsrechtsreform erst nach Abschluss der Kindschaftsrechtsreform in Angriff genommen werden. Diese war für Q1 2022 geplant, verzögert sich aber (8345/AB).

(1)    https://www.unicef.de/informieren/aktuelles/blog/kinderehen-weltweit-fragen-und-antworten/199066

(2)   https://www-bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/ehemuendig-ab-18-jahren-481606

(3)   https://orf.at/v2/stories/2400746/2400763/

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

Anfrage:

1.    Wie viele Ehen wurden in Österreich seit 2017 unter Anwendung von § 1 Abs 2 EheG geschlossen?

a.    In wie vielen Fällen wurde der Antrag auf Ehemündigkeit vom Gericht abgewiesen?

2.    Was ist der Stand der geplanten Reform des Ehe- und Partnerschaftsrechts?

a.    Welche Schritte wurden bisher gesetzt?

b.    Wann soll die Reform abgeschlossen sein?